Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Название Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Dr. Norden Bestseller Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740937553



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es war nicht einer jener üblichen Krankentische, sondern er hatte eine Platte mit kleinen bunten Punkten. Und reichlich gedeckt war er.

      Die Krankenschwester hatte sich mit dem Namen Susi vorgestellt und sagte freundlich, dass Christina sich nur Zeit lassen solle. Gegen elf Uhr würde Dr. Cornelius kommen und alles mit ihr besprechen.

      Christina bekam einen leichten Schrecken.

      Was alles, fragte sich Christina, der es jetzt erst bewusst wurde, dass die Insel der Hoffnung ein richtiges Sanatorium war, wenngleich hier auch alles anders gehandhabt wurde als in jenem, in dem sie sich früher schon einmal acht Wochen aufgehalten hatte.

      Aber was hatte Bob hier zu finden geglaubt, er, der doch nichts mit Kranken zu schaffen haben wollte?

      Der Duft des Kaffees stieg ihr in die Nase, die frischen knusprigen Brötchen zogen ihre Blicke an. Es war Christina unbegreiflich, aber sie hatte solchen Heißhunger, dass kein Gedanke sie jetzt noch ablenken konnte.

      Es war so, als hätte man ihren Geschmack bis ins Kleinste erraten. So sehr hatte sie ein Frühstück seit ewigen Zeiten nicht mehr genossen. Aber doch nicht deshalb, weil sie es allein einnahm? Hatte Björns Gegenwart sie denn so sehr gestört?

      *

      Björn fühlte sich sehr einsam an diesem Morgen. Er hatte schlecht geschlafen und wieder einmal viel nachgedacht. Ihm fehlte Christina, obgleich ihm bei ihrem Anblick das Herz oft schwer geworden war. Und Katinka fehlte sie auch.

      »Ist da auch alles in Ordnung?«, hatte sie gefragt.

      Es sei alles in Ordnung, hatte er erwidert, aber so ganz hatte Katinka ihm das wohl nicht geglaubt.

      »Hoffentlich stellen sie ihr nicht wieder so blöde Fragen, dass sie noch mehr verwirrt ist. Der Dr. Norden hat doch einen sehr vernünftigen Eindruck gemacht und seine Frau auch. Sie hätten Christina doch behandeln können«, sagte sie und warf Björn einen schiefen Blick zu.

      Jetzt, da Christina es nicht hören konnte, nannte sie auch deren Vornamen. Ihr war es sowieso ein Buch mit sieben Siegeln, warum man Christina Frau Reuwen nennen sollte. Katinka wusste Bescheid. Ihr hatte Björn reinen Wein einschenken müssen, denn möglicherweise hätte ja mal ein Fall eintreten können, der Katinkas schlichtes Gemüt auch verwirrt hätte. Bisher allerdings war dieser gefürchtete Fall glücklicherweise nicht eingetreten.

      Katinka wollte eine Antwort von Björn hören, aber er sagte nur: »Es ist besser so. Christina wird sehr gut betreut werden.«

      »Sie wäre längst richtig gesund, wenn ihr die Wahrheit gesagt worden wäre«, erklärte Katinka. »Ich bin nicht für solche Mätzchen. Entschuldigung, das zu sagen steht mir nicht zu, aber die gnädige Frau hätte den Humbug nicht mitgemacht, das weiß ich.«

      Nein, Mama hätte es anders angefangen, dachte Björn. Oder doch nicht? Was hätte es für seine Mutter wohl bedeutet, dass alles so gekommen war? Es war ein sinnloses Unterfangen, darüber nachzudenken. Seine Mutter war tot, Christinas Vater war tot, Bob irgendwo verschollen.

      Aber es war nicht auszuschließen, dass er eines Tages wiederkommen würde, dann, wenn er wieder Geld brauchte! Wovon andere ein Leben lang leben konnten, floss ihm durch die Finger wie nichts. Und nun war er schon wieder bei dem Punkt, der sein Denken lähmte.

      Er zog seine Lederjacke an und eilte hinaus. Katinka lief ihm noch nach und fragte, wann er essen wolle, aber er hörte es schon gar nicht mehr.

      Zuerst ging er ein Stück an der Isar entlang, aber dort begegneten ihm zu viel Menschen, die der herrliche Frühlingstag auch ins Freie gelockt hatte. Björn lockte der Tag nicht, ihm war es gleich, ob die Sonne schien oder nicht, er wollte nur allein sein, und das war er dann im Wald. Dort traf er niemanden, dort störte ihn kein Geräusch.

      Es war heute auf den Tag genau zwei Jahre her, dass er mit Jennifer diesen Weg gegangen war. Ein herrlicher Frühlingstag wie dieser, und er hatte sie fragen wollen, ob sie seine Frau werden wolle.

      »Müssen wir denn so lange herumlaufen?«, hatte sie gefragt. »Meine Füße tun weh.«

      Er hatte nicht von seinen Gefühlen für sie gesprochen. Sie waren heimgegangen, und dort wartete Bob auf sie. Von irgendwoher war er gekommen, braungebrannt, blendend aussehend. Björn hatte sofort gewusst, dass nur ein Grund ihn zu diesem Besuch veranlassen konnte. Er war wieder einmal pleite.

      Aber Jennifer war hingerissen von ihm gewesen. Welche Frau konnte Bob schon widerstehen?

      Für Björn hatte jener Tag zwei bittere Erkenntnisse gebracht. Einen Streit mit seinem Bruder, der ihm bewies, dass sie sich nichts mehr zu sagen hatten, und den Abschied von Jennifer, die er nie mehr wiedergesehen hatte. Sie war mit Bob weggefahren, nachdem sie ihm erklärt hatte, dass er ein langweiliger, knickeriger Pedant sei.

      *

      Christina hatte sich angekleidet. Es war halb elf Uhr, aber sie wollte nicht im Bett liegen, wenn Dr. Cornelius kam.?Sie wäre gern auf die Terrasse hinausgegangen, aber sie traute sich nicht, denn sie hörte Stimmen. Lange Wochen waren Björn und Katinka ihre einzige Gesellschaft gewesen, und außerdem war ein Tag für sie wie der andere gewesen, ob es warm oder kalt war, ob die Sonne schien oder ob es regnete oder schneite.

      Jetzt hatte sie Sehnsucht nach der Sonne, nach lichten Farben, und sie dachte an die bunten Kleider, die sie aus dem Koffer genommen hatte.

      Nein, diese Kleider nicht, solche wollte sie gar nicht tragen. Aber nicht dieses triste Grau, das nicht zu dem strahlenden Frühlingstag passte.

      Ihren Koffer hatte sie noch nicht ausgepackt. Schwester Susi hatte sie gefragt, ob sie ihr helfen könne, als sie den Tisch wieder hinausgerollt hatte, aber da hatte Christina abgewinkt. Das konnte sie wohl doch allein.

      Langsam öffnete sie den Deckel des Koffers. Sie wusste jetzt genau, dass sie dort jenen Brief finden würde, den sie nicht zu Ende gelesen hatte. Diesen seltsamen Brief, mit dessen Inhalt sie so gar nichts anfangen konnte.

      Einen kurzen Augenblick zögerte sie, dann nahm sie den Brief heraus und entfaltete ihn. Langsam begann sie zu lesen.

      Ich?habe das Geld bekommen, der Weg ist frei für uns.?

      Bis dahin war sie gestern schon gekommen, und nun las sie weiter.

      Du fliegst nach Hamburg voraus. Ich bringe Deine Koffer mit. Übermorgen um diese Zeit werde ich bei Dir sein. Ich habe jetzt Björns schwache Stelle entdeckt. Sie heißt Christina. Ihretwegen wird er alles vertuschen. Wie er es macht, soll mir gleich sein. Sie ist so naiv, dass sie nicht einmal bemerkt, wie weit meine Gedanken von ihr entfernt sind. Aber wozu viele Worte. Bald werde ich Dich in meinen Armen halten, und wir können miteinander reden. Du verstehst doch, dass ich die Nacht nicht bei Dir verbringen konnte. Björn ist in Kopenhagen. Er könnte uns zufällig sehen, und ich weiß, dass Du ihm nicht begegnen willst. Auf bald, zauberhafteste aller Frauen, Dein Bob.

      Wort für Wort hatte Christina gelesen, das Büttenpapier zwischen ihren Fingern gefühlt und genau gewusst, dass dies keine Halluzinationen waren. Bob hatte den Brief geschrieben, aber nicht an sie, sondern an eine andere Frau. Und einer anderen Frau gehörten die Kleider in dem Koffer. Aber Björn hatte doch gesagt, dass er in dem Wagen gelegen hätte, den ihr Vater ihr zur Hochzeit geschenkt hätte.

      Christina überlegte krampfhaft.

      Zur Hochzeit! Bob und sie hatten doch geheiratet. Es war unmöglich, dass er einer Frau so hatte schreiben können.

      Was war eigentlich unmöglich? Was wusste sie denn? Woran konnte sie sich denn erinnern?

      Eine schwarze Wand stand undurchdringlich vor ihr. Nicht eines von jenen Bildern, die ihr manchmal beklemmend vor Augen gestanden hatten, wurde lebendig. Aber der Brief mit Bobs Handschrift war da. Sie hielt ihn fest, knüllte ihn zusammen, legte das zerknitterte Papier auf ihre Handfläche und betrachtete es unverwandt, als warte sie darauf, dass es sich in Luft auflöse.

      Und da trat Dr. Cornelius ein. Sie hörte ihn nicht. Sie starrte nur fasziniert das Papier an. Und dann, als eine warme Hand ihren Arm umschloss, schrie sie auf und glitt ohnmächtig zu Boden.

      *