Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Название Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Dr. Norden Bestseller Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740937553



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      »Du?«, fragte sie staunend. Ihre kleine, kalte Hand umschloss fast schmerzhaft Fees Handgelenk. »Du hast nichts dagegen, Björn?«

      »Ich freue mich, dass du diesen Entschluss gefasst hast, Christina. Wir könnten auch heute noch fahren, wenn du möchtest.«

      »Heute noch«, wiederholte sie mechanisch. »Ja, heute noch. Dann wirst du befreit sein.«

      Ein Aufstöhnen kam von Björn.

      Daniel griff schnell nach seiner Hand, drückte sie fest und verhinderte eine Erwiderung, indem er überstürzt erklärte, dass die Insel schnell zu erreichen sei.

      »Wenn du mich hinbringen willst, Björn?«, meinte Christina zögernd.

      *

      Zehn Minuten später traten Daniel und Fee den Heimweg an.

      »Das war dein Meisterstück, Fee«, sagte Daniel.

      »Abwarten«, erwiderte sie gedankenverloren. »Man kann es erst sagen, wenn es vollendet ist. Ich komme mir vor wie eine Modezeichnerin, die ein Kleid entworfen hat, von dem sie noch nicht weiß, ob sich die geeignete Trägerin dafür finden wird.«

      Daniel sah sie von der Seite an.

      »Aber es ist möglich, dass Christina in dieses Kleid hineinschlüpft und es ihr passt.«

      »Ich muss sofort mit Paps telefonieren«, sagte Fee. »Ich nehme doch an, dass du auch einiges über Bob Reuwen in Erfahrung gebracht hast.«

      »Björn ist sehr zurückhaltend. Ich vermute, dass sich vor diesem dramatischen Hochzeitstag einiges abgespielt hat, was durchaus nicht den Vorstellungen entsprach, die Christina sich machte«, sagte Daniel.

      Fee warf ihm einen schrägen Blick zu. »Nennen wir es besser Erwartungen. Sie ist sehr jung.«

      »Ein wohlbehütetes Mädchen aus bester, sehr vermögender Familie. Einzige Tochter. Die Mutter verstarb vor drei Jahren.«

      »Eines natürlichen Todes?«, fragte Fee.

      Daniel pfiff durch die Zähne. »Was dir alles durch den Kopf geht«, murmelte er.

      »Es war nur eine Frage.«

      »Wie kommst du auf solche Gedanken?«, fragte Daniel und sah Fee von der Seite an.

      »Meine blühende Phantasie, weißt du.«

      »Das ist keine Phantasie. Worüber hast du nachgedacht?« Seine Stimme klang jetzt eindringlich.

      »Dass Christina schon früher einen Knacks bekommen hat.«

      »Und woraus schließt du das?«

      »Aus einer Bemerkung.«

      »Was für eine Bemerkung?«

      »Sie hat gemerkt, dass ich ein Baby erwarte. Mich wundert, dass sie es überhaupt zur Kenntnis genommen hat«, erwiderte Fee.

      »Man kann es schon ziemlich deutlich sehen«, sagte Daniel zärtlich.

      »Christina sagte: ›Warum bekomme ich kein Baby? Wenn man heiratet, bekommt man doch ein Kind.‹«

      »Doch nicht mit der Heiratsurkunde frei Haus«, sagte Daniel sarkastisch. »So viel wird sie doch wohl wissen.«

      Fee schaute einen Augenblick gedankenverloren vor sich hin.

      »Ich weiß nicht. Ich glaube, dass man bei ihr mehrere Komplexe ausräumen muss, damit sie ein vollwertiger Mensch wird. Man müsste wissen, wie sie vorher war.«

      »Doch wohl ein normales junges Mädchen. Sonst wäre Bob Reuwen kaum auf den Gedanken gekommen, sie heiraten zu wollen.«

      »Er hat sie nicht geheiratet, darin liegt der erste Haken. Er hat sie im Stich gelassen, das ist der zweite. Niemand wagte es ihr zu sagen, und wie es scheint, konnte sein Bruder ihn nicht bewegen, diesem armen Geschöpf zu helfen. – Oder hat er das gar nicht versucht?«

      Daniel zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht, Fee. Über diesen Punkt schweigt Björn Reuwen sich aus. Er hat mir nur gesagt, dass er jetzt tatsächlich nicht wüsste, ob sein Bruder noch lebt.«

      »Wieso das?«

      »Er hat seit drei Monaten keinerlei Nachricht mehr über ihn bekommen, oder, besser gesagt, nichts in Erfahrung bringen können.«

      »Hat er dir eigentlich genau erzählt, was an jenem imaginären Hochzeitstag vor sich gegangen ist?«, fragte Fee.

      »Nein.«

      »Welchen Eindruck hast du von ihm gewonnen?«

      »Dass er nicht sehr mitteilsam ist, mein Schatz.«

      Fee überlegte einen Augenblick.

      »Hat er Hassgefühle gegen seinen Bruder geäußert?«

      »Nein. Er weicht nur jeder Frage aus.«

      »Er schweigt, anstatt sie mit der Wahrheit wachzurütteln«, sagte Fee.

      »Wir kennen die Wahrheit nicht, mein Liebes. Es mag sein, dass sie dem Mädchen einen Schock bereiten würde, von dem sie sich nicht mehr erholen würde. Eins scheint mir gewiss, Reuwen will Christina schonen.«

      Eine Weile schwieg Fee.

      »Christinas Vater ist bei dem Unglück ums Leben gekommen, aber von ihm spricht sie nicht. Ist das nicht auch merkwürdig, Daniel?«

      Daniel nickte zustimmend.

      »Alles ist merkwürdig. Ihr ganzer Zustand. Paps kann sich mal wieder als Seelendoktor betätigen.«

      »Er liebt die ganz besonderen Fälle«, sagte Fee.

      »Aber nur, wenn sie geheilt die Insel verlassen«, erwiderte Daniel.

      »Paps wird sie nicht früher gehen lassen«, erklärte Fee.

      *

      Christina hatte sich sofort in ihr Zimmer zurückgezogen und begann, ihren Schrank auszuräumen. Reichhaltig war ihre Garderobe nicht.

      Geistesabwesend legte sie die wenigen Kleider zusammen, dann ging sie in das kleine Schrankzimmer, um einen Koffer zu holen. Noch niemals, seit sie hier im Hause lebte, hatte sie diesen Raum betreten, und nun wich sie erschrocken zurück, als sie nach einem Lederkoffer griff, der jedoch so schwer war, dass er ihrer Hand entglitt. Sie hatte keine Kraft, sie sank in die Knie. Mit schreckensvollen Augen sah sie den neuen Koffer an.

      Sie fasste sich an die Stirn, fuhr sich mit der Hand über die Augen, als wolle sie ein Bild verwischen, das soeben lebendig geworden war. Mühsam erhob sie sich, stand auf schwankenden Füßen, ging in ihr Zimmer zurück und trat ans Fenster.

      Der Koffer!?Sie hatte ihn gemeinsam mit Bob ausgesucht. Sie hatte sich damals zuerst für einen schwarzen entschieden, aber Bob hatte sie ausgelacht. »Diese Trauerfarbe«, hatte er gesagt. »Ich hasse schwarze Sachen. Nimm den gelben, Christina.«

      Sie hatte den gelben Koffer genommen, obgleich er ihr nicht gefiel. Seit dem Tode ihrer Mutter hatte sie immer nur gedämpfte Farben für ihre Kleidungsstücke und alles Zubehör gewählt. Grau, dunkelblau, im Sommer schlichtes, schmuckloses Weiß.

      Grelle Farben stünden ihr nicht, hatte ihre Mutter gesagt. Sie sei zu blass dafür.

      Mit schleppenden Schritten ging Christina in das Bad und betrachtete sich in dem großen Kristallspiegel. Ja, sie war blass. Fahl war sie wie ein Geist. Nur die zwei Narben zeichneten sich jetzt scharlachrot auf ihren schmalen Wangen ab. Mit dem Zeigefinger betastete sie diese, und ein leises schmerzvolles Stöhnen kam dabei über ihre Lippen.

      Warum war dieser Koffer so schwer, ging es ihr durch den Sinn. Was enthielt er wohl?

      Ganz langsam ging sie in das Schrankzimmer zurück, kniete vor dem Koffer nieder und versuchte, die Schlösser zu öffnen. Sie waren verschlossen. Grübelnd stützte sie den Kopf in die Hand, dann plötzlich kam ihr blitzartig ein Gedanke. Sie ging zu ihrem Schreibtisch, zog die Schublade auf und begann