Название | Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman |
---|---|
Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Dr. Norden Bestseller Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740937553 |
Ein Klopfen an der Tür riss sie in die Wirklichkeit zurück. Katinka steckte den Kopf herein.
»Das Essen wäre angerichtet, gnädige Frau«, sagte sie höflich.
Ich leide an Wahnvorstellungen, ging es Christina durch den Sinn. Es passt nichts zusammen. Alles ist unwirklich. Ich muss mein wahres Ich suchen, wenn das Leben weitergehen soll. Und wieder dachte sie, dass es besser gewesen wäre, wenn der Tod auch sie mitgenommen hätte. Dann brauchte sie jetzt nicht mehr zu grübeln, nicht mehr diesen seltsamen, fürchterlichen Gedanken nachzuhängen, die sie manchmal überfielen und ihr Bilder vorgaukelten, die zu Albträumen wurden und einfach nicht wahr sein konnten.
Christina ging ins Esszimmer, wo Björn schon auf sie wartete.
Wieder saß sie starr und steif Björn gegenüber, sprach kein Wort, aß einen Bissen und schob dann ihren Teller zurück.
»Eigentlich möchte ich doch lieber noch heute fahren«, sagte sie tonlos. »Aber es ist wohl schon zu spät.«
Björns erstaunter Blick streifte sie einen Augenblick.
»Wir brauchen knapp zwei Stunden«, erwiderte er. Es wird besser sein, wenn sie so bald wie nur möglich in eine andere Umgebung kommt, dachte er für sich, obgleich er keine Erklärung für diesen plötzlichen Sinneswandel finden konnte.
Christina packte ihre Sachen in den gelben Koffer, die anderen ließ sie im Schrankzimmer auf dem Boden liegen. Den Brief jedoch legte sie wieder in den Koffer hinein, ohne jetzt noch einen Blick darauf zu werfen. All die Widersprüche, die schon so lange in ihr wühlten, hatten sich zu einem Chaos verstärkt. Aber sie war nicht mehr so apathisch wie in den vergangenen Monaten. Sie schob nicht alles von sich, was sich ihr aufzudrängen suchte. Jetzt wollte sie die Wahrheit finden, die ganze Wahrheit.
Katinkas Miene konnte man nicht entnehmen, ob sie erleichtert war oder betrübt, dass Christina auf die Insel der Hoffnung gehen wollte. Sie war beides, denn sie hatte ein tiefes Mitgefühl mit Christina, andererseits hatte sie sich aber auch immer gesagt, dass es so nicht weitergehen könne.
Nun saß Christina neben Björn im Wagen, schweigsam vor sich hin blickend, doch manchmal ruhte ihr Blick auf seinen Händen. Schmal, sensibel waren sie. Fest zupacken konnten sie sicher nicht so wie Bobs kraftvolle Hände, die von Wind und Wetter gebräunt waren. Er hatte jeden Sport getrieben. Aber was hatte er eigentlich sonst getan? Das Blut begann in ihren Schläfen zu hämmern.
»Ich möchte dir eine Frage stellen, Björn. Eine dumme Frage«, sagte sie plötzlich leise. »Was hatte Bob eigentlich für einen Beruf?«
Björn hielt den Atem an. Er wusste nicht gleich, was er erwidern sollte.
»Ich habe so viel vergessen«, fuhr Christina fort. »Irgendwie muss ich aus diesem Labyrinth herausfinden.«
Christina schaute ihn einen Augenblick von der Seite an.
»Bob studierte noch«, erwiderte Björn zögernd. »Er stand vor dem Examen.«
Christina verschlang die Hände ineinander. »War er nicht schon fast dreißig?«, fragte sie tonlos. »Ich glaube, ich habe auch das vergessen, oder ich bringe alles durcheinander.«
»Er hat viel Zeit verloren mit den Tennisturnieren. Erinnerst du dich nicht? Er war doch unser Champion.«
»Ach ja; und dann hat er ja auch an den Segelregatten teilgenommen. Papa hat …« Sie unterbrach sich.
Er vernahm einen zitternden Seufzer.
Christinas Blick war starr auf die Straße gerichtet.
»Was dachtest du eben?«, fragte Björn drängend.
»Nichts, nein, nichts. Es passt nicht zusammen. Ich weiß nicht, was es ist, Björn, aber ich kann keinen Gedanken zu Ende denken.«
»Du wirst Ruhe finden auf der Insel der Hoffnung«, sagte er behutsam. »Ich bin davon überzeugt, Christina.«
Eine Weile war es still zwischen ihnen.
»Ich dachte, du würdest es mir nicht erlauben, dass ich dorthin gehe.«
»Das ist doch absurd. Du bist erwachsen und kannst deine Entscheidungen allein treffen. Ich kann dir nichts verbieten und würde es auch nicht.«
»Lange Zeit konnte ich nicht selbst entscheiden«, flüsterte sie, »und ich weiß nicht, ob ich jetzt dazu fähig
bin. Ich habe alles hingenommen, was du angeordnet hast. Warum hast du
das alles für mich getan?«, fragte sie leise.
Er schöpfte tief Atem und kämpfte ein paar Sekunden mit sich.
»Ich habe dich sehr gern. Wie eine kleine Schwester«, erwiderte er rasch. »Ich hoffe, dass du mich einmal besser verstehen lernst.«
»Ich habe mich nicht dankbar gezeigt. Du beschämst mich.«
»Sag so etwas nicht, Christina.«
Wieder war es eine Zeit lang still zwischen ihnen.
»Wenn ich die Zusammenhänge selbst nicht finde, wirst du mir dann weiterhelfen?«, fragte sie.
Sein Herz begann schmerzhaft zu klopfen. Alles wollte er für sie tun, aber dieses eine nicht.
»Lerne, dich an der Gegenwart zu freuen«, sagte er. »Denk bitte nicht zurück.«
Er will mir etwas verschweigen, ging es ihr durch den Sinn. Es gibt etwas, an das ich mich nicht erinnern soll. Hing das mit Bob zusammen oder mit ihrem Vater?
»Wir sind gleich da«, sagte Björn. »Dort drüben die Lichter kommen von der Insel.«
Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen. Insel der Hoffnung, dachte sie, aber worauf hoffe ich? Ob sie sich denn einmal wieder des Lebens würde freuen können? Gab es für sie eine Hoffnung?
*
»Nun kommen sie also doch«, hatte Dr. Cornelius vor zwei Stunden zu seiner Frau Anne gesagt, nachdem Björn Reuwen ihn kurz verständigt hatte.
»Scheint wirklich ein komplizierter Fall zu sein«, meinte Anne. »Aber so etwas reizt dich ja, mein Lieber.«
»Du könntest Katja schon ein bisschen vorbereiten. Die Mädchen sind in einem Alter, und vielleicht finden sie Kontakt zueinander.«
»Wenn nicht, wird Mario das schon besorgen«, meinte Anne Cornelius zuversichtlich.
Für Außenstehende waren die Familienverhältnisse der Cornelius’ etwas kompliziert. Dr. Johannes Cornelius war verwitwet gewesen und hatte aus seiner ersten Ehe die Tochter Felicitas, die jetzige Frau Dr. Norden. Anne hatte ihren Mann ebenfalls verloren, und aus dieser Ehe die Tochter Katja. Und den kleinen Mario, den Daniel Norden einmal vor dem Ertrinken gerettet hatte, hatten sie adoptiert.
Er schlief schon längst, als Dr. Reuwen und Christina eintrafen. Anne hatte mit ihrer Tochter Katja inzwischen über das besondere Schicksal dieses Mädchens, das sich als Witwe fühlte, gesprochen. Katja war über ihre Lebensjahre hinaus reif.?Sie hatte selbst schon schlimme Zeiten hinter sich gebracht und war lange an den Rollstuhl gefesselt gewesen. Als sie zur Insel kam, hatte man ihr keine großen Chancen eingeräumt, dass sie je wieder laufen könnte, aber die Insel der Hoffnung hatte ihr dieses Wunder beschert.
Katja war überzeugt, dass hier wundersame Kräfte wirkten, nicht nur durch die Quelle, die der kleine Mario wiederentdeckt hatte, die sie die Quelle der Liebe nannte.
Nein, für Katja war hier alles wie ein Wunder. Sie erlebte nun schon seit Monaten, wie Verzweifelte und Kranke gestärkt, verwandelt und geheilt wieder von hier fortgegangen waren, und sie hatte außerdem das Wunder ihrer ersten großen Liebe hier erlebt, die allen Unkenrufen zum Trotz keine Episode zu bleiben schien.
David Delorme, der schon berühmte junge Pianist, hatte sie gerade heute wieder angerufen. Er gab in Frankreich Konzerte, aber nächste Woche wollte er wieder