Название | Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman |
---|---|
Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Dr. Norden Bestseller Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740937553 |
Ein Ausdruck von Angst legte sich über ihr faltiges Gesicht.
Ob Vanessa denn nicht bei ihm wäre, fragte sie. Sie sei doch schon vor zehn Tagen abgereist.
Ihre Stimme zitterte. Sie wurde zugänglicher, bat ihn dann in den Wohnraum. Und da schien sich alles um ihn zu drehen. Jetzt begann er zu zittern, jeder Nerv in ihm begann zu vibrieren, denn an der Wand hing ein Ölgemälde, aus dem ein Gesicht auf ihn herabblickte, das er erst kürzlich gesehen hatte. Das Gesicht des Mädchens, das er vor seiner Haustür gefunden hatte.
Das Gesicht auf dem Gemälde schien jedoch viel lebendiger. Es war von einer anderen Frisur umrahmt, ein wunderschöner Mund lächelte rätselhaft.
»Wer ist das?«, fragte er heiser, unwillkürlich nach einem Halt suchend.
»Miss Vanessas Mutter«, erwiderte die alte Frau. »Ich bin Laura.« Ihre trüben Augen füllten sich mit Tränen, als sie zu dem Gemälde emporblickte.
»Sie hat uns zu früh verlassen. Sie war zu gut für diese Welt«, sagte sie leise. »Warum ist Vanessa nicht bei ihrem Vater?«
»Ich weiß es nicht, Laura«, erwiderte er, denn er wollte der alten Frau nicht sagen, unter welchen Umständen er die Bekanntschaft von Vanessa gemacht hatte – ohne zu ahnen, wer sie war. Er hatte dieses Mädchen in den Armen gehalten, sie lag in der gleichen Klinik wie ihr Vater, und niemand schien auch nur die geringste Ahnung zu haben. Das Mysteriöse dieses Geschehens wurde ihm erst später wieder bewusst, als er halbwegs seine Fassung wiedererlangt hatte.
Nun wollte er doch so viel wie nur möglich über Vanessa und ihre Mutter erfahren, aber Laura war sehr wortkarg.
Sie bewirtete ihn mit einem lukullischen Imbiss, aber ihre Miene wurde immer trauriger und verschlossener.
Dann, ohne dass Harald vorher ein Geräusch vernommen hätte, tat sich plötzlich die Tür auf, und die junge Dame mit dem grünen Kostüm und den kupferroten Haaren erschien.
Laura stieß einen überraschten Ausruf hervor.
»Miss Violet!«, rief sie aufschluchzend aus.
Die junge Dame umarmte Laura, doch über ihre Schulter hinweg fühlte sich Harald von zwei wunderschönen topasfarbenen Augen eindringlich gemustert.
»Wer sind Sie?«, fragte Violet Hunter kühl.
V für Violet, dachte Harald, nicht für Vanessa.
»Mein Name ist Harald Johanson«, stellte er sich vor.
»Was will er, Laura?«, fragte Violet.
»Er kommt wegen Vanessa. Sie ist nicht bei ihrem Vater eingetroffen. Er meinte, sie hier zu finden.«
Das aparte Gesicht verdüsterte sich. »Wie seltsam«, sagte Violet. »Ich werde mit Mr. Johanson sprechen, Laura. Bitte, lass uns allein.« Ihre Stimme war klanglos, als wäre sie mit ihren Gedanken weit entfernt.
Harald überlegte blitzschnell, wie er sich jetzt verhalten sollte.
War es klug, ihr zu sagen, dass er sie mit Simon Terence auf dem Flugplatz in München gesehen hatte, dass er wusste, dass sie mit der gleichen Maschine gekommen war? Was war von ihr zu halten?
Er beschloss, sehr vorsichtig zu sein, konnte aber feststellen, dass sie es auch war.
»Können Sie sich ausweisen, Mr. Johanson?«, fragte Violet.
»Aber gewiss, Miss Hunter«, erwiderte er spöttisch.
Er reichte ihr seinen Pass. Sie studierte ihn genau, ohne Verlegenheit. Sie sah ihn forschend an, schien das Passbild mit ihm zu vergleichen. Er musste unwillkürlich lachen.
Ihre schönen Augen sprühten Blitze. »Mir ist nicht zum Lachen zumute«, sagte sie scharf.
»Mir eigentlich auch nicht, um so mehr ich mir nicht erklären kann, wie Sie zu der Bekanntschaft von Simon Terence kommen«, entfuhr es ihm nun doch unbedacht.
Maßlose Überraschung malte sich auf ihrem aparten Gesicht.
»Woher wissen Sie das?«, fragte sie. »Laura? Nein, Laura kann es Ihnen nicht erzählt haben.«
Harald verschränkte die Arme über seiner Brust. Er fühlte sich jetzt sicherer und im Vorteil. Er wollte ihre Verwirrung nützen.
»Ich sah Sie mit Simon in München am Flughafen. Wir sind in derselben Maschine geflogen, Miss Hunter, und ich war sehr enttäuscht, als ich Sie nicht am Flughafen abfangen konnte.«
»Warum wollten Sie das?«, fragte sie irritiert.
»Weil ich erfahren hatte, dass Sie V. Hunter heißen, und weil ich Simon Terence kenne.«
Sie überlegte eine Sekunde. »Woher kennen Sie ihn?«, fragte sie dann mit einem gezwungenen Lächeln.
Er musste auf der Hut sein. Sie war überaus intelligent.
»Ich würde Sie zuerst gern fragen, was Sie über den Verbleib von Vanessa Hunter wissen. Sie sind mit ihr verwandt?«
»Zwei Fragen auf einmal«, erwiderte sie zurückhaltend. »Ich bin Vanessas Cousine. Damit ist die eine Frage beantwortet, auf die andere weiß ich keine Antwort. Ich bin in großer Sorge um Vanessa. Deshalb flog ich nach München und traf Simon. Ich hoffte, dass er mir Auskunft geben könnte.«
»Wieso er?«, fragte Harald.
»Er ist mit Vanessa verlobt, und er hat sie nach München begleitet.«
Harald sah sein reizvolles Gegenüber bestürzt an.
»Sagen Sie das noch einmal!«, stieß er hervor.
»Wozu? Sie sehen nicht so aus, als wären Sie schwerhörig«, erwiderte sie schlagfertig. »Also, Mr. Johanson, kommen wir zur Sache. Legen wir beide die Karten auf den Tisch. Was wissen Sie über Simon?«
Sie war nicht nur hübsch und intelligent, sie war auch sehr energisch.
»Ich werde Laura Bescheid sagen, dass sie uns einen Tee zubereitet«, warf sie ein und war dann schnell aus dem Zimmer. Er hegte den Verdacht, dass sie mit Laura sprechen wollte, aber sie blieb nicht lange aus.
Sie schlug die langen schlanken Beine übereinander, wunderschöne Beine, wie Harald feststellte, und lehnte sich in den Sessel zurück, dessen grüner Samtbezug einen dekorativen Rahmen für dieses aparte Gesicht mit den kupferroten Haaren bildete. Sie hatte ihm noch keinen jener Blicke geschenkt, die sonst von Frauen an ihn verschwendet wurden. Ihr Blick richtete sich jetzt auf das Gemälde.
»Tante Vanessa war eine wunderschöne Frau«, sagte sie leise. »Man kann es verstehen, dass ein Mann seinen Kopf ihretwegen verlor. Ich spreche von Mr. Detloff.«
»Ich verstehe, aber ich verstehe nicht alles. Ich weiß im Grunde gar nichts«, sagte Harald, und doch wurde ihm jäh bewusst, dass er die Zusammenhänge im Gespräch mit Laura bereits in etwa erkannt hatte.
»Als ich herkam, wusste ich jedenfalls noch nicht, dass Gottfried Detloff Vanessa Hunters Vater ist«, sagte er gedankenverloren.
»Und warum sind Sie gekommen?«
»Herr Detloff ist schwer erkrankt. Er hat auf die Ankunft von Vanessa gewartet und macht sich große Sorgen um sie.« Vielleicht wiederholte er sich, aber Violet schien das nicht zu stören.
»Wir müssen eine Reihenfolge festlegen«, sagte Violet sinnend. »Wir werden uns gegenseitig ergänzen, Mr. Johanson. Ich weiß auch nicht alles. Ich habe erst vor einem Monat erfahren, wer Vanessas Vater ist. Tante Vanessa war die Schwester meines Vaters, eine schöne und wunderbare Frau. Wir haben sie alle sehr geliebt, und niemand hätte ihr einen Vorwurf gemacht. Sie liebte Gottfried Detloff, obgleich er verheiratet war. Er hätte sich ihretwegen scheiden lassen, aber das kam für Tante Vanessa nicht infrage. Sie verschwand aus seinem Leben, wie sie gekommen war. Er erfuhr nie, dass sie einer Tochter das Leben schenkte. Ich meine, er erfuhr es nicht, solange sie lebte. Sie wollte keine finanziellen