Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Название Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Dr. Norden Bestseller Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740937553



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senkte den Kopf. »Ja«, erwiderte sie dann leise.

      *

      In Dr. Nordens Praxis herrschte Hochbetrieb. Das wechselhafte Frühlingswetter hatte wieder die unterschiedlichsten Reaktionen hervorgerufen. Die einen klagten über starke Kopfschmerzen, die andern kamen mit tränenden Augen, Nervenschmerzen, Ischias, Bronchitis.

      »Was so ein praktischer Arzt doch alles können muss«, sagte Daniel seufzend.

      »Ist doch auch wahnsinnig bequem für die Patienten«, brummte Molly schon ein bisschen ungehalten. »Gehen Sie mit tränenden Augen zum Augenarzt, sagte der womöglich, das sei nicht sein Gebiet, und so fort. Nur gut, dass Sie nicht auch noch Zahnbehandlungen vornehmen müssen.«

      »Die Zahnschmerzen kommen manchmal auch von den Nerven, aber wenn die Leute doch nur einsehen würden, dass nicht alle Schmerzen wetterbedingt sind. Wenn man sie dann wirklich mal röntgen will, sagen sie gleich, dass nur das Wetter dran schuld sei.«

      »Ist ja manchmal auch schuld, wenn wir narrischen Föhn haben«, warf Fee ein.

      »Wir haben jetzt aber keinen Föhn, aber du darfst sicher sein, dass sie dann steif behaupten, dass er morgen bestimmt käme. Die einen fühlen vorher, die andern nachher. Aber wenn ein Patient mit einer ausgewachsenen Stirnhöhleneiterung auch den Föhn verantwortlich machen will für seine Schmerzen, hakt es bei mir doch aus. Ja, die Herzkranken und Menschen mit labilem Kreislauf spüren ihn schon.«

      Er schwieg plötzlich, sie sahen sich an und dachten alle drei an Evelyn Boerden.

      »Edwin Pichler hat heute noch gar nicht angerufen«, sagte Fee zu Daniel, als Molly dann ins Wartezimmer ging.

      »Er wird auf der Lauer liegen«, sagte Daniel. »Ruf du mal in der Klinik an, wie es Frau Boerden geht. Nachher fahre ich hin.«

      Edwin Pichler lag allerdings nicht auf der Lauer. Er war auswärts. Aber Kurti Schnell überwachte das kleine Hotel, in dem Anatol van Reyken und Tatjana unter dem Namen Smith wohnten.

      Er musste sehr lange warten, bis sie in Erscheinung traten. Kurti war dabei schon richtig schläfrig geworden.

      Endlich betraten sie die Halle. Sie hatten Koffer und Taschen mitgebracht, was darauf schließen ließ, dass sie abreisen oder zumindest das Quartier wechseln wollten. Kurti war sogleich hellwach.

      So breit wie lang, war er doch behende wie ein Wiesel. Er ließ schon den Motor seines unauffälligen Wagens an, als sie den hellbeigen Straßenkreuzer bestiegen.

      Sie fuhren nicht weit und auch nicht zu schnell. Kurti konnte ihnen leicht auf den Fersen bleiben. Sein Herz blieb vor Schreck fast stehen, als sie vor dem prächtigen Haus des Konsuls Camphausen hielten. Aber ein Detektiv durfte sich nicht verblüffen lassen. Kurti war ganz geistesgegenwärtig und fuhr weiter, an dem Straßenkreuzer vorbei in die nächste Nebenstraße hinein.

      Als er sich dann per pedes an die Straßenecke heranpirschte und um diese lugte, saß der Mann noch am Steuer, aber die Frau war verschwunden.

      Tatjana läutete indessen bereits an der Haustür, da sie das Gartentor offen gefunden hatte. Als ein adrettes Mädchen ihr öffnete, stellte sie sich mit ihrem richtigen Namen vor. Tatjana van Reyken.

      Dr. Camphausen war vor wenigen Minuten aus der Klinik heimgekehrt. Er hörte die rauchige Stimme und den Namen und war schon auf dem Sprung, da das Mädchen sagte, dass der Herr Konsul jetzt leider nicht zu sprechen sei.

      »Für die gnädige Frau jederzeit«, sagte er, schnell in die Halle tretend.

      »Frau van Reyken, ich freue mich, Sie kennenzulernen«, sagte er höflich. »Ihr Herr Gemahl hat sicher eine Antwort vermisst auf sein Schreiben, und ich muss zu meiner Entschuldigung sagen, dass ich länger auf Reisen war und erst vor wenigen Tagen zurückgekehrt bin. Bitte, treten Sie doch näher.«

      Das Mädchen, ob dieser verwunderlichen Erklärung bestürzt, entfernte sich schnell. Tatjana schritt beruhigt und siegessicher an Dr. Camphausens Seite zu dessen Arbeitszimmer.

      »Mein Mann wäre gern selbst gekommen, aber er hat entsetzlich viel zu tun«, erklärte sie. »Aber die Angelegenheit, in der er an Sie herangetreten ist, ist so dringlich, dass er mich gebeten hat, persönlich bei Ihnen vorzusprechen.«

      Dr. Camphausens Gedanken überstürzten sich. Was wollen sie, fragte er sich. Dass Saskia hier ist, wissen sie. Was wollen sie jetzt in Erfahrung bringen? Seiner Miene waren solche Gedanken nicht abzulesen. Schließlich war er Diplomat.

      »Ich muss mich erst konzentrieren«, sagte er. »Es liegt so vielerlei vor. Ihr Herr Gemahl schrieb mir im Auftrag des Fürsten Dejali.« Er fasste sich an die Stirn, als dächte er nach.

      »Ja, gewiss. Der Fürst möchte Verbindung zu seiner Tochter aufnehmen und erinnerte sich, dass Sie mit seiner ersten Frau …«

      »Seiner dritten Frau«, warf Dr. Camphausen mit einem hintergründigen Lächen ein, »befreundet waren. Das wollten Sie doch sagen?«

      Tatjana sah ihn leicht irritiert an. »Ich habe keine Ahnung, dass es bereits seine dritte Frau war«, sagte sie. »Der eigentliche Mittelsmann ist ja auch mein Mann. Der Fürst hat in Erfahrung gebracht, dass aus Evelyn von Dongen eine Frau Boerden wurde, dass dieser Herr Boerden Saskia adoptierte und später starb.«

      »Er wurde ermordet«, sagte Dr. Camphausen, ohne sie aus den Augen zu lassen. Er bemerkte, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich.

      »Ermordet?«, hauchte sie. »Ist das bewiesen?«

      »So gut wie. Allerdings erst in jüngster Zeit. Neue Ermittlungen sind im Gange.«

      Er lobte sich selbst seiner Geistesgegenwart, denn er konnte sehr gut beobachten, dass Tatjana van Reyken sehr nervös wurde.

      »Das ist allerdings schrecklich«, sagte sie, »aber um so mehr wird Fürst Dejali bemüht sein, seine Tochter unter seinen Schutz zu nehmen.«

      »Sie verübeln es mir nicht, dass ich daran Zweifel hege?«, fragte Dr. Camphausen. »Der Fürst hat meines Wissens drei Söhne. Auf eine Tochter legt er doch keinen Wert.«

      »Nun, er fühlt sich immerhin als ihr Vater. Er möchte sie sehen. Er möchte sie vor materieller Not schützen.«

      Nun kommen wir der Sache schon näher, dachte Dr. Camphausen. Sie will herausbringen, wie viel Saskia zu erwarten hat, wenn ihre Mutter stirbt.

      »Das ist sehr lobenswert von dem Fürsten«, sagte er. »Saskia wird es brauchen können, denn ihr hat ihr Stiefvater nichts vererbt.«

      Tatjana erstarrte. Dr. Camphausen hatte seine helle Freude daran, und er bedauerte es, nicht frohgemut vor sich hinpfeifen zu können, wie er das sonst gern tat, wenn er sich auf der Siegerseite wähnen konnte.

      »Er hat ihr nichts vererbt«, sagte Tatjana tonlos. »Ein richtiger Stiefvater also.«

      »Er hat schließlich einen Sohn. Nicht nur Fürsten ziehen einen Sohn und Erben vor, meine liebe Madame von Reyken. Nun, immerhin wird Saskia vorerst durch ein kleines Erbe von ihrer Mutter gesichert sein, die sehr schwer erkrankt ist.«

      »Wie schrecklich für dieses junge Mädchen«, sagte Tatjana scheinheilig. »Sie können mir ihren Aufenthaltsort nennen? Wir möchten es gern dem Fürsten berichten, damit er sich selbst um sie kümmern kann.«

      »Saskia befindet sich am Krankenbett ihrer Mutter. Diese arme Frau war vielen Gefahren ausgesetzt, obgleich sie ja buchstäblich von der Gnade des jungen Cornelius Boerden lebte.«

      »Er ist also der Alleinerbe«, entfuhr es Tatjana nun doch unbedacht.

      Dr. Camphausen zuckte die Schultern.

      »So genau weiß ich das nicht, ich vertrete nur Frau Boerden. Da Saskia für Cornelius Boerden gar nichts übrig hat – man kann ihn ja nicht einmal ihren Stiefbruder nennen, glaube ich auch nicht, dass er bereit wäre, etwas für das Mädchen zu tun. Es wäre natürlich ganz wunderbar, wenn der Fürst sich jetzt einmal großmütig zeigen würde. Allerdings, das muss ich einräumen, habe ich meine Erfahrungen