Arabella. Hildegard Maas

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Название Arabella
Автор произведения Hildegard Maas
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783962298791



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tasteten ab, bewegten es hin und her unter heftigen Schimpftiraden von Anastasia. „So ein Quatsch … Aua, lasst das doch mal, das tut weh und hilft nicht weiter … ,nein, nein ich kenne mein Knie am besten selbst … das geht alles von alleine wieder weg … so eine dumme Pute, wie ich bin, muss eben für ihre Dummheit gerade stehen …“ Sie lamentierte und lamentierte in einem fort und sah dabei so zerknirscht aus, dass alle vier sich bald nicht mehr halten konnten vor Lachen. Markus und Antonius hatten ihre Untersuchung bald beendet, besprachen sich kurz leise und nickten. „Theobald, wo ist denn der Quark, den ich in Eurem Einkaufswagen heute Mittag gesehen habe?“ Markus schaute sich fragend um. „Im Kühlschrank“, antwortete Arabella. Theobald hatte es, wen wundert es, vergessen. Er suchte den Quark im Wohnzimmer. Arabella rollte die Augen. Mannomann, wo sollte das nur hinführen mit Theobald. Da musste man sich dringend etwas überlegen, dachte sie sich. „Her damit“, sagte Markus, „und zwei oder drei Leinentücher brauchen wir auch.“ Er krempelte sich die Ärmel seines gestreiften Hemdes hoch. Theobald schaute Anastasia fragend an. Die hatte sich ihrem Schicksal ergeben. Mit Quarkwickeln war sie einverstanden, die wollte sie ja sowieso machen. „Leinentücher sind dort oben im Küchenschrank“, sagte sie zu Theobald, „nimm die untersten, die sind schon alt.“ „Eine große Schüssel brauchen wir auch“, sagte Antonius. Bald füllten die beiden den Quark in die Schüssel, rührten ihn zu einem Brei und strichen dann den Quark auf ein zusammengefaltetes Leinentuch. Daraus formten sie fachmännisch einen Wickel, den sie um das verletzte Knie banden. Das zweite Leinentuch banden sie noch darüber.

      Sie arbeiteten schweigend rasch und Hand in Hand. Zufrieden betrachteten sie anschließend ihr Werk. „So, nun gibt’s noch ein paar Arnikatropfen“, sagte Markus, „und dann müssen wir abwarten.“ Sofort machte sich eine angenehme Kühle in Anastasias Knie breit. Entspannt lehnte sie sich wieder an. Kerzengerade und angespannt hatte sie nämlich die ganze Zeit während der Untersuchung gesessen. Kaffeeduft zog durch die Küche. Arabella hatte noch Schokoladenplätzchen im Kühlschrank gefunden. Nun stellte sie Kaffeetassen, Kaffee und Plätzchen auf den Tisch, holte Milch aus dem Kühlschrank und setzte sich zu Anastasia auf die Bank. Antonius nahm natürlich auch wieder seinen Platz auf der Bank ein. Markus nahm den großen Lehnstuhl von vorhin und Theobald den Stuhl am Fenster. So saßen sie in gemütlicher Runde. Die Sonne schien angenehm warm in die Küche. „Ich danke Euch, dass Ihr da seid“, sagte Anastasia nun. Sie war jetzt wirklich froh über die Hilfe. „Entschuldigt meine anfänglichen Schimpftiraden, aber ich …“

      „Ach, papperlapapp. Das ist schon in Ordnung“, fielen ihr Markus und Theobald ins Wort „Wir kennen Dich ja nun lange genug, und wissen wie störrisch Du sein kannst“, lachten sie, „aber Du bist die allerallerbeste Oma auf der ganzen Welt“, fügte Theobald hinzu. Anastasia war sehr gerührt und wischte sich heimlich eine Träne aus dem Auge. Es war wirklich schön, fand Arabella. Geborgenheit, Liebe und echte Zuneigung gab es hier und das fühlte sich richtig gut an. Nach dem Kaffee verabschiedeten sich Antonius und Markus. „Wir müssen jetzt noch zu einem anderen Hausbesuch“, erklärte Antonius, „aber auf dem Rückweg nachher schauen wir gerne noch mal rein, wenn’s Dir recht ist, Anastasia? Denn, wenn das Knie dann immer noch so dick geschwollen ist, sollten wir besser doch mal eine Röntgenaufnahme im Krankenhaus machen lassen.“ Anastasia zog ärgerlich die Stirn in Falten. „So weit kommt das noch“, begann sie schon wieder zu schimpfen. Arabella, Theobald, Markus und Antonius konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Das werden wir nachher schon sehen, dann ist das Knie wieder tipptopp. Ja, ja, Ihr werdet es schon sehen“, bekräftigte Anastasia ihre eigenen Worte. „Nun macht aber, dass Ihr weiterkommt, Ihr beiden“, sagte sie zu Markus und Antonius. „Ihr könnt gerne nachher wiederkommen. Dann essen wir zusammen Pfannkuchen mit Apfelmus, wenn ihr mögt.“

      „Oh, was für rosige Aussichten.“ Markus und Theobald rieben sich in Vorfreude auf das angekündigte Festmahl die Bäuche. Antonius nickte freundlich. Arabella fragte sich, wer wohl die Pfannkuchen und das Apfelmus zubereiten sollte. Markus und Antonius waren gegangen und sie räumte den Tisch ab. Theobald legte sich in den Liegestuhl im Garten für ein nachmittägliches Nickerchen und Anastasia hatte sich ebenfalls für ein kleines Schläfchen auf der Küchenbank zurückgelehnt.

      Arabella war nicht müde. Sie hatte Lust auf einen Strandspaziergang. Warum eigentlich nicht, dachte sie. Sie nahm vorsichtshalber den Schal aus der Garderobe, den Theobald ihr gestern umgelegt hatte, und verließ leise das Haus. Kurz überlegte sie, einen Zettel mit einer Nachricht auf den Küchentisch zu legen, aber da sie ja noch nicht wusste, wohin sie ging, konnte sie das ja auch nicht schreiben. Sie war schon fast an der Haustür, da kamen ihr doch Bedenken. Anastasia und Theobald würden sich vielleicht Sorgen machen, wenn sie nicht da war, wenn sie aufwachten. Also gut, dachte sie, und schrieb auf einen Zettel: „Ihr Lieben, ich, Arabella, bin spazieren gegangen – bis gleich!“ So, das musste reichen. Sie wollte sich ja auch nur kurz die Beine vertreten, die Insel erkunden und frische Luft schnuppern. Das war ja schnell erledigt. Sie ging durch die Haustür und freute sich auf ihren Ausflug. Leise fiel die Tür ins Schloss und frohen Mutes machte Arabella sich auf in Richtung Strand.

       Kapitel 8

      Sie wollte direkt zum Strand, und zwar zu der Stelle, an der sie mittags die vielen Kinder gesehen hatte. Da war es lustig und schöne Musik hatte gespielt. Ja, genau dort wollte sie hin! Summend ging sie den schmalen Holzpfad entlang, der direkt zu der Stelle führte, wo sich viele Menschen aller Altersgruppen tummelten. Es war eine schöne, kleine Bucht, in der man in Ruhe schwimmen konnte, auch wenn man es noch nicht so gut konnte, aber natürlich auch, wenn man es schon perfekt konnte. Manche tauchten auch und zwei Jungen hatten ein kleines Schlauchboot und plantschten träge darin herum. Weiter hinten sah man Surfer und Stand-up-Paddler. Auch Kitesurfer mit riesigen bunten Segeln waren dort. Das sah wirklich wunderschön aus, fand Arabella. Und sah auch nicht so schwierig aus. Sie nahm sich vor, unbedingt Kitesurfen zu lernen. Aber später mal, jetzt wollte sie erst mal hier die Gegend erkunden. Fröhlich und neugierig lief sie weiter an der Wasserkante entlang und ließ das Wasser über ihre Füße fließen. Wenn mal eine höhere Welle kam, sprang sie einfach darüber weg. Schön war das hier!

      Da sah sie plötzlich zwei Mädchen, die exakt gleich aussahen. Träumte sie, sah sie jetzt doppelt, hatte sie einen Sonnenstich? Arabella rieb sich die Augen, schloss sie, öffnete sie wieder. Nein, die beiden waren ohne Zweifel da. Wie war das denn möglich? Sie kam einen Schritt näher. Die beiden hatten rötliche Haare, die zu ganz vielen kleinen Zöpfen geflochten waren. Sie waren übersät mit Sommersprossen, hatten beide einen hellblauen Badeanzug an, trugen um das rechte Handgelenk ein kleines, mittelbraunes Lederarmband mit einem kleinen silbernen Stern drauf. Die beiden Mädchen unterhielten sich über irgendetwas, das Arabella aber nicht verstehen konnte. Sie hörte irgendetwas von Clown … und Vorstellung … und morgen Nachmittag … und lustig …, aber sie konnte sich keinen Reim drauf machen. Arabella blieb vor den Mädchen stehen und schaute ihnen zu. Sie hatten eine Sandburg gebaut und verzierten diese gerade mit wunderschönen Muscheln und Steinen, die sie um sich herum fanden. Sie schienen sehr beschäftigt und versunken in dem, was sie taten.

      Arabella trat ein bisschen näher heran, sodass ihr Schatten auf die Sandburg fiel. Die beiden Mädchen schauten auf. Die eine der beiden fragte neugierig: „Hey, wer bist Du denn? Wieso bist Du so blau?“, wollte sie wissen. Die andere sagte nichts. Sie guckte aber auch sehr freundlich und auch sehr neugierig. „Hey“, sagte Arabella und stellte sich erst mal vor: „Ich heiße Arabella, ich war mal ein blauer Luftballon und nun bin ich so, wie ich bin.“ Das musste erst mal reichen, fand sie. Mehr wusste sie eigentlich auch nicht zu sagen. „Und wer seid Ihr beiden? Und wieso seht ihr genau gleich aus?“, fragte sie. Die beiden Mädchen kicherten und hielten sich beide Hände gegenseitig zum Abklatschen entgegen. Sie setzten sich im Schneidersitz vor Arabella hin „Also“, sagte wieder das Mädchen, das schon mal geantwortet hatte, „ich bin Katharina und das ist Pauline“, sie deutete auf das andere Mädchen. „Wir sind Zwillinge und für die meisten sehen wir genau gleich aus; das tun wir aber gar nicht in Wirklichkeit. Pauline hat z. B. zweihundertsiebenundfünfzig Sommersprossen und ich habe zweihundertvierundfünfzig. Pauline ist zwei Minuten jünger als ich. Ich male gerne und lese gerne und erzähle gerne. Pauline rechnet gerne und spielt Klavier. Sie ist eindeutig besser im Hochsprung, aber Sport machen wir beide gerne