Arabella. Hildegard Maas

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Название Arabella
Автор произведения Hildegard Maas
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783962298791



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Theobald seine Oma auf. Anastasia humpelte durchs Schlafzimmer. Sie trug eine Sporthose, ein T-Shirt und Turnschuhe. Darin sah sie ziemlich gut und sportlich aus, fand Arabella.

      Kurz überlegte sie, ob sie schon jemals einen 137 Jahre alten Menschen in Sportkleidung gesehen hatte. Spontan fiel ihr da keiner ein. Aber das war jetzt ja auch gar nicht wichtig. Wichtig war Anastasias Bein. „Was können wir tun?“, fragte Theobald, als hätte er Arabellas Gedanken lesen können. Konnte er vielleicht auch, wer weiß das schon, dachte Arabella. „Helft mir bitte die Treppe herunter und seht zu, dass Goethe nicht auf irgendeiner Treppenstufe im Weg steht. Er macht seinen Frühsport nämlich immer auf der Treppe, während ich auf dem Trimmrad sitze.“ Anastasia setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, gestützt auf der einen Seite von Theobald, auf der anderen Seite hielt sie sich selbst am Treppengeländer fest. Arabella lief vorweg und hielt sozusagen den Weg frei. Es war kein Goethe in Sicht, er war entweder schon fertig mit seiner Frühgymnastik oder hatte sich von dem Lärm und der Unruhe vertreiben lassen.

      So kamen sie ohne Komplikationen unten an. „Ich setz mich erst mal in der Küche auf die Bank“, sagte Anastasia, während sie in Richtung Küchenbank humpelte. Arabella und Theobald folgten ihr. „Was sollen wir denn jetzt machen? Soll ich vielleicht einen Arzt rufen?“, fragte Theobald etwas unsicher. Er wusste in Wirklichkeit gar nicht, wie das geht, weil er das ja noch nie gemacht hatte. Brauchte er auch jetzt nicht, weil Anastasia sehr bestimmt und energisch verlauten ließ: „Was denn, so weit kommt das noch. Einen Arzt, wer braucht bei so was schon einen Arzt, noch nie im Leben bin ich bei irgendeinem Arzt gewesen. Wenn jeder mit solchen Lappalien zum Arzt ginge, wäre der ja vollkommen überlastet und hätte keine Zeit mehr für die wirklich kranken Menschen.“

      „Na ja“, Theobald wurde nachdenklich, „aber wer sagt schon, ob man wirklich krank ist? Das bestimmt ja jeder selber für sich. Der eine ist doch bestimmt schneller krank als der andere, oder?“

      „Ja, ja, kann ja jeder machen, wie er lustig ist“, entgegnete Anastasia, „aber ich geh da jedenfalls jetzt nicht hin und es kommt auch keiner her. Ihr besorgt mit bitte zwanzig große Pakete Quark, damit mache ich mir Quarkwickel um das Knie und in ein paar Tagen bin ich wieder topfit.“ Das klang nach einem guten Plan, fand Arabella.

      „O. k., brauchst Du sonst noch irgendwas?“ Theobald war froh, etwas tun zu können, anstatt dumm in der Küche herumzustehen. „Ein bisschen Vogelfutter und Zimt, ansonsten brauch ich nichts“, sagte Anastasia und deutete auf den Korb, der in der Ecke stand, „den könnt Ihr mitnehmen zum Einkaufen. Theobald, ich bitte Dich, schreib Dir lieber auf, was Du einkaufen sollst, sonst hast Du alles vergessen, wenn Du im Laden stehst. Dann kaufst Du bestimmt Möhren und Lakritz, statt Quark und Vogelfutter. Ich kenn Dich doch.“

      „Ach papperlapapp, die paar Sachen auf dem kurzen Weg, das wäre ja wohl gelacht“, prahlte Theobald. Er nahm den Korb und wollte gerade die Haustür öffnen, da rief Anastasia hinter ihm her: „Willst Du denn Arabella gar nicht mitnehmen? Dann kann sie schon mal ein kleines bisschen von der Insel sehen und kommt unter die Leute.“

      „Ach ja, natürlich Arabella! Dich hätte ich jetzt doch fast vergessen.“ Theobald kratzte sich verlegen am Kopf. „Siehst Du, genau das meine ich“, witzelte Anastasia, „aber wenn Arabella dabei ist, besteht eine gute Chance, dass wirklich auch Quark bei mir ankommt.“ Sie zwinkerte Arabella zu. „Viel Spaß Ihr zwei. Du wirst sehen, die Insel ist wunderschön. Ich wohne hier schon mein ganzes Leben und würde nie woanders leben wollen. Dies ist mein Zuhause und wird es immer bleiben, weil es sich gut anfühlt, hier zu sein.“ Glücklich schaute sie aus dem Fenster in ihren Garten. „Theobald, bevor ihr geht, macht doch bitte noch die Tür zum Garten auf, dann duftet es hier drin nach Sommer, Sonne und Meer.“ Theobald schob die Terrassentür weit auf. Sofort war die Küche erfüllt mit einem unbeschreiblich schönen Gemisch aus Vogelgezwitscher, Meeresrauschen und dem Duft aus Sommerblumen und Gras.

      „Ahhh, wie herrlich!“ Ganz verträumt, weil das alles so schön war, stand Theobald in der Küche und wollte sich gerade auf die Bank setzen, als Anastasia und Arabella einstimmig lachend riefen: „Nein, nein, Theobald, jetzt steht Einkaufen auf dem Plan, schon vergessen?“

      „Ups.“ Theobald setzte sich schnell in Richtung Haustür in Bewegung. „Nein, nix vergessen, klar, einkaufen! Komm Arabella, los geht’s.“

      „Der Korb, Theobald“, erinnerte Anastasia geduldig.

      „Ach ja klar, selbstredend! An was man alles denken muss schon am frühen Morgen“, murmelte er, holte den Korb aus der Küche, setzte Arabella hinein und wollte ihr gerade die Baseballkappe aufsetzen, da rief Anastasia empört: „Theobald, halt! Was machst Du denn? Wie soll sie denn darunter was sehen von der schönen Insel? Und außerdem ist die Kappe doch viel zu warm. Wir haben Sommer!“

      „Ja, aber wenn uns jemand sieht und merkt, dass ich mich mit einer Luftballonschlange unterhalte, dann denken doch die Leute, ich bin plemplem.“ Theobald wirkte sehr verunsichert. “Aha, das war also auch gestern Abend der Grund der Maskerade“, sagte Anastasia. Arabella verstand nur Bahnhof. „Ja klar“, sagte Theobald, „ich habe schließlich einen sehr guten Ruf hier auf der Insel.“

      „Dein Ruf kann durch Arabella nur noch besser werden.“ Wieder zwinkerte Anastasia fröhlich Arabella zu: „Also Kappe ablassen und loslegen, lautet die Devise, glaub mir, die Menschen werden Arabella lieben und Dich lieben sie sowieso schon.“

      „Na, wenn Du meinst?“ Theobald war noch nicht ganz überzeugt, aber er glaubte seiner Oma alles, denn alles was sie ihm bisher beigebracht und gesagt hatte, stimmte, also war dies hier jetzt bestimmt auch richtig. Theobald hängte die Baseballkappe wieder zurück an den Garderobenhaken und platzierte Arabella so im Korb, dass sie gut herausgucken konnte. So machten sie sich auf den Weg zum Einkaufen. „Ohne Einkaufszettel, na, da bin ich mal gespannt“, murmelte Anastasia etwas skeptisch, als die beiden das Haus verließen, aber Arabella war ja dabei.

       Kapitel 6

      Theobald und Arabella gingen rechts die Straße hinunter in Richtung Stadtzentrum. Dort befand sich am Anfang der Fußgängerzone ein kleiner Supermarkt. Der hatte eigentlich alles vorrätig, was man so zum Leben brauchte. Ja und war mal etwas nicht da, konnte man es beim Supermarktbesitzer bestellen und bekam es meistens schon am nächsten Tag. Die Straße führte am Strand entlang. Das Wetter war seit gestern wieder gut. Nach einer Woche Dauerregen und Sturm schien jetzt die Sonne und der Himmel war blau, ohne eine einzige Wolke. So waren sehr viele Menschen am Strand zum Schwimmen und Sonnenbaden. Etwas weiter hinten sah man Surfer und Stand-up-Paddler. Es war eine sehr schöne, entspannte Stimmung, man hörte Musik von irgendwo her, ein Eiswagen fuhr langsam an der Promenade entlang und klingelte ab und zu mit einer kleinen Glocke, um sich auch bei allen bemerkbar zu machen. Arabella genoss ihren Ausflug mit Theobald und guckte hin und her, um nichts zu verpassen. Sie stellte Theobald tausend Fragen, die er erst etwas verhalten, aber dann immer selbstverständlicher beantwortete. „Was machen denn die ganzen Menschen hier am Strand?“, wollte Arabella wissen.

      „Ist hier jeden Tag so viel los? Warum sind denn da gar keine Hunde am Strand? Was ist das denn da? „Sie zeigte auf einen großen Lenkdrachen, der die Form einer bunten Mickey Mouse hatte. Theobald wusste auf jede ihrer Fragen eine Antwort. Arabella war sehr zufrieden und wurde nach einiger Zeit etwas ruhiger, als ihre Aufregung sich legte. Sie atmete die frische Meerluft ein und fühlte sich pudelwohl in ihrem Korb.

      Da hatten sie auch schon den Supermarkt erreicht. Theobald nahm einen von den Einkaufswagen, die vor der Tür standen, stellte den Korb mit Arabella hinein und fuhr in den Laden. Arabella staunte mit offenem Mund über die vielen Sachen, die sich in den Regalen befanden. Direkt am Eingang befand sich die Obst- und Gemüseabteilung. Da brauchten sie nichts, also fuhr Theobald weiter und blieb am Milchregal stehen. Er nahm drei Liter Milch und 5 Pakete Butter. Dann fuhr er weiter zum Gewürzregal. Hier suchte er nach Koriander, fand es und packte es ein. Arabella schaute seinem Treiben zu und fragte dann vorsichtig: „Theobald ist das denn Quark und Zimt, was Du hier in den Wagen getan hast?“ Theobald kratzte sich am Kopf, wie er es ja immer tat, wenn er nachdachte. „Nein, das ist es natürlich nicht. Ich wollte Dich auf die Probe stellen, ob Du