Die Ethik. Baruch de Spinoza

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Название Die Ethik
Автор произведения Baruch de Spinoza
Жанр Философия
Серия
Издательство Философия
Год выпуска 0
isbn 9783843802734



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von denen jedes ewige und unendliche Wesenheit ausdrückt, existiert notwendig.

      Beweis: Bestreitet man das, so nehme man an, wenn man kann, Gott existiere nicht. Es schließt also (nach Axiom 7) sein Wesen seine Existenz nicht ein. Nun ist aber das (nach Lehrsatz 7) widersinnig. Also existiert Gott notwendig. W.z.b.w.

      Anderer Beweis: Von jedem Ding muss eine Ursache oder ein Grund angegeben werden, sowohl warum es existiert als auch warum es nicht existiert. Zum Beispiel, wenn ein Dreieck existiert, so muss es auch einen Grund oder eine Ursache geben, warum es existiert. Existiert es aber nicht, so muss es ebenfalls einen Grund oder eine Ursache geben, die verhindert, dass es existiert oder die seine Existenz aufhebt. Dieser Grund aber oder diese Ursache muss entweder in der Natur des Dinges enthalten sein oder außerhalb derselben liegen. Zum Beispiel gibt die Natur des Kreises selbst den Grund an, warum ein viereckiger Kreis nicht existiert, weil das nämlich einen Widerspruch in sich schließen würde. Weshalb aber hingegen die Substanz existiert, folgt ebenfalls aus der Natur allein derselben, die nämlich die Existenz in sich schließt (siehe Lehrsatz 7). Der Grund aber, weshalb ein Kreis oder ein Dreieck existiert oder nicht existiert, folgt nicht aus ihrer Natur, sondern aus der Ordnung der Natur aller Körper; denn aus dieser muss folgen, dass entweder das Dreieck mit Notwendigkeit bereits existiert oder dass es unmöglich ist, dass es bereits existiert. Dies ist doch wohl selbstverständlich. Daraus folgt, dass dasjenige mit Notwendigkeit existiert, wovon kein Grund und keine Ursache vorhanden ist, die es verhinderte zu existieren. Wenn es daher keinen Grund und keine Ursache geben kann, die verhinderte, dass Gott existiert oder die seine Existenz aufheben würde, so muss unbedingt gefolgert werden, dass er mit Notwendigkeit existiert. Gäbe es nun einen solchen Grund oder eine solche Ursache, so müsste sie entweder in der eigenen Natur Gottes liegen oder außerhalb derselben, d.h. in einer anderen Substanz von anderer Natur. Denn wäre sie von gleicher Natur, so wäre damit schon zugestanden, dass Gott ist. Eine Substanz aber, die von anderer Natur wäre, hat nichts mit Gott gemein (nach Lehrsatz 2) und kann daher seine Existenz weder setzen noch aufheben.

      Da es also einen Grund oder eine Ursache, die die göttliche Existenz aufhebt, außerhalb der göttlichen Natur nicht geben kann, so müsste sie, wenn er nicht existieren würde, notwendig in der eigenen Natur Gottes liegen, die somit einen Widerspruch enthielte. Dies aber vom absolut unendlichen und höchst vollkommenen Wesen zu behaupten, wäre widersinnig. Es gibt also weder in Gott noch außer Gott irgendeine Ursache oder einen Grund, der seine Existenz aufhebt. Folglich existiert Gott notwendig. W.z.b.w.

      Anderer Beweis: Nicht existieren können ist Ohnmacht, existieren können dagegen Macht (was an sich klar ist). Wenn darum das, was schon notwendig existiert, nur endliche Wesen sind, so wären also endliche Wesen mächtiger als das absolut unendliche Wesen. Das ist (selbstverständlich) widersinnig. Somit existiert entweder nichts, oder das absolut unendliche Wesen existiert notwendig. Nun existieren wir selbst, entweder in uns oder in einem anderen, das notwendig existiert (siehe Axiom 1 und Lehrsatz 7). Folglich muss das absolut unendliche Wesen, d.h. (nach Definition 6) Gott, notwendig existieren. W.z.b.w.

      Anmerkung: In diesem letzten Beweis wollte ich das Dasein Gottes a posteriori nachweisen, damit der Beweis leichter begriffen werde, nicht aber darum, weil das Dasein Gottes auf derselben Grundlage auch nicht a priori zu folgern wäre. Denn da existieren können Macht ist, so folgt, dass je mehr Realität der Natur eines Dinges zukommt, es umso mehr Kraft aus sich hat zu existieren. Daher muss das absolut unendliche Wesen oder Gott eine absolut unendliche Macht zu existieren aus sich haben, und er muss darum absolut existieren.

      Vielleicht werden viele die Evidenz dieses Beweises nicht leicht einsehen, weil sie gewohnt sind, nur solche Dinge zu betrachten, die aus äußeren Ursachen entspringen; dabei machten sie die Wahrnehmung, dass Dinge, die schnell entstehen, d.h. leicht existieren, auch wieder leicht untergehen, und umgekehrt meinen sie, dass diejenigen Dinge schwieriger zu machen sind, d.h. nicht so leicht existieren, zu welchen nach ihren Begriffen mehr erforderlich ist. Indessen, um diesen Vorurteilen entgegenzutreten, ist es nicht nötig, hier zu zeigen, in welchem Sinne der Satz: »Was schnell entsteht, vergeht schnell« wahr sei; noch auch, ob hinsichtlich der ganzen Natur alles gleich leicht sei oder nicht. Es genügt vielmehr die eine Anmerkung, dass ich hier nicht von Dingen rede, die durch äußere Ursachen entstehen, sondern nur von Substanzen, die (nach Lehrsatz 6) von keiner äußeren Ursache hervorgebracht werden können. Denn Dinge, die durch äußere Ursachen entstehen, mögen sie aus vielen Teilen bestehen oder aus wenigen, verdanken alles, was sie an Vollkommenheit oder Realität haben, der Kraft der äußeren Ursache, ihre Existenz entspringt daher lediglich aus der Vollkommenheit der äußeren Ursache, nicht der eigenen. Was hingegen die Substanz an Vollkommenheit hat, verdankt sie keiner äußeren Ursache; daher muss auch ihre Existenz aus ihrer eigenen Natur allein folgen, die demnach nichts anderes ist als ihr Wesen. Die Vollkommenheit hebt somit die Existenz eines Dinges nicht auf, sondern setzt sie vielmehr; die Unvollkommenheit hingegen hebt dieselbe auf. Daher können wir über die Existenz keines Dinges mehr Gewissheit haben als über die Existenz des absolut unendlichen oder vollkommenen Wesens, d.h. Gottes. Denn da sein Wesen alle Unvollkommenheit ausschließt und absolute Vollkommenheit in sich schließt, so hebt es eben dadurch jeden Grund, an seiner Existenz zu zweifeln, auf und gibt darüber die höchste Gewissheit. Wer nur einigermaßen aufmerksam ist, wird dies, denke ich, einleuchtend finden.

      Lehrsatz 12

      Kein Attribut einer Substanz kann richtig begriffen sein, wenn aus dessen Begriff folgen würde, dass die Substanz geteilt werden könne.

      Beweis: Denn die Teile, in die die Substanz, so begriffen, geteilt würde, würden entweder die Natur der Substanz behalten oder nicht. Ist das erstere der Fall, so müsste (nach Lehrsatz 8) jeder Teil unendlich sein, er müsste auch (nach Lehrsatz 6) Ursache seiner selbst sein und (nach Lehrsatz 5) aus verschiedenen Attributen bestehen. So könnten aus einer Substanz mehrere Substanzen sich bilden, was (nach Lehrsatz 6) widersinnig ist. Hierzu kommt noch, dass die Teile (nach Lehrsatz 2) nichts mit ihrem Ganzen gemein hätten und das Ganze (nach Definition 4 und Lehrsatz 10) ohne seine Teile sowohl sein als auch begriffen werden könnte; eine Widersinnigkeit, die niemand verkennen wird. Würde aber der zweite Fall angenommen, dass nämlich die Teile die Natur der Substanz nicht behalten, so würde folglich die Substanz, wenn sie in gleiche Teile geteilt würde, die Natur der Substanz verlieren und zu sein aufhören; was (nach Lehrsatz 7) widersinnig wäre.

      Lehrsatz 13

      Die absolut unendliche Substanz ist unteilbar.

      Beweis: Wäre sie teilbar, so würden die Teile, in die sie geteilt würde, die Natur der absolut unendlichen Substanz entweder behalten oder nicht behalten. Im ersten Fall würden sich mehrere Substanzen von gleicher Natur ergeben, was (nach Lehrsatz 5) widersinnig wäre. Im zweiten Fall würde sich ergeben (wie oben gezeigt), dass die absolut unendliche Substanz aufhören könnte zu sein, was (nach Lehrsatz 11) gleichfalls widersinnig wäre.

      Zusatz: Daraus folgt, dass keine Substanz und folglich keine körperliche Substanz, sofern sie Substanz, teilbar ist.

      Anmerkung: Dass die Substanz unteilbar ist, wird noch einfacher daraus allein erkannt, dass man die Natur der Substanz nicht anders denn als unendlich begreifen kann, während unter einem Teil der Substanz nichts anderes verstanden werden kann als eine endliche Substanz; was (nach Lehrsatz 8) einen offensichtlichen Widerspruch enthielte.

      Lehrsatz 14

      Außer Gott kann es eine Substanz weder geben, noch kann eine solche begriffen werden.

      Beweis: Da Gott das absolut unendliche Wesen ist, an dem kein Attribut, das das Wesen der Substanz ausdrückt, verneint werden kann (nach Definition 6) und derselbe notwendig existiert (nach Lehrsatz 11), so musste, wenn es eine Substanz außer Gott gäbe, dieselbe durch irgendein Attribut Gottes ausgedrückt werden, und so wären zwei Substanzen von gleichem Attribut vorhanden, was (nach Lehrsatz 3) widersinnig wäre. Somit kann es keine Substanz außer Gott geben, und folglich kann eine solche auch nicht begriffen werden. Denn könnte eine solche begriffen werden, so müsste sie notwendig als existierend begriffen werden, was aber (nach dem ersten Teil dieses Beweises) widersinnig ist. Folglich kann außer Gott keine Substanz vorhanden sein noch begriffen werden. W.z.b.w.

      Zusatz 1: Daraus folgt ganz klar erstens: dass Gott einzig