Название | Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht |
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Автор произведения | Anne Hahn |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447066 |
2. Klassifizierung von Angeboten
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Der JMStV differenziert zwischen absolut unzulässigen (§ 4 Abs. 1 JMStV) und relativ unzulässigen Angeboten (§ 4 Abs. 2 JMStV) sowie entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten (§ 5 JMStV). Darüber hinaus finden sich weitergehende Beschränkungen für Werbung und Teleshopping in § 6 JMStV.
2.1 Unzulässige Angebote (§ 4 JMStV)
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§ 4 JMStV beinhaltet Angebote, die grundsätzlich unzulässig sind und daher im Rundfunk sowie in den Telemedien weder verbreitet noch zugänglich gemacht werden dürfen. Dabei werden in § 4 Abs. 1 JMStV die absolut unzulässigen Angebote aufgeführt, die sowohl für den Rundfunk als auch für die Telemedien generell unzulässig sind. Hierbei handelt es sich vor allem um Angebote, die zugleich einen objektiven Tatbestand des Straf- oder Völkerstrafgesetzbuches erfüllen,[53] gegen die Menschenwürde verstoßen, Gewalt verharmlosen oder verherrlichen, zum Rassenhass aufstacheln, hart pornographisch[54] oder sonst wie geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu gefährden. Das Ausstrahlungs- bzw. Verbreitungsverbot gilt „unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit“, d.h. auch ohne Vorliegen der subjektiven oder weiterer spezifischer strafrechtlicher Tatbestandsvoraussetzungen.[55] Dabei gilt das vorgenannte Verbot für die in § 4 Abs. 1 JMStV aufgeführten Tatbestände ohne jede Einschränkung und unabhängig vom Alter der Nutzer (absolut unzulässige Angebote). In § 4 Abs. 2 JMStV werden hingegen die jugendgefährdenden Angebote aufgeführt, die nur zum Teil einem Verbreitungsverbot unterliegen (relativ unzulässige Angebote). Darunter fallen die einfachen pornographischen Inhalte, solche die in den Teilen A und C der Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen oder mit diesen inhaltsgleich sind sowie als Auffangtatbestand sonstige Inhalte, die offensichtlich geeignet sind, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu gefährden.[56] Diese Angebote sind in Telemedien zulässig, wenn sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich sind (geschlossene Benutzergruppen). Im Rundfunk sind sie weiterhin unzulässig.
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Da damit im Rahmen der geschlossenen Benutzergruppen sichergestellt sein muss, dass Kinder oder Jugendliche keinen Zugang zu diesen Angeboten haben, muss ein verlässliches Altersverifikationssystem dies gewährleisten. Dies ist nach den Anforderungen der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), der „zentralen Aufsichtsstelle für den Jugendschutz und Schutz der Menschenwürde“[57] durch eine über einen persönlichen Kontakt erfolgende Volljährigkeitsprüfung („face-to-face-Kontrolle“) anhand von amtlichen Ausweisdaten und zudem durch eine beim einzelnen Nutzungs- bzw. Bestellvorgang erfolgende Authentifizierung sicherzustellen.[58]
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Die Anerkennung von solchen Systemen durch die KJM als hoheitliche Aufsicht ist im JMStV nicht vorgesehen, vielmehr überträgt § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV diese Verantwortung dem jeweiligen Anbieter. Dieser hat sicherzustellen, dass sein Angebot tatsächlich nur Erwachsenen zugänglich ist. Die KJM erteilt einem solchen Anbieter auf Nachfrage kostenpflichtige und verbindliche Rechtsauskunft darüber, ob er mit dem von ihm verwendeten System seiner Pflicht zur altersabhängigen Zugangsbeschränkung aus § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV genügt.[59] Solche Altersverifikationssysteme können durch anerkannte Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle (z.B. USK.online oder FSM) auf Nachfrage des Anbieters geprüft und beurteilt werden. Hierbei kann der Anbieter auch prüfen lassen, ob er mit dem verwendeten System seiner Pflicht zur altersabhängigen Zugangsbeschränkung aus § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV genügt. Eine Reihe solcher Systeme sind durch die KJM bereits positiv bewertet worden.
2.2 Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote (§ 5 JMStV)
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Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote sind solche, die zwar nicht die strengen Verbotsvoraussetzungen für jugendgefährdende Medieninhalte nach § 4 JMStV erfüllen, in ihrer Wirkung jedoch die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen nachteilig beeinträchtigen können. Derartige Angebote dürfen nur unter den Einschränkungen des § 5 JMStV verbreitet oder zugänglich gemacht werden. Eine Entwicklungsbeeinträchtigung gem. § 5 JMStV setzt voraus, dass ein Kind (wer noch nicht 14 Jahre alt ist)[60] bzw. ein Jugendlicher (wer 14 Jahre, aber noch nicht 18 Jahre alt ist)in seiner Entwicklung zum eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Individuum gehemmt, gestört oder geschädigt wird (§ 5 Abs. 1 JMStV). Dabei findet grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung des Angebots statt.[61] Es sind vom JMStV vorgesehene Restriktionen zu beachten, wenn ein Angebot in seiner Wirkung geeignet ist, die Entwicklung junger Menschen in einer bestimmten Altersgruppe nachteilig zu beeinträchtigen.[62] Das ist anzunehmen, wenn der mutmaßliche Eintritt einer Gefährdung von Kindern oder Jugendlichen zu besorgen ist.[63] Ein Einzelfallnachweis der Beeinträchtigung der Entwicklung von Minderjährigen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit ist nicht erforderlich.[64] Beeinträchtigungen i.S.d. Vorschrift sind Hemmungen, Störungen oder Schädigungen. Dazu können insbesondere Angebote führen, welche die Nerven von Kindern und Jugendlichen überreizen, übermäßige Belastungen hervorrufen, die Phantasie über Gebühr erregen oder die Erziehung zu verantwortungsbewussten Menschen in der Gesellschaft hindern.[65] § 5 JMStV schützt damit Eigenverantwortlichkeit als individuelle und Gemeinschaftsfähigkeit als soziale Komponente. Maßstab der Beurteilung ist der „durchschnittlich (entwickelte) Minderjährige“ einer jeweiligen Altersgruppe. Die jüngeren und schwächeren Mitglieder sind hierbei zwar angemessen zu berücksichtigen; die mögliche Wirkung auf besonders gefährdungsgeneigte Kinder und Jugendliche muss aber unberücksichtigt bleiben.[66] Daran sind die zu begutachtenden Angebote zu messen.
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Bei entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten i.S.d. § 5 JMStV kann der Anbieter seiner Pflicht dadurch entsprechen, dass er durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich macht oder wesentlich erschwert oder das Angebot zu Zeiten verbreitet oder zugänglich macht, in denen Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe üblicherweise die Angebote nicht wahrnehmen (§ 5 Abs. 3 Nr.1 und 2 JMStV). Im Zuge des novellierten JMStV ist nicht mehr die KJM, sondern sind die Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Beurteilung und Anerkennung von Jugendschutzprogrammen zuständig (§ 11 Abs. 1 JMStV). Die Prüfung und Genehmigung sonstiger Verschlüsselungs- und Vorsperrungstechniken (technische Mittel) können entweder durch die Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle vorgenommen werden oder durch die KJM.
2.3 Besonderheiten bei Werbung und Teleshopping (§ 6 JMStV)
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Regelungen zum Jugendschutz in der Werbung und im Teleshopping finden sich in § 6 JMStV. Neben den allgemeinen in §§ 4 und 5 JMStV enthaltenen Beschränkungen, die auch für Werbung und Teleshopping gelten, normiert § 6 JMStV weitergehende Anforderungen[67] und richtet sich an alle Anbieter von Rundfunk und Telemedien i.S.v. § 2 Abs. 1 JMStV.[68]
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Nach § 6 Abs. 1 S. 1 JMStV ist Werbung für indizierte Angebote nur unter den Bedingungen zulässig, die auch für die Verbreitung des indizierten Angebotes gelten. Es erfolgt also ein Verweis auf die Regelungen der §§ 18, 15 JuSchG.[69] Das hat zur Folge, dass Werbung für Angebote, die wegen ihres strafbaren Inhalts in die Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen wurden (Listenteile B oder D), generell unzulässig ist, während Werbung für Angebote, die wegen ihres jugendgefährdenden Inhalts in die Liste aufgenommen wurden (Listenteile A und C), in Telemedien innerhalb geschlossener Benutzergruppen zulässig ist.[70]
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In § 6 Abs. 2–5 JMStV sind spezielle Ge- und Verbote für die Werbegestaltung enthalten.[71] § 6 Abs. 2 JMStV enthält das Verbot, Kindern und Jugendlichen