Название | Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht |
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Автор произведения | Anne Hahn |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447066 |
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Darüber hinaus wird nach § 1 Abs. 2 S. 2 JuSchG auch die unkörperliche elektronische Verbreitung[41] der gegenständlichen Verbreitung gleichgestellt. Jedoch ist es technisch bereits nicht möglich, nicht digitalisierte Medienträger elektronisch zu verbreiten. Wird ein entsprechender Inhalt zuvor in ein elektronisch übertragbares Datenformat umgewandelt, also z.B. durch Einscannen digitalisiert und auf dem Rechner gespeichert, so liegt in der Regel bereits kein Trägermedium i.S.d. § 1 Abs. 2 S. 1 JuSchG mehr vor,[42] sondern vielmehr ein Telemedium, dessen Regelung gem. § 16 JuSchG dem Landesrecht vorbehalten ist.[43] Rundfunksendungen sind vom Anwendungsbereich des JuSchG gem. § 1 Abs. 2 S. 2 JuSchG ausdrücklich ausgenommen.
2. Alterskennzeichnung
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Das Instrument der Alterskennzeichnung für Filme sowie Film- und Spielprogramme ist in § 14 JuSchG normiert. Es verfolgt den Zweck, dass an entsprechende Inhalte nur Kinder und Jugendliche der gekennzeichneten Altersstufe gelangen. Der Kennzeichnungspflicht unterliegen Filme, Film- oder Spielprogramme, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 14 Abs. 1 JuSchG). Hierdurch soll die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen umfassend, d.h. sowohl in körperlicher und geistiger als auch in seelischer Hinsicht, geschützt werden.[44] Die Alterskennzeichnung wird von der obersten Landesbehörde oder von einer Organisation der freiwilligen Selbstkontrolle[45] vorgenommen. Die Kennzeichnungspflicht ergibt sich aus dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bzw. dem Freigabevorbehalt (insbesondere § 12 Abs. 1 JuSchG). Jedes Medium muss gekennzeichnet sein, unabhängig von seinem tatsächlichen Beeinträchtigungspotential, sonst gelten die gesetzlichen Restriktionen. Auch offensichtlich nicht beeinträchtigende Trägermedien sind zu kennzeichnen. Gem. § 14 Abs. 7 JuSchG kann die Kennzeichnung als „Info- oder Lehrprogramm“ durch den Anbieter selbst erfolgen.
3. Liste jugendgefährdender Medien (Indizierung)
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Neben der Alterskennzeichnung normiert das JuSchG das schärfere Mittel der Indizierung jugendgefährdender Medien. Träger- und Telemedien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, sind gem. § 18 Abs. 1 S. 1 JuSchG von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen (Indizierung). Ist ein Träger- oder Telemedium in die Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen, entfällt die Kennzeichnungspflicht nach § 14 JuSchG (§ 14 Abs. 3 S. 1 JuSchG). Insbesondere verhindert eine Kennzeichnung per Verwaltungsakt eine spätere Indizierung (§ 18 Abs. 8 JuSchG). Soweit § 18 Abs. 1 JuSchG explizit auch die Telemedien benennt, ist § 18 Abs. 6 JuSchG zu beachten, wonach eine Aufnahme von Telemedien in die Liste der jugendgefährdenden Medien nur auf Antrag der zentralen Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz erfolgt.
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Dabei wird bei der Aufnahme in die Liste zwischen online und nicht online erhältlichen Träger- und Telemedien differenziert:[46] Während jugendgefährdende oder bestimmte strafbare Trägermedien, die nicht im Internet erhältlich sind, in einer öffentlichen Liste geführt werden (Listenteile A und B, § 18 Abs. 2 Nr. 1 und 2 JuSchG), werden Telemedien oder online abrufbare Trägermedien, die jugendgefährdend oder nach Ansicht der Bundesprüfstelle strafbaren Inhalts sind, in nicht öffentlichen Listen[47] aufgenommen (Listenteile C und D, § 18 Abs. 2 Nr. 3 und 4 JuSchG).[48] Es wird erwogen, die vier Listen auf zwei zusammenzulegen, wobei die Aufnahme in eine Liste unabhängig vom Verbreitungsweg erfolgen soll. Solange der Schutzzweck nicht gefährdet ist, könnte eine öffentliche Listenführung eingeführt werden. Außerdem wird diskutiert, ob bei einer Strafrechtsrelevanz automatisch die zuständige Strafverfolgungsbehörde informiert werden soll.
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Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die für die Indizierung zuständig ist, wird in der Regel auf Antrag (§ 21 Abs. 1 JuSchG), ausnahmsweise von Amts wegen tätig (vgl. § 21 Abs. 4 JuSchG). Antragsberechtigt sind gem. § 21 Abs. 2 JuSchG vor allem das Bundesfamilienministerium, die obersten Landesjugendbehörden, die zentrale Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz, die Landesjugendämter und die Jugendämter. Für den Antrag auf Streichung aus der Liste und für den Antrag auf Feststellung, dass ein Medium nicht mit einem bereits in die Liste aufgenommenen Medium ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich ist, sind grundsätzlich auch die Urheber, die Inhaber der Nutzungsrechte sowie bei Telemedien die Anbieter antragsberechtigt (§ 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 JuSchG). Erfasst sind hierbei die sich aus den §§ 31 i.V.m. 15 ff. UrhG ergebenden Nutzungsrechte, auch bei lediglich zwischenzeitlicher Rechtsübertragung, es sei denn eine Antragsberechtigung widerspricht eindeutig dem vorgesehenen Zweck der erfolgten Rechtsübertragung.
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Die Rechtsfolgen einer Indizierung unterscheiden sich nach der Liste, in der das jeweilige Trägermedium eingetragen ist. Das JuSchG regelt die Rechtsfolgen einer Indizierung in den öffentlichen Listen, während sich die Rechtsfolgen einer Indizierung in den nicht öffentlichen Listen aus dem JMStV ergeben (vgl. § 16 JuSchG sowie § 4 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 Nr. 2 JMStV).[49] Als Rechtsfolgen einer Indizierung in den öffentlichen Listen regelt § 15 JuSchG zahlreiche Verbote für den Umgang mit jugendgefährdenden Medien. So normiert § 15 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG für Trägermedien, deren Aufnahme in die (öffentliche) Liste jugendgefährdender Medien nach § 24 Abs. 3 S. 1 JuSchG bekannt gemacht ist, das Verbot, diese einem Kind oder einem Jugendlichen anzubieten, zu überlassen oder sonst zugänglich zu machen. Darüber hinaus dürfen diese Trägermedien auch nicht an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt, angeboten, angekündigt, angepriesen oder sonst zugänglich gemacht werden (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6 JuSchG). Neben weiteren Tatbeständen ist zudem das Herstellen, Beziehen, Liefern, Vorrätighalten oder Einführen jugendgefährdender Trägermedien zu einer entsprechenden Verwendung verboten (§ 15 Abs. 1 Nr. 7 JuSchG).
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Schwer jugendgefährdende Trägermedien unterliegen den gleichen Beschränkungen, ohne dass es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf (§ 15 Abs. 2 JuSchG). Dabei handelt es sich um solche Trägermedien, die einen der in §§ 86, 130–131 StGB oder §§ 184–184c StGB bezeichneten Inhalte haben oder die den Krieg verherrlichen, leidende Menschen in einer die Menschwürde verletzenden Weise darstellen, besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten,[50] Kinder und Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen oder offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden (§ 15 Abs. 2 Nr. 1–5 JuSchG).
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Die vorgenannten Verstöße stellen gem. § 27 Abs. 1 JuSchG eine Straftat dar, die bei vorsätzlicher Begehung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet wird.
1. Anwendungsbereich (Zweck des Vertrages)
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Der Anwendungsbereich des Staatsvertrags ist weiter als sein Kurztitel – Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – vermuten lässt. Nach § 1 JMStV ist sein Zweck der einheitliche Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations-