Название | Handbuch des Strafrechts |
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Автор произведения | Jörg Eisele |
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Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811449664 |
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Fraglich ist, ob minderjährige Schwangere rechtsverbindlich in einen Schwangerschaftsabbruch einwilligen können. Gemäss § 218a StGB setzt der straflose Schwangerschaftsabbruch die Einwilligung der Schwangeren voraus. Der Begriff der Einwilligung muss dabei im strafrechtlichen Sinne verstanden werden, d.h. verlangt wird nicht die volle Geschäftsfähigkeit, jedoch die Einsichts- und Urteilsfähigkeit der Schwangeren.[192] In der Lehre finden sich allerdings unterschiedliche Ansichten zur Einwilligungsfähigkeit minderjähriger Schwangeren. So wird einerseits die Meinung vertreten, dass die Einsichtsfähigkeit ab dem 16. Altersjahr zu vermuten und die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung ab diesem Zeitpunkt folglich nicht mehr erforderlich sei.[193] Andererseits wird vor allem seitens der Rechtsprechung durchwegs festgehalten, erst ab dem 18. Lebensjahr die Einwilligungsfähigkeit einer Schwangeren in einen Schwangerschaftsabbruch anzunehmen, da bis dahin die Einwilligung dem gesetzlichen Vertreter bzw. dem Inhaber der elterlichen Sorge obliegt.[194] Dagegen wird zu Recht angeführt, dass betreffend die Einwilligung minderjähriger Schwangeren ein Abstellen auf deren Alter eine unzutreffende Pauschalisierung bewirke; vielmehr bedürfe es diesbezüglich einer entsprechenden Einzelfallbetrachtung.[195] Entgegen dem jeweiligen Alter der Schwangeren sollte demnach vielmehr die Einwilligungsfähigkeit als Kriterium hinzugezogen werden. Denn solange eine Schwangere einsichtsfähig ist sowie begreifen und einschätzen kann, welche Konsequenzen mit einem Schwangerschaftsabbruch verbunden sind, muss auch die Einwilligung einer minderjährigen Schwangeren Gültigkeit erlangen können.[196] Zusammenfassend konkurriert das dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht entstammende Selbstbestimmungsrecht der minderjährigen Schwangeren mit dem in § 1626 BGB normierten elterlichen Sorgerecht der Erziehungsberechtigten.[197] Die Rechtsprechung scheint sich dabei allerdings grundsätzlich für einen Vorrang des elterlichen Personensorgerechts auszusprechen.[198] Konkret wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass allein eine Verweigerung der Zustimmung des Sorgerechtsinhabers zu einem Schwangerschaftsabbruch bei einer minderjährigen Schwangeren grundsätzlich noch keine missbräuchliche Ausübung des Sorgerechts zu begründen vermag, denn dadurch, dass ein Inhaber der elterlichen Sorge von einer minderjährigen Schwangeren das Austragen des Kindes verlangt, wird noch nicht das Wohl der minderjährigen Schwangeren gefährdet.[199] Eine Stütze findet diese Argumentation zweifelsohne in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach die staatliche Rechtsordnung grundsätzlich von einer Pflicht der Schwangeren zur Austragung des Kindes ausgeht.[200] Darüber hinaus hält § 107 BGB fest, dass eine minderjährige Person zu einer Willenserklärung, so auch zur Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff, worunter auch die Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs zu zählen ist, grundsätzlich der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters bedarf.[201] Allerdings kann das Verhalten der Sorgeberechtigten, also die Verweigerung der Zustimmung zu einem Schwangerschaftsabbruch, fehlerhaft bzw. missbräuchlich sein, nämlich dann, „wenn die Heranwachsende nicht die notwendige Unterstützung bei der Betreuung des Kindes und seinem eigenen Vorwärtskommen (z.B. berufliche Ausbildung) für die Zukunft nach der Geburt erhält“.[202] Denn auch die Entscheidungskompetenz des Sorgeberechtigten wird nicht zuletzt durch das Kindeswohl begrenzt.[203] Demzufolge können bei einer missbräuchlichen Ausübung der elterlichen Sorge und einer damit verbundenen Gefährdung des Kindeswohls gerichtliche Maßnahmen im Sinne von § 1666 BGB verhängt werden.[204] Im Zusammenhang mit einer missbräuchlichen Verweigerung der Einwilligung zu einem Schwangerschaftsabbruch kommt insbesondere § 1666 Abs. 3 Nr. 5 BGB in Frage, indem die Erklärung des Inhabers der elterlichen Sorge ersetzt wird, namentlich durch die Errichtung einer Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Ersetzung der Einwilligung zum Schwangerschaftsabbruch.[205] Bei dieser Fragestellung sollte sich die Auslegung in Zukunft stärker an der reproduktiven Autonomie der einwilligungsfähigen Minderjährigen orientieren.[206]
e) Exkurs: Schwangerschaftsabbruch bei einer einwilligungsunfähigen Schwangeren
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Gleichsam wie bei einer minderjährigen Schwangeren, der unter Umständen noch keine vollständige Einsichts- und Urteilsfähigkeit zukommt, so ist auch bei einer volljährigen einwilligungsunfähigen Schwangeren, beispielsweise bei einer medizinischen Notfallsituation, die Einwilligungsfähigkeit in einen ärztlichen Eingriff beeinträchtigt bzw. zeitweilig oder gar dauernd aufgehoben.[207] Auch bei der Schwangerschaft einer geistig stark beeinträchtigten Frau stellt sich die Frage, ob und wenn ja, wer rechtsverbindlich in einen Schwangerschaftsabbruch einwilligen kann. Gemäss § 1896 Abs. 1 BGB hat das Betreuungsgericht auf Antrag oder von Amtes wegen eine Betreuung zu bestellen, wenn „ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen“ kann. Da die Frage nach der Einwilligung eines Betreuers in einen Schwangerschaftsabbruch keine gesonderte Regelung erfahren hat, finden die Normen von §§ 1904 ff. BGB grundsätzlich Anwendung.[208] In der Lehre und Rechtsprechung besteht allerdings Uneinigkeit darüber, ob im Falle der Einwilligungsunfähigkeit einer Schwangeren ein Betreuer im Sinne von § 1896 BGB die Einwilligung zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs geben kann und darf.[209] Deshalb kann die Frage, ob ein Betreuer innert den ersten zwölf Schwangerschaftswochen entgegen dem Wortlaut von § 218a Abs. 1 StGB, welcher ein „Verlangen der Schwangeren“ erfordert, zur Einwilligung in einen Schwangerschaftsabbruch berechtigt ist, mangels Konsens in der Lehre nicht abschließend beantwortet werden.[210] Allerdings muss bei einer medizinischen Notlagenindikation im Sinne von § 218a Abs. 2 StGB eine Einwilligung des Betreuers in einen Schwangerschaftsabbruch trotz der generellen höchstpersönlichen Natur der Einwilligung zulässig sein.[211] Generell bleibt im Falle der Einwilligungsunfähigkeit einer Schwangeren zu beachten, dass ein allfälliger Betreuer den Entscheid über einen Abbruch der Schwangerschaft primär nach Maßgabe des Wohls der Schwangeren und im Sinne ihres mutmaßlichen Willens zu fällen hat.[212]
f) Spätabbruch
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Als Spätabtreibungen gelten Schwangerschaftsabbrüche, welche in der Spätphase der Schwangerschaft vorgenommen werden, d.h. nach der 20. Schwangerschaftswoche.[213] Die große Problematik bei Spätabbrüchen stellt die extrauterine Lebensfähigkeit des Fötus dar.[214] Denn die extrakorporale Lebensfähigkeit eines Kindes tritt in der Regel ab der 22. Schwangerschaftswoche, teilweise auch früher, ein.[215] Die Hauptindikation für die Vornahme eines Spätabbruchs ist eine zu erwartende Behinderung des ungeborenen Kindes, womit die Schwangere ohne Erleiden eines Gesundheitsschadens nicht leben könnte.[216] Während früher zur Vornahme eines Spätabbruchs eine Frühgeburt eingeleitet wurde, wird das Ungeborene heutzutage meistens bereits im Mutterleib, sei es durch Injektion von Kalium-Chlorid in die Herzmuskulatur des Ungeborenen bzw. durch eine Injektion der genannten Substanz in die Nabelschnur, abgetötet (sog. Fetozid).[217] Wird im Rahmen eines Spätabbruchs ein mithilfe ärztlicher Maßnahmen überlebensfähiges Kind geboren, so stellt sich die Frage, ob ein Verzicht auf Hilfsmaßnahmen, welcher den Tod des Neugeborenen bewirkt, als Schwangerschaftsabbruch oder aber als Tötungshandlung zu qualifizieren sei.[218] In der Lehre wird diese Problematik wie folgt gelöst: Ein Schwangerschaftsabbruch wird angenommen, wenn die Abbruchshandlung zu einer Frühgeburt des Kindes führt, dieses jedoch aufgrund der mangelnden Ausreifung oder aber als unmittelbare Folge des Eingriffs nach der Geburt stirbt.[219] Ist das aufgrund eines Schwangerschaftsabbruchs zu früh geborene Kind jedoch lebensfähig und wird es nach der Geburt durch eine weitere Handlung, welche auch in einem Unterlassen bestehen kann, getötet, so liegt nebst einem versuchten Schwangerschaftsabbruch eine vollendete Tötungshandlung (durch Unterlassen) in Tatmehrheit vor.[220] Der den Abbruch durchführende Arzt ist gegenüber dem lebenden Frühgeborenen „zur Sicherstellung einer intensiv-neonatologischen Versorgung verpflichtet.“[221]
3. Persönlicher Strafausschlussgrund der Schwangeren (Abs. 4)
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Wird die Schwangerschaft innerhalb von 22 Wochen seit der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen, macht sich eine Schwangere im Sinne eines persönlichen Strafausschließungsgrundes gemäss § 218a Abs. 4 S.