Название | Der Anfang vom Rest des Lebens |
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Автор произведения | Dominique Haring |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991311546 |
Kapitel 3
Als Isabell sich auf den Heimweg machte, war es schon halb sechs. Sie entschloss sich aber, trotz der vorangeschrittenen Uhrzeit den etwas längeren Weg an der Küste entlang zu nehmen. Isabell fuhr diesen Weg am liebsten und immer, wenn es die Zeit nur irgendwie zuließ, nahm sie den Umweg von zehn bis fünfzehn Minuten gerne in Kauf. Die Straße führte an Blackpool vorbei und über mehrere kleine Ortschaften nach Fleetwood. Fleetwood war jetzt seit mehr als fünf Jahren ihr und Nicks Zuhause.
Anfang des 20. Jahrhunderts war Fleetwood als einer der größten Fischereihäfen der Region bekannt. Eine echte Sehenswürdigkeit ist der charakterstarke Hafen der Stadt. Eine kleine Promenade schlängelt sich entlang des Hafens, die zum Spazierengehen einlädt, um sich die zahlreichen kleinen Boote anzuschauen, die im Hafen vor Anker liegen. Aber das besondere Merkmal des Hafens sind seine zwei unterschiedlichen Leuchttürme. Das Beach Lighthouse liegt direkt am Strand und erinnert an einen kleinen roten Eifelturm, wo hingegen das Pharos Lighthouse fast zweihundert Meter von der Küste entfernt aus braunem Stein in einer traditionellen Bauweise errichtet wurde. Wieso gerade in Fleetwood zwei Leuchttürme ihren Platz gefunden haben, kann heute keiner mehr so richtig nachvollziehen. Nur eins ist sicher, dass beide Leuchttürme bereits vielen tausend Schiffen halfen, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Doch der Hafen und der damit verbundene Warenverkehr verloren an Bedeutung durch den Bau des Manchester Schiffskanals. Warum hier die Ware entladen, wenn man doch viel weiter ins Landesinnere fahren kann? Was nicht an Wert verloren hatte, war die besondere Lage der Stadt. Diese lockte immer noch Touristen an. Fleetwood lag nördlich von Blackpool am Ende der Fyld-Halbinsel an der Mündung des Flusses Wyre in die Morecambe Bay. Auch wenn das Wetter eher stürmisch und nicht wirklich freundlich war an der Westküste Englands, so konnte ein Blick auf diese Bucht unvergesslich schön sein. Bei klarer Sicht konnte man von der Morecambe Bay bis hin zu den Bergen des Lake Districts schauen, die am Ende der Bucht wie aus dem Nichts plötzlich in den Himmel ragten. Wenn sich das Wasser zurückgezogen hatte, bot die Natur dem Beobachter einen Blick auf eine kilometerlange Wattlandschaft. Touristen schauten sich diese wundervolle Aussicht zwar immer noch gerne an, doch leider waren es lange nicht mehr so viele wie noch vor einigen Jahren. Und da, wo keine Touristen sind, bleiben Hotels, Restaurants und Ausflugsboote immer öfter leer. Eine weitere Einnahmequelle der Stadt war seit jeher die Fischerei. Aber die Glanzzeiten der Fischereibetriebe waren auch seit einigen Jahren vorbei. So sanken die Erträge immer weiter und nach und nach mussten die Fischereibetriebe schließen. Viele verloren so ihre festgeglaubten Jobs. Fleetwood war ein schöner Ort zum Leben, aber nicht mehr zum Arbeiten.
Warum Isabell und Nick vor über fünf Jahren nach Fleetwood gezogen waren? Eine sehr gute Frage. Aber leicht zu beantworten. Nick war der Grund! Isabell erinnerte sich immer wieder gerne an den Tag, an dem Nick und sie sich entschieden hatten, ihre kleine Zweieinhalbzimmerwohnung in Preston zu kündigen. Finanziell gesehen hätten Nick und Isabell sich schon lange eine drei Mal so große Wohnung leisten können, aber sie waren auf der Suche nach etwas Besonderem.
Es war ein wirklich schöner Sommertag im Juni. Isabell hatte von Nick die Augen verbunden bekommen und musste sich auf den Beifahrersitz ihres gerade erst gekauften Austin Healeys setzen. Dies passte ihr gar nicht, da sie selber noch nicht viel mit dem Wagen gefahren war. Nick war zwar immer schon ein sehr sicherer Fahrer, aber ein neuer Wagen, vor allem in dieser Preiskategorie, führte doch ein wenig zu Unruhe in Isabells Magengegend.
»Komm Nick, lass mich bitte fahren. Ich habe den Wagen doch gerade erst bekommen. Bitte!«, wimmerte Isabell vor sich hin. Aber Nick blieb eisern.
»Jetzt stell dich nicht so an, Issi. Du kannst mit dem Wagen noch genug selber fahren. Es soll doch eine Überraschung werden. Also lehn dich bitte zurück, genieß die Fahrt und den Wind, der dir gleich um deine Nase wehen wird.«
Isabell musste sich sehr zusammenreißen, aber sie wollte Nick die Überraschung nicht kaputtmachen und einen Streit provozieren. Schließlich waren sie gerade einmal einen Monat verheiratet. Nach einer gefühlten Ewigkeit hielt er den Wagen endlich an. Isabell hätte es auch nur noch wenige Minuten ausgehalten, bis sie Nick gezwungen hätte, links ranzufahren. Ihr war so schlecht geworden und sie war kurz davor, sich ihr Frühstück noch einmal ganz genau durch den Kopf gehen zu lassen. Das lag wahrscheinlich an den verbundenen Augen und dem zügigen Fahrstil von Nick.
»Jetzt mach es nicht mehr so spannend, Nick. Darf ich die doofe Augenbinde jetzt bitte endlich abmachen?«, fragte Isabell ungeduldig. Zum Glück überwog langsam die Vorfreunde der noch anhaltenden Übelkeit.
»Ok, ok. Aber du musst mir was versprechen.«
»Und das wäre?«
»Lass es erst einmal auf dich wirken und schau dir alles an … Aber ich weiß, dass es dir gefallen wird.«
Nick stellte sich hinter Isabell und nahm ihr sichtlich nervös die Augenbinde ab. Isabells Augen mussten sich erst einmal wieder an die Helligkeit gewöhnen und sie blinzelte ein paar Mal mit ihren Augenlidern, bis sie nach und nach mehr erkennen konnte.
Isabell und Nick standen vor einem kleinen weißen Gartenzaun aus Holz, der ungefähr so hoch wie Isabells Hüfte war. Hinter dem Gartenzaun war ein kleiner, gepflasterter Innenhof. Die linke Seite des Gartenzauns wurde nach ein paar Metern durch ein Gartentor unterbrochen. Hinter dem Tor erkannte man eine Einfahrt, auf der zwei Autos nebeneinander Platz finden würden. Auf der rechten Seite des Innenhofes war ein kleiner, aber liebevoll angelegter Kräutergarten. Man konnte an dem guten Zustand und der Menge der verschiedenen Kräuter sehen, dass jemand diesen Garten liebte. Am Ende des Innenhofes stand ein wunderschönes Haus. Der Zaun, der Innenhof, der Garten und dieses Haus sahen einfach nur perfekt aus. Es hätte gemalt nicht schöner aussehen können. Das komplette untere Geschoss war aus einem grauweißen Stein erbaut. In der Mitte befand sich eine kleine Eingangstür aus weißem Holz. Auf beiden Seiten neben der Tür waren jeweils zwei bodentiefe Fenster eingelassen, die ebenfalls von weißem Holz umrahmt waren. Zur Zierde waren rechts und links neben den Fenstern große weiße Holzfensterläden angebracht.
Unmittelbar vor dem Eingangsbereich waren rosaweiße Rosensträucher gepflanzt, deren Blüten so prachtvoll aussahen, als wenn sie selber rufen wollten: »Schaut uns an. Wir sind die schönsten Rosen weit und breit.«
Bei dem Dach handelte es sich um ein ausgebautes Spitzdach aus schwarzem Schiefer. Im gleichen Abstand zu den Fenstern im Untergeschoss befanden sich in der oberen Etage die Fenster, die wie kleine Türme aus dem Dach ragten.
Isabell war sprachlos und starrte bewegungslos auf dieses wundervolle Haus, das sie sich nicht besser hätte erträumen können.
»Nick. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Das Haus … es ist so wunderschön!!«
»Dir gefällt es?«
»Nein, mir gefällt es nicht. Ich liebe dieses Haus. Es ist genauso, wie ich es mir vorgestellt habe.«
»Puhhh, na da habe ich ja Glück gehabt«, brach aus Nick erleichtert hervor.
»Wieso?«, fragte Isabell etwas skeptisch.
»Na ja. Es gab so viele Interessenten und bei dem Angebot wäre es wahrscheinlich schnell verkauft gewesen. Also habe ich sofort zugeschlagen«, grinste Nick Isabell an und hob seine rechte Hand in die Höhe, so dass Isabell den Schlüssel sah, der an Nicks Ringfinger baumelte.
»Du hast es gekauft? Nick, bist du verrückt?!«
»Ja. Sonst hätte ich dich doch nicht geheiratet, oder Schatz? Ich musste sofort zuschlagen. Sonst wäre es weg gewesen! Du hast gerade gesagt, dass du es liebst, oder?«
»Ja das habe ich! OH MEIN GOTT!! Das ist unser Haus? Unser eigenes Haus?«
»Ja, das ist es. Wollen wir reingehen, Mrs. Johnson?«
»Unbedingt«, strahlte Isabell Nick an, schnappte sich mit einem Satz den Schlüssel von Nicks Finger und ging schnurstracks zur Haustür.
Doch nach einigen Malen des wilden Hin- und Herdrehens des Schlüssels