Название | Der Anfang vom Rest des Lebens |
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Автор произведения | Dominique Haring |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991311546 |
Seit nun mehr als acht Jahren befand sich ihr Arbeitsmittelpunkt in Preston. Hier gründete sie, Isabell Busch, zusammen mit ihrem besten Freund Peter Hall und Alex Cooper die Werbeagentur HBC-Promotion. Auch wenn die Agentur inzwischen wirklich gut lief, war der Anfang des Agenturaufbaus sehr kräftezehrend für Isabell und ihre beiden Partner. Überstunden in der Woche und am Wochenende bestimmten lange Zeit ihr Leben. Adäquate Kunden finden und sie dann auch zu einer Vertragsunterzeichnung zu bewegen war nicht immer ganz einfach. Wie oft haben sich Kunden nach all der wochenlangen Arbeit doch noch im letzten Moment für eine andere Agentur entschieden. Aber nach zwei Jahren voller Kosten und Mühen bekam ihre Agentur einen bombastischen Auftrag von einem namhaften Sportartikelhersteller. Dieses Geschäft war ihr Durchbruch. Danach hatten sie und ihre Partner keine Probleme mehr, Aufträge zu bekommen. Man kann sagen, dieses Geschäft hatte sie wirklich gerettet und dem Ziel, sich in der Branche einen Namen zu machen, sehr viel nähergebracht. Aber nicht nur geschäftlich war es ein großer Erfolg, sondern auch für Isabells Privatleben. Denn wen lernte sie kennen, als das Geschäft bei dem Sportartikelhersteller abgeschlossen wurde? Keinen anderen als ihren Ehemann Nick. Sie lernten sich kennen und auch sofort lieben. Nur ein Jahr später heirateten beide.
Das warme Wasser tat gut auf der Haut und Isabell streckte abwechselnd ihre beiden Nackenseiten in den angenehm festen Wasserstrahl. So lösten sich ein wenig ihre Verspannungen aus der letzten Nacht. Dabei ging Isabell im Kopf noch einmal ihre Präsentation durch, die sie gleich halten würde. Auch wenn sie jetzt schon einige Jahre voll im Geschäftsleben stand, war sie doch immer noch ein bisschen nervös, kurz bevor sie eine Präsentation hielt. Das hatte sie wohl von ihrer Mutter, die immer ein Nervenbündel gewesen war, wenn sie irgendwo vor Publikum sprach. Isabells Vater hatte ihr jeden Tag vor dem Schlafengehen von ihrer Mutter erzählt. Isabell hatte ihn immer sehr stark an seine verstorbene Frau Alice erinnert. Nicht nur die schönen, langen, gelockten Haare und ihr schmales Gesicht, sondern auch ihre gesamte Gestik und Mimik waren fast identisch.
Isabells Mutter starb bei ihrer Geburt im Kindsbett. Es war eine Spontangeburt zu Hause. Isabell kam fast vier Wochen zu früh und in der Nacht ihrer Geburt zog ein starkes Unwetter über die ganze Westküste Englands. Durch die starken Regenfälle und den tobenden Sturm brauchte der Krankenwagen in jener Nacht einfach viel zu lang. Ihre Mutter Alice verblutete, noch bevor der Krankenwagen eingetroffen war. Isabell konnte sich an diese Nacht natürlich nicht erinnern. Trotzdem hatte sie mit den Jahren, wahrscheinlich durch die Erzählungen ihres Vaters über den Todestag ihrer Mutter und dem damit verbundenen Wunder ihrer Geburt, fest eingebrannte Bilder in ihrem Kopf. Obwohl Isabell nur mit einem Elternteil aufwuchs, hatte sie nie etwas vermisst in ihrer Kindheit. Ihr Vater schenkte ihr all die Liebe, die sie brauchte, auch wenn für ihn die Zeit nach Alice’ Tod mehr als schwer war. Er hatte seine Liebe und somit die Hälfte seines Herzens verloren. Den Lebensunterhalt musste er alleine verdienen, den Haushalt alleine führen und immer für Isabell da sein. Ihr war es immer noch ein Rätsel, woher ihr Vater die Kraft damals hernahm.
Fertig frisiert, geschminkt und angezogen stand Isabell in der Küche und wartete darauf, dass der Kaffee fertig durchlief. Ihr Blick fiel auf die große Wanduhr in der Küche.
»Scheiße, schon kurz nach zehn«, rutschte es Isabell über die Lippen.
Schnell schnappte sich Isabell den silbernen Thermobecher, ihre Handtasche, ihren Mantel und ihre Schlüssel. Dann verließ sie zügigen Schrittes das Haus und schloss die Tür hinter sich. Fast am Wagen angekommen, blieb sie stehen und machte auf dem Absatz kehrt, als sie merkte, dass sie ihre Präsentationsmappe vergessen hatte.
»Oh nein. Typisch …«, murmelte Isabell vor sich hin, »Jeden Tag das Gleiche!!«
Es war schon richtig herbstlich. Die Bäume verloren langsam ihre Blätter und der Wind wurde zunehmend frischer, so dass man ohne Mantel eine Erkältung riskieren würde. Isabell fuhr wie immer viel zu schnell mit ihrem fünfundzwanzig Jahre alten weißen Austin Healey Cabrio in Richtung Büro. Der Wagen war ihr ganzer Stolz. Isabell hatte immer schon ein Faible für Oldtimer. Aber als sie ihren Austin Healey zufällig bei einem Händler im Schaufenster stehen sah, musste sie einfach zuschlagen. Das schnittige Design mit der langgezogenen Schnauze, die schönen runden Schweinwerfer, der edle silberne Kühlergrill und die kleine, schmale Frontscheibe mit den zierlichen Seitenspiegeln machten den Wagen zu einem sportlichen Hingucker. Leider kam Isabell viel zu selten in den Genuss, mit offenem Verdeck zu fahren. Aber wenn, war es herrlich und sie machte ausgedehnte Touren an der Küste entlang. Sich die frische Küstenluft um die Nase wehen zu lassen genoss sie immer in vollen Zügen.
Trotz Isabells rasantem Fahrstil drängte die Zeit immer mehr! Als sie auf den kleinen Parkplatz vor dem Büro fuhr, erblickte sie Alex, der grinsend in ihre Richtung schaute und dabei seinen Wagen abschloss.
Alex war der jüngere Partner der Firma. Man konnte ihn beschreiben als Schwarm aller Frauen. 1,95 cm groß, gut gebaut und etwas längere dunkelblonde Haare, die er immer wild ins Gesicht fallen ließ. Zu seinen äußerlichen Vorzügen sprach Alex mit einem starken amerikanischen Akzent, der ihm bei den Frauen und somit auch den weiblichen Kundinnen immer einen Pluspunkt einbrachte. Alles in allem konnte sich Alex nicht über mangelndes Interesse der weiblichen Bevölkerung beschweren. Isabell hatte sich lange abgewöhnt, sich die Namen der zahlreichen Bekanntschaften zu merken. Mit seinen zweiunddreißig Jahren hatte Alex noch nie eine ernsthafte Beziehung. Aber Isabell hatte nicht das Gefühl, dass er es bedauerte. Ganz im Gegenteil, er genoss sein Singleleben in vollen Zügen!
»Morgen Isabell. Du siehst so aus, als wenn du spät dran bist?«, sagte Alex mit einem Lächeln im Gesicht.
»Du kennst mich ja, Alex. Ich komm gerne auf die letzte Minute. Aber du bist ja heute auch nicht der Frühste, oder?«
»Tja, die Nacht war kürzer als gedacht. Aber ich habe auch nicht in fünf Minuten einen Kundentermin.«
»Ja, ja. Du hast ja recht!«, erwiderte Isabell mit einem kurzen Augenrollen und einem Lächeln.
Schnell schmiss Isabell ihre Sachen in ihr Büro und lief dann auf direktem Weg in die Küche, um sich noch schnell ihren nächsten Kaffee zu holen. Isabell war morgens ohne Kaffee nicht zu ertragen. Ansprechen vor der ersten Tasse im Büro? Lieber nicht! Das wussten alle anderen und ließen sie auch vorher in Ruhe. In der Küche stand Peter, der andere Partner der Firma, der sich auch gerade seinen Kaffee holte. Dabei sah es so aus, als wenn es nicht seine erste Tasse war. Die Kaffeekanne war schon jetzt nur noch bis zur Hälfte gefüllt und außer der Sekretärin Olive war anscheinend noch keiner im Büro.
»Morgen Isabell«, grummelte er, »Du brauchst dich nicht beeilen. Dein Kunde hat vor ein paar Minuten angerufen und den Termin um eine Stunde nach hinten verschoben.«
»Was? Oh Mann, und ich habe wieder den einen oder anderen Strafzettel riskiert.«
Auf der einen Seite war Isabell erleichtert, so konnte sie noch in Ruhe ankommen und sich vorbereiten, aber auf der anderen Seite war die ganze selbstverursachte Hektik total unnötig gewesen.
»Wenn du morgens früher aufstehen würdest, hättest du auch nicht so einen Stress«, erwiderte Peter forsch.
»Danke für diese morgendliche Weisheit. Was ist dir den über die Leber gelaufen?«
»Entschuldige. Ach, du kannst manchmal froh sein, dass du keine Kinder hast. Die machen nur Ärger. Ich habe das Gefühl, die beiden überlegen sich jeden Tag aufs Neue, wie sie mir wieder das Leben schwer machen können!«
Peter war genau wie Isabell fünfunddreißig Jahre alt. Er lebte getrennt von seiner Frau und die beiden Kinder lebten bei ihm. Sophie war sieben Jahre und John acht Jahre alt. Seine Frau schien nicht wirklich an der Erziehung ihrer beiden Kinder Interesse zu haben. Als sie sich vor vier Jahren trennten, hatte sie ihrem Mann ohne Einspruch das alleinige Sorgerecht überlassen. Es wirkte, als wenn sie glücklich wäre, sich nicht um den lästigen Anhang kümmern zu müssen. Sie war froh, endlich frei zu sein. Einmal im Monat ein Besuch bei den beiden war dann aber auch das höchste an Zeit, welche sie aufbringen mochte. Sophie und John litten sehr unter der Trennung und dem Desinteresse ihrer Mutter. Wie macht man so kleinen Kindern begreiflich, dass die eigene Mutter sie nicht sehen will?