Die Bewohner von Plédos. Richard Oliver Skulai

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Название Die Bewohner von Plédos
Автор произведения Richard Oliver Skulai
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991312833



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spüren, wenn dir meine Kiefer das Genick zerbrechen!“

      „Wir geben nicht auf“, rief Äffchen, aber es merkte, dass ihm die Ideen ausgingen. „Wie schnell ist das Licht?“

      „In einer Sekunde fünfmal um unsere Welt. Die Frage ist ungültig. Zu eurem Glück! Das war eine reine Wissensfrage. Es sind aber nur Was-Ist-Das-Fragen erlaubt. Du darfst nicht glauben, dass ich etwas nicht wüsste, was mit unserer Welt zusammenhängt. Rätselfragen sind mir aber lieber, da denkt man etwas dabei! Ich möchte eine Rätselfrage gestellt bekommen! Aber eine, die mit unserer Welt zusammenhängt, bitte schön!“

      Erfinder-Äffchen holte tief Luft.

      „Mit unserer Welt zusammenhängt, mit unserer Welt“, murmelte Kuno Weißhaar und es ging ihm ein Licht auf. „Denk an die Frau“, flüsterte er.

      Äffchen begriff sofort. „Was ist das? Eine tanzende Frau mit wehendem Kleid hält einen Ball in die Luft, eine Rassel, eine Pauke, ein Musikinstrument. Sie ist in freudigem Taumel. Und jeder, der seine Augen auf unsere Welt richtet, kann sie erkennen!“

      „Was ist das schon wieder? Soll wohl wieder so ein Trick sein! Nie von einer solchen Frau gehört! Sollte mich wundern, wenn es sie gäbe. Vielleicht ist es eine Tänzerin in Íoland oder in Stiefelburg. Aber dass jeder, der unsere Welt sieht, seine Augen auf ein solch unbedeutendes Mädchen richtet, wäre mir neu! Das hast du sicher erfunden!“

      „Es ist Rüsselschwein!“, rief Äffchen. „Hinter dem Kontinent Rüsselschwein verbirgt sich solch eine Gestalt!“

      Und wie zum Beweis hielt Kuno Weißhaar der großen Kyruppe den Plan vor Augen.

      „Ja“, sagte er, „es ist nicht alles immer so, wie es scheint. Manchmal verbirgt sich Schönheit hinter dem Hässlichen!“

      Traula stand da mit offenem Maul und stieß einen lauten, melodischen Pfiff des Staunens aus.

      „Wirklich, ihr habt Recht! Ihr habt das Rätselspiel gewonnen!“

      „Werdet ihr uns leben lassen?“

      „Ja, wir werden euch leben lassen“, erwiderte Goa. „Und nicht nur das. Euer Rätsel hat einen Preis verdient!“

      „Einen hohen Preis“, sagte Gran, „denn ihr habt uns zu einer Erkenntnis gebracht. Zu der Erkenntnis, dass das Land, das wir bewohnen, die Gestalt einer tanzenden Frau hat. Ja, auch wir sind Frauen.“

      „Und wir wollen so schön werden wie diese tanzende, jubilierende Frau, die unseren Kontinent bildet“, ergänzte Traula. „Könnt ihr uns dabei behilflich sein?“

      „Wie sollten wir das?“, fragte Kuno Weißhaar verwundert und misstrauisch, als vermute er eine Falle. „Wenn wir dazu ein Rezept wüssten, wären auch wir Kunos sicher keine Kunos mehr.“

      „Es gibt da eine Möglichkeit. Es geht um die Frage, was entsteht, wenn die sieben Strahlen des Lebens vereinigt werden.“

      „Die sieben Strahlen des Lebens?“, murmelte Äffchen. „Das habe ich doch irgendwo schon einmal gehört!“

      „Würde mich wundern, wenn dem so wäre“, erwiderte Traula. „Davon wissen nur die höchsten Eingeweihten. Der Fairness halber stellen wir so etwas nicht als Rätselfrage. Dieses Geheimnis ist selbst dem Volk der Kyruppen verborgen geblieben. Nur wir Anführerinnen haben Kenntnis davon. Wir selbst wurden von unsren Vorgängerinnen darin eingeweiht.“

      „Und doch kommt es mir irgendwie bekannt vor“, sagte Äffchen. „Ich habe es bestimmt schon irgendwo gehört.“

      „Jedenfalls“, fuhr Traula fort, „habt ihr die Kenntnis, die Intelligenz und den Mut, die erforderlich sind, um die sieben Strahlen des Lebens zu entdecken. Wenn ihr sie entdeckt habt, wenn ihr das Geheimnis erfahren habt, wie man sie herstellen kann, dann kommt zu uns und wir werden euch eine Linse geben, mit der ihr sie sammeln könnt. Dann werden wir gemeinsam unsere Vollendung finden.“

      Die Freunde folgten den goldenen Drei und wurden von ihnen in eine Stadt geführt. Solch eine Stadt hatten sie noch nie gesehen. Die Gebäude sahen aus, als seien sie aus Bäumen geflochten, deren Äste sich spiralförmig emporwanden. Kein Haus war völlig in sich abgeschlossen. Kein Turm hatte ein Dach oder war völlig vom Regen geschützt.

      „Was ist das?“, fragte der kleine Idan.

      „Das ist Trodonk, die große Donnerstadt, Hauptstadt des großen Kyruppenreiches“, erwiderte Traula. „Wir haben einige Hundert solcher Städte, aber Trodonk ist die größte.“

      „Warum heißt sie denn Donnerstadt?“, wollte der kleine Idan wissen.

      „Blick nach oben!“, forderte Traula. „Was siehst du?“

      Idan folgte der Aufforderung. Er sah, wie sich hoch über ihnen der Himmel in drohenden Gewitterwolken zusammenballte. Die Wolken waren fast schwarz. Und dazwischen lagen helle, gleißende Stellen freien Himmels, die wie Blitze zwischen ihnen aufzuckten.

      „Das ist der Grund“, fuhr Traula fort. „Trodonk ist so gebaut, dass sie Gewitterwolken anzieht und es regnen lässt.“

      „Aber eure Häuser haben keine Dächer“, sagte Idan. „Sie sind überhaupt nicht dicht!“

      „Es ist nicht die Nässe, die wir fürchten. Das Wasser perlt von unserem Panzer ab. Es ist die Trockenheit. Unsere Türme laden die Atmosphäre auf. Sie erzeugen Elektrizität. Und diese brauchen wir genauso wie die Feuchtigkeit.“

      Tausende Kyruppen standen zu beiden Seiten der Straße und grüßten die Freunde.

      „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Idan.

      „Das bedeutet, dass ihr die Ersten seid, die das Rätselraten überlebt haben.“

      Bei diesen Worten taumelte der kleine Idan und drohte zu stürzen. Erst jetzt wurde ihm so recht bewusst, in welcher Gefahr er sich befunden hatte. Und vor Entsetzen darüber wurde er ohnmächtig.

      Die Donnerstadt

      Der kleine Idan erwachte in einem durchlichteten Gebäude, dessen Wände aus metallenen Ranken bestanden. Der Abend dämmerte und ein rötlich glühender Feuerschein floss über den mit Holztafeln belegten Fußboden. Idan bemerkte, dass es ein erst kürzlich hergestellter Boden war, den die Kyruppen für ihre Gäste eigens bereitet hatten. Sie selber brauchten keinen solchen Boden. Man sah es daran, dass Holzscheiben in die Maschen eines starren Metallnetzes hineingetrieben worden waren. Erfinder-Äffchen und Kuno Weißhaar unterhielten sich mit einer Gruppe Kyruppen. Sie saßen um ein maschenartiges Metallgestell, das einem Tisch glich.

      „Was ist eure Hauptbeschäftigung?“, fragte Erfinder-Äffchen gerade.

      „Wir stellen Linsen her“, erwiderten die Kyruppen mit hohen singenden Stimmen.

      „Und was macht ihr mit den Linsen?“

      „Mit diesen Linsen brechen wir das Licht auf eine Weise, dass wir verschiedene Arten der Wirklichkeit sehen können, und zwar auch das, was unseren Augen normalerweise unsichtbar ist.“

      „Was könnt ihr denn damit sehen?“, fragte Idan.

      „Schau einmal selbst hindurch!“, forderte ihn Traula auf und hielt ihm eine Linse hin, die im Sonnenlicht die Farbe des Regenbogens spiegelte. „Du musst sie dicht vor das Auge halten“, sagte die Kyruppe. „Das andere Auge kneife am besten zu.“

      Der kleine Idan folgte der Aufforderung und sah die ganze Umgebung von farbigem Licht durchflutet. Die Personen, die sich im Raum befanden, waren von einem farbigen Lichtkranz umgeben. Der Lichtkranz der Kyruppen war orange bis hellrot, der Lichtkranz von Äffchen gelbgrün und der von Kuno Weißhaar blau bis violett.

      „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Idan.

      „Das ist eine Linse, die die Farben der Seele bricht“, erwiderte Traula. „Wenn wir sie als Brille tragen, erkennen wir, mit wem wir es zu tun haben.

      „Und