There will be no surrender. Mitch Walking Elk

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Название There will be no surrender
Автор произведения Mitch Walking Elk
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783948878146



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zurück. Nachdem ich einige ihrer Briefe gelesen hatte, die sie nach ihrem Abschluss an verschiedene Leute geschrieben hatte, gewann ich den Eindruck, dass sie ziemlich dankbar für die Ausbildung gewesen war, die sie dort erhalten hatte. Das steht im vollen Gegensatz zu dem, wie ich über die ganze Sache denke. Auch meine Großmutter Nettie hat das Boarding School System miterlebt. Sie war Schülerin der Concho Indian School, die sich im östlichsten Gebiet der Stammesgrenzen der Cheyenne und Arapaho Reservierung befand. Heutzutage befindet sich dort unser Stammesbüro. Von dort ging sie zur Chilocco Indian School in Nord-Zentral-Oklahoma, direkt an der Grenze zwischen Oklahoma und Kansas. Nachdem beide, meine Urgroßmutter und meine Großmutter zu einem Produkt der Boarding Schools geworden waren, erschien es eine klare Sache, dass der Rest von uns auch dorthin gehen sollte, und da die örtlichen Sozialarbeiter darauf bestanden, hatten wir keine andere Wahl.

      Die bitterste Pille, die wir in der Boarding School zu schlucken hatten, war die Behandlung durch die Angestellten. Viele von ihnen waren unsere eigenen Leute, Indianer meine ich. Sie waren teilweise schlimmer als die Weißen, die dort arbeiteten. Mir ist bis heute nicht ganz klar, ob sie nur versuchten, es ihren weißen Vorgesetzten recht zu machen, oder ob sie die Gehirnwäsche so erfolgreich durchlaufen hatten, dass sie sich mit den Unterdrückern bereits identifizierten, oder ob sie einfach nur geistig behindert waren. Was auch immer der Grund gewesen sein mag, sie waren äußerst erfolgreich bei der Ausführung ihrer Mission und mit ihrer übertriebenen Durchsetzung der Internatsregeln. Ich bin sicher, dass sie von den Weißen gut indoktriniert worden waren, uns Kinder so gründlich zu misshandeln.

      Die Seneca Indian School war auf dem Land einer der Stämme gebaut worden, die man in dieses Gebiet umgesiedelt hatte. Leiter der Schule war ein Indianer und die Mitarbeiter im Schülerwohnheim waren Indianer, aber die meisten der Lehrer waren Weiße. Ich glaube, es war in meinem ersten Jahr an dieser Schule, als einige von uns Schülern zu einem Ausflug nach Riverton in Kansas mitgenommen wurden, zu einem Ort namens Spring River Inn. Das war das erste Mal, soweit ich mich erinnere, dass ich die große weiße Frau sah, der dieser Platz gehörte. Das nächste Mal, als ich ihr wieder begegnete, war dann allerdings in unserer Schule, als sie sich nach mir erkundigte. Ich verbrachte den ganzen Tag mit ihr und sie fuhr mich in ihrem großen Cadillac herum. Sie lud mich zum Essen ein und war sehr nett zu mir, und ich hatte den Eindruck, dass sie wohl ziemlich wohlhabend war. Am Abend brachte sie mich wieder zur Schule zurück und plötzlich verspürte ich ein unangenehmes Gefühl ihr gegenüber. Ich kann mich nicht genau erinnern warum, aber schon während des ganzen Tages war dieses Gefühl ganz langsam in mir hochgekrochen. Aber ich erinnere mich noch gut daran, dass wir uns unterhielten. Wir waren gerade zurückgekehrt und hielten vor dem Haus mit dem Schlafsaal Nr. 5, in dem die kleineren Jungen untergebracht waren. Das letzte, was sie zu mir sagte, war: „Möchtest du nicht mit mir kommen und bei mir leben? Willst du nicht mein kleiner Junge sein?“ Ich wurde total wütend, sprang aus dem Auto und knallte die Tür zu. „Ich habe bereits eine Mutter“, schrie ich sie an.

      Unnötig zu sagen, das war es dann. Ich weiß nicht, wer sie geschickt hatte und wer ihr von mir erzählt hatte, aber ich weiß, dass meine Teilnahme an diesem Ausflug zu ihr ein abgekartetes Spiel gewesen war. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, ein ahnungsloses kleines Indianerkind zu adoptieren. So etwas geschah mit vielen unserer Kinder. Wie dem auch sein, ich konnte zwar verhindern, dass sie mich adoptierte, aber einige Jahre später adoptierte sie meinen jüngeren Bruder. Ich sah ihn erst wieder, bis wir beide Teenager waren, und auch dann nur sporadisch bis wir in den Zwanzigern waren, und auch dann nur, wenn die Initiative von mir ausging. Gegen Ende seiner Jugendzeit haute er schließlich ab, er„floh“ sozusagen von ihr, um es mit seinen eigenen Worten zu sagen. Danach lebte er eine Zeit lang bei einem älteren Ehepaar im Südosten von Kansas, aber er kam fast nie nach Hause, um unsere Mutter zu besuchen. Irgendwie ist das Band, das Mutter und Kind miteinander verbindet, durch diese Adoption kaputt gegangen. Es war etwas, das gegen den Willen unserer Mutter geschehen ist, aber wie ich schon erwähnt habe, hatte sie nicht die Kraft, „sie zu bekämpfen“. Es gibt noch viel mehr über dieses Thema zu sagen, worauf ich später noch einmal zu sprechen komme.

      Zurück zu meiner Schulzeit: Goodlow Proctor gehörte zwar zum Stamm der Cherokee in Oklahoma, aber für mich sah er wie ein Weißer aus. Er war auch mit einer weißen Frau verheiratet. Er wohnte in einem der Häuser auf dem Schulgelände, die man für das Schulpersonal bereitgestellt hatte. Er hatte die Aufsicht über uns Jungen. Er war ein großer Mann mit einem lauten und einschüchternden Wesen. Er war der sadistischste Mann, den ich jemals gesehen habe, und ich hatte Angst vor ihm. Ich war nicht der Einzige, denn viele andere hatten auch Angst vor ihm. Ich bemerkte oft, wie er seine Schüler, seine Kollegen und sogar gegnerische Trainer anderer Schulen bei Basketballspielen einschüchterte. (Er war nämlich auch Basketballtrainer an unserer Schule). Seine Art, wie er mit uns umging, war, uns durch Angst und Einschüchterung unter Kontrolle zu halten. Und wir reagierten entsprechend darauf. Immer wenn unsere Zimmer nicht zu seiner Zufriedenheit aufgeräumt waren, wenn wir mit unseren Schuhen schwarze Flecken auf dem Fußboden hinterlassen hatten oder unsere Kleidung nicht ordentlich in den Schränken hing, oder zu seiner Zufriedenheit in den Schubkästen gefaltet lag, mussten wir das Problem nicht nur beseitigen, sondern erhielten auch eine Strafe in Form von Extraarbeit oder körperlicher Züchtigung.

      Eine Art uns zu bestrafen war in Hockstellung zu gehen. Dazu brachte er uns in die unteren Etagen des Wohnheims und befahl uns in Hockstellung hin und her zu gehen, bis wir nicht länger hocken oder gehen konnten. Er nannte es den Entengang. Wenn wir vor Erschöpfung hinfielen, was irgendwann immer passierte, zwang er uns, wieder aufzustehen und weiterzumachen. Solange, bis wir wirklich nicht mehr konnten. Der körperliche Schmerz und die Erniedrigung waren unerträglich und hielten tagelang an. Und dann waren da noch diese Liegestützen. Ich wette, dieser Mann muss lange Zeit beim Militär gewesen sein. Wahrscheinlich glaubte er, er wäre immer noch dort, und wir wären seine Rekruten. Noch ehe ich das Alter von elf Jahren erreicht hatte, muss ich Millionen von Liegestützen gemacht und Millionen von Tränen geweint haben, nur weil ich nicht mehr hocken und keinen Zentimeter mehr im Entengang gehen konnte. Soldaten beim Militär kann man auf eine solche Behandlung geistig und emotional vorbereiten, aber wir waren bloß Kinder und für uns war es Misshandlung. Wenn wir es nicht so machten, wie er es wollte, dann war als ultimative Strafe eine Tracht Prügel vorgesehen. Aber es war nicht etwa so, wie wenn die Mama einen den Hintern versohlt. Für das Auspeitschen hatte er ein ganz spezielles Brett zugeschnitten, um die Hände daran zu fesseln. Aber der gute Goodlow Proctor schlug nicht etwa auf den Po. Seine Spezialität war es, seinen „Opfern” auf das Hinterteil ihrer Schenkel zu schlagen. Ich erinnere mich, wie ich einmal nach einer solchen „Tracht Prügel“ meine Schenkel betrachtet habe. Er hatte Striemen und lauter geplatzte Äderchen auf meinen Schenkeln hinterlassen. Und das war nur eines der Male, wo ich von ihm gezüchtigt worden war. Dieser Mann war so brutal, dass ich Angst hatte, meinen eigenen Gedanken nachzuhängen, immer in Furcht, er könnte meine Gedanken lesen und mich bestrafen. Ich bin der Ansicht, dass er tief in mir eine emotionale Furcht vor Ablehnung eingepflanzt hat, die eine sehr lange Zeit mein Leben beeinflusst hat. Dies hat mit dazu beigetragen, dass ich oft vom Weg abgekommen bin, und nicht das getan habe, was vielleicht einfacher oder angemessen gewesen wäre. Zum Beispiel mich einfach zu melden, wenn ich eine Frage hätte beantworten können oder etwas zum meinem Wohl oder zum Wohle anderer zu tun. Aber ich tat es nicht, aus Angst Fehler zu machen und dafür bestraft zu werden. Ich mache ihn und das ganze Boarding School System für diese Ängste verantwortlich.

      Einmal, ich muss ungefähr zehn Jahre alt gewesen sein, versuchte ich einen Brief an eine Militärakademie zu schicken, deren Anschrift ich in einem Journal gefunden hatte. Ich hatte die Hoffnung, ich könne aus den Fängen des Internats entkommen und eine militärische Laufbahn in dieser Akademie beginnen. Ich hatte keine Ahnung, was eine Militärakademie war, ich wollte bloß raus aus dieser Indianerschule. In meinem Brief schrieb ich einen detaillierten Bericht über die Art, wie man uns in der Boarding School behandelte. Mein Brief wurde von Goodlow abgefangen. Ich hatte keine Ahnung, dass die Post zensiert wurde und er machte mir danach das Leben zur Hölle und erniedrigte mich in aller Öffentlichkeit.

      Aber wenn ich so zurückblicke, dann erkenne ich, dass sich hier der Widerstand formte. Es war einfach nur eine Reaktion darauf, wie ich in der Schule behandelt wurde.

      Bezüglich dieses Mannes gab ich mir selbst