There will be no surrender. Mitch Walking Elk

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Название There will be no surrender
Автор произведения Mitch Walking Elk
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783948878146



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Nach diesem Vorfall war er ständig hinter uns her. Er hatte uns buchstäblich auf dem Kieker. Seine Strafen wurden härter, aber mein Ärger wuchs ebenfalls, und ich rannte immer öfter weg. Das legte den Grundstock, dass ich über Jahre hinweg nicht damit aufhören konnte, vor mir selbst wegzurennen. Weglaufen wurde zur Überlebensstrategie.

      Mein Zuhause war eigentlich nur etwa 18 Meilen von der Schule entfernt, aber für mich war es in etwa die gleiche Entfernung wie von der Erde bis zum Mond. Manchmal brauchte ich eine ganze Nacht, um die Strecke bis nach Hause zu laufen.

      Als ich wieder einmal auf der Flucht war, befand ich mich ungefähr eine Meile außerhalb der Stadt. Die Sonne ging gerade auf und ich lief auf der Nordseite einer Straße entlang, die nach Westen führte. Plötzlich kam aus dem Maisfeld auf der südlichen Seite ein etwas seltsam aussehender Hund heraus. Ich befand mich am nördlichen Seitenstreifen, er auf dem südlichen, und er trottete sozusagen neben mir her. Seine Zunge hing heraus und er hatte einen wilden Blick. Eine knappe Minute liefen wir so nebeneinander her, bis der Hund kehrt machte und wieder im Maisfeld auf der Südseite verschwand. Später wurde mir klar, dass das Tier ein Kojote gewesen war. In vielen eingeborenen Kulturen, wie auch für mich selbst, hat der Kojote eine große spirituelle Bedeutung. Für einige dieser Kulturen ist er ein Schwindler, für andere ein spiritueller Helfer.

      Eine der wichtigsten spirituellen Dinge, die wir von Kojoten lernen können, ist seine Fähigkeit zu überleben. Andere Gaben, die uns der Kojote geben kann, sind sein Heilwissen, sein Schutzinstinkt und der Gesang.

      Der Kojote hat mir einige seiner Kräfte bereits im Kindesalter mitgegeben, vielleicht wurde ich auch schon damit geboren. Später, als ich zu den spirituellen Wegen unseres Volkes zurückkehrte, gaben sie mir Führung und Unterstützung, und ich spüre, dass sie das noch heute tun. Als ich auf dem Hügel stand, um für mein Volk zu fasten und zu beten, haben sie ihre „Medizin“ mit mir geteilt. In einem Traum erhielt ich eine Medizin, die mir beim Stehlen helfen würde, und kurz darauf bekam ich tatsächlich „Kojotemedizin“, die man zu diesem Zweck benutzen könnte. Ich habe die spirituelle Hilfe, die ich vom Kojoten erhalten habe, niemals benutzt, aber ich würde nicht zögern, es zu tun, wenn es ums Überleben ginge oder wenn mein Volk Hilfe bräuchte. Ich habe schon oft darüber nachgedacht, die „Medizin“ zu benutzen, um der Regierung die Pläne zu stehlen, in denen steht, was sie eigentlich auf lange Sicht mit uns vorhaben. Ich bin mir sicher, sie haben nichts Gutes mit uns vor. Aus ihrer Sicht hin bin ich nun wohl ein Terrorist.

      Einer unserer Medizinleute hat mir übrigens anvertraut, was die Regierung bzw. der Weiße Mann mit uns auf längere Sicht hin vorhat. Letzten Endes soll es darauf hinauslaufen, dass sie sich ihrer Verantwortung uns gegenüber entziehen wollen. Dies hat eine gute und eine weniger gute Seite. Immer mehr Einwanderer kommen hierher und entscheiden sich dafür, in Amerika zu leben und am Vermächtnis des Amerikanischen Traumes teilzuhaben. Dadurch wird unsere Existenz als Eingeborene Nationen dieses Land immer mehr bedroht. Einer der negativen Aspekte davon ist, dass jene Leute, die sich um die amerikanische Staatsbürgerschaft bemühen, keinen Geschichtsunterricht bezüglich der Ureinwohner Amerikas erhalten haben und viele von ihnen auf Grund von unerträglichen Schwierigkeiten in ihrem Heimatland flüchten wollen. Sie sind froh, dass sie nach Amerika kommen können, und ihr Bewusstsein oder ihr Interesse den Indianern gegenüber steht nicht gerade auf ihrer Prioritätenliste.

      Eines der Szenarien, auf die ich manchmal hinweise, wenn ich über dieses Thema spreche, ist folgendes: Wenn man beispielsweise einmal alle Nachkommen von Ausländern, die heute in Amerika leben, und ihre Geburtenrate nimmt, und 50 Jahre dazu addiert, und dann dazu noch einmal die Tausenden von Einwanderern, die jährlich nach Amerika kommen und sich um die Staatsbürgerschaft bewerben und deren Geburtenraten hinzurechnet, und dass damit vergleicht, was in der Geschichte mit uns geschehen ist, dann sieht die Zukunft der Eingeborenen Völker der westlichen Hemisphäre nicht gerade rosig aus. Jährlich kommen diese Einwanderer und trampeln gedankenlos über unsere Sitten und Bräuche hinweg. Sie zeigen keinen Respekt gegenüber den Ureinwohnern und den Tieren dieses Landes. Für sie sind die Tiere nur Wild, das am Wochenende abgeknallt werden kann und der Kojote ist nur ein Schädling.

      Aber jene Leute, die den Kojoten jagen und Prämien für sein Fell aussetzen und ihn grundlos töten, haben mit Konsequenzen zu rechnen. Der Kojote ist ein heiliges Tier und einer der großen spirituellen Helfer. Diese Leute sollten lieber vorsichtig sein, denn der Kojote ist die physische Manifestation eines Geistwesens.

      Kurz nachdem man mich zu dieser Schule gebracht hatte, träumte ich eines Nachts von meinem Großvater. In diesem Traum taten wir all diese schönen Dinge, die wir immer zusammen getan hatten, als ich noch bei ihm lebte. Es schien mir, dass der Traum die ganze Nacht hindurch andauerte und genau in dem Moment begann, als ich zu Bett ging und den Kopf auf das Kissen legte. Ich besuchte ihn, und wir gingen angeln und verbrachten eine schöne Zeit miteinander. Als ich wieder aufwachte und mir klar wurde, wo ich wirklich war, und dass ich alles nur geträumt hatte, war ich sehr niedergeschlagen und zutiefst traurig. Etwa einen Monat nach diesem Traum bekam ich die Nachricht, dass mein Großvater gestorben war. Am Tag der Beerdigung wartete ich darauf, dass jemand käme, um mich abzuholen, aber niemand tauchte auf. Ich war gerade in der ersten Klasse und Mrs. Winnie, die Lehrerin, die die ersten Klassen unterrichtete, musste mich in einen anderen Raum bringen, sodass ich an diesem Tag allein sein konnte. Ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen.

      Erst später wurde mir im Verlauf meines Lebens klar, dass der Traum, den ich von Großvater und mir hatte, so eine Art spirituelles und emotionales Trostpolster war, um den harten Schlag, der ja unausweichlich auf mich zukommen würde, etwas erträglicher zu machen. Gleichzeitig verschaffte er mir wundervolle Erinnerungen an den einzigen Mann in meinem Leben, der jemals gut zu mir gewesen war. Dies war auch mein erstes spirituelles Erlebnis, auch wenn ich das viele Jahre lang nicht verstanden hatte. Großvater liegt auf dem Wyandotte Indianerfriedhof am Highway 10 begraben, unweit vom Stammesbüro der Wyandottes, nicht weit von der Schule und dort wo er lebte.

      Mein Mitbewohner in der Schule hieß Manuel Pittstubby. Er war ein Choctaw aus Durant, Oklahoma. Ich weiß nicht mehr warum, aber zuerst mochten wir uns nicht. Irgendwann änderte sich das und wir wurden Freunde und teilten dann das Zimmer miteinander. Manuel war ein großer schlaksiger Junge, bestand buchstäblich nur aus Haut und Knochen und sein Kopf wirkte viel zu groß für seinen Körper. Es war immer schon sehr kränklich und es geschah, als er wieder einmal kränkelte, dass die Krankenschwester der Schule, Mrs. Caraway ihn ins Claremore Indian Hospital nach Claremont nach Oklahoma brachte, in dasselbe Krankenhaus, in dem ich geboren worden war. Manuel kam nie mehr zurück.

      Ich hörte, dass er Lungenentzündung gehabt hatte und kurze Zeit, nachdem er ins Krankenhaus gebracht worden war, dort verstarb.

      Ich erinnere mich noch, wie ich zu jemandem sagte, dass einige von uns zur Beerdigung gehen sollten, und einige der älteren Schüler durften daran teilnehmen. Es verletzte mich, dass ich nicht gehen durfte, denn ich war es doch, der den Vorschlag gemacht hatte, und außerdem war er mein Zimmerkamerad. Aber Goodlow ging hin. Ich erinnere mich noch, wie er auf der Treppe innerhalb der Unterkunft saß und in einem seltenen Anflug von Mitgefühl an Manuel dachte und meinte, was für ein guter Junge er doch gewesen sei. Aber woran ich mich auch erinnere ist, dass Goodlow Manuel gar nicht mochte und gelegentlich richtig gemein zu ihm gewesen war. Ich wunderte mich darüber, dass er so tat, als sei er traurig über dessen Tod. Vielleicht war er es ja auch oder vielleicht wünschte er, er hätte ihn besser behandelt, als er noch lebte. Das einzig gute, was ich überhaupt aus dieser Zeit im Internat mitnehmen konnte, waren Freundschaften. Nicht viele, aber ich hatte immer wieder spezielle Freunde.

      Ich traf David Edward Logan ungefähr um 1958 herum. Er kam zusammen mit seinem Bruder Philipp auf die Schule, mit dem ich mich zuerst anfreundete. Als ich Dave zum ersten Mal begegnete, prügelten wir uns. Ich weiß nicht mehr warum, und auch nicht mehr, wer gewonnen hat, aber während der letzten Jahre auf der Seneca Indian School wurden wir enge Freunde, und diese Freundschaft vertiefte sich im Jugendalter bis in die 20er hinein.

      Dave stammte aus einer Großfamilie, bestehend aus acht oder neun Geschwistern, seinen Eltern und einer hochbetagten Großmutter. In diesen Tagen in den 1950ern war sie bereits über 90. Ich glaube nicht, dass sie je Englisch gelernt hatte. Sie war schon geistig dement