Mia und die Schattenwölfe. Corina Sawatzky

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Название Mia und die Schattenwölfe
Автор произведения Corina Sawatzky
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991076933



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Mia kurz etwas erklären, damit sie alles Weitere auch versteht.“

      Besorgt lauschten die Mädchen Tante Anna, als diese, an Mia gewandt, fortfuhr: „Unter dem Magischen Wald existiert noch ein anderes Land – das Reich der Unterirdischen. Es gibt ein Tor zwischen den beiden Ebenen, welches normalerweise gut verschlossen ist, sodass die Unterirdischen nicht zu uns gelangen können. Das ist auch gut so, denn die Kreaturen, die dort leben, sind abgrundtief böse. Der Herrscher dieses Reiches heißt Taragonn und seine Untertanen sind die Schattenwölfe.“

      Nun richtete sie ihre Worte wieder an beide Mädchen: „In letzter Zeit hat das Tor zwischen den beiden Ebenen eine Schwachstelle bekommen, die es den Schattenwölfen erlaubt, den Magischen Wald in Vollmondnächten zu betreten. Schon zweimal konnten diese üblen Kreaturen inzwischen hierherkommen. Sie schnappten sich alle Waldbewohner, die sich nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht hatten, und nahmen sie als Sklaven mit ins Reich der Unterirdischen. Das ist ein schreckliches Schicksal!“

      Mia fuhr es eiskalt durch die Glieder. Wie furchterregend sich das alles anhörte! Wenn sie nur daran dachte, als Sklavin in ein unterirdisches Reich verschleppt zu werden, stocke ihr vor Angst schier der Atem. Allein der Name „Schattenwolf“ ließ Mia schaudern. Er klang ungemein bedrohlich.

      Auch Sophie war bei den Ausführungen ihrer Mutter bleich geworden. Nun fragte sie mit zitternder Stimme: „Und was meinst du mit ‚in Sicherheit bringen‘? Wohin gehen wir in der Nacht?“

      Tante Anna legte den beiden Kindern beruhigend jeweils eine Hand auf die Schulter und antwortete: „Wir bleiben hier im Haus und ich werde Schutzzauber rundherum errichten. Diese werden die Schattenwölfe fernhalten. Ihr braucht keine Angst zu haben – wir sind hier in Sicherheit. Es ist nur sehr, sehr wichtig, dass ihr rechtzeitig zu Hause seid. Das Tor zum Reich der Unterirdischen beginnt sich bei Anbruch der Dämmerung zu öffnen. Wenn ihr am frühen Abend zurückkommt, haben wir noch ausreichend Zeit, die nötigen Vorbereitungen zu treffen, und ich werde beruhigt sein.“

      Zuerst überlegten Mia und Sophie, ob sie nicht tatsächlich den ganzen Tag lang zu Hause bleiben sollten. Aber dann kamen sie zu dem Entschluss, dass niemandem geholfen wäre, wenn sie hier herumsitzen und bang auf den Abend warten würden. Da war es doch definitiv besser, den Tag zu nutzen und ein bisschen Spaß zu haben!

      Also verdrängten sie die Gedanken an die kommende Nacht und packten ihre Badesachen. Tante Anna bereitete ihnen einen großen Picknickkorb zum Mitnehmen vor. Er war voll beladen mit leckeren Sachen und demnach recht schwer. Daher wechselten die beiden Mädchen sich mit dem Tragen ab.

      Lindaras Baumhaus lag auf dem Weg zum See, was äußerst praktisch war. Mia und Sophie wollten die Elfe nämlich ohnehin fragen, ob sie nicht ebenfalls Lust zum Baden habe.

      Als sie in Richtung Lindara aufbrachen, war ihnen zunächst nicht zum Reden zumute. Jedes der Mädchen grübelte für sich über die kommende Nacht nach.

      Doch das Vogelgezwitscher und der helle Sonnenschein vertrieben nach und nach alle trüben Gedanken, sodass Mia und Sophie schon wieder fröhlich plauderten, als sie an dem Haus der Elfe ankamen.

      Sie zogen an der Schnur neben der Tür im Baumstamm und wieder erklang das feine Glöckchenläuten. Kurze Zeit später beugte Lindara sich über die Brüstung der Laube und rief erfreut hinunter: „Oh! Ihr seid es! Ich hatte gehofft, dass ihr heute vorbeischauen würdet!“

      Sophie rief zurück: „Wir hatten es doch schließlich versprochen! Hast du Lust, mit zum See zu kommen? Es wird heute sehr heiß! Und wir haben einen großen Picknickkorb dabei, von dem wir locker zu dritt satt werden!“

      Die Elfe strahlte sie vom Baum herab an. „Das ist eine hervorragende Idee! Wartet, ich packe schnell meine Sachen und komme zu euch hinunter!“

      Die Mädchen mussten nicht lange warten. Innerhalb kürzester Zeit war Lindara fertig und öffnete die Tür des Baumes.

      „Ich habe uns zwei Flaschen Rosenlimonade eingepackt“, verkündete sie fröhlich.

      Und schon machten die drei Freundinnen sich auf den Weg zum See.

      Von dem Haus der Elfe aus schlugen sie einen kleinen verschlungenen Pfad ein, der richtig verwunschen aussah. Mia fühlte sich wie in dem Märchen von Dornröschen. Fast erwartete sie, hinter der nächsten Biegung ein rosenumranktes Schloss zu sehen.

      Stattdessen entdeckte Mia kurze Zeit später am Wegesrand einen riesigen Pilz, in dessen Stamm sich eine Tür und mehrere Fenster befanden. Der Hut des Pilzes bildete das Dach des ungewöhnlichen Hauses.

      „Hier wohnt der Zwerg Gurzel“, informierte Lindara Mia.

      Vor dem niedlichen Pilzhäuschen stand eine Bank und auf dieser wiederum saß ein kleiner Mann. Er hatte einen langen grauen, verzottelten Bart und ebenfalls langes graues Haupthaar, welches ihm lose über den Rücken fiel. Zwar war der Zwerg keinesfalls größer als einen halben Meter, aber dafür war er sehr kräftig gebaut. Richtig stämmig sah er aus! In seinem Mundwinkel steckte eine Pfeife, aus der sich Rauch emporschlängelte. Gerade zog der Zwerg genüsslich daran. Dann bemerkte er die Mädchen und die Elfe und ein Lächeln stahl sich auf sein faltiges Gesicht.

      „Welch hübscher Anblick für meine altersschwachen Augen!“, rief er jovial. „Kommt doch ein Stückchen näher heran, damit ich nicht so schreien muss!“

      Mia, Sophie und Lindara traten näher und grüßten den alten Zwerg.

      „Seid ihr unterwegs zum Nymphsee?“, erkundigte er sich nun.

      Sophie nickte.

      „Dann seht aber zu, dass ihr vor Einbruch der Dunkelheit wieder zu Hause seid, hört ihr? Es wird eine gefährliche Nacht!“

      Augenblicklich wurde die Stimmung düsterer.

      „Ach herrje! Ich wollte euch hübschen Täubchen die Laune nicht verderben!“, rief Gurzel aus. „Kann ich euch vielleicht mit einem Becher Tannenbier wieder aufmuntern?“

      Die Mädchen und die Elfe lehnten dankend ab. Tante Anna würde es bestimmt nicht gerne sehen, wenn ihre Tochter und Nichte Bier tränken, dachte Mia. Außerdem hatten sie es eilig, zum See zu kommen und den Tag dort zu genießen, ohne ständig an die kommende Nacht erinnert zu werden.

      Also verabschiedeten sie sich höflich von dem Zwerg und zogen dann weiter.

      Nun war es nicht mehr weit. Nach drei weiteren Wegbiegungen sah Mia ein verheißungsvolles Glitzern zwischen den Bäumen.

      Die drei Freundinnen traten auf eine große Lichtung. In ihrer Mitte erstreckte sich ein herrlich klarer, blauer See, der zum Teil umsäumt war von einer saftig grünen Wiese. An den übrigen Stellen türmten sich an seinem Rand große Steinblöcke auf. An der rechten Seite ging es eine steile Felswand hinauf und genau von dieser ergoss sich ein kleiner Wasserfall in den See. Es war wunderschön – viel besser als jedes Freibad, das Mia kannte!

      Sie folgte Sophie und Lindara, die bereits dabei waren, auf der saftigen Wiese ihre Handtücher auszubreiten.

      Alle drei ließen sich darauf nieder, um sich erst einmal von dem Marsch zu erholen. Lindara holte die Rosenlimonade aus ihrer Tasche hervor und bot den Mädchen davon an.

      Mia nahm einen tiefen Schluck und schloss genießerisch die Augen. Das Getränk schmeckte erfrischend und ungemein lecker. Es prickelte angenehm auf der Zunge und löschte ihren Durst innerhalb kürzester Zeit.

      Erfrischt ließ Mia die hier herrschende Atmosphäre auf sich wirken.

      Die Vögel zwitscherten und trillerten rings um den See, der Wasserfall rauschte monoton vor sich hin, und ab und zu hörte man einen Kuckuck rufen. Die Stimmung war so friedlich und beruhigend, dass Mia, Sophie und Lindara rasch wieder guter Laune waren.

      Sie erzählten sich gegenseitig, was sie am gestrigen Tag erlebt hatten, tranken Rosenlimonade und räkelten sich währenddessen wohlig in der Sonne.

      Bald war ihnen so heiß geworden,