Mia und die Schattenwölfe. Corina Sawatzky

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Название Mia und die Schattenwölfe
Автор произведения Corina Sawatzky
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991076933



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zufrieden fest.

      Mia fühlte sich in der Tat sehr geborgen, und als sie sich mit ihrer Cousine und Tante Anna zum Spielen an den Esstisch setzte, kam es ihr fast so vor, als wäre heute ein ganz normaler Abend.

      Eine ganze Zeit lang waren alle drei komplett ins Spiel vertieft und es herrschte eine beinahe ausgelassene Stimmung.

      Erst nach einer geraumen Weile fielen den Mädchen und Tante Anna auf, dass der Wind sich mittlerweile verstärkt hatte. Er heulte laut ums Haus, und es war inzwischen auch im Wohnzimmer so kalt geworden, dass alle drei fröstelten.

      „Ich mache uns ein Feuer“, verkündete Tante Anna und stand auf. „Außerdem habe ich uns Zooteig vorbereitet. Was sagt ihr dazu?“

      Sophie rief erfreut: „Zooteig? Den hatten wir ja schon ewig nicht mehr!“

      An Mia gewandt, erklärte sie: „Meine Mutter macht ihn nur selten, weil es eine Heidenarbeit ist, ihn herzustellen.“

      „Und was ist daran so besonders?“, wollte Mia wissen.

      Ihre Cousine antwortete: „Du nimmst ein Stück davon, spießt es auf einen Stock und hältst ihn übers Feuer. Wenn er gar ist, verformt er sich zu irgendeinem Tier. Wenn du dieses dann in den Mund steckst – na ja, du wirst schon sehen! Auf jeden Fall wirst du begeistert sein!“

      Mia wartete gespannt, bis Tante Anna das Feuer im Kamin entfacht und eine Schüssel mit einem eigentlich ganz normal aussehenden Teig herbeigeholt hatte.

      Zu dritt setzten sie sich nun vor das Feuer. Jede bekam einen langen Stock in die Hand. Dann fragte Tante Anna ihre Nichte: „Möchtest du beginnen?“

      Doch Mia war es lieber, erst einmal zuzuschauen. Also machte stattdessen Sophie den Anfang. Sie nahm sich einen Klumpen des Teiges aus der Schüssel und spießte ihn auf das Ende ihres Stocks. Dann hielt sie ihn über das Feuer.

      Nach kurzer Zeit gab der Teig ein leises Plopp von sich und puffte auf. Er nahm unverkennbar die Form eines Schafes an und sah nun lecker und knusprig aus.

      Sophie schwenkte das Stockende herum, pustete zunächst ein bisschen und nahm dann das Teigschaf herunter. Sie steckte es in den Mund, kaute kurz und schluckte anschließend. Kaum war der Happen in ihrem Magen gelandet, begann sich Sophies Aussehen zu verändern. Dichtes, weißes Ringelfell bedeckte im Handumdrehen ihr Gesicht und die Ohren wurden groß und schlapp. Zu guter Letzt schob sich Sophies Mundpartie auf kecke Weise nach vorne und wurde zu einer langen Schafsschnauze.

      Da saß nun ein zum Schreien komisch aussehendes Sophie-Schaf und blickte frech in die Runde.

      Gerade als Mia sich fragte, wie lange ihre Cousine den Schafskopf behalten würde, begann sich Sophie auch schon wieder zurück zu verwandeln. Wenige Augenblicke später hatte sie ihr übliches Gesicht wieder und kringelte sich vor Lachen. Mia fiel sofort in das Gelächter ein und auch Tante Anna musste breit schmunzeln.

      „Jetzt du!“, sagte Sophie zu Mia und reichte ihr die Schüssel.

      Mia machte nun das nach, was sie bei ihrer Cousine beobachtet hatte.

      Puff – verformte sich ihr Teigstück zu einem Elefanten. Fast hätte sie sich die Finger verbrannt, als sie ihn vom Stock nehmen wollte.

      Das Gebäcktier schmeckte in der Tat lecker. Ein bisschen so wie Pizzabrötchen. Doch Mia war viel zu gespannt, wie es sein würde, sich in einen Elefanten zu verwandelt. Daher kostete sie den Geschmack nicht lange aus, sondern schluckte den Bissen rasch hinunter.

      Unmittelbar darauf machte sich ein seltsames Gefühl in ihr breit. Sie spürte, wie ihre Ohren immer größer und größer wurden, bis sie sich schließlich selbst damit Luft zufächeln konnte. Gleichzeitig begann ihre Nase gigantische Ausmaße anzunehmen und sich in Form und Farbe so zu verändern, dass schließlich ein gewaltiger Rüssel mitten in ihrem Gesicht prangte. Neugierig versuchte Mia, den ungewohnten Körperteil zu bewegen, und tastete sich vorsichtig damit in Sophies Richtung.

      „Komm, du kleiner Elefant, ich habe hier eine leckere Erdnuss für dich!“, kicherte ihre Cousine.

      Doch noch während Mia sich bemühte, mit dem Rüsselende Sophies Handfläche zu berühren – was ein überaus schwieriges Unterfangen war – schrumpfte er schon wieder und Mia hatte ihre kleine Stupsnase und ihre zierlichen Ohren zurück.

      Mia konnte nicht sagen, was sie lustiger fand: Sich selbst in ein Tier zu verwandeln oder den zwei anderen dabei zuzusehen, wie sie es taten.

      Sie gab die Schüssel an Tante Anna weiter, ohne sich sicher zu sein, ob diese überhaupt mitmachen würde. Vielleicht fand sie als Erwachsene es ja auch zu albern?

      Aber das war keineswegs der Fall! Ihre Tante nahm die Schüssel entgegen und spießte sich ein Teigstück auf, ohne mit der Wimper zu zucken.

      Mit einem Plopp formte sich auf dem Stockende der Hexe ein Löwe. Als sie ihn gegessen hatte, wurden ihre ordentlich frisierten Haare zu einer gigantischen, wilden Mähne. Die Schnurrhaare wirkten recht harmlos. Die gewaltigen Zähne dagegen, die Tante Anna beim Öffnen ihres Mauls preisgab, waren extrem furchteinflößend.

      Nach dem ersten Schreck konnten die Kinder sich vor Lachen kaum mehr halten. Tante Anna sah einfach zu komisch aus, wie sie das Maul weit aufriss und dabei laut brüllte!

      Die Schüssel ging immer wieder reihum. Nacheinander wurde der Teig zu einer Ziege, einem Esel, einer Katze, einem Krokodil, einem Affen und sogar zu einem Nilpferd.

      Die drei hatten auf diese Weise jede Menge Spaß.

      Doch als Sophies Teigstück sich plötzlich zu einem Wolf verformte, kippte die Stimmung schlagartig. Plötzlich hatte keine von ihnen mehr Lust auf das Zooteigspiel und so legten alle ihre Stöcke beiseite. Die gute Stimmung war von einem auf den anderen Moment hinüber.

      Tante Anna zog das Tuch von der Musikwichtelbox, weil sie hoffte, die Musik würde sie ablenken. Aber keine der drei konnte sich unter den gegebenen Umständen daran erfreuen. Daher deckte die Hexe das Häuschen nach einer Weile wieder zu und brachte die Wichtel somit zum Verstummen.

      Schließlich begann Sophie, von dem Thema zu reden, über das sowieso alle nachgrübelten. „Sag mal, Mama, warum unternimmt der Magische Rat eigentlich nichts gegen dieses Loch im Tor zwischen den Ebenen und gegen die Schattenwölfe?“

      Die Hexe seufzte und erwiderte: „Wir haben schon alles versucht! Doch nichts hat geholfen! Aber lass mich Mia kurz beschreiben, was der Magische Rat überhaupt ist, damit sie unser Gespräch auch versteht. Danach erzähle ich dir alles Weitere, ja?“

      Sie wandte sich ihrer Nichte zu und erklärte: „Der Magische Rat, den Sophie eben erwähnt hat, setzt sich aus den zwölf mächtigsten Zauberern und Hexen des Magischen Waldes zusammen. Auch ich bin Mitglied des Rates. Wir halten regelmäßig einmal pro Woche eine Versammlung ab und besprechen wichtige Angelegenheiten des Waldes. Wenn Probleme auftreten, versuchen wir, Lösungen zu finden, die für die Gemeinschaft am besten sind. Wir schlichten Streitigkeiten unter den Waldbewohnern, treffen anliegende Entscheidungen und so weiter. Insgesamt sind wir also, so gesehen, für die Einigkeit und Sicherheit im Magischen Wald zuständig. Daher wäre es auch unsere Angelegenheit, das Loch im Tor zwischen den Ebenen wieder zu verschließen.

      In der Vergangenheit mussten die Schutzzauber in diesem Tor schon ungewöhnlich häufig erneuert werden und jedes Mal hat uns der Weise Fels Ratschläge gegeben, wie das zu bewerkstelligen war.

      Der Weise Fels ist uralt. Niemand weiß, wie lange er schon existiert. Er ist seit Menschengedenken hier in diesem Wald und steht dessen Bewohnern beratend zur Seite. Er scheint fast alles zu wissen und hat uns bisher immer unterstützt.“

      Nun richtete Tante Anna ihre Worte wieder an beide Mädchen: „Dieses Mal ist es anders. Wir sind bereits unzählige Male zum Weisen Fels gegangen und haben ihn befragt. Aber er schweigt einfach. Kein einziges Wort konnten wir ihm entlocken. Wir wissen nicht, ob eventuell kein Leben mehr in ihm ist oder ob wir ihn vielleicht auf irgendeine Weise verärgert haben. Jedenfalls zeigt er keinerlei Regung, wenn wir ihn anrufen. Es ist zum Verzweifeln!

      Wir