Название | Drachenwispern |
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Автор произведения | Christian D'hein |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991075288 |
»Die Geschichten sind nur Legenden«, stellte der Zauberer klar und trat in die Dunkelheit.
Doch trotz dieser Beteuerung zögerte Elynia, ihm zu folgen. Ein ungutes Gefühl hatte sie beschlichen und es schien ihr, dass der sachte Luftzug nach ihr griff und sie nach innen zog. Zögerlich gab sie dem Zerren nach und redete sich ein, dass ihr Verstand ihr nur Streiche spielte, wegen der vielen Gruselgeschichten über diesen Ort. Sie tat einen tiefen Atemzug, dann trat sie in die Dunkelheit. Trotz ihrer guten Augen konnte sie gerade genug erkennen, um bis zu der ersten nahen Biegung des Ganges zu sehen, an der Meister Ruben auf sie wartete. Ein modriger Geruch schlug ihr entgegen und sie beeilte sich, zu ihm aufzuschließen. Doch als sie die Ecke umwunden hatten, blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie hatte einen dunklen Ort voller Gefahren erwartet, aber stattdessen wurde sie mit einer unvorstellbaren Schönheit konfrontiert, wie sie sie noch nie gesehen hatte. Hier war die Dunkelheit schlagartig einem sanften Licht gewichen, welches von den Wänden ausgestrahlt wurde. Diese bestanden nicht etwa aus kargem Stein, sondern waren aus klarem Kristall. Und darin eingeschlossen schimmerten erstarrte Feuer in verschiedenen Farben, die das Leuchten erzeugten. Fasziniert strich Elynia über die glatte Kristalloberfläche. Dann wurde ihre Aufmerksamkeit von einer Bewegung erregt. In einer Wasserlache zu ihren Füßen wuselten einige der seltsamsten Lebewesen, die sie je gesehen hatte. Sie waren etwa so lang wie ihr Unterarm, nackt und sahen aus wie mutierte Lurche.
»Grottenolme«, kommentierte der Zauberer ihre Entdeckung, »diese Überlebenskünstler benötigen nur alle paar Jahre etwas Nahrung. Gefährlicheren Lebewesen wirst du auf unserem Weg nicht begegnen und jetzt komm, trödle nicht!«
Sie folgte ihm durch die Höhle. An einigen Stellen zweigten weitere Gänge ab, doch sie ignorierten diese. Dann aber blieb Elynia vor einem schmalen Gang stehen und spitzte die Ohren. Sie glaubte, von irgendwo aus diesem Stollen eine helle Melodie gehört zu haben. Zunächst wurde sie enttäuscht und vernahm nur das Pochen ihres eigenen Blutes in den Ohren, doch dann war das Geräusch wieder da. Es klang fröhlich und einladend. Die Elfe machte einen Schritt in den Gang hinein. Dann noch einen. Sie wollte ergründen, woher die schöne Musik stammte. Da packte sie grob eine Hand am Oberarm und riss sie zurück. Das wutentbrannte Gesicht Meister Rubens erschien direkt vor ihrem. Der Zauberer funkelte sie an und zischte: »Ich sagte, auf unserem Weg wird dir nichts Gefährliches begegnen. Das gilt aber nicht für die restlichen Pfade!«
»Aber sagtet Ihr nicht, die Schauergeschichten seien nur Legenden?«
Er sah sie mit unergründlichem Blick an, dann antwortete er leise: »Und die besten Legenden sind jene, die wahr sind!« Nach dieser untrüglichen Warnung war Elynia darauf bedacht, niemals mehr als einige Schritte hinter dem Meister zurückzufallen und die Wände nur noch aus der Ferne zu betrachten. Der mürrische Mensch führte sie immer weiter und mit beschleunigten Schritten tiefer in die Grotten hinein, bis sie vor einem See aus pechschwarzem Wasser standen. Verblüfft starrte die Elfe auf die undurchdringliche Oberfläche. Sie hätte nicht gedacht, dass es in den Schwarzgrundgrotten solche Gewässer gab.
»Spring rein!«, befahl der Zauberer ihr unsanft.
Elynia sah ihn entsetzt an. Jetzt war sie sich sicher. Der Mensch war völlig übergeschnappt! Niemand konnte wissen, welche Ungetüme sie unter dieser schwarzen Decke erwarteten. Sie überlegte kurz, wobei ihre Überlebenschancen besser standen, bei einem Sprung in den See oder einem Kampf mit dem Zauberer. Sie entschied sich, auf Zeit zu spielen.
»Wieso sollte ich das tun?«, verlangte sie störrisch zu erfahren.
Der Mann verdrehte entnervt die Augen.
»Diese Gewässer sind auf magische Weise mit einem Becken in Celion verbunden, dir wird nichts geschehen.« Elynia war noch immer unsicher. Sie verstand nichts von Magie und konnte nicht einschätzen, wann der Meister die Wahrheit sprach und wann er log. Andererseits gab es viele Theorien, wie die Aquiron ihre Truppen so schnell von A nach B bewegen konnten und diese Erklärung erschien ihr einigermaßen plausibel. Immer noch verharrte Elynia zögernd. Offenbar einen Moment zu lange, denn dem Zauber war wohl der Geduldsfaden gerissen. Er stellte sich direkt hinter sie an den Rand und verpasste ihr einen kräftigen Stoß in den Rücken. Kopfüber stürzte sie in das kalte Nass. Blind und wild um sich schlagend, versuchte sie, wieder an die Oberfläche zu gelangen, doch all ihre Bemühungen waren vergebens und sie wurde unweigerlich weiter in die Tiefe gerissen. Die Elfe war umgeben von erdrückender Finsternis. Die Luft in ihren Lungen wurde langsam knapp und ihr Herz hämmerte wie verrückt. Ihr wurde schwindelig. Und dann war es vorbei. Mit einem Mal war sie umgeben von grellem Licht und ihr Kopf durchstieß die Wasseroberfläche. Gierig füllte sie ihre Lungen mit frischem Sauerstoff. Dann erst sah sie sich um. Sie befand sich in einem gigantischen, flachen Wasserbecken, welches sich in einem noch größeren marmornen Badehaus befand. Die hohe Decke wurde von drei dicken Säulen gestützt, welche mit farbenfreudigen Malereien bedeckt waren. Von der Decke tropften tausende Wassertränen in das Gefäß, in dem auch sie nun hockte. Wie in Zeitlupe fielen sie zu ihr herab und verbanden sich mit dem Wasser um sie herum. Elynia senkte ihren Blick zum Boden des Badehauses. Flache Stufen führten aus dem Wasser, welches eine angenehme Temperatur hatte. Vorsichtig erklomm Elynia die Stufen und trat aus dem Becken. Die nasse Kleidung klebte ihr eng am Leib und das Haar hing ihr triefend ins Gesicht, während sich zu ihren Füßen eine immer weiter anwachsende Wasserlache bildete und so die Perfektion der blankpolierten Fliesen störte. Elynia blickte sich um. Hinter ihr stieg Meister Ruben gemessenen Schrittes aus dem Wasser. Seltsamerweise war seine Kleidung völlig trocken, wodurch sie sich in ihren triefenden Stoffen etwas fehl am Platz fühlte. Es musste bei dieser Form zu reisen irgendeinen Kniff geben, einen einfachen Trick, welcher die Feuchtigkeit abhielt, aber der Zauberer hatte wohl vergessen, ihn ihr gegenüber zu erwähnen. Oder auch nicht. Dem spöttischen Blick in seinen Augen nach zu urteilen, hatte er es ihr mit Absicht verschwiegen, um sie zu ärgern. Sie wie üblich ignorierend schritt der Meister zu einer kleinen Tür, nur um noch einmal kurz stehen zu bleiben.
»Willkommen in Celion, dem Zuhause und Ausbildungszentrum der Aquiron. Jetzt können sich andere mit dir Plagegeist herumschlagen.«
10
»Beweg deine Füße!«, rief Lian unwirsch, während Ardun unsanft auf dem Hosenboden landete.
Zwei Tage waren vergangen seit ihrer ersten Rast und die Elfe hatte ihn für fit genug befunden, um mit dem Training zu beginnen. Gerade hatte sie ihm einen kräftigen Stoß gegen die Brust verpasst, der Ardun nach hinten stürzen ließ.
»Du brauchst immer einen sicheren Stand, sonst wirst du selbst mit der besten Technik noch verlieren! Nur ein Stümper lässt sich von solch einem Stoß umwerfen«, tadelte sie ihn streng.
Derweil rappelte Ardun sich wieder auf und massierte sich die schmerzenden Rippen dort, wo der Stoß ihn getroffen hatte. Er hatte sich schnell an den forschen Umgang der Elfe gewohnt und gelernt, dass er beim Training weder Rücksicht noch aufmunternde Worte von ihr erwarten durfte, denn ihre Lektionen waren geprägt von Spott und Demütigungen. Dies fing schon damit an, dass er seinen Dolch benutzte, mit dem man problemlos Sehnen, Fleisch und auch Knochen durchtrennen konnte, und sie sich nur eines einfachen Stockes bediente, denn sie laufe eher Gefahr, sich selbst zu verletzten, als von ihm getroffen zu werden, wie sie gerne betonte. Doch obwohl er in seinem Stolz gekränkt war, konnte Ardun nicht anders, als Sympathie für seine