Название | Drachenwispern |
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Автор произведения | Christian D'hein |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991075288 |
13
An diesem Morgen hatte Elynia sich viel Respekt errungen. Und neue erbitterte Feinde gewonnen. Denn schon in den frühen Tagesstunden hatten die Rekruten antreten müssen, für ihre erste Prüfung. Sie dachte mit einem Gemisch aus Stolz und Bitterkeit daran zurück. Ein wie üblich schlecht gelaunter Zwerg hatte sich vor ihnen aufgebaut, seinen breiten Brustkorb aufgeplustert und sie angeschrien: »Ihr hattet inzwischen mehr als genug Zeit, euch in Celion einzugewöhnen. Ich hoffe doch, ihr genießt den Luxus der geräumigen Zimmer und eurer eigenen Domizile.« Seine Stimme hatte nur so vor Sarkasmus getrieft und er hatte sich ein süffisantes Lächeln gestattet, »Ihr seid weich geworden! Soldaten sollen nicht in weichen Betten schlafen, sondern auf Matratzenlagern in einer Kaserne. Allerdings ist dieser pathetische Magierrat, der hier in Celion leider das Sagen hat, der Meinung, ihr müsstet auf dieselbe Art und Weise verhätschelt werden wie ihre weinerlichen Zauberlehrlinge. Daher sehen wir uns genötigt, selbst Maßnahmen zu ergreifen. Aber wir sind keine Monster. Wir wollen euch eure Habe nicht einfach entreißen. Im Gegenteil. Euch wird die Möglichkeit gegeben, euch selbst zu beweisen und somit die Erlaubnis zu erringen, euren Besitz zu behalten. Gleichzeitig ist dies eure erste Prüfung. Derjenige, der mir das Kopftuch von Quwen«, er deutete auf ein kleines, untersetztes Geschöpf, einen Gnom, welcher wohl sein persönlicher Diener war, »bringt, darf seinen Besitz behalten. Das Tuch wurde gestern Abend entwendet und irgendwo im Wald versteckt. Viel Glück … ihr werdet es brauchen.«
»Das ist einfach!«, tönte der kleinere der beiden menschlichen Rekruten, »Ich war früher Waldführer, ihr anderen braucht es also gar nicht erst versuchen.«
Sein Kumpel klopfte ihm johlend auf die Schulter.
»Gibt es Regeln?«, rief einer der Zwerge laut. Der Kommandant schüttelte den Kopf.
»Ihr müsst mir nur das Tuch bringen, egal wie ihr es erlangt.«
Der Fragesteller lächelte zufrieden und zog demonstrativ und für alle gut hörbar einen Schleifstein über die Klinge seiner Axt.
»Los geht’s!«
Schon in den ersten Sekunden erkannte Elynia, welche der Anwärter überhaupt eine Chance hatten und wer von Anfang an ausgeschieden war. Nämlich all jene, die sogleich in den Wald sprinteten und auf gut Glück mit ihrer Suche begannen. Nur fünf gingen die Suche langsamer an. Elynia schlüpfte geschmeidig hinter die erste Baumreihe und beobachtete die übrigen. Der grobschlächtige Zwerg setzte sich gemütlich pfeifend auf einen Stein und begann, seine Waffe zu schärfen. Die anderen beiden seiner Art sahen unentschlossen und faul aus und schienen nicht so recht zu wissen, was sie tun sollten. Sie befand sie alle für uninteressant. Die beiden Männer hingegen blieben auch in dieser Prüfung unzertrennlich. Sie hatten die Köpfe zusammengesteckt und unterhielten sich angeregt, aber so leise, dass Elynia nicht verstehen konnte, was gesprochen wurde. Dann stapfte der kleinere von den beiden, der ehemalige Waldführer, zu dem Gnom, der immer noch in einer Ecke kauerte.
»He, du Wicht«, blaffte er den Diener an, »her mit dir!« Gleichzeitig schnappte er blitzschnell nach dem kleinen Wesen, welches ängstlich den Kopf zwischen den dünnen Schultern einzog. Die Finger des groben Mannes konnten die Fußknöchel des Gnoms mühelos umfassen und kurz darauf baumelte Quwen kopfüber etwas unterhalb des Gesichts seines Peinigers. Dieser betrachtete sich eingehend die Fußsohlen des Gnoms und untersuchte auch genau die Spuren, welche das Geschöpf im Sand hinterlassen hatten. Obwohl Elynia diesen Mann nicht leiden mochte, musste sie doch eingestehen, dass diese Vorbereitung professionell wirkte. Wenn irgendjemand eine Chance hatte, den Spuren des Gnoms im Dickicht zu folgen, dann dieser Mann. Daher beschloss sie, sich an seine Fersen zu heften und auf einen geeigneten Moment zu warten, um ihm das Tuch zu entreißen. Allerdings befürchtete sie, dass sich dieses Unterfangen schwieriger als erhofft gestalten könnte, denn der Waldführer war nicht nur von seinem ständigen Begleiter, seinem riesenhaften Kumpanen und Bodyguard, umgeben, sondern schien auch ein gewiefter Kerl zu sein, denn trotz der Aussage des Kommandanten, dass ein Unbekannter das Kopftuch entwendet hatte, hatte dieser Mensch einzig die Füße des Gnoms begutachtet. Das hieß, er war wohl zu derselben Idee wie Elynia gelangt: Es war höchst unwahrscheinlich, dass ausgerechnet zum Zeitpunkt der ersten Prüfung der Rekruten jemand in das Gemach des Zwergenkommandanten eingedrungen war und so etwas Unwichtiges wie das Schmuckstück des Dieners entwendet hatte. Viel wahrscheinlicher schien es, dass all dies den Gedanken des Kommandanten entsprungen war und er den Gnom persönlich angewiesen hatte, das Tuch irgendwo im Wald zu deponieren. Elynia musste also äußerst vorsichtig bei ihrer Verfolgung vorgehen und ein Schatten werden, ständig da und doch unbemerkt. Hinter ihrem Baum verborgen wartete sie darauf, dass die beiden die Fährte aufnahmen. Dann kam ihr eine Idee. Sie musste verhindern, dass die Männer neben den gesuchten Spuren des Gnoms auch solche von ihr fanden. Aber ihre Suche beschränkte sich mit Sicherheit auf den Waldboden. Sie wären blind für das, was über ihnen war. Deshalb machte sie sich kurzerhand an das Erklimmen des Baumes, unter dem sie stand. Die Bäume standen sehr dicht und hatten ausladende Kronen, sie würde sich also problemlos fortbewegen können. Elynia hatte gerade die oberen Äste der Eiche erreicht, als sie sich erneut nach den Männern umdrehte. Schockiert musste sie feststellen, dass der Platz völlig verlassen und leer war. Fluchend suchte sie mit ihrem Blick die Umgebung ab. Die Männer waren verschwunden. Zornig wegen ihres Pechs kletterte Elynia von Baumwipfel zu Baumwipfel. Sie wollte die Hoffnung schon aufgeben, da ertönte plötzlich eine selbstzufriedene Stimme etwas links unter ihr.
»Ha! Siehst du, genau wie ich es mir gedacht habe.« Erleichtert bewegte sie sich in die Richtung des Sprechers und erblickte sogleich den dunklen Haarschopf des größeren Mannes direkt unter sich in den Büschen. Den kleineren entdeckte sie erst, als sie die Äste etwas auseinanderschob und sich zwischen den Blättern vorbeugte, denn er hockte am Boden, dicht