Название | Soziale Netzwerke |
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Автор произведения | Jan Arendt Fuhse |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846345634 |
In Abbildung 4 zeigen die Pfeile an, mit wem die Mitarbeiter angaben, befreundet zu sein. Die Akteure sind mit Vornamen (Pseudonyme) gekennzeichnet. Der Pfeil von Earl zu Pat steht also dafür, dass Earl Pat als Freund angab – Pat aber nicht umgekehrt Earl als Freund nannte. Der beidseitige Pfeil zwischen Pat und Jim markiert dagegen eine beiderseitige Angabe als Freunde.
Bis auf drei Akteure sind alle in diesem Graphen miteinander verbunden. In der Netzwerkforschung spricht man von einem zusammenhängenden Graphen als »Komponente«. Dieses Netzwerk besteht nur aus einer Komponente. Empirisch sind aber auch Graphen mit mehr Komponenten möglich. Beispielsweise könnten Quincy, York und Fran eine ➔Clique ohne Verbindungen zur Hauptgruppe bilden, also eine zweite Komponente des ➔Netzwerkgraphen. [43]Diese reichen von zwei verbundenen Akteuren (einem Paar, siehe 2.4) bis zu großen Komponenten von mehreren Tausend Knoten.
Abb. 4: Freundschaftsnetzwerk in »Silicon Systems«
Quelle: Eigene Darstellung mit Netdraw
Definition: Eine Gruppe von miteinander direkt oder indirekt verbundenen Akteuren in einem Netzwerk bildet eine Komponente. Zwischen Komponenten gibt es keine Verbindungen.
Fran, York und Quincy haben anscheinend keine Freunde in der Firma. Sie stehen als »Isolates« links oben. Allerdings haben diese drei den Fragebogen nicht ausgefüllt haben. Ihre Stellung spiegelt also nur wider, dass niemand sie als Freunde angegeben hat. Die Gruppe um Rick, Tom, Chris, Steve und Irv bildet dagegen den Kern dieses Netzwerks.
Das Layout eines solchen ➔Netzwerkgraphen ist eine Wissenschaft für sich. Um nicht zu vollkommen unübersichtlichen Mikado-Graphen (mit lauter übereinander liegenden Linien) zu kommen, versucht man miteinander verbundene Knoten möglichst nebeneinander zu platzieren. Die entsprechenden Computer-Programme konstruieren die Positionen der Knoten im abbildbaren zweidimensionalen Raum so, dass ihre Entfernungen voneinander (die »euklidischen« Distanzen) möglichst genau die Pfaddistanzen reflektieren – also die Anzahl der Schritte, die man von einem Knoten im Netzwerk zu einem anderen braucht (siehe 4.1). Im vorliegenden Fall wurde der Netzwerkgraph mit dem Programm Netdraw konstruiert.
Für die formale mathematische Analyse von Netzwerken reicht deren graphische Darstellung nicht aus. Deswegen stellt man Netzwerke seit Mitte der 1940er-Jahre in der Form von ➔Matrizen dar. Dabei handelt es sich um Tabellen mit einer ganz spezifischen Form: Sowohl die Reihen als auch die Spalten stehen jeweils für einzelne Knoten im Netzwerk.
D. h., die Matrix eines Netzwerks mit 36 Akteuren wie in der Firma »Silicon Systems« hat 36 Zeilen und 36 Spalten ( Tabelle 3). In die einzelnen Zellen wird meist eine ›1‹ für eine bestehende Beziehung oder eine ›0‹ für keine Beziehung eingetragen. Zumindest prinzipiell können dort aber auch differenzierte Bewertungen angegeben werden – etwa Werte von 1 bis 5 dafür, wie eng die Beziehung zwischen den Beteiligten ist. Der Wert in einer Zelle steht nun dafür, ob und in welchem Maße eine Beziehung von dem Akteur in der jeweiligen Zeile zum Akteur in der jeweiligen Spalte läuft.
Diese Beziehungsmatrix beinhaltet die gleichen Informationen wie der obige ➔Netzwerkgraph. So lässt sich die einseitige Beziehung von Earl zu Pat finden, indem wir in der Reihe für Earl zur Spalte von Pat gehen – dort steht eine 1 dafür, dass Earl eine Freundschaft zu Pat angegeben hat. In der Reihe von Pat steht dagegen in der Spalte von Earl eine 0, da Pat Earl nicht als Freund nannte.
[44][45]Tab. 3: Matrix der Freundschaftsnennungen bei »Silicon Systems«
Quelle: Eigene Darstellung
[46]Mittels der Unterscheidung zwischen Reihen und Spalten können wir also asymmetrische bzw. gerichtete Beziehungen angeben. Zuweilen sind Beziehungen in einem Netzwerk aber prinzipiell symmetrisch (wie im Beispielgraph in Abbildung 1). Dann ist in jeder Zelle für eine Reihe a und eine Spalte b der gleiche Eintrag zu finden wie in der spiegelbildlichen Zelle in Reihe b und Spalte a. Die gesamte Matrix ist dann spiegelsymmetrisch um die Diagonale.
Auf dieser Diagonale wären die Beziehungen der Akteure zu sich selbst zu finden (also von Abe zu Abe, von Bob zu Bob usw.). In der Untersuchung von Krackhardt konnten sich die Mitarbeiter aber nicht selbst als Freunde nennen (das ergäbe auch wenig Sinn). Deswegen ist die Diagonale hier leer. Je nach Beziehungsart können Eintragungen auf der Diagonalen (Selbstbeziehungen) aber auch sinnvoll sein. Zum Beispiel in einem Zitationsnetzwerk wäre hier anzugeben, ob Autoren sich selbst zitieren.
Einfache Betrachtungen wie die der Popularität der Akteure lassen sich nun sowohl anhand des Netzwerkgraphen wie auch mit Hilfe der Netzwerkmatrix anstellen. Dafür müssen wir die Anzahl der eingehenden Pfeile bei einem Knoten oder die Zahl der Einsen in der Spalte für einen Akteur zählen. Diese liegt bei 0 für Fran, Quincy und York, aber bei 12 für Chris.
Für komplexere Betrachtungen brauchen wir aber ein entsprechendes Software-Programm, mit dem wir etwa die Entfernungen (Pfaddistanzen) zwischen den Akteuren schnell und einfach berechnen können.
Soweit sind Netzwerkgraphen und Matrizen recht einfach. Allerdings hat Krackhardt die Mitarbeiter bei Silicon Systems nicht nur nach den Freundschaften, sondern auch nach der Ratsuche gefragt. Dies ist eine zweite Art von Beziehungen zwischen den gleichen Akteuren. Wir können diese zweite Beziehungsart nun – zum Beispiel mit einer anderen Farbe – in den gleichen ➔Netzwerkgraphen eintragen. Bei der Netzwerkmatrix (➔Matrix) ist dies nicht möglich. Hier müssen wir eine zweite Beziehungsmatrix für die Ratsuche konstruieren, die wir dann über oder unter die Freundschaftsmatrix legen (Abbildung 5). Auf diese Weise werden in der Netzwerkanalyse häufig mehrere Netzwerkmatrizen übereinander gelegt, um das komplexe Geflecht von unterschiedlichen Beziehungen zwischen den beteiligten Akteuren abzubilden. Solche übereinander liegenden Netzwerkmatrizen können dann etwa darauf untersucht werden, ob sie miteinander korrelieren – ob also etwa die Mitarbeiter von Silicon Systems tendenziell ihre Freunde um beruflichen Rat fragen. Eine andere Art der Auswertung von Netzwerken mit mehreren Beziehungsarten ist die ➔Blockmodellanalyse (siehe Kapitel 6).
[47]Abb. 5: Übereinander gelegte Matrizen für mehrere Beziehungsarten (stilisiert)
Quelle: Eigene Darstellung
3.2 Software für formale Netzwerkanalyse
Für die Durchführung formaler Netzwerkanalysen steht inzwischen viel Software zur Verfügung. In diesem Lehrbuch greifen wir auf das weit verbreitete, gut dokumentierte Programm UCINET 6 zurück, das von Steve Borgatti, Martin Everett und Linton Freeman programmiert wurde (2002). Hier finden Sie Informationen zum Programm und die Möglichkeit zum Download: https://sites.google.com/site/ucinetsoflware/home
und hier ein Online-Tutorium: http://faculty.ucr.edu/~hanneman/nettext/ Zusammen mit UCINET wird automatisch das Programm Netdraw für die Visualisierung von Netzwerken installiert (Stegbauer/Rausch 2013). Leider ist die freie Benutzung von UCINET begrenzt auf eine Periode von 60 Tagen. Danach kann das Programm käuflich erworben werden (für Studierende relativ günstig). UCINET ist wie die meisten anderen