Название | Der Bruch |
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Автор произведения | Doug Johnstone |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783948392215 |
Im Bad nahm er zwei Flaschen aus dem Schrank, Temazepam und Morphin. Barry würde das haben wollen. Er betrachtete die Toilettenartikel und überlegte, ob sie zu Hause irgendwas brauchten. Warf Zahncreme und Duschgel in den Kissenbezug.
Die beiden anderen Schlafzimmer waren praktisch leer. Tyler hatte recht gehabt, die erwachsenen Kinder waren ausgezogen. Im hinteren Zimmer fand er eine alte Nintendo DS und Spiele, sackte alles ein. Er erspähte das Ladegerät und nahm es ebenfalls mit. Manchmal gab es PlayStations oder Xboxes, aber nichts davon hier. In dem anderen Zimmer fand er eine alte Polaroidkamera mit zwei Päckchen unbenutzter Filme. Das konnte er nicht verkaufen, aber er nahm trotzdem alles mit. Vielleicht würde Bean Spaß daran haben.
Er war fertig und wenige Minuten später wieder unten.
Als er ins Wohnzimmer kam, hatte Barry seinen Schwanz draußen und pisste aufs Sofa. Kelly sah zu und lächelte.
»Scheiße, Mann«, sagte Tyler.
Es war nicht das erste Mal. In letzter Zeit legte Barry immer noch eins drauf.
»Was Gutes gefunden?«, fragte Barry und zog den Reißverschluss hoch.
Der Pissegestank stach Tyler in die Nase. Er starrte Barry einen langen Augenblick an, bevor er antwortete. »Laptop und iPad, Kettchen und Ringe.«
Barry hatte einen DVD-Player, noch einen Laptop und noch anderes Zeug in einer Einkaufstasche. Kelly wedelte mit ein paar Scheinen, die sie in einer Schublade gefunden hatte, und mit teuren Kopfhörern.
Tyler sah sich um. Noch mehr Bücherregale. Richtige Leseratten. An der Wand mehrere Originalgemälde, abstraktes Zeug, pastellfarbene Formen, die keinen Sinn ergaben. Dunkle Ledersofas, Bilder der Kids auf dem Kaminsims, ein phrenologischer Kopf. Stilvolle Menschen mit einem unauffälligen Leben. Er fragte sich, wie sie das wohl aufnehmen würden.
»Kommt«, sagte Barry.
Sie gingen zurück in die Küche.
Barry blieb vor einer Schüssel in der Mitte der Frühstücksbar stehen und wühlte darin herum. Etwas Kleingeld, Golfbälle, ein Taschenrechner, fleckige Korken aus Weinflaschen.
»Scheiße, keine Autoschlüssel.«
Barry sah sich in der Küche um, und Tyler folgte seinem Blick. Ein Satz schicker Messer in einem Holzblock, hängende Kupfertöpfe, eine riesige Kühlgefrierkombination. Er überlegte, was sie zu essen zu Hause hatten.
Barry nahm eines der Messer aus dem Block und ließ es mit einem erschütternden Scheppern auf den Boden fallen. Eine Warnung an die Hausbesitzer. Er ging durch die Hintertür hinaus. Kelly lächelte Tyler an und folgte ihm. Tyler sah sich ein letztes Mal um und verließ das Haus.
4
Barry und Kelly laberten vorne, waren noch ganz aufgedreht nach dem Bruch. Sie quatschten wild durcheinander, während aus dem Radio Rihannas letzter Hit pulsierte. Barry fuhr gut fünfzig, seine vorherige Vorsicht verdunstet. Auch Tyler hatte einen Adrenalinschub, aber es fühlte sich an wie ein Betrug. Er schämte sich für das, was er getan hatte, aber die Endorphine jagten durch seinen Kreislauf und vermittelten ihm ein Gefühl, als hätte er etwas erreicht, so ähnlich wie bei einem Höhlenmenschen, der um Haaresbreite den Fängen eines Säbelzahntigers entkommen war. Das hatte er in der Schule im Bio-Unterricht gelernt, die Kampf-oder-Flucht-Reaktion, aber den körperlichen Grund zu kennen, machte es auch nicht leichter, es zu akzeptieren.
Sie fuhren Richtung Norden durch Newington, dann links nach Sciennes und Marchmont. Hier war nicht viel zu holen, zu viele Studentenwohnungen, die Uni direkt hinter dem Meadows-Park. Außerdem waren viel zu viele Leute auf den Straßen unterwegs, Studenten auf dem Heimweg von den Pubs und Clubs der Old Town. Barry manövrierte sich durch Whitehouse und fuhr am Rand von The Grange nach Morningside. Es war der berühmte noble Teil der Stadt, wo das ganze alte Geld wohnte, im Gegensatz zu den neureichen Hedgefonds-Typen von New Town.
Barry war nach dem ersten Bruch und dem Koks viel zu high, um sich auf die Häuser zu konzentrieren, an denen sie vorbeifuhren. Tyler bemerkte zwei Kandidaten, die Barry übersah, doch er sagte nichts. Es war der Glücksabend der Besitzer. Kelly bekam selbst in den besten Zeiten kein gutes Objekt mit. Blöd wie Scheiße in ’ner Flasche, sagte Barry, selbst wenn sie dabei war, als wär’s ein Kompliment. Sie lächelte nur und streichelte seinen Arm, als hätte sie eine Gehirnwäsche hinter sich. Wie aufs Stichwort lachte sie über irgendwas, das Barry sagte, schnippte mit vom Koks leuchtenden Augen ihre Haare von der Schulter.
Sie erreichten Craiglockhart, fuhren weiter nördlich nach Merchiston, standen dann ewig vor der Ampel an der Holy Corner, während im Radio die neue Single von Lorde lief. Tyler mochte sie, sie hatte was Interessantes, nicht wie die andere Scheiße, die sonst so auf Forth gespielt wurde. Er stand ganz allgemein nicht sonderlich auf die Charts, hörte lieber Electronica und Chill-out. Er fand mal was auf Spotify, versuchte es mit Playlists zur Meditation, suchte etwas, das ihm half, geistig zur Ruhe zu kommen. Jetzt hätte er gern seine Ohrhörer reingeschoben, sein eigenes Zeug von seinem Telefon gehört, aber Barry riss sie ihm immer vom Kopf, wenn er das bei einem Job versuchte. Sich stets seiner Umgebung bewusst zu sein, sagte Barry, das wär entscheidend. Wie das zu einem vollgekoksten Hirn und einer niemals geschlossenen Klappe passen sollte, wusste allein der Teufel.
Die Wartezeit an der Kreuzung schien die zwei vorne runterzubringen. Sie fuhren rüber nach Churchill, die Chamberlain Road entlang und dann rechts auf die Greenhill Gardens. Zu ungeschützt, zu viel los, selbst um diese späte Uhrzeit. Zweimal links, und sie waren auf der Greenhill Place, Reihenhäuser auf der einen Seite, größere, frei stehende Häuser rechts. Sie fuhren bis ans Ende der Straße, bogen rechts ab, fuhren einmal um den Block. Ein Bestattungsunternehmen an einer Ecke. Tyler stellte sich vor, was sie dort wohl finden mochten. Aber Firmen waren immer besser gesichert, hatten Alarmanlagen mit direktem Draht zur Polizei, Videoüberwachung, das Geld in einem verschlossenen Safe.
Barry bog rechts in die St. Margaret’s Road ein und fuhr langsamer. Tyler entdeckte es, bevor er etwas von Barry wahrnahm. Ein frei stehendes Herrenhaus im viktorianischen Stil, Erkerfenster, gepflegte Hecke und eine schmale Kieszufahrt. Efeu zog sich über die Wand um die Haustür. Dunkel, kein Auto, weder in der Einfahrt noch auf der Straße, kein Hinweis auf eine Alarmanlage. Die Fenster nach vorne hinaus sahen wie alte Sprossenschiebefenster aus, auf der Rückseite wahrscheinlich genauso.
Barry fuhr einmal um den Block, um sicherzugehen, gab dabei leise, schnurrende Laute von sich. Kelly packte das Koks aus, bereitete auf ihrem Schoß ein paar weitere Lines vor. Barry verlangsamte das Tempo, als sie erneut in die St. Margaret’s Road einbogen, und nahm Hausnummer vier wieder in Augenschein, dann hielt er zwischen Straßenlaternen und unter einer überhängenden Kastanie an. Die zwei zogen sich vorn eine Line rein, Barry machte ein gurgelndes Geräusch, Kelly schniefte kehlig. Beide waren zugedröhnt, wo sie eigentlich hellwach sein müssten.
»Schwingt die Hufe«, sagte Barry und stieg aus dem Wagen.
Reinzukommen war einfacher als das letzte Mal. Hinten war ein Wintergarten angebaut worden, der allerdings so alt war, dass der Sperrmechanismus nicht sonderlich viel taugte. Die Glasschiebetür ließ sich ohne großes Murren aus der Führungsschiene heben, was diesmal Tylers Affenkletterei überflüssig machte. Er wünschte, er könnte im Auto bleiben, aber so lief das nicht. Barry wollte, dass immer alle dabei waren. Tyler vermutete, dass er sich sicherer fühlte in dem Wissen, dass sein Bruder und seine Schwester mit ihm in der Scheiße steckten, falls mal ein Bruch total in die Hose ging.
Sie trennten sich wie zuvor, Tyler lief zwei Stufen auf einmal