Die Klinik am See Jubiläumsbox 4 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Jubiläumsbox 4 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Box
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740931711



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Patientinnen belästigt, der …«

      »Das soll Dr. Lindau getan haben?«, fuhr Alice auf. »Unmöglich. Das glaube ich nicht. Du sagst, dass deine Freundin Katharina das angebliche Opfer gewesen ist?«

      »Ja, das habe ich dir eben erklärt«, erwiderte Rolf und wunderte sich ein wenig über Alices sichtliche Aufregung.

      »Hat sie dir das erzählt?«, fragte Alice mit gepresst klingender Stimme.

      »Ja, natürlich, sonst wüsste ich es ja nicht«, antwortete Rolf. »Zumindest waren ihre Andeutungen unmissverständlich«, fügte er hinzu.

      In Alice brodelte es. Sie fand es unerhört, den von ihr so geschätzten Dr. Lindau, dem sie außerdem ihr Leben verdankte, in einen solchen scheußlichen Verdacht zu bringen. In ihrem Kopf rastete etwas aus. »Dann lügt meine Mutter«, stieß sie unbeherrscht und unkontrolliert hervor. »Das ist bestimmt ihre Rache für eine Zurückweisung. Ich kenne sie und weiß, dass sie so etwas nicht hinnehmen kann.«

      Rolfs Augen wurden groß. Er brauchte einige Sekunden, um das eben Gehörte zu verdauen. »Deine Mutter?«, stieß er dann fragend hervor. »Was hat deine Mutter damit zu tun? Ich verstehe das nicht.«

      »Katharina Helbrecht ist meine Mutter«, erklärte Alice. »Du hast gestern schon richtig vermutet.«

      »Also doch«, knurrte Rolf. »Verrückt, so etwas. Aber wieso heißt du …?«

      »Ganz einfach«, fiel Alice dem jungen Mann ins Wort und klärte ihn mit wenigen Worten über die Familienverhältnisse auf.

      »Das …, das ist ja …«, stotterte Rolf und wusste nicht weiter. In der nächsten Sekunde fuhr er aber auf. »Wieso sagtest du, dass Katha, hm …, deine Mutter lügt?«, fragte er erregt. »Man kann sich doch etwas Derartiges nicht aus den Fingern saugen.«

      »Meine Mutter kann das«, gab Alice betont zurück.

      »Aber warum? Weshalb? Was sollte sie damit bezwecken?«, drang Rolf in das Mädchen. Im gleichen Augenblick wurde ihm ziemlich deutlich klar, was für Folgen es für ihn haben musste, wenn Alice recht damit hatte, dass ihre Mutter das alles nur erfunden hatte. »Sag mir bitte, warum sie das getan haben sollte!«, bat er.

      »Ich will versuchen, es dir zu erklären«, entgegnete Alice und begann auch sofort damit. Sie erzählte von den beiden Ehen ihrer Mutter und besonders von der zweiten, die ihr Alice einen Konsul als Stiefvater beschert hatte. Sie verschwieg auch nicht, dass ihre Mutter aufgrund des Altersunterschieds eine Art Nonnenleben hatte führen müssen und dass sie jetzt als Witwe krampfhaft versuchte, das nachzuholen, was sie versäumt zu haben glaubte.

      »Also, dann war ich auch eine dieser Freundschaften, von denen sie sich dieses verspätete Glück erhofft hatte«, murmelte Rolf und senkte etwas beschämt den Blick.

      »Wahrscheinlich«, bestätigte Alice. »Aber wie kommt dieser Dr. Lindau ins Spiel?«, wollte er wissen.

      »Ich nehme an, dass meine Mutter ihn kennen- und lieben gelernt hat«, erwiderte Alice sinnend. »Er hätte auch altersmäßig zu ihr gepasst. Ihr Pech aber war wahrscheinlich, dass Dr. Lindau an ihr kein Interesse gefunden hat, wobei ich, wie ich meine Mutter kenne, glaube, dass sie ihm ihre Zuneigung mehr als deutlich gezeigt hat, aber zurückgewiesen wurde.« Alice ahnte nicht, wie nahe sie mit ihrer Vermutung der Wahrheit kam. »Eine Frau aber, deren Liebe zurückgewiesen wird, fühlt sich gedemütigt und in tiefer Seele verletzt und braucht nicht viel dazu, um ihre Zuneigung in Hass und damit verbundenen Rachegelüsten umzuwandeln.« Heftig atmend beendete Alice ihre Erklärungen.

      Hinter Rolfs Stirn überschlugen sich die Gedanken. Zorn erfasste ihn – gegen Katharina, aber auch gegen sich, weil er nur ihren Andeutungen, die er für bare Münze genommen hatte, geglaubt hatte. »Was bin ich doch für ein verdammter Idiot«, stieß er wütend hervor. »Ich muss schnellstens etwas unternehmen, denn ich habe das bereits heute in die Zeitung bringen lassen.«

      »Du hast was?« Fassungslos sah Alice ihren Besucher an. »Das ist ja böswillige Verleumdung, die dir großen Ärger einbringen wird, wenn Dr. Lindau sich wehrt. Das aber wird er bestimmt tun, ich weiß es. Mein Gott, Mama, was hast du nur angerichtet?«, flüsterte sie und dachte daran, dass man ihre Mutter ja auch zur Rechenschaft ziehen würde.

      Rolf Sternau stand abrupt auf. »Ich fahre jetzt gleich zu deiner Mutter und anschließend in die Redaktion«, erklärte er energisch. »Diese Sache muss schleunigst bereinigt werden.« Bittend sah er Alice an. »Darf ich dich trotzdem weiterhin besuchen kommen, solange du noch hier drin bist?«, fragte er leise.

      Ein sparsames Lächeln huschte um Alices Lippen. Sie nickte und erwiderte: »Auch wenn ich wieder draußen bin, Rolf.«

      »Danke, Alice.« Blitzschnell neigte sich Rolf Sternau zu dem Mädchen hinunter und küsste es. Sekunden später war er verschwunden.

      *

      Obwohl inzwischen schon wieder zwei Tage vergangen waren, hatte sich Katharina Helbrecht immer noch nicht ganz beruhigt. Die Zurückweisung Dr. Lindaus konnte sie nicht überwinden. In ihrem Kopf war ein wüstes Durcheinander, aus dem sie aber immer wieder der Zorn auf den Chefarzt der Klinik am See hervortat. »Es wird ihm noch leidtun, dass er mich so gedemütigt hat«, flüsterte sie und erinnerte sich an die letzte kurze Unterhaltung mit ihrem Liebhaber Rolf Sternau. Ohne Emotionen registrierte sie für sich, dass der ihr auch nichts mehr bedeutete. Er war eben auch nur einer der Fehlgriffe gewesen, die sie in den vergangenen zwei Jahren getan hatte. Ihr Interesse an ihm war erloschen. Sie war lediglich neugierig darauf, was er wohl nun unternehmen würde, wegen der Andeutungen, die sie ihm gegenüber gemacht hatte. So wie sie ihn kannte und einschätzte, würde er wahrscheinlich mit Dr. Lindau aneinandergeraten. Nicht eine Sekunde lang nahm sie an, dass er ihre Niederlage, als das sie ihr Fiasko mit Dr. Lindau ansah, in die Zeitung bringen würde. Ihr genügte es ja schon, wenn Rolf den Chefarzt mit scharfen Worten in der Klinik attackierte und zwar so, dass es andere auch mitbekamen. Zumindest wäre dann sein guter Ruf angekratzt, und er würde dann keinen leichten Stand haben. Auch wenn er Gegenteiliges vorbrachte. Der Schatten eines Verdachtes würde auf jeden Fall zurückbleiben. Das aber sah sie als ihre Rache an.

      Man konnte Katharina Helbrecht in ihrer unfairen, ja, schon verantwortungslosen Handlungsweise im Höchstfall zugutehalten, dass sie sich in ihrer Erregung gar nicht klar darüber gewesen war, was sie mit ihren Andeutungen Rolf gegenüber angerichtet hatte. Es war eben die vielleicht doch verständliche Reaktion einer zutiefst verletzten Frau gewesen.

      Plötzlich schreckte Katharina auf, als es an der Eingangstür ihres Bungalows läutete. Ihr erster Gedanke war, dass es Rolf sein könnte. Sie überlegte, ob sie öffnen sollte. Große Lust dazu verspürte sie nicht. Als das Läuten sich aber wiederholte und stürmischer wurde, ging sie doch zum Eingang und öffnete. Abweisung stand in ihren Augen, als sie nicht Rolf Sternau vor sich sah, sondern eine hübsche junge Frau mit blonden Haaren. »Ja?«, fragte sie unwillig.

      »Frau Helbrecht, mein Name ist Astrid Mertens«, kam die Erwiderung, »und ich möchte gern mit Ihnen reden.«

      »Worüber?«

      »Das sage ich Ihnen im Haus«, antwortete Astrid energisch und, ohne auf eine Entgegnung zu warten, trat sie entschlossen ein, ehe die Dame des Hauses abwehrend reagieren konnte. Obwohl Astrid noch nie in diesem Bungalow gewesen war, schritt sie zielsicher auf die offen stehende Tür zum großen Wohnraum.

      »Was soll das? Was wollen Sie?«, fuhr Katharina ihre ungebetene Besucherin an.

      Astrid sah die Hausherrin mit blitzenden Augen an. »Ich möchte Sie nur fragen, was Sie sich dabei gedacht haben, meinen Vater so zu verunglimpfen?«, brach es heftig aus ihr heraus.

      »Ihren Vater?« Hinter Katharinas Stirn rumorte es. »Wer ist Ihr Vater, und was habe ich mit ihm zu tun?«, verlangte sie zu wissen.

      »Dr. Lindau ist mein Vater«, erwiderte Astrid ruhig. »Wissen Sie jetzt Bescheid, Frau Helbrecht?«

      Katharina zuckte zusammen. Darauf war sie nicht vorbereitet, dass die Tochter Dr. Lindaus zu ihr kam, um ihr Vorhaltungen zu machen. Ehe sie aber etwas erwidern konnte, wurde ihr