Название | Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman |
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Автор произведения | Britta Winckler |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Klinik am See Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740939724 |
Fünf Minuten waren gerade vergangen, als es klopfte und eine Schwester den Bürgermeister und seine Frau hereinließ und sich sofort wieder entfernte. Freundlich begrüßte die Ärztin zuerst die Bürgermeistersgattin und dann deren Mann. »Ich nehme an, daß Sie Bescheid wissen über die Diagnose, die ich Ihrer Gattin gestellt habe«, sagte sie zu dem letzteren.
»Gewiß, Frau Doktor«, bestätigte Stefan Hofstätter, ein etwas zur Korpulenz neigender Mittfünfziger mit struppigem Haar. Auffallend an ihm waren die buschigen Augenbrauen, die ihm ein beinahe finsteres Aussehen verliehen. »Wir haben darüber gesprochen, und meine Frau hat sich entschlossen, diese… diese…«
»Zyste«, half Anja Westphal.
»… entfernen zu lassen«, beendete der Bürgermeister seinen Satz. »Deshalb sind wir hier, und ich bin mitgekommen, weil ich sicher sein will, daß eine gute Unterbringung in Ihrer Klinik gewährleistet ist.«
In den Augen der Ärztin blitzte es unwillig auf. »Ich sagte es bereits Ihrer Frau, daß unsere Patienten erstklassig untergebracht und auch erstklassig behandelt werden«, konterte sie.
»Also als Erster-Klasse-Patient«, warf Angela Hofstätter dazwischen. »Als Frau eines Bürgermeisters steht mir das wohl auch zu. Oder?«
»Sie werden zufrieden sein, Frau Hofstätter«, entgegnete die Ärztin. Sie hatte nicht die geringste Lust, lange Erklärungen zu diesem Punkt abzugeben.
»Wann wird meine Frau operiert?« wollte der Bürgermeister wissen. »Heute noch? Oder morgen?«
Die Ärztin winkte lächelnd ab. »Nein«, erwiderte sie. »Heute nicht und auch morgen noch nicht.«
»Weshalb nicht?« begehrte der Bürgermeister auf.
»Weil wir vorher noch einige Untersuchungen vornehmen müssen«, antwortete Anja Westphal. »Blutproben, eine Laparoskopie und ähnliches…«
»Und das dauert tagelang?« fuhr der Bürgermeister auf.
»Nun, es braucht eine gewisse Zeit«, antwortete die Ärztin ausweichend. »Das ist übrigens ein Punkt der von mir angesprochenen erstklassigen Behandlung. Es soll ja schließlich nichts schiefgehen.«
»Hm…« Der Bürgermeister sah seine Frau an. »Wenn du natürlich glaubst, daß die Behandlung hier in der Klinik nicht optimal ist, dann kannst du dich auch in München operieren lassen«, meinte er. »In München haben sie bestimmt eine Menge Spezialisten.«
Ärger kroch in der Ärztin hoch. »Es steht Ihnen, also Ihrer Gattin, frei, wo die Operation stattfinden soll«, hielt sie dem Bürgermeister vor. »Ich kann nur betonen, daß die Ärzte in unserer Klinik – einschließlich mir – voll ausgebildete Spezialisten sind. Frauenärzte also, und das Leiden Ihrer Frau ist nun einmal eine Frauenkrankheit.« Am liebsten hätte sie es jetzt fast gesehen, wenn Frau Hofstätter sich wirklich für eine Klinik in München entschieden hätte. Diese Frau, die sich aufgrund der Position ihres Mannes anscheinend für etwas Besseres hielt und deshalb auf Privilegien pochte, würde eine schwierige Patientin sein.
»Na schön, versuchen wir es halt«, entschied der Bürgermeister. »Einverstanden?« fragte er seine Frau.
Die nickte nur.
»Schön, dann werde ich Sie zunächst einmal unterbringen lassen, Frau Hofstätter«, ergriff die Ärztin die Initiative und drückte auf einen Klingelknopf, der eine Schwester herbeirief.
»Sie haben geläutet, Frau Doktor…«
»Schwester Karin, das ist Frau Hofstätter«, informierte sie die junge Schwester. »Sie wird etliche Tage bei uns bleiben. Bringen Sie sie bitte in einem Zimmer unter!«
»Ein Einbettzimmer, wenn ich bitten darf«, warf Angela Hofstätter ein. »Und mit Telefon und TV-Apparat.«
»Haben wir so ein Zimmer frei?« fragte Anja Westphal und wechselte einen raschen Blick mit der Schwester.
»Nummer einundzwanzig ist gerade frei«, antwortete die. »Telefon und Fernseher sind allerdings nicht drin.«
Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte die Ärztin, daß der Bürgermeister auffahren wollte. Sie kam ihm zuvor. »Das können wir aber ändern«, sagte sie lächelnd.
»Das will ich doch sehr hoffen«, brummte Stefan Holstätter.
Die Ärztin schluckte. Eine scharfe Entgegnung lag ihr auf der Zunge, aber sie beherrschte sich. Sie dachte daran, daß sie ja noch mit dem Bürgermeister wegen einer anderen Sache reden wollte. So gesehen war es natürlich taktisch richtiger, auf die ihrer Meinung nach etwas überspannten Forderungen oder Wünsche der Frau einzugehen, um den Bürgermeister nicht schon vor der geplanten Unterredung zu verärgern. »Ihre Frau wird jedenfalls keinen Grund zur Klage haben«, sagte sie mit Betonung.
»Na, das würde gerade noch fehlen«, murmelte Stefan Hofstätter.
»Ja, dann darf ich Sie bitten, mir zu folgen, Frau Hofstätter«, meldete sich Schwester Karin zu Wort und griff nach der Reisetasche der Bürgermeistersgattin.
Angela Hofstätter trat vor ihren Mann hin und wollte ihm zum Abschied einen Kuß geben.
»Laß das, wir sind nicht allein«, murmelte der Bürgermeister und wandte sich der Ärztin zu. »Das wär’s dann wohl, Frau Doktor«, sagte er mit rauh klingender Stimme, drehte sich um und wollte seiner Frau folgen, die schon mit der Schwester durch die geöffnete Tür ging.
»Herr Bürgermeister, darf ich Sie bitten, noch ein paar Minuten zu bleiben!« rief Anja Westphal den Mann zurück.
»Ja? Wozu?« Stefan Hofstätter blieb stehen. Fragend sah er die Ärztin an.
Die ging erst um den Schreibtisch herum und schloß die Tür.
»Ich möchte gern mit Ihnen etwas besprechen«, erwiderte sie dann, deutete einladend auf einen Stuhl und nahm wieder hinter ihrem Schreibtisch Platz.
»Ist es wegen meiner Frau?« fragte der Bürgermeister. »Haben Sie ihr etwa etwas verschwiegen, was mit ihrem Leiden zusammenhängt?«
»Nein, es hat nichts mit Ihrer Gattin zu tun«, erwiderte die Ärztin. »Aber es ist etwas sehr Ernstes, was ich mit Ihnen besprechen möchte, besprechen muß.«
Der Bürgermeister versteifte sich ein wenig und begann etwas zu ahnen. »Ich höre«, sagte er nur.
Die Ärztin atmete einmal tief durch und begann dann zu sprechen. In knappen Worten erzählte sie, was sie gehört hatte. »Ist das richtig?« fragte sie. »Soll da unten, gleich neben der Klinik, ein Feriencenter errichtet werden?«
»Woher wissen Sie das?« In den Augen des Bürgermeisters war ein wachsamer Ausdruck.
»Das spielt keine Rolle«, antwortete Anja Westphal. »Also?«
»Weshalb interessiert Sie das denn so sehr?« wollte der Bürgermeister wissen. »Das ist doch keine Angelegenheit der Klinik, sondern Sache der Gemeinde, deren Bürgermeister ich bin«, fügte er mit Betonung hinzu.
»Dieses Projekt gefährdet die für die Kranken notwendige Ruhe«, gab Anja Westphal zurück. »Als Ärztin weiß ich, wie negativ sich Ruhestörung auf die Gesundung unserer Patienten auswirken kann.«
»Sie machen sich unnötige Gedanken«, wehrte der Bürgermeister ab. »Die noch zu erlassenden Verordnungen werden keine Ruhestörung aufkommen lassen.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr«, konterte die Ärztin. »Ich glaube nicht, daß man sich an irgendwelche Verordnungen halten wird. Wie zum Beispiel wollen Sie mit Verordnungen den Lärm der Automotoren verhindern oder die Verpestung der Luft durch die Abgase? Ich könnte Ihnen noch einige Fakten anführen, die als Gefahr für die Klinik angesehen werden können.«
»Was erwarten Sie jetzt von mir, Frau Doktor?«
»Ich möchte Sie bitten, dieses Projekt nicht erstellen zu lassen«, erwiderte