Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740939724



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zurück, um mit dem Aufzug nach oben zu fahren.

      »Frische Morgenluft geschnappt, Herr Kollege?«

      Dr. Bernau fuhr herum. Vor ihm stand Frau Dr. Westphal, die eben die Klinik betreten hatte und auch mit dem Aufzug nach oben wollte. »Gu­ten Morgen übrigens«, sagte sie lächelnd.

      Dr. Bernau gab den Gruß zurück. »Ich wollte nur mal über den See blicken«, erklärte er sein kurzes Verweilen auf der Terrasse und ließ der Ärztin den Vortritt in den Aufzug.

      »Wir sehen uns nachher bei der Visite«, sagte Anja Westphal, als sie ebenso wie Dr. Bernau den Aufzug verließ, um sich in ihr Dienstzimmer zu begeben.

      In diesem Augenblick erinnerte sich Dr. Bernau wieder an die Vermessungsarbeiten und an das, was er am Vorabend von Vera erfahren hatte. »Könnte ich Sie vielleicht noch vor der Visite sprechen«, fragte er.

      Fragend sah die Ärztin den Kollegen an. »Probleme?«

      »Das könnte man sagen…«

      »Dienstlicher oder privater Natur?« wurde Anja Westphal neugierig. Eigentlich konnte sie sich das letztere bei Dr. Bernau schwer vorstellen.

      »Es betrifft die Interessen der Klinik«, erwiderte Dr. Bernau. Er sagte das in einem so ernsten Ton, daß die Ärztin stutzte.

      »Was ist geschehen?« fragte sie.

      »Das ist mit zwei Sätzen nicht zu erklären«, antwortete Dr. Bernau. »Doch es scheint mir von größter Wichtigkeit zu sein.«

      »Also gut, kommen Sie mit in mein Zimmer«, entschied Anja Westphal und schritt weiter, Dr. Bernau an ihrer Seite.

      »Nun?« Fragend sah sie den Kollegen an, als sie wenig später mit ihm allein in ihrem Dienstzimmer war. »Ich höre und muß gestehen, daß Sie mich mit Ihren Andeutungen neugierig gemacht haben.«

      Dr. Bernau verzichtete auf langatmige Einleitungen. »Unsere Klinik ist in Gefahr, verehrte Frau Kollegin«, sagte er.

      »Wie darf ich das verstehen?« wollte Anja Westphal wissen. »Von was für einer Gefahr sprechen Sie?«

      Dr. Bernau trat an das Fenster, von dem aus man das südliche Seeufer überblicken konnte. »Würden Sie bitte mal dort hinübersehen«, bat er die Ärztin.

      Erstaunt kam sie dieser Aufforderung nach »Und?« fragte sie.

      »Sehen Sie dort die im Boden steckenden rot-weißen Stangen?«

      »Hm… ja, jetzt erkenne ich sie«, erwiderte die Ärztin. »Was aber haben die mit dem zu tun, was Sie als Gefahr für die Klinik genannt haben?«

      Dr. Bernau gab sich einen Ruck und begann zu berichten. Er wiederholte das, was ihm Vera am Vorabend erzählt hatte. »Es dürfte Ihnen wohl auch klar sein, daß ein solches Feriencenter sich äußerst negativ auf die Ruhe der Klinik und damit auch auf das Befinden unserer Patienten auswirken wird.«

      Anja Westphal hatte Dr. Bernau mit keinem Wort unterbrochen. In ihren Augen war ein nachdenklicher Ausdruck. »Wenn das so ist, dann muß ich Ihnen beipflichten«, ergriff sie dann das Wort. »Die durch ein solches Feriencenter verursachte Unruhe und der Lärm würden sich tatsächlich unangenehm auf die Gesundung der meisten unserer Patienten auswirken.« Forschend sah sie Dr. Bernau an. »Woher haben Sie eigentlich dieses Wissen?«

      Den Bruchteil einer Sekunde zögerte Dr. Bernau. »Ich weiß es von der Vermessungstechnikerin, mit der ich mich gestern ein wenig unterhalten habe«, antwortete er dann aber. Weshalb er mit dieser Dame überhaupt Kontakt bekommen hatte, behielt er für sich. Das war seine Privatsache, die niemanden etwas anging.

      »Hm, wer kann denn so unvernünftig sein, in unmittelbarer Nähe einer Klinik ein derartiges Projekt zu planen?« Anja Westphal begriff das nicht.

      »Ich weiß nur, daß ein Baulöwe aus München auf diese Idee gekommen sein soll«, meinte Dr. Bernau. »Klar bin ich mir jedoch auch darüber, daß das nicht ohne Einverständnis unseres verehrten Bürgermeisters geht, denn das Gelände da unten gehört der Gemeinde Auefelden.«

      »Das ist ja interessant«, stieß die Ärztin hervor. Hinter ihrer Stirn überschlugen sich die Gedanken. Ein Feriencenter dicht neben einer Klinik – nein, das konnte nicht gutgehen. In ihrem Innern sträubte sich etwas gegen einen solchen Plan. Es bedurfte bei ihr keiner langen Überlegungen, um zu dem Entschluß zu kommen, dagegen etwas zu unternehmen. Das war sie der Klinik und den Patienten, den Frauen und Kindern schuldig. Dr. Lindau wäre der gleichen Meinung gewesen. Sie bedauerte, daß er nicht hier war.

      »Ich meine, wir sollten etwas unternehmen, um dieses geplante Projekt zu stoppen, so lange noch Zeit dazu ist«, machte Dr. Bernau seinem Herzen Luft.

      »Sie haben vollkommen recht, Herr Kollege«, stimmte die Ärztin im Brustton der Überzeugung zu. »Ich werde das nachher bei der Ärztebesprechung zur Sprache bringen«, fuhr sie fort. »Auf jeden Fall danke ich Ihnen, daß Sie mir das berichtet haben.«

      »Man müßte ein paar ernste Worte mit dem Bürgermeister reden«, meinte Dr. Bernau.

      »Das werde ich – worauf Sie sich verlassen können«, erklärte Anja Westphal energisch. Sie sah auf die Uhr. »Wir sprechen nachher weiter, denn jetzt will ich mich für die Visite vorbereiten. In einer halben Stunde beginne ich. Geben Sie das bitte an die Stationen weiter!«

      »In Ordnung.« Dr. Bernau entfernte sich mit einem gemurmelten Gruß. Irgendwie fühlte er sich erleichtert, daß er sich der Stellvertreterin Dr. Lindaus mitgeteilt hatte. Sie war zur Zeit die amtierende Chefärztin, und an ihr lag es nun, die Initiative zu ergreifen. Leicht würde es nicht sein, gegen den Bürgermeister und seine Gemeinderäte anzugehen, denn wie Dr. Bernau vermutete, ging es denen in erster Linie um den Profit – natürlich im Interesse der Gemeinde.

      *

      Anja Westphals sonst stets freundliche Miene war ungewöhnlich ernst, als sie eine Stunde später die ihr zur Zeit unterstellten Arztkollegen zur Besprechung im Konferenzraum versammelt sah. Kurz vorher hatte sie noch einen Blick durchs Fenster zum Südufer des Sees geworfen und hatte Dr. Bernaus Angaben bestätigt gefunden. Tatsächlich war dort eine blondhaarige Frau damit beschäftigt, das Gelände bis fast an die Grenze des Klinikareals zu vermessen.

      Die Besprechung über die verschiedenen notwendigen Behandlungen und Therapien hielt sie kurz und präzise. Die Einteilung des Dienstplanes für diesen Tag dauerte auch nicht sehr lange.

      Alle wußten, was sie zu tun hatten. Da sich zur Zeit keine extrem kritischen Krankheitsfälle in der Klinik befanden, gab es keine sonderlichen Probleme.

      »Gibt es noch Fragen?« Die Ärztin blickte sich um.

      »Von mir nicht«, antwortete der Chirurg Dr. Hoff. Er blätterte kurz in den vor ihm liegenden Krankenblättern. »Ich nehme nachher bei Frau Holler die Lumbalpunktion vor«, erklärte er dann. »Das Resultat lasse ich Ihnen dann gleich zukommen.«

      »Ja, darum wollte ich Sie gerade bitten«, entgegnete die Ärztin. »Danach können wir entscheiden, wie wir weiter vorgehen.« Ihr Blick ging zu Dr. Reichel hin. »Wie sieht es mit Frau Bermann aus, die gestern eingeliefert wurde?« fragte sie.

      »Die Symptome weisen auf eine Lungenembolie hin«, erwiderte Dr. Reichel.

      »Akute Gefahr?«

      »Das möchte ich nicht gerade sagen«, erklärte Dr. Reichel. »Dennoch ist eine schnelle Behandlung erforderlich. Ich werde die Frau nachher röntgen lassen. Auf jeden Fall habe ich ihr ein blutgerinnungshemmendes Mittel gespritzt und Sauerstoffbehandlung eingeleitet.«

      »Rechnen Sie mit einem operativen Eingriff?«

      »Ich hoffe, daß der nicht nötig sein wird, denn ich werde versuchen, den Blutpropf medikamental aufzulösen.« Dr. Reichel schlug seine Mappe zu und lehnte sich zurück.

      »Wie sieht es bei Ihnen auf der Kinderstation aus, Herr Mertens?« wandte sich Anja Westphal an den Kinderarzt und Schwiegersohn Dr. Lindaus.

      Dr. Mertens gab einen kurzen