Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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abhörsicher sei, wird an diesem Sonntag keine weitere Besprechung erleben.

      *

      Die Woche in Angelas Haus in Mettmann hatte ihnen beiden ganz gutgetan. Sie hatten endlich mal wieder miteinander geredet. Und ihm war wieder bewusst geworden, wie sehr er diese Gespräche während seiner Lehrgangsabwesenheit vermisst hatte. Und das andere natürlich, auch wenn man sich mit einer Grippe bekanntlich nicht so anstrengen soll.

      Grinsend legt Kriminalhauptmeister Ganser den Papierbogen wieder aus dem gelben Lichtschein der Schreibtischlampe heraus auf den Tisch. Ein bisschen flau im Kopf und in den Beinen fühlt er sich ja noch. Sein Kreislauf nimmt ihm das lange Liegen übel.

      Maria ist schon gegen Mittag wieder gegangen.

      In der Woche seiner Abwesenheit von der Dienststelle hatte sie ihre Mauer aus Frostigkeit und Ungemütlichkeit wieder aufgebaut. Also musste er wieder von vorne mit ihr anfangen, aber bis vorhin hatten sie schon wieder fast den vorherigen Status erreicht gehabt.

      Es scheint so, als sollten die nörgelnden Kollegen der SpriKo recht behalten: Wieder hat er einen Fall durchgearbeitet, ohne einen Hinweis zu finden. Er ist fast am Ende der Spritzer-Akten angelangt. Noch vier oder fünf Ordner vielleicht. Die würde er an diesem Sonntag auf jeden Fall schaffen. Seufzend klappt er einen neuen Ordner auf.

      Als er das mit braunen Flecken verschmierte Blatt nach dem Durchlesen Umschlägen will, kommt es ihm zwischen seinen Fingern ungewöhnlich dick vor. Zwischen Daumen und Zeigefinger reibt er es hin und her. Dann, als er fühlt, wie sich von dem fleckigen Blatt ein zweites, dahinter festhängendes ablöst, pulsieren seine Schläfenadern. Hier könnte was sein, was er seit Wochen gesucht hat. Konzentriert zieht er die Tischlampe noch näher und liest mit immer größerer Wachheit einen Vernehmungsbericht von Kriminalhauptmeister Dunklenbroich: Elisabeth Helbig, 56 Jahre, unverheiratet. Wohnhaft Düsseldorf-Gerresheim. Gerresheim ... Gerresheim ... Gerresheim! Ruckartig reißt Ganser seinen Kopf vom Blatt hoch. Richtet den Lichtkegel auf den Stadtplan an der Wand. Die leeren Stellen in Benrath ... und Gerresheim! Hastig liest er weiter in dem immer noch leicht klebrigen Bericht des Kollegen, E. H., Mutter von Michael Helbig, 30 Jahre. Arbeitslos. Wohnhaft daselbst. M. H. bis 6. Februar d. J. (Scheidungsbeschluss Amtsgericht Düsseldorf gl. Dat.) Ehemann der am 5./6.9. ermordeten Brigitte Craatz. M. H. nicht in der Wohnung angetroffen. Nach Angaben der Mutter M. H. z. Z. auf Stellungssuche. Hielt sich nicht in der Wohnung auf. Auf weiteres Befragen erklärt Mutter, dass M. H. sich zum Zeitpunkt der möglichen Tatzeit mit ihr zusammen in der gemeinsamen Wohnung auf gehalten habe. KHM Dunklenbroich. Unterschrift.

      Als Ganser am Ende des Berichtes auf einen weiteren handschriftlichen und dick unterstrichenen Vermerk des Kriminalhauptmeisters stößt, glaubt er fest, endlich etwas gefunden zu haben. M. H. unbedingt nochmals persönlich einvernehmen! Mutter? D.

      13

      »Junkchen, du stinkst wie eeine Fuhrre Rrabenmist!«, hatte Lore vorhin mit ihrem unnachahmlichen Königsberger Zungenroller geschimpft. Zwei Stunden Waschen und Pflegen waren angesagt. Eine erfrischende Dusche. Der Duft von feiner Seife und herbem Rasierwasser. Dann noch anderthalb süße Ruhestunden zwischen kühler, sauberer Wäsche in seinem bequemen Bett zu Hause. Nachher würde ihn endlich auch mal wieder der würzige Geruch eines frisch gebrühten Lapsong-Souchong-Tees begrüßen. Nicht diese plattklebrige, schwarze Brühe aus der braunen Dose in der ISAT-Dienststelle des >Weißen Hauses<.

      Die ungewohnte Ruhe in dem nach hinten liegenden Raum seiner Wohnung macht Benedict zu schaffen. Fast empfindet er sie nach der Hektik im betriebsamen ISAT-Zentrum als störend. Unruhig wälzt er sich von einer Seite auf die andere, aber der herbeigesehnte Schlaf will sich nicht einstellen. In der Nacht von Montag auf Dienstag war die augenaufreibende Tätigkeit der vergangenen Woche endlich belohnt worden. Von einer Sekunde auf die andere versetzte der erste Erfolg der Bildauswertung das gesamte ISAT-Personal in einen freudigen Trancezustand. Detective Inspector Patrick O’Connell war es vergönnt, dessen Auslöser zu sein. Wieder einmal hatte eine müde Stimme aus dem Dunkel »Stopp!«, gesagt. Diesmal kam allerdings nicht das gleichmütige »war nichts«. Mit zunehmender Spannung verglichen sie wieder und wieder die beiden von den Positionen 4 und 5 geschossenen Aufnahmen mit denen von der Wand des ISAT-Büros. Nach weiteren 20 Minuten waren sie sich einig: Der Mann auf den Aufnahmen war mit dem von der ISAT-Bilderwand identisch! Danny McCann, 30 Jahre, von Rory McGrath als eine der Top-Ratten der Belfaster IRA tituliert. Mehrere Mordanschläge der nordirischen Loyalisten hatte er wundersam überlebt. Von 1979 bis 1981 eine lächerliche Haftstrafe wegen des Besitzes eines Sprengzünders. 1982 erneut verhaftet, wieder freigelassen. 1983 Anklage wegen Waffenbesitzes, aber aufgrund eines dubiosen Entlastungszeugen freigesprochen. Der absolute Scharfschütze, wie der RUC-Mann ihn charakterisierte. Und wohl alles in allem an 26 Mordkomplotten der IRA beteiligt.

      »Ein Mann, wie geschaffen für dieses Spezial-Kommando!«, stellte Captain Hart fast bewundernd fest.

      So hatten sie den ersten Beweis für die Richtigkeit ihrer vorherigen Annahmen in Händen. Aber nach den ersten Momenten der Freude legte sich der Druck kommender Gefahren schwer auf ihre Gemüter. Würden sie eine weitere Chance bekommen? War das vielleicht der letzte Besuch des IRA-Scharfschützen gewesen?

      »Zu einem Special Active Service Unit gehören meistens drei Leute!«, polterte O’Connell mit Grimm in der Stimme, und die anderen beiden nickten düster dazu. Allen Beobachtungsstationen liegen die Vergrößerungen des McCann-Konterfeis jetzt vor. Eine Gruppe von Bussarden befindet sich in einer Wohnung, die über der von Dr. Lenzfried liegt und als Videostützpunkt ausgebaut ist, in ständiger Abrufbereitschaft. Auf das Signal von den Stationen aus würden sie sofort die Verfolgung aufnehmen können, die sie dann hoffentlich zum Stützpunkt des SASU führen würde. Und wenn er nicht noch mal kommt?

      Benedict sieht zum wiederholten Male auf den Wecker neben dem Bett. Dreht sich seufzend auf die andere Seite.

      Erwartungsgemäß waren aus Köln bis heute nur Routinemeldungen über die Zahl der täglich überprüften Schmitze gekommen. Sie taten ihm ja leid, die Kollegen, aber viel würden sie nicht finden.

      Gestern Mittag mussten sie bedauerlicherweise die Kameras aller 10 Stationen abschalten. Es wimmelte nur so von eigenen Leuten und französischen Sicherheitsbeamten. Schließlich wollten sie ja keine Fotosammlung der deutschen und französischen Polizei anlegen!

      Um 15 Uhr wurden Schloss Benrath und der Schlosspark dichtgemacht. Deutsche und Franzosen filzten gemeinsam Park und Gebäude zur Sicherheit des Staatspräsidenten von Frankreich. Aber dann war es ein schwanzwedelnder Mischling namens Fuzzy, der der versammelten Streitmacht die Schau stahl. Von einem Kamin im Kuppelsaal des Schlosses Benrath, da, wo die hohen Herren zu tafeln gedachten, hatte sich der Sprengstoffhund der Polizei nicht mehr wegreißen lassen. Nach einer Stunde war die Ursache der Aufregung gefunden: eine wunderschöne goldene Kaminuhr, die von den Spezialisten untersucht und entschärft wurde. Die Museumsleiterin teilte nach einer weiteren Untersuchung mit gebrochener Stimme mit, dass es sich bei dem guten Stück um eine Kopie des Originals der Uhrenmacher Joly et Roy aus Paris handele. Dieses Original musste irgendwann unbemerkt durch eine mit Semtex angereicherte Kopie ersetzt worden sein. Die erschütterte Professorin hatte auf seine Bemerkung »na, immerhin Paris« mit einem unterdrückten Wutausbruch reagiert. Die Kopie musste gut sein, denn den Museumsangestellten war nichts aufgefallen. Das ließ auf lange Vorplanung schließen. Nur Fuzzy