Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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mehr da?«

      »Mmh, mmh. Ich lag auf der Schnauze!«, schüttelt Dunklenbroich heftig den Kopf.

      »Und warum war dir das so wichtig, dass du es unterstrichen hast? Und was meinst du mit dem Fragezeichen bei der Mutter?«

      »Ja, die Mutter«, versucht sich Dunklenbroich zu erinnern. »Ich glaube ... irgendwie hatte ich so den Eindruck ... also die schien mir zu der Sorte Mensch zu gehören, die ihrem Sohn auf jeden Fall ein Alibi geben würde. Frag mich bloß nicht, warum!«

      Ganser lässt die Worte seines kranken Kollegen in sich nachklingen. Nach einer Weile fragt er noch: »Auch wenn dieser Sohn einen Mord begangen hätte?«

      Dunklenbroich weicht der Tragweite einer Antwort geschickt aus. »Mit dem Helbig muss man auf jeden Fall noch mal sprechen. Schon um den Vorgang ordentlich abzuschließen!«

      »Mmh. Ich fahre morgen gleich nach Gerresheim. Danke auf alle Fälle. Und ... gute Besserung, Kollege!«

      *

      Um ein Uhr nachts, es ist schon Freitag, ruft Chief Inspector Rory McGrath laut und deutlich »Bingo!«

      Da ist keine Spur von Unsicherheit.

      »Das Früchtchen kenne ich genau! Habe ihn 1982 selber vor Gericht gebracht. Wurde leider freigesprochen!«

      Sean Savage, dreiundzwanzig Jahre alt. Schon mit siebzehn Jahren IRA-Mitglied, hochintelligent, Techniker, Bombenspezialist.

      McCann und Savage. Schütze und Bomber. Eine brisante Paarung und die richtige Mischung für eine solche Sache.

      Trotzdem ist Benedict erleichtert. Also doch Benrath, sie haben richtig entschieden.

      Nach Ende der Bildauswertung sitzen sie um drei Uhr morgens nachdenklich an ihren Schreibtischen. Hauptkommissar Benedict fühlt sich nach einer Weile von Jerry Hart gemustert.

      »Ja?«

      »McCann und Savage. Zwei Spezialisten in ihrem Fach. Zwei Männer. Fehlt noch die Nummer drei, der Kopf, der alles plant und zusammenhält. Zwei Männer und eine Frau, hat der Mann aus Hilden heute morgen gesagt. McCann und Savage kennen wir. Wer ist die Frau, der Kopf?«

      Unwillkürlich geht Benedicts Blick zur Fotoreihe an der Wand gegenüber. Dritte Reihe, siebtes und achtes Foto von links.

      Die Augen des Captains versuchen seinen Blick einzufangen, aber der Hauptkommissar klatscht mit der flachen Hand auf die Liste vor sich und sagt überlaut: »Dann wollen wir mal die einzelnen Objekte zwischen uns aufteilen!«

      15

      »Das ist aber sehr plötzlich gekommen! Hat sie gesagt, was sie hat?«

      »Nein«, meint Läppert und zuckt mit der Schulter, »aber wenn es am Montag noch nicht besser ist, schickt sie die Krankmeldung vom Arzt rein!«

      Kriminalhauptmeister Ganser wäre an diesem Freitagvormittag viel lieber mit seiner Kollegin zu Michael Helbig nach Gerresheim gefahren. Er hätte sich den Helbig vorgenommen, sie die Mutter. Oder umgekehrt. Aber gegen plötzliche Unpässlichkeiten kann man nichts machen. Er überlegt kurz, ob er vielleicht Läppert fragen soll ... Oder den Chef? Besser noch keine Pferde scheu machen. Ist danach noch Zeit genug.

      In den Straßen hält sich zäher Frühnebel. Ganser fährt mit seinem roten >Spezial< die Grafenberger Allee hoch. Der Staufenplatz ist endlich fertig, heißt also nicht mehr der Stau-Fan-Platz. Den rotgesichtigen Verkehrsschupo wird er vermissen. Vor dem Atlantic biegt er rechts in den Pöhlenweg. Links fängt die grüne Hardt an. Ein paar vereinzelte Apartmenthäuser stehen auf der rechten Seite, bevor der Pöhlenweg in die Torfbruchstraße übergeht. Die Gegend ändert sich. Links gibt es zwar immer noch herbstliches Grün, aber rechts erscheinen rotbraun verklinkerte Legokästen, fünf Stockwerke hoch, alle gleich. Der Wagen springt auf der Torfbruchstraße wie auf einem Rallyekurs. Ganser schüttelt sich in Erinnerung an seine Schreckensfahrt neben Angela. Dieser Straßenbelag könnte mal eine Erneuerung vertragen.

      Dann kommt das Poststadion auf der Dreherstraße. Da hat er auch schon oft Fußball gespielt, lange her. Noch weit vor ihm sieht er die Lierenfelder Schlote. Da ziehen sich die Nebel als Industrieabfall in nicht mehr lichte Höhen. Vor der Bahnbrücke biegt er links ab: Siedlerweg.

      Auch das noch. Am abgasverpesteten Rand von Düsseldorfs innerstädtischem Industriegebiet, das feine Grafenberg ist noch weit, sieht er sich einer putzigen Idylle gegenüber. Häuschen mit eingezäunten Gärten; Gartenzwerge und Fußmatten.

      Siedlerweg 69. Er parkt den Wagen gegenüber, bleibt einige Minuten im Fahrzeug sitzen und steckt sich eine Zigarette an. Hoffentlich nimmt man das hier nicht übel. Er beobachtet die Umgebung, ohne besonderen Grund. Das macht er immer, wenn die Umstände eines Einsatzes es erlauben. Aus der Innentasche seiner Lederjacke zieht er das mittlerweile arg zerknitterte Stück Papier und prägt sich nochmals jedes Wort von Kriminalhauptmeister Dunklenbroich ein. Dann öffnet er entschlossen die Wagentür, schnippt den Zigarettenstummel auf die Straße und tritt ihn sorgfältig mit dem Absatz aus.

      Das Haus von Mutter und Sohn Helbig hat schon bessere Zeiten gesehen, was man allerdings auch von den anderen Häusern der Straße behaupten kann. Es ist ein sehr großes Einfamilienhaus oder ein zu klein geratenes Zweifamilienhaus, wie Ganser findet. Am Dach müsste vielleicht bald mal was gemacht werden. Vorne gibt es einen schmalen Vorgarten hinter dem grünen Zaun. Hinter dem Satteldach kann Ganser hohe Bäume aufragen sehen. Da gibt es bestimmt einen großen, alten Garten. Ein wirklich großes Haus für zwei Leute, denkt der Polizist und drückt auf die Klingel.

      Hinter der braunen Holztür rührt sich nichts. Ganser drückt nochmals auf den weißen Knopf. Immer noch nichts. Aber über seinem Kopf wird ein Fenster geöffnet. Er tritt aus dem Eingang zurück und reckt den Kopf nach oben.

      Eine Frau mit streng geschnittenen Haaren sieht auf ihn herunter und fragt abweisend: »Was wollen Sie?«

      So passt das Ganser überhaupt nicht. Er tritt von einem Fuß auf den anderen und dreht verlegen den Kopf nach links und rechts. »Kann ich Ihnen das vielleicht unten an der Tür sagen?«

      Widerwillig betrachtet ihn die Frau und sagt dann herrisch: »Gut, stellen Sie sich an die Tür!«

      Ganser geht an die braune Haustür zurück und hört drinnen Schritte, die Holzstufen hinunterklappern. Dann öffnet sich ein ovales Milchglasfensterchen hinter dem Ziergitter der Eingangstür. »Ja?« Sehr helle Augen mustern ihn scharf.

      Auf so etwas hat sich der Beamte des 1. K inzwischen vorbereitet. Mit kaum verhohlener Wut klatscht er seinen Dienstausweis an das kleine Fenstergitter. Die Habichtsaugen fahren erschrocken zurück. Bitte, wenn die das so haben will.

      »Kriminalpolizei!«, brüllt Ganser lauter als nötig. »Ich komme wegen Ihres Sohnes!«

      Ruckartig geht die Tür auf. Die Frau reißt den stolpernden Polizisten fast in den Hausflur hinein. »Nun schreien Sie doch nicht so!«

      Ganser folgt der stattlichen Dame die Treppe hoch. Als der knöchellange Wollrock von Frau Helbig beim Aufstieg etwas hochrutscht, bemerkt der Kriminalhauptmeister den Rand eines roten Brandmals an der Wade des linken Beins.

      »Bitte.