Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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      »Polizei!« Richtig. So muss man das angehen. »Wer wohnt in den anderen Wohnungen?«

      Der Mann führt sie eingeschüchtert zum Hausmeister in den Keller.

      In der Wohnung nach hinten raus wohnen drei Ausländer. Haben die Wohnung vor zwei Monaten gemietet, angemeldet auf den Namen Joseph Müller. Na, wie fein, ein richtig ausländischer Name!

      »Sehr ruhige Leute. Zwei Männer und eine Frau«, meint der Hausmeister, während er die Schlüssel rauskramt. »Es ist kaum etwas von ihnen zu hören. Ist denn was mit denen?«

      »Nur eine Routineüberprüfung!«, bellt Benedict, und das hört sich an, wie »Halt die Schnauze, du Heini!«

      Die Wohnung ist leer.

      »Shit!«, flucht McGrath sehr laut.

      Auch Jerry Hart und Patrick O’Connell sehen nicht gerade nach einem Sechser im Lotto aus.

      Auf dem großen Esstisch in der Mitte des Wohnzimmers liegt ein Blatt Papier.

      »Will uns hier jemand verarschen?«, entfährt es Benedict verblüfft. Neugierig lesen die drei anderen ISAT-Leute den mit spitzen Fingern gehaltenen Papierzettel.

      »Diese Wohnung diente bis Montag als Basis eines IRA-Kommandos. Seitdem ist das Kommando untergetaucht. Sie wissen, welchen Auftrag es hat. Sie müssen den neuen Stützpunkt finden!«

      Jerry Hart tippt sich wutentbrannt mit dem Zeigefinger an die Stirn. »Ist das hier Alice in Wonderland? Hier will uns doch wirklich jemand auf den Arm nehmen! Das ist doch kein Kinderspiel!«

      Vorsichtshalber lassen sie die Wohnung versiegeln. Am Nachmittag wird sie auf Fingerabdrücke und Spuren untersucht werden. Die Angaben des Hausmeisters raten zur Vorsicht: drei Mieter und dabei die typische Personalzusammensetzung eines Active Service Units, zwei Männer und eine Frau! Wer sonst als das Kommando selbst konnte über dessen Absichten so genau Bescheid wissen, war überhaupt von dessen Existenz in Düsseldorf unterrichtet? Es war kaum anzunehmen, dass solche Scherze von der englischen Special Branch oder vom deutschen BKA gemacht würden: quasi als unterhaltsames Fronttheater zur Erbauung der müden ISAT-Krieger. Aber wer hat dann diese Nachricht geschrieben und den anonymen Anruf gemacht? Zu welchem Zweck? Und wo sind die IRA-Leute hin, falls es das Kommando war?

      Benedict nimmt den Hausmeister mit ins Präsidium und legt ihm dort das Foto von Danny McCann vor.

      »Das ist er! Das ist Herr Müller!«

      Wo, verdammt noch mal, liegt hier die Logik? Wo sind sie abgeblieben? Und warum sind sie verschwunden?

      »Vielleicht wieder ein Ablenkungsmanöver?«, spricht Captain Hart die heimliche Befürchtung des Hauptkommissars aus.

      *

      Arvi Hattunen ist nach Ansicht von Kollegen und Vorgesetzten ein völlig humorloser Mensch. Natürlich wäre es möglich, dass der aus dem mittelfinnischen Jyväskylä stammende Blonde eine sehr nordische Spielart des Witzes hinter seiner breiten Stirn versteckt. Jedenfalls hat er sich davon bislang noch nichts anmerken lassen.

      Während er die kurze Nachricht an den Düsseldorfer Polizisten im Präsidium übermittelt, erscheint vor seinem inneren Auge ganz kurz ein sturmzerstaubter Strand auf einer Kanareninsel. Der Kopf dieses Polizisten, der gerade am anderen Ende der Telefonleitung ist, im hellen Fenster seines SUSAT-Visiers. Hätte er damals gezuckt, würde er jetzt nicht mit ihm reden. Logisch. Aber damals hatte er keinen Befehl zum Abdrücken, und heute hat er einen ganz anderen Befehl. Versteh einer die Welt.

      Aber das braucht der ehemalige Angehörige der finnischen Sissi-Ledernacken nicht. Als Mitglied des TWC-Alert-Teams muss er nur seine angeordneten Aufgaben durchführen. Zusammen mit Emin Inönü, der vor Kurzem noch bei der Schutzgarde der Grauen Wölfe war, und Peter Jaspers, den sie vor drei Jahren in Mogambique von einem Baum geschnitten hatten, kurz bevor ihm der Hintern durchs Hosenbein geflutscht ist. Seitdem hieß der Südafrikaner überall nur noch Baumkind. Aber auch das findet Hattunen nicht witzig. Außerdem waren er und seine Kameraden nicht zum Lachen in Düsseldorf.

      Ein Auftrag war gefährdet, weil sich ein Geschäftspartner nicht an die getroffenen Vereinbarungen hielt. Und das war so ungefähr das Schlimmste, was nach der TWC-Geschäfts-Charta passieren konnte. Gleich danach kam die Abwehr erkannter Übernahmeattacken durch befreundete Unternehmen!

      Das Alert-Team der TWG, ein zusammengewürfelter Combat-Haufen, der in alphabetischer Reihenfolge bei der Einsatzbereitschaft abgerufen wurde und aus abkömmlichen Mitgliedern normaler Einsatzteams besteht, war vom Negotiator in Marsch gesetzt und gebrieft worden. Reiner Zufall will es, dass Arvi Hattunen schon einmal hier in Düsseldorf war. Damals, als Scharfschützenteil seines normalen RCE-Arbeitsteams, war er kurz an den Düsseldorfer Hauptkommissar geraten. Nur weil Schulz und Brady noch mit ihren Schussverletzungen in einem Hospital in Australien liegen, ist er in der Alarmbereitschaft gewesen. »Findet diese IRA-Spinner und schaltet sie aus! Der geplante Anschlag auf die Roy als muss verhindert werden! Mit allen Mitteln!«

      Eine klare Situation für die drei. Sie setzten sich sofort auf die Spur, untersuchten dann die Wohnung genau und sprachen mit Kontaktleuten bei den Arabern. Peter Jaspers machte die Irish Pubs unsicher. Der Supervisor Westdeutschland hatte für eine Basiswohnung in der Nähe des Schlosses Benrath gesorgt. Erste Ergebnisse zeichneten sich ab.

      »Für uns zählt das Einhalten der Geschäftsbedingungen«, hatte der Negotiator gesagt, »die Königlichen müssen Westdeutschland nach dem Staatsbesuch unbehelligt verlassen! Schaffen die Deutschen das, gut. Schaffen wir das, genauso gut. In jedem Fall bekommt die Firma ihre Provision!«

      »Und wenn es niemand schafft, das Kommando auszuschalten?«, hatte der Türke keck nachgefragt.

      Hattunen war fast der Atem weggeblieben. Ein Misserfolg war bei den Aktionen der TWC nicht vorgesehen.

      Aber der Negotiator hatte bedächtig geantwortet: »Dann gibt es keine königlichen Hoheiten mehr, keine Provision für die TWC ... und keine Prämie für euch!«

      Also hatte Hattunen befehlsgemäß den Deutschen Vitus H. Benedict mit der Information über die irische Basiswohnung in Hilden beliefert.

      *

      Ihre einzige Chance, McCann!

      Vielleicht haben sie ja aufgegeben, haben ihr Vorhaben als Irrsinn erkannt.

      »Für die gibt es nichts Irrsinniges!«, meint O’Connell in der anschließenden Diskussion. Und der muss es ja wissen!

      Nochmals weist Benedict die Beobachtungsstationen auf das Foto des IRA-Scharfschützen hin. Der Befehl des Hauptkommissars, jeden Besucher der Anlage mit dem Foto zu vergleichen, gleicht eher einem flehentlichen Appell. »Das ist ein ganz ausgebuffter Hund, und er schießt sofort!« ermahnt er auch die Bereitschafts-Bussarde nochmals.

      »Köln!«, reicht ihm Hauptmeister Liszt ein Telefonat rüber.

      »Heureka!«, brüllt die Stimme aus der Membrane. So laut, dass der Hauptkommissar den Hörer weit von sich weghält. So können alle ISAT-Leute die freudige Nachricht auch vernehmen: Die Schmitz-Kommission ist bei der Durchsuchung des Kölner Heuhaufens auf die berühmte Stecknadel gestoßen.

      Zum zweiten Mal sind die vier Männer heute mit dem braunen Dienst-Passat unterwegs.

      Es ist Mittag, und die Mägen knurren. Benedict hält kurz an der Raststätte Ohligser Heide an und kommt wenig später mit einem Arm voll Kartoffelchips und Schokoladenriegeln zurück. Schweigend essen die ISAT-Leute Schwerverdauliches.

      Die Wohnung des Johannes Schmitz, im Schatten des Kölner Fernmeldeturms gelegen, war die Nummer 5891 auf der ISAT-Computerliste. Der junge Polizist, des mühseligen Abfragens schon länger überdrüssig, wollte sich nach erfolglosem Klingeln