Mia und der Erbe des Highlanders. Morag McAdams

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Название Mia und der Erbe des Highlanders
Автор произведения Morag McAdams
Жанр Языкознание
Серия Ian McLaren - der Berserker
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958131972



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Emma nun bei Fred, bei ihrem Freund, der ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte! Er würde gar nicht nach ihr suchen, er hatte ja Emma und würde sie zur Frau nehmen. Was geschah dann mit ihr? Sie liebte ihn, sie gehörte an seine Seite, nicht eine Fremde, die zufällig in seinen Armen gelandet war. Fred! Sie musste zu ihm!

      »Hilfe«, flüsterte Mia, als ihr schwindelig wurde. Dann sackte sie auf dem Boden zusammen.

      »Verweichlichtes, weinerliches Weibsbild!«, schimpfte Sybilla vor sich hin, während sie verschiedene Kräuter mit dem Stößel zerstampfte. Mia erkannte Baldrian und Kamillenblüten, dann ließ sie den Kopf wieder sinken und schloss die Augen. Sie lag in Sybillas Häuschen auf dem Bett, das sie gestern noch für eine schmale Bank gehalten hatte.

      »Vertragen nicht einmal einen Zeitsprung, diese Frauen. Ich sehe schwarz für unsere Zukunft!«

      Mia versuchte, ganz still zu liegen. Sie konnte ihr eigenes Herz schlagen hören, wenn sie sich darauf konzentrierte. Das war besser, als darüber nachzudenken, wie sie in das Holzhaus der alten Frau gekommen war. Wieder einmal war sie gegen ihren Willen an einem anderen Ort gelandet. Sie befürchtete, dass ihr Leben nur noch daraus bestand, herumgereicht zu werden. Sie war vollkommen austauschbar geworden.

      Sybilla gönnte ihr die Ruhe jedoch nicht.

      »Falls du dich wunderst: Mary und Stewarts Charlie haben dich hergebracht. Du warst bewusstlos. Schon wieder. Was ist nur los mit dir, Mädchen? Es war doch bloß ein kleiner Zeitsprung! Ich habe damals mehr als zweihundert Jahre überwunden und bin deshalb trotzdem nicht schwach geworden.«

      Mary, die liebe Seele, hatte sich also um sie gekümmert. Sie hatte sich gemerkt, dass Mia keinen Arzt sehen wollte, und sie stattdessen zu der Alten gebracht. Schließlich war sie die Hebamme und kannte sich ebenfalls in der Heilkunde aus. Nun reichte sie Mia eine Schale mit einer Art Suppe darin. Langsam, damit ihr nicht schwindelig wurde, setzte sie sich auf. Sie trank ohne mit der Wimper zu zucken die grünliche Flüssigkeit aus, die etwas streng, aber nicht unangenehm schmeckte. Der Geruch von vielerlei Kräutern belebte und beruhigte sie gleichzeitig. Sie spürte, wie ihre Lebensgeister wieder erwachten.

      »So«, sagte sie schließlich. »Wie komme ich jetzt wieder nach Hause?«

      »Du meinst nicht das Haus deiner Mutter, schätze ich.« Sybilla schien gesprächiger zu sein als am Vortag. Mia schüttelte den Kopf.

      »Natürlich nicht. Ich möchte zurück in meine Zeit – zurück zu Fred.«

      Umständlich füllte die Alte Suppe nach und bedeutete ihr, sie zu trinken. Schulterzuckend gehorchte Mia. Sybilla würde sie wohl nicht vergiften. Erst nachdem sie die Schale zum zweiten Mal geleert hatte, stellte sie sie in eine Wanne mit schmutzigem Geschirr.

      »Ich fürchte, du hast mir gestern nicht richtig zugehört, Emma. Du kannst nicht zurück. Niemand kann zurück, wenn er durch die Zeit gereist ist.«

      Sybilla strich sich eine Strähne aus der Stirn. Sie klang viel zu fröhlich in Mias Ohren. Wie betäubt saß sie auf dem Bett. Sie hatte es befürchtet, geahnt, gewusst, dass es keinen Weg nach Hause gab. Nun wollte sie wenigstens Antworten.

      »Wieso bin ich hier? Ich wollte doch gar nicht herkommen. Mein Leben war gut so, wie es war!«

      »An was kannst du dich noch erinnern?«

      »Ich war nervös, dann furchtbar glücklich. Fred hatte mich zu einem Hufeisen aus Stein geführt und gefragt, ob ich ihn heiraten wolle. Und dann kam das Gewitter und plötzlich war ich hier.«

      Sybilla ließ sich umständlich neben Mia nieder. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass es das Bett der Alten war, auf dem sie gelegen hatte. Beschämt senkte sie den Kopf.

      »Das war kein Gewitter, sondern ein Magiewetter. Die Leute in dieser Zeit haben sich von der Magie abgewandt und lassen sie keine Rolle mehr spielen. Doch Magie ist nichts, was man an- und ausschalten kann wie eine Gaslaterne. Sie ist immer da. Sie sorgt dafür, dass man sie bemerkt. Für dich bedeutet das, dass du zur falschen Zeit am falschen Ort warst, obwohl ich diese Ansicht nicht teile.«

      »Was ist das denn für ein Ort? Lag es an dem Hufeisen?«

      »Hufeisen? Das ist das steinerne Tor. Es ist seit Jahrhunderten in Benutzung. Die Magie schickt Menschen durch es hindurch. Alle sieben Jahre erscheint jemand, der nicht in diese Zeit gehört. Die meisten kommen nicht freiwillig, doch sie lernen ihr neues Leben zu schätzen. Ich habe schon viele Männer und auch Frauen in Empfang genommen. Auch dir werde ich helfen, dich zurecht zu finden. Du wirst ein gutes Leben hier haben, Emma.«

      Mia holte tief Luft und ließ sie langsam wieder entweichen. Das war es also. Sie war in dieser fremden Zeit gefangen. Sie dachte an Fred und an die Frau, deren Platz sie eingenommen hatte.

      »Was ist in meiner Zeit geschehen? Und wo ist die echte Emma?«

      Sybilla zuckte mit den Schultern und sah sie müde an. »Frauen verschwinden, Emma.«

      Stumm saßen sie nebeneinander auf dem harten Bett. Der Bezug der Matratze war löchrig, sodass an manchen Stellen das Stroh herausstach. Mia zog an einem Halm, bis ihr bewusst wurde, was sie tat, und sie versuchte, ihn so gut wie möglich wieder zurückzuschieben.

      »Du hast gesagt«, begann sie zögerlich, als ihr etwas einfiel, »dass du auch durch die Zeit gereist bist. Bist du freiwillig hier?«

      Es wurde langsam dunkel im Haus, doch Sybilla zündete kein Licht an. Die Alte rieb sich über die Arme und starrte stumm vor sich hin. Mia fürchtete schon, keine Antwort zu erhalten, da setzte sie plötzlich zum Sprechen an.

      »Ich bin in das steinerne Tor gegangen. Ich wusste ja, was zu tun ist.«

      Sybillas Worte klangen traurig, als steckte eine schreckliche Qual hinter ihnen.

      »Aber das ist nichts, was du heute erfahren musst. Jetzt musst du los, deine Freundin wartet sicher längst auf dich. Ich habe sie vorhin weggeschickt. Du kannst morgen wiederkommen, wenn du Fragen hast.«

      Die Tränen kamen, als sie auf dem Nachhauseweg war. Nachdem Mia in Sybillas Haus vollkommen gefasst reagiert hatte, war nun alle Besonnenheit vergangen. Sie sah den Mond am Himmel stehen, dessen Umrisse deutlich zu erkennen waren, und fragte sich, ob Fred vielleicht auch gerade flehend nach oben sah. Der Gedanke an ihn ließ sie aufschluchzen. Sie würde ihren Freund nie wiedersehen, würde ihn nicht heiraten, würde nicht seine Kinder bekommen. Sie würde ihm nie wieder sagen können, dass sie ihn liebte.

      Mia presste die Hand auf den Mund, damit niemand sie hörte. Mechanisch setzte sie einen Fuß vor den anderen und lief durch die Straßen der Stadt auf Donnahew Castle zu. Sie hätte liebend gern alle Schlösser dieser Welt gegen ein Leben mit Fred eingetauscht. Wenn sie ihn doch nur noch einmal sehen könnte! Doch sie konnte nicht zurück. Nicht einmal die benutzte Zahnbürste einer Fremden oder das Toilettenhäuschen auf dem Hinterhof waren so schlimm wie der versperrte Weg nach Hause.

      Mit der Schürze wischte sie sich über das Gesicht. Je näher sie dem Hof kam, umso öfter begegnete sie Menschen. Sie sah den Bankier Smith und Counsel Mannel, einen der Berater des Clanchiefs, vorbeigehen. Dass sie die Männer erkannte, löste eine neue Welle der Tränen aus. Der Gendarm mit dem hohen Uniformhut, der seine abendliche Runde ging, sah sie prüfend an, sagte jedoch nichts.

      Mia wusste, dass sie sich beruhigen musste, bevor sie das Schloss und die Gesellschaft und neugierigen Blicke der anderen Hausmädchen erreichte, denn sie konnte ihnen keine zufriedenstellende Erklärung für ihre Tränen geben. Doch je mehr sie es versuchte, umso enger wurde ihr Hals, umso lauter waren die Schluchzer, die ihr entkamen. Schließlich lehnte sich Mia an eine Hauswand, als Donnahew Castle in Sichtweite kam. Die Fenster waren hell erleuchtet und vor der großen Eingangstür hingen die Fahnen mit dem Wappen der McLarens. Mia machte der Anblick noch trauriger. Das sollte von nun an ihr Zuhause sein, mit strohgefüllten Matratzen, Gaslampen und Kerzenleuchtern, und ohne Fred.

      Die Schürze musste erneut als Taschentuch herhalten. Mia wusste nicht, wie lange sie dastand und auf das Schloss starrte. Schließlich waren die Tränen versiegt. Sie wischte sich ein letztes Mal durch das Gesicht, dann stieß sie sich von