Mia und der Erbe des Highlanders. Morag McAdams

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Название Mia und der Erbe des Highlanders
Автор произведения Morag McAdams
Жанр Языкознание
Серия Ian McLaren - der Berserker
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958131972



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in Sybillas Worten, nur die unausgesprochene Botschaft, dass sie Kooperation erwartete. Mia schwieg.

      »Ich weiß, dass du mir nicht glauben willst, aber du wirst bald feststellen, dass ich die Wahrheit sage. Hör mir jetzt gut zu, Emma.«

      Mia nickte. Wenn nur die geringste Chance bestand, dass die Alte recht hatte und dass sie gerade weder ein sehr gutes Schauspiel noch einen Traum erlebte, dann brauchte sie Hilfe. Und Sybilla schien im Moment zumindest gewillt, ihr diese Hilfe zu geben.

      »Ich werde dich gleich bis in die Stadt begleiten. Den Weg bis zum Hof wirst du allein finden, das Castle ist nicht zu übersehen. Du kannst an den Wachen vorbeigehen, denn du arbeitest am Hof. Die Dienstquartiere sind im linken Flügel. Wende dich an eines der Mädchen, wenn du nicht weiterweißt. Morgen Abend kommst du wieder zu mir.«

      Mia blickte sich irritiert um, als sie sich der Stadt näherten. Das Cosgailkirk, das sie am Morgen zum ersten Mal gesehen hatte, war eine größere Kleinstadt gewesen, die um das Schloss herum gebaut worden war. Nun sah sie wesentlich weniger Gebäude und nicht ein einziges Hochhaus ragte in den Himmel. Das höchste Gebäude war die Kirche, an deren spitzen Turm Mia sich nicht mehr erinnern konnte. Die Abendsonne stand tief dahinter. Die grauen Mauern des Castles, die bereits von dem gelben Anbau überragt wurden, und die angrenzenden Grünanlagen befanden sich am Rand der Siedlung. Es war zweifelsohne derselbe Prachtbau, den sie vor wenigen Stunden bewundert hatte.

      Unwillig wischte Mia die Tränen weg, die über ihre Wangen zu laufen drohten. Diese Blöße würde sie sich nicht geben. Der Tag war anstrengend gewesen und sie war erschöpft. Morgen würde sie einen Weg finden, zu Fred zurückzukehren. Sie schob alle Zweifel beiseite, die ihre Gedanken vergiften wollten. Es musste eine Möglichkeit geben, Mrs Fred Pyrmont zu werden. Sie runzelte die Stirn über diese Formulierung. Mrs Mia Pyrmont musste es natürlich heißen.

      Kurz bevor sie die ersten Häuser erreichten, drehte Sybilla sich wortlos um und ging zurück. Mia erinnerte sich an die wenigen Anweisungen, die sie von ihr erhalten hatte, und hoffte, dass alles glatt liefe. Wie von selbst schlugen ihre Füße den Weg an Fachwerkhäusern vorbei ein. Geschickt umging sie Unebenheiten und die Hinterlassenschaften der Tiere. Sie lief, ohne darüber nachzudenken, bis hinter den gemauerten Häusern der Bessergestellten das Schloss auftauchte. Das eiserne Tor, das in die Mauern eingelassen war, die Mia niedriger in Erinnerung hatte, stand offen. Ein finster blickender Mann hielt davor Wache.

      Abrupt blieb Mia stehen. Die Alte hatte ihr zwar versichert, dass die Wache sie passieren lassen würde, doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie tatsächlich jemandem begegnen würde. Hektisch überlegte sie, wie sie sich als Angestellte des Schlosses ausweisen könnte. Dabei wusste sie selbst nicht einmal, was ihre Arbeit, geschweige denn wer ihr Arbeitgeber war. Vage erinnerte sie sich daran, was Mildred ihr über das Schloss erzählt hatte. Es schien in einem anderen Leben gewesen zu sein, dass sie gehört hatte, dass der Clanoberste hier Hof hielt. Nun hatte sie tatsächlich die Chance, das jahrhundertealte Gebäude in seiner Ursprungsform von innen zu sehen. Fred würde sie darum beneiden. Morgen fände sie einen Weg zurück und könnte ihm davon berichten, gleich nachdem sie seinen Antrag angenommen hätte.

      Mia gab sich einen Ruck und trat auf die Wache am Tor zu. Der Kilt in dem blau-grünen Muster der McLarens, den der Mann trug, wies darauf hin, dass er dem niederen Adel angehörte, der zum Wachdienst verpflichtet worden war. Die traditionelle Kleidung mit den silbernen Knöpfen am Jackett und dem Dolch an der Wade sowie die blankpolierte Hellebarde, die der Mann in der Hand hielt, schüchterten sie ein, doch mutig trat sie auf die Brücke, nickte dem Wachhabenden zu und trat durch das Tor. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals und sie blieb nicht stehen, bis sie das Gebäude erreicht hatte. Die Wache hatte sie lediglich mit einem prüfenden Blick bedacht, als sie vorbeigeschritten war. Es hatte also seine Richtigkeit, dass sie an den Hof gehörte. Oder der Mann war ein schlechter Wächter. Mia schmunzelte bei dem Gedanken. Sie schob die schwere Holztür auf, die in den linken Flügel des Schlosses führte. Tief atmete sie den vertrauten Geruch nach Bohnerwachs und Dämpfen aus der Küche ein, dann lenkte sie ihre Schritte den Gang entlang. An der dritten Tür hielt sie an, trat ohne zu klopfen ein und fragte sich dann erst, wie sie soweit gekommen war. Sie stand in einem Schlafraum mit acht Stockbetten.

      »Emma!«, rief ein Mädchen und sprang auf. »Wo bist du gewesen?«

      Hilflos zuckte sie mit den Schultern. Sie konnte schlecht sagen, dass sie gar nicht diese Emma war. Alle im Raum, Sybilla und sogar die Wache schienen sie zu kennen. Und seltsamerweise kam ihr der verhasste Name ihrer Rolle auch nicht länger fremd vor.

      »Ich weiß nicht«, murmelte sie. »Ich habe mir den Kopf gestoßen.«

      »Ach, du Arme!« Das Mädchen fasste sie bei der Hand und zog sie sanft zu einem der Betten. »Leg dich hin. Du siehst ganz durcheinander aus. Vielleicht hast du eine Gehirnerschütterung!«

      Dankbar setzte Mia sich auf die Bettkante. Das Mädchen ließ nicht zu, dass sie sich die Stiefel auszog, sondern kniete sich hin und schnürte sie selbst auf.

      »Die sind ja ganz matschig. Warst du im Wald?«

      »Ja. Ich glaube schon. Ich weiß es nicht mehr«, log Mia. Sie war sich sicher, dass niemand ihr glauben würde, wenn sie ihnen erzählte, dass sie aus der Zukunft kam. Sie konnte es ja selbst kaum glauben.

      Die anderen Frauen hatten sich wieder ihren Tätigkeiten zugewandt.

      Eine stopfte Socken, eine andere strickte, doch die meisten saßen auf ihren Betten und unterhielten sich leise. Die Matratze, auf der Mia lag, war hart und etwas unbequem, doch sie roch so vertraut wie ihr eigenes Bett. Sie stöhnte leise. Sofort beugte sich das Mädchen über sie.

      »Geht es dir nicht gut? Kann ich dir irgendetwas bringen?« Ihre dunklen Augen blickten besorgt, wie die eines Kindes.

      »Vielleicht ein Glas Wasser, äh, …?« Mia wusste, dass sie das Mädchen kannte, doch ihr wollte der Name nicht einfallen. Hoffentlich konnte sie es auf die angebliche Gehirnerschütterung schieben.

      »Ich bin Mary, hast du das etwa vergessen?«

      Beschämt legte sie die Hand über die Augen. Diese Situation wäre nicht mehr zu retten. Gleich würde Mary weitere Fragen stellen und Mia würde ihr die Wahrheit, die fantastischer als ein Märchen war, sagen müssen. Doch Mary deutete diese Geste falsch, und Mias Befürchtungen zerschlugen sich, als sie anfing zu sprechen.

      »Du Arme!«, sagte sie sanft. »Du musst schreckliche Kopfschmerzen haben. Ich weiß noch, als ich einmal von der Kuh bei uns zu Hause getreten worden bin. Damals war mir ganz schrecklich übel und ich wusste nicht einmal mehr, welchen Tag wir hatten. Sogar der Arzt musste kommen! Danach musste ich doppelt so hart arbeiten, damit wir ihn bezahlen konnten, aber er hatte mir Medizin dagelassen, damit meine Kopfschmerzen besser werden konnten. Und am nächsten Tag konnte ich mich auch wieder an alles erinnern.«

      »Mary«, stöhnte Mia. Das Mädchen plapperte zu viel.

      »Ach ja.« Sie sprang wieder auf.

      Mia hörte nicht mehr, dass sie zurückkam und ein Glas Wasser neben ihrem Kopf auf den Boden stellte. Sie war erschöpft eingeschlafen.

      »Emma. Emma!« Sie wollte sich umdrehen, doch eine Hand an ihrer Schulter hielt sie davon ab. »Emma!«

      Seufzend schlug sie die Augen auf. Gerade noch hatte sie Freds Arme um sich gespürt und sich in seinen braunen Augen verloren. Seine Küsse hatten ihre Wangen und Lippen gereizt, weil er wie so oft verschlafen und die Rasur ausgelassen hatte. An ihrem Finger hatte ein schlichter silberner Ring gesteckt. Die Realität bestand aus dem dunkelhaarigen Mädchen, Mary, das an ihrer Schulter rüttelte, damit sie aufwachte. Sich wieder in den Traum und in Freds Umarmung zu flüchten war verlockend, doch Mary ließ nicht locker.

      »Emma, du musst aufstehen! Wir müssen gleich hoch ins Schloss! Willst du gar nicht frühstücken? Los jetzt! Emma!«

      Von Marys Redeschwall überfordert brummte Mia nur unverständlich, bevor sie schließlich nachgab und sich aufsetzte. Dabei stieß sie beinahe mit dem Kopf an das