Mia und der Erbe des Highlanders. Morag McAdams

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Название Mia und der Erbe des Highlanders
Автор произведения Morag McAdams
Жанр Языкознание
Серия Ian McLaren - der Berserker
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958131972



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Mias Vermutung nach zum McLaren-Clan gehörte, stimmte Auld Lang Syne an. Es erschien ihr falsch, dieses Lied im hellsten Sonnenschein zu hören statt an einem Silvesterabend, doch immerhin war das die Botschaft dieses Festivals: Auf die Alte Zeit, mein Freund, um der alten Zeiten willen. Die Menge lauschte andächtig den verhallenden Tönen, dann begann ein Kammerorchester zu spielen und die leichten Melodien umwehten sie wie ein luftiger Schleier.

      Mia hätte sich entspannen können, wenn Fred nicht unruhig gewesen wäre. Immer wieder nestelte er an der Brusttasche seines langen Jacketts, veränderte den Stand seiner Füße und setzte sich zurecht. Sie konnte fühlen, wie er ihr immer wieder Blicke zuwarf, doch wenn sie sich zu ihm drehte, lächelte er sie beruhigend an, als wäre alles in bester Ordnung. Mia wurde nicht schlau aus seinem Verhalten. Vielleicht hatte es mit seinem hastigen Weggang auf dem Weg vom Bahnhof zu tun. Er hätte eine alte Freundin gesehen, hatte er gesagt. Mia fragte sich, was das zu bedeuten hatte, und wurde nervös. Es begann als leichtes Drücken in der Magengegend, als sie an diese andere Frau dachte, und wurde zu einem zugeschnürten Hals, als sie überlegte, in welcher Beziehung Fred zu ihr gestanden hatte oder noch stand. Konnte seine Nervosität bedeuten, dass er eine Entscheidung getroffen hatte, die sie ausschloss? Möglicherweise hatte sie ihn mit ihren forschen Worten am Morgen in die Enge getrieben und er suchte nun einen Ausweg. Er würde die andere Frau als Möglichkeit zur Flucht nutzen und sie bliebe allein zurück.

      Angst lähmte ihre Gedanken und als nach dem Verklingen der Musik leise Gespräche geführt wurden und Fred aufstand und ihr die Hand reichte, sah sie ihn verständnislos an.

      »Wollten wir nicht noch die eine oder andere Regel brechen?«, grinste er. »Ich schlage vor, wir fangen damit an, dass ich dir meine Stadt zeige – ganz allein!«

      Mia nickte mechanisch, obwohl alles in ihr »Nein!« schrie. In Gesellschaft zu bleiben war sicher, da würde Fred nichts sagen, was ihre Welt ins Wanken bringen konnte. Doch sie mahnte sich zur Contenance, erhob sich, nahm Freds Arm und ließ sich von ihm führen. Es war nichts anders als eine weitere Rolle und sie war eine gute Schauspielerin. Sie würde so aussehen, als wäre sie vollkommen gelassen, während sie sich einzuprägen versuchte, wie sich Freds Arm unter ihrer Hand anfühlte, wie leicht er seine Schritte ihren kürzeren Beinen anpasste, wie sein Aftershave roch, das sicher nicht ins neunzehnte Jahrhundert passte.

      Die Junisonne stand hoch am Himmel, doch in der Ferne ballten sich Gewitterwolken zu einem graugelben Berg, als Fred sie eine große Allee entlangführte. Er schwieg und Mias Nervosität stieg. Mit Anstrengung gelang es ihr, ihre verkrampfte Hand zu lösen. Sie hatte keinen Blick für den hübsch angelegten Teich übrig, den sie auf einem Schotterweg umrundeten. Hinter ihnen erhob sich Donnahew Castle, doch noch waren sie allein in dem kleinen Park. Das Geräusch ihrer Schritte erinnerte sie an zerbrochenes Glas und Mia hasste sich dafür, so abhängig von ihrem Freund geworden zu sein. Es war so einfach gewesen, sich an ihn zu lehnen, und nun fürchtete sie sich davor, den Halt zu verlieren.

      Jeder Schritt tönte »nein, nein, nein« und »bitte, bitte, bitte«, als sie die Häuser der Stadt hinter sich ließen und die ersten freien Flächen der Highlands betraten. Fred nestelte an seiner Tasche und schwieg. Die Wolkenwand begann, sich vor die Sonne zu schieben. Mia wartete. Sie wartete so sehr, dass sie stolperte, als Fred sie in den Bogen einer hufeisenförmigen Mauer führte und stehen blieb. Angst griff nach ihr, als er sie losließ. Das war es, das Ende.

      Sie sah Fred einen Gegenstand in der Hand halten. Er wirkte nervös. Mias Blut rauschte in ihren Ohren und übertönte beinahe seine Worte. »Willst du mich heiraten?«

      Sie erstarrte und versuchte, einen Sinn hinter dem Gesagten zu erkennen. »Was?«, krächzte sie mit enger Kehle.

      »Ich liebe dich, Mia. Willst du mich heiraten?«

      Die Erleichterung bahnte sich ihren Weg und Mia begann zu lachen. Erst war es ein Kichern, das sie stoppte, indem sie die Arme um Freds Hals schlang und ihn küsste. Seine Bartstoppeln kratzten und seine Lippen waren kalt, doch es war perfekt. Sie küsste gerade ihren Verlobten! Das Lachen wurde hysterisch, als sie nach Luft schnappte und realisierte, dass sie ihm antworten musste. Doch in ihrem Lachanfall war sie nicht in der Lage, das einsilbige Wort zu artikulieren. Keuchend hielt sie die Hände vor sich und versuchte, zu Atem zu kommen. Fred wich zurück.

      Als Mia die Hand nach ihm ausstreckte, rollte der Donner heran, ein mächtiger, tosender Donnerschlag, und dann wurde alles dunkel um sie.

      Mia schlug die Augen auf. Das Gewitter, das so plötzlich begonnen hatte, entlud seine Kraft in einem Wolkenbruch. Benommen rappelte sie sich auf. Sie schien ohnmächtig gewesen zu sein. Vielleicht hatte sie einen Sonnenstich bekommen, als sie mit Fred durch Cosgailkirk spaziert war. Nun prasselte der Regen auf sie herab und in einer nutzlosen Geste strich sie sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Sie hatte Kopfschmerzen und richtete ihr Gesicht nach oben, weil ihr der kalte Regen und der frische Wind Linderung verschafften. Ihre Frisur war ruiniert und etwas neidisch dachte sie daran, dass Freds Hut ihn vor dem größten Regen schützte.

      Wo war Fred?

      Auf wackeligen Beinen trat sie aus dem steinernen Hufeisen und sah sich suchend um. Der Wolkenbruch hatte so plötzlich aufgehört wie er begonnen hatte und ringsumher stieg feiner Dampf aus den Wiesen auf, der verhinderte, dass Mia weit blicken konnte. Doch eines konnte sie mit Sicherheit sagen: Fred war nicht da.

      Ihr wurde schwindelig und sie setzte sich auf die Mauer, weil ihre Beine nachzugeben drohten. Vorsichtig zog sie die Haarnadeln aus ihrem durchnässten Dutt und wartete. Fred war vermutlich gegangen, um Hilfe zu holen, als sie aus ihrer Ohnmacht nicht sofort wiedererwacht war. Sie konnte das breite Grinsen nicht unterdrücken, als sie an seinen Antrag dachte. Er wollte sie heiraten! Sie würde Freds Frau werden! Deshalb war er so unruhig gewesen und war auf der Händlerzeile verschwunden. Er musste den Ring gekauft haben, den sie nicht einmal wahrgenommen hatte. Doch dafür war noch genug Zeit, wenn Fred wiederkäme. Mit ihren nassen Haaren versuchte sie, ihre heißen Wangen zu kühlen. Die Zweifel vom Morgen waren verschwunden und sie fühlte, wie das Glück sich in jeder Zelle ihres Körpers ausbreitete. Sie lachte über ihre kitschigen Gedanken. Die Vögel sangen nicht lauter und die Sonne schien nicht heller, doch die Welt war schön.

      Unter den Bäumen, die den Schlossteich säumten und unter denen sie vor einiger Zeit mit Fred spaziert war, konnte Mia mehrere Gestalten ausmachen. Eine von Reitern begleitete Kutsche bog auf den Weg ein, der zu ihr führte. Ihr Herz schlug schneller, als sie den Mann in dem offenen Gefährt sah, das schnell näherkam. Sie sprang auf.

      »Fred!« Sie winkte aufgeregt. Kurz dachte sie daran, dass Winken und lautes Rufen vermutlich nicht zu ihrer Rolle als Emma passten, doch sie tat es trotzdem. Sollten die Männer doch denken, was sie wollten. Fred würde sie verstehen. Er verstand sie immer, und wenn er es nicht tat, fragte er so lange nach, bis er ihren Standpunkt nachvollziehen konnte. Nicht selten änderte sich ihre Sichtweise während eines solchen Gesprächs, weil seine gezielten Fragen ihr halfen, die Dinge von mehr als einer Seite zu betrachten.

      »Fred!«

      Die Kutsche wurde nicht langsamer und Mia starrte den Mann darin an. Sie erkannte den dunkelbraunen Kurzmantel ihres Freundes, doch das Gesicht unter dem hohen Zylinder war ihr fremd. Einer der Reiter hielt auf sie zu, sodass sie zurückweichen musste.

      »Für dich heißt es ‚Mylord‘!«, donnerte er. »Was willst du?«

      Mia hob abwehrend die Hände. »Ich dachte, in der Kutsche sitzt mein Verlobter.«

      Der Reiter lachte höhnisch. Es erinnerte sie an das Lachen ihres Vorgesetzten, wenn er eine Kollegin als schlechtes Beispiel vorführte.

      »Das, Mädchen«, die Bezeichnung kam einem Schimpfwort gleich, »ist Frederick Ainsley William McLaren, den du erkennen solltest, wenn du weiterhin im Dienst des Hofs stehen willst!« Er preschte der Kutsche hinterher und ritt dabei so eng an Mia vorbei, dass sein Fuß sie traf und sie taumelte. Als sie das Gleichgewicht wiedergefunden hatte, erstarrte sie. Auf der gegenüberliegenden Seite des Weges war wie aus dem Nichts eine Frau aufgetaucht.

      Was war hier los?

      Das