Mia und der Erbe des Highlanders. Morag McAdams

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Название Mia und der Erbe des Highlanders
Автор произведения Morag McAdams
Жанр Языкознание
Серия Ian McLaren - der Berserker
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958131972



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in hysterischem Lachen entladen hatte. Steckte er dahinter? Eigentlich traute sie ihm solche Spielchen nicht zu, doch vielleicht hatte ihn ihre Reaktion verletzt. Er wusste ja nicht, was in ihr vorgegangen war. Bestimmt hatte er einige seiner Bekannten überzeugt, dieses Schauspiel aufzuführen, um ihr ein wenig Angst einzujagen. Jeden Moment wäre er wieder hier und sie könnte ihm endlich ihr Ja sagen.

      Die alte Frau stand noch an derselben Stelle, als Mia sich einen Ruck gab und zu ihr ging.

      »Wo ist Fred?«, fragte sie, doch die Alte schüttelte den Kopf.

      »Alles zu seiner Zeit.«

      Sie sollte wohl noch etwas im Ungewissen gelassen werden.

      »Können wir wenigstens irgendwo hingehen, wo meine Kleider trocknen können?«

      Statt einer Antwort stapfte die Frau los. Mia beschloss, ihr zu folgen, denn sie war seit ihrer Ohnmacht die erste freundliche Person, die sie traf. Ihr Rock klebte unangenehm an ihren Beinen und sie stolperte immer wieder auf dem Pfad. Der kleine Weg war durch Wurzeln und Pfützen schwer passierbar, doch sie konnte mit den kurzen Schritten der Frau mithalten, die schweigend vorweg ging. Obwohl sie in ein Gewand gekleidet war, stimmte etwas in Mias Augen nicht. Statt eines weitausladenden Kleides trug die Frau einen schlichten braunen Rock mit einer ebenso schmucklosen Bluse. Die Haare, die einst braun gewesen sein mochten, trug sie in einem unordentlichen Knoten.

      Niemand aus der Gruppe, mit der sie auf das Festival gekommen war, hatte solch ärmliche Kleidung getragen.

      »Was ist hier eigentlich los? Wo ist Fred? Das ist alles ein Missverständnis!« Sie erkannte, dass ihre Stimme viel zu hoch klang. Ihre Hände zitterten und sie ballte sie zu Fäusten, um es zu verbergen. Die Alte schritt zügig über den unebenen Pfad, während Mias Füße zu schmerzen begannen. Sie schwitzte trotz ihres regennassen Kleides. Endlich drehte sich ihre Begleiterin zu ihr um.

      »Ich hatte nicht erwartet, dich hier zu sehen, Emma. Aber ich bin froh, dass du es bist.«

      »Was?« Mia blieb stehen. Das ergab doch alles keinen Sinn!

      Ihr blieb jedoch nichts anderes übrig, als der alten Frau in das kleine Haus zu folgen, das von einigen Büschen verborgen am Waldrand stand.

      »Was ist hier los?«, verlangte sie zu wissen, als sie im Inneren stand. Auf dem altertümlichen holzbefeuerten Herd stand ein Kessel. Von den Dachbalken baumelten Büschel einiger Kräuter und zu Strängen gewundene Zwiebeln, und unter einem Fenster war eine weitere Feuerstelle im Boden errichtet, von der dünne Rauchfäden aufstiegen. Die Alte rührte in dem Kessel herum, dann drückte sie Mia eine dampfende Tasse in die Hand und schob sie auf eine Bank, die an der Wand stand. Perplex ließ sich Mia darauf nieder. Sie wusste nicht, warum sie sich diese Behandlung gefallen ließ. Es wäre klüger gewesen, im Freien zu warten, bis Fred wiederkäme. Langsam kam ihr der Gedanke, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmen konnte.

      »Wer sind Sie? Was passiert hier? Wo ist mein Freund?« Sie konnte die Panik nicht aus ihrer Stimme halten. Ihr Hals war wie zugeschnürt und in ihrem Bauch hatte sich die Angst zu einem festen Ball zusammengerollt. Ihr war übel.

      »Eins nach dem anderen.« Die Alte hatte ihr Schultertuch abgelegt und hockte sich an die gegenüberliegende Wand. Furcht und Erleichterung stritten um die Vorherrschaft, als Mia sie ansah. Das Gesicht der Alten war von Narben gezeichnet, doch sie schien freundlich zu sein. Andererseits hatten schon viele Frauen ihre Peiniger als freundliche Menschen erlebt, bevor sie ihr wahres Ich zeigten.

      »Wer bist du?«, wiederholte Mia gepresst. Die Frau schien endlich gewillt, ihr Antworten zu geben.

      »Das ist eine einfache Frage. Ich bin Sybilla.«

      »Woher weißt du, wer ich bin?«

      »Auch das ist leicht. Du bist Emma, die Tochter von Martha. Ich habe dich auf die Welt geholt.« Sybilla hob die Hand, als Mia protestieren wollte. Sie war nicht die Tochter einer Martha. Das würde zwar die Gefühlskälte ihrer Mutter erklären, doch sie sahen sich zu ähnlich, um Zweifel aufkommen zu lassen. Es gab keinen Grund, das, was die Alte sagte, als Wahrheit in Betracht zu ziehen.

      »Es ist die Wahrheit.« Mia erstarrte.

      »Kannst du Gedanken lesen?« Sie umklammerte den Becher aus braunem Porzellan. Der Inhalt war nicht zu identifizieren, und obwohl er aromatisch roch, wollte sie nichts davon trinken.

      »Sei nicht albern, Emma. Niemand kann das. Aber du bist nicht die Erste, die ich am steinernen Tor abgeholt habe. Ich weiß, was in dir vorgeht.«

      »Dann lass mich doch gehen!«, wollte Mia rufen, doch sie blieb stumm. Es dämmerte ihr, dass sie in einen Schlamassel geraten war, dem sie ohne Hilfe nicht entfliehen können würde. Also würde sie warten und nicht den Tee trinken. Das war zu viel verlangt. Aber sie würde die alte Frau nicht anschreien. Die Hoffnung, alles sei nur ein Traum, keimte auf.

      »Ich sage dir die Wahrheit und es ist kein Traum, Emma«, sagte Sybilla nüchtern. Mia wusste nicht, warum sie ihr glaubte. Doch die Alte strahlte eine Autorität aus, der sie sich beugte und die Scherben ihrer Hoffnung auflas.

      »Wo ist Fred?«, flüsterte sie und griff nach dem letzten Strohhalm.

      »Ich weiß es nicht, aber wenn du mit ihm spazieren warst, ist er wohl in Cosgailkirk.«

      »Und wo bin ich?«

      »In Cosgailkirk.«

      Mia lachte erleichtert auf. Es war doch nur ein Scherz gewesen, den man mit ihr getrieben hatte. Sie war zu glücklich, um sich darüber zu ärgern. Schwungvoll stand sie auf und hätte beinahe den Inhalt der Tasse verschüttet.

      »Dann ist ja alles gut!«, rief sie. »Tolle Vorstellung, wirklich, ihr habt mir echt Angst eingejagt! Aber jetzt gehe ich zurück zu meinem Freund.«

      »Setz dich.« Die Stimme der Alten war kalt. Langsam drehte Mia sich wieder zu ihr um. Sie saß noch immer mit dem Rücken an die Wand gelehnt und wirkte völlig entspannt, während gleichzeitig eine Macht von ihr ausging, die automatischen Gehorsam verlangte.

      »Nein.« Die Angst war mit einem Schlag zurückgekehrt. Sie wollte sich nicht setzen, sie wollte zu Fred. Sie wollte nach Hause.

      »Welcher Tag ist heute?«

      »Der einundzwanzigste Juni.«

      »Welches Jahr?« Die Alte ließ nicht nach.

      Mia antwortete nur zögernd.

      »Dann ist dein Mann im Jahr …« Sie stockte, als wäre Mias Angabe unfassbar. »Dann ist er in jenem Jahr in Cosgailkirk.«

      Mia lachte. »Er ist doch noch gar nicht mein – Moment. Was?«

      »Euch trennen mehr als… hundertundfünfzig Jahre.«

      »Das ist ein Witz, oder?«

      »Nein.«

      Mia keuchte auf. Die Welt drehte sich plötzlich schneller um sie, als es erträglich war. Mit einer Geschwindigkeit, die sie ihr nicht zugetraut hätte, war Sybilla auf den Beinen und stützte sie, als ihre Knie nachgaben. Sie half ihr zurück auf das schmale gepolsterte Brett und nahm ihr den Becher aus der kraftlosen Hand. Sein Inhalt hatte sich auf dem Holzboden verteilt. Ungerührt trat sie durch die Pfütze und füllte den Becher am Kessel auf.

      »Trink das. Es wird dir helfen.«

      Wie ferngesteuert setzte Mia die Tasse an die Lippen. Das grobporige Porzellan war heiß gegen ihre kalten Finger. Sie schmeckte die Schärfe des Alkohols und nahm einen weiteren Schluck. Ihr Kopf wurde leicht und die Wärme kehrte in ihre kalten Glieder zurück.

      »Welches Jahr haben wir?« Es war anstrengend, jede Information von der alten Frau erfragen zu müssen.

      »1843.«

      »Das ist ein Witz, ein Scherz, ein ganz übler Scherz!« Noch immer weigerte sie sich, Sybilla Glauben zu schenken. Sie war überzeugt, dass sie Fred wiederfinden würde, wenn sie nur lange genug suchte. Dann würde sie ein ernstes Wort mit ihm reden müssen. Missverständnis oder nicht, er