Mia und der Erbe des Highlanders. Morag McAdams

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Название Mia und der Erbe des Highlanders
Автор произведения Morag McAdams
Жанр Языкознание
Серия Ian McLaren - der Berserker
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958131972



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zu haben.

      »Emma«, schnaufte die Hüterin der Traditionen nach einer kurzen Pause und notierte etwas auf ihrem Zettel. »Es gab da mal einen Film und Sie sehen aus wie die Hauptdarstellerin, wenn auch mit etwas dunklerem Haar.«

      »Emma? Jane Austens Emma? Ich bin doch kein hochnäsiges Weib, das den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht!«

      »Nicht wie diese Emma, Liebes.« Marion hob angesichts dieses Kosewortes eine Augenbraue, sagte jedoch nichts. »Aber vielleicht wie Prinzessin Emma, die spätere Regentin und Königin-Mutter der Niederlande.«

      Das ungesagte »Es ist nur eine Rolle« hörte Mia deutlich, doch der Vergleich mit einer Prinzessin schmeichelte ihr trotzdem. Das Wissen ihres Freundes um die Königshäuser Europas erstaunte sie immer wieder. Sein Interesse galt nicht nur seiner Heimatstadt und dem Clan der McLarens, sondern er schien auch fasziniert von den Adelsfamilien auf dem Kontinent.

      »Na schön«, gab sie nach und lächelte schelmisch. »Frederick.«

      »Touché!«, lachte ihr Freund.

      »Los jetzt!« Gemeinsam mit Marion schlossen sie sich endlich der Prozession der Gewandträger an.

      Inmitten der Gruppe fühlte Mia sich wohl. Die Anspannung fiel von ihr ab, als sie nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Marions hektisch geflüsterte Anweisungen, sich ins Stadtbild einzufügen und ja an die Regeln zu denken, führten zu durchgestreckten Rücken und dazu, dass viele kleinere Grüppchen entstanden. Augenscheinlich verheiratete Paare schlenderten davon, Frauen gesellten sich zu ihren Freundinnen und ein weiteres Pärchen schloss zu ihnen auf. Der junge Mann zog seinen Hut und stellte sie vor.

      »Ich bin Honoratus, und das ist Mildred.«

      Mia lachte. »Und wie heißt ihr wirklich?«

      »Patrick und Lily«, flüsterte das Mädchen, das versuchte, ihre Akne unter einer Makeupschicht zu verstecken. »Aber lass das bloß nicht Marion hören!«

      Sie hatte wirklich Glück gehabt bei der Namensvergabe, stellte Mia fest. Doch trotzdem mochte sie sich nicht damit anfreunden, Emma zu sein. Sie dachte an alte Damen, die zu viel Parfum benutzten und einen echten Nerz trugen, während sie am Arm ihres Freiwilligendienstleistenden zum Bäcker um die Ecke gingen. Der Name Emma war so unmodern, dass er in den Augen mancher schon wieder schick war. Doch Mia dachte wie Marion an hochnäsige, besserwisserische Fräulein aus längst vergangenen Zeiten. Emma aus Jane Austens Roman hatte sich unbeliebt gemacht bei dem Versuch, das Leben ihrer Freundinnen zu regeln. Dabei hatte sie ihr eigenes kaum im Griff gehabt und musste auf einen Mann warten, der ihr schließlich die Augen öffnete und sie davor bewahrte, sich weiterhin überall einmischen zu müssen. Unnötig zu sagen, dass sie unsterblich in ihn verliebt war und er sie heiratete.

      Mia seufzte genervt. Der Vergleich mit der Schauspielerin störte sie nicht und sie hörte ihn auch nicht zum ersten Mal. Es war der Name, der sie abschreckte. Emma zu sein bedeutete, nicht auf eigenen Beinen stehen zu können. Emma war ein Relikt und Mia eine moderne junge Frau, die wusste, was gut für sie war, und die danach handelte.

      Doch dann erinnerte sie sich daran, dass sie sich heute in der Vergangenheit befand.

      Wie einstudiert legte Mia ihre Hand wieder auf Freds Arm und die beiden Paare machten sich gemeinsam auf den Weg in die Innenstadt. Sie war mit ihrem Rollennamen versöhnt, obwohl sie nicht verstand, wozu er benötigt wurde. Schließlich würde niemand ihre privaten Gespräche hören. Sie begegneten immer mehr Schaulustigen, je näher sie dem Zentrum der Stadt und somit auch des Festivals kamen. Im Gegensatz zu der Gruppe, mit der sie angereist war, trugen viele der Zuschauer Kilts in den unterschiedlichsten Farben, was Fred zu missmutigen Kommentaren reizte. Nicht länger so unsicher wie noch am Morgen winkte Mia einem kleinen Mädchen zu, das sie mit offenem Mund anstarrte. Der Mutter war das offenbar peinlich, denn sie versuchte, die Kleine an der Hand zurückzuhalten. Doch sie riss sich los und stand dann atemlos vor der Gruppe.

      »Seht ihr schön aus!«, staunte sie. »Warum habt ihr euch verkleidet?«

      Ratlos sah Mia zu Fred und dem jungen Pärchen. Das war eine gute Frage, auf deren Antwort sie genauso gespannt wartete wie das Mädchen.

      »Weißt du, kleine Lady«, Fred ging in die Hocke, damit er die Kleine besser ansehen konnte, »heute ist ein Fest, an dem wir uns daran erinnern, wie die Eisenbahn zum ersten Mal in die Stadt kam. Dadurch konnten Fabriken gebaut werden und die Leute Geld verdienen.«

      »Und dann konnten sie schicke Kleider kaufen!«

      »Ganz genau, kleine Lady.« Fred erhob sich wieder, als die Mutter des Mädchens es am Arm packte und nach einem knappen Zunicken mit ihrer Tochter in der Menge verschwand.

      »Armes Kind«, bemerkte Mia, doch Lily – Mildred – zuckte mit den Schultern.

      »Wer weiß, warum die Mutter so ist. Ich bin früher meiner Mama auch immer weggelaufen, wenn es etwas zu sehen gab. Ich brauche ja anscheinend heute noch einen Aufpasser.«

      »Jedenfalls ist das Marions Meinung«, pflichtete Patrick bei. Mia hatte seinen Decknamen vergessen, hielt es aber nicht für wichtig genug, um nachzufragen.

      »Unverheiratete Paare dürfen nicht miteinander alleine sein!«, äffte er ihren Tonfall so gekonnt nach, dass sie kichern musste. Auch Fred lächelte, doch er war schnell dabei, die Frau zu verteidigen.

      »Sei nicht so gemein. Ihr wisst genau, dass ohne Marion hier ein heilloses Durcheinander herrschen würde.«

      »Was ist das eigentlich mit Marion?«, frage Mia. »Wieso lasst ihr euch von ihr herumkommandieren? Sie ist doch gar nicht von hier, oder? Müsste es nicht einen Koordinator vor Ort geben?«

      »Tja, dass Marion bei der Laiengruppe das Sagen hat, liegt an zwei Dingen. Zum einen würde es ohne einen Koordinator drunter und drüber gehen. Keiner würde sich wirklich an die Kleider- und Gesellschaftsordnung halten, wenn sie nicht darüber wachen würde.«

      »Und zweitens?«

      »Zweitens – und das ist der Grund, warum es gerade Marion ist – ist sie sehr wohl von hier, wie du es ausgedrückt hast. Ihre Familie ist sehr stark in der Kommunalpolitik engagiert. Es war ihr Großvater, der als Bürgermeister dieses Festival ins Leben gerufen hat. Sie sieht es als ihre Pflicht an, das Bestehen auf ihre Weise zu sichern.«

      Mia brummte nur. Sie war noch nicht von der Wichtigkeit der Frau überzeugt, doch Fred und die anderen hielten ihre Rolle für selbstverständlich und sinnvoll. Mia erinnerte sie ein wenig an die Praxisanleiterin während ihrer Ausbildung. Ständig lief sie hinter den Mädchen her, kritisierte hier eine Falte im Betttuch, dort eine rund gewischte Ecke und im Bad auch noch das millimeterkleine Staubkorn, das auf dem Spiegel zu sehen war. Doch sie hatte eingesehen, dass es ohne Mrs Watson keine von ihnen unter die Besten ihres Jahrgangs gebracht hätte, und wenn Marion für das Festival von so großer Bedeutung war, konnte sie das akzeptieren.

      Auf den Straßen hatten Händler ihre Stände aufgestellt und boten Dinge an, die sie für historisch hielten. Es gab Silberschmuck, Schultertücher, Dolche und Broschen und sogar billige Kleider für Kurzentschlossene, und Fred, der in den letzten Minuten ungewohnt still gewesen war, wand sich plötzlich aus ihrer Hand.

      »Ich glaube, ich habe da jemanden gesehen. Eine alte Freundin«, murmelte er und verschwand hinter einem der Zelteingänge.

      »Was war das denn jetzt?« Mia blieb nichts anderes übrig, als langsam mit Mildred und Zorro – bestimmt war sein Rollenname ähnlich lächerlich – weiterzugehen. Die Häuser, an denen sie vorbeikamen, sahen allesamt wie kleine Burgen aus. Zorro, der ihr galant seinen freien Arm angeboten hatte und sichtlich zufrieden mit den zwei Frauen die Straße entlang flanierte, erklärte ihr, dass diese herrschaftlichen Häuser erst vor knapp zweihundert Jahren errichtet worden waren. Man hatte die alten Gebäude abgerissen, als mit der Eisenbahn und den Fabriken der Reichtum kam, und Häuser im Stil der Zeit gebaut. Damals war der schottische Baronialstil modern, als die Menschen begannen, sich wieder auf ihre Wurzeln zu besinnen. Auf die gut erhaltenen Fassaden der alten Hauptstraße war die Stadt stolz. Mia kam sich dumm vor, als sie zögernd