Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur. Julius Hoxter

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Название Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur
Автор произведения Julius Hoxter
Жанр Документальная литература
Серия Judaika
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783843800242



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um die Mitte des 2. Jahrhunderts n.)

      Der Stammsitz der Juden ist Damaskus, die berühmteste Stadt Syriens. Ihren Namen hat die Stadt vom König Damaskus erhalten. Nach Damaskus waren Könige Azelus, dann Adores, Abraham und Israel. Den Israel aber machte sein reicher Kindersegen – er hatte zehn Söhne – berühmter als seine Vorfahren. Der jüngste unter den Brüdern war Joseph. Sein Sohn war Moses, den außer der Weisheit, die er vom Vater geerbt hatte, auch Schönheit der Gestalt empfahl. Als aber (die Juden) an Aussatz und Flechten litten, vertrieben die Ägypter, einem Orakelspruch zufolge, ihn und die Kranken aus dem Lande, damit sich die Krankheit nicht weiter verbreite. Natürlich machten ihn die Ausgewiesenen zu ihrem Führer; als solcher entwendete er den Ägyptern ihre heiligen Geräte, und als diese sie mit den Waffen wiederholen wollten, jagte sie ein Unwetter wieder heim. Moses suchte daher die alte Vaterstadt Damascena wieder auf und besetzte den Berg Sina. Als er nach siebentägigem Fasten mit seinem Volke durch die Wüste Arabiens endlich ermattet dahin gelangt war, heiligte er den siebenten Tag, der bei diesem Volke Sabbat heißt, für alle Zeiten durch Fasten, weil dieser Tag ihrem Hunger und Umherirren ein Ende gemacht hatte. Und weil sie nicht vergessen hatten, dass man sie aus Angst vertrieben hatte, wollten sie nicht aus demselben Grunde bei den Einwohnern verhasst werden und vermieden daher sorglich jede Gemeinschaft mit Fremden; was aus einem bestimmten Anlass hervorgegangen war, wurde allmählich zu einem politischen und religiösen Grundsatz.

      (Tacitus »Historiae« V, 4 und 5.)

      Moses wollte sich die Herrschaft über das Volk für immer sichern, deshalb brachte er ihnen neue Gebräuche bei, die den sonst in der Welt üblichen durchaus zuwiderlaufen: Was bei uns heilig, das ist dort alles unwert geachtet, und hinwiederum bei ihnen erlaubt, was uns als Unzucht gilt. Das Bild des Tieres, das ihnen zum Wegweiser geworden, um sie vom Irregehen und Verdursten zu retten, stellten sie zur Verehrung im Heiligtume auf, während sie den Widder schlachteten, als wollten sie den Ammon verhöhnen; auch das Rind wird geopfert, da ja die Ägypter ihren Apis verehren; das Schwein essen sie nicht, im Andenken an das Unheil, womit der Aussatz, der für dieses Tier ansteckend ist, sie vor Zeiten entstellt hatte. Von ihrer langwierigen Hungersnot in jener Zeit legen auch heute noch häufige Fasttage Zeugnis ab, und zur Erinnerung daran, wie sie die Feldfrucht gierig aufgerafft haben, behalten sie das sauerteiglose Judenbrot noch heute bei. Am siebenten Tage zu ruhen, sollen sie sich entschlossen haben, weil dieser ihre Mühsale beendigt habe, und weiterhin hätten sie, da das Nichtstun ihnen behagt habe, jeweils auch das siebente Jahr dem Müßiggange gewidmet. Diese Gebräuche, mögen sie dem oder jenem Anlass entsprungen sein, rechtfertigt ihr hohes Alter; die anderen Gewohnheiten, so widerwärtig, ja abscheulich sie sein mögen, sind durch ihre Unnatur herrschend geworden. Denn es haben verworfene Menschen sich von den Geboten ihrer Väter losgesagt und Abgaben und Geldgewinne dort zusammengetragen; das war der jüdischen Macht förderlich, ebenso der Umstand, dass unter ihnen selber entschlossener Zusammenhalt und hilfsbereite Teilnahme waltet, dagegen entschieden feindseliger Hass gegen alle andern … Ihre Proselyten treiben es ebenso, und das erste, was sie lernen, ist, die Götter verachten, das Vaterland verleugnen, Eltern, Kinder, Geschwister für nichts achten. Doch sorgt man für Vermehrung der Menschenzahl; denn es gilt für Sünde, ein nachgeborenes Kind zu töten, und die Seelen der Gefallenen oder Hingerichteten halten sie für unsterblich. Die Toten begräbt man, statt sie zu verbrennen, nach ägyptischem Brauche.

      (Apollonius von Tyana während des jüdischen Krieges: Philostr. Ap. 5, 33.) (11b)*

      Die Juden sind längst abgefallen, nicht von den Römern allein, sondern von den Menschen überhaupt; denn ein Volk, das ein ungeselliges Leben erfunden hat und die Tischgenossenschaft mit andern ablehnt und die Gemeinschaft der Trankopfer, Gebete und Brandopfer, ein solches Volk ist durch einen weiteren Abstand von uns getrennt als Susa und Baktra und darüber hinaus die Inder.

      (Aus Strabos Erdbeschreibung II, 35. Strabo, geb. 63 v., griechischer Geograph, lebte unter Augustus und Tiberius meist in Rom und bereiste einen großen Teil der damals bekannten Welt; von der Gottesverehrung der Juden gewann er ebenso wie Tacitus, an anderer Stelle »Historiae« V, 5, und Dio Cassius XXXVII, 17, eine richtige Meinung.)

      Moses, einer der ägyptischen Priester, der einen Teil des sogenannten Niederlandes (Gosen) besaß, zog, unzufrieden mit den daselbst bestehenden Einrichtungen, von dort weg in jenes Land, und viele Verehrer der Gottheit zogen mit ihm zugleich aus. Denn er behauptete und lehrte, dass weder die Ägypter noch die Libyer eine richtige Ansicht hätten, wenn sie die Gottheit wilden und Herdentieren ähnlich gestalteten, aber auch nicht die Hellenen, die sie in Menschengestalt bildeten. Denn nur jenes Eine Wesen sei Gott, das uns alle und Erde und Meer umfasse und das wir Himmel, Welt und die Natur der Dinge nennen. Wie könne also jemand, der bei Verstande sei, sich erdreisten, ein Bild davon zu formen, das irgendeinem der Dinge bei uns ähnlich sei? Man müsse vielmehr jede Bildnerei unterlassen, wohl aber (der Gottheit) einen heiligen Bezirk und ein würdiges Tempelgemach absondern und sie ohne Abbild verehren; die tugendhaft und in Gerechtigkeit Lebenden dürften stets Gutes von Gott erwarten, sei es eine Gabe oder ein Vorzeichen, die andern aber nicht.

      a) Josephus rechtfertigt seinen Übertritt zu den Römern. (13)

      (Aus Flavius Josephus, Geschichte des jüdischen Krieges; Josephus, eigentlich Joseph ben Mattatias, war Befehlshaber des jüdischen Heeres und Statthalter von Galiläa bis zum Fall von Jotapata.)

      Die Römer suchten nun teils aus eigener Erbitterung gegen Josephus, teils weil der Feldherr auf seine Gefangennahme, die er als beinahe entscheidend für den Ausgang des Krieges ansah, sehr erpicht war, unter den Toten und in allen verborgenen Schlupfwinkeln der Stadt nach, um den Gehassten zu finden. Er aber hatte sich während der Einnahme der Stadt wie unter göttlichem Beistand mitten durch die Feinde geschlichen und war in eine tiefe Zisterne hinabgesprungen, die sich seitwärts zu einer von oben unsichtbaren, geräumigen Höhle erweiterte. In diesem Versteck traf er vierzig vornehme Männer an, die auf eine Reihe von Tagen mit Lebensmitteln versehen waren. Bei Tage nun hielt er sich verborgen, weil die Feinde alles ringsum besetzt hatten; bei Nacht dagegen stieg er hinauf, um einen Weg zur Flucht ausfindig zu machen und sich nach den Posten umzusehen. Da aber eben um seinetwillen die Umgebung von allen Seiten so scharf bewacht wurde, dass an heimliches Entschlüpfen nicht zu denken war, begab er sich wieder in die Höhle zurück. Zwei Tage lang entging er so den Nachforschungen; am dritten aber wurde er von einer Frau, die bei ihnen gewesen und gefangengenommen worden war, verraten. Unverzüglich schickte nun Vespasianus zwei Tribunen, Paulinus und Gallicanus, mit dem Auftrag ab, dem Josephus Sicherheit zu versprechen und ihn zum Verlassen der Höhle zu bewegen. Die beiden gingen hin, sprachen ihm zu und verbürgten ihm sein Leben. Sie konnten indes nichts bei ihm ausrichten; denn lediglich die Wahrscheinlichkeit dessen, was er für die mannigfachen Schädigungen der Römer zu gewärtigen hatte, und nicht der milde Charakter derer, die ihm zuredeten, bestimmte seine Meinung bezüglich des ihm bevorstehenden Loses. Demgemäß konnte er sich der Befürchtung nicht erwehren, man wolle ihn nur hervorlocken, um ihn hinzurichten. Schließlich sandte Vespasianus einen dritten Boten in der Person des dem Josephus wohlbekannten und von früher her mit ihm befreundeten Tribuns Nikanor. Dieser kam und schilderte das milde Verfahren der Römer gegen die einmal von ihnen Besiegten, legte auch dar, wie die Heerführer den Josephus um seiner Tapferkeit willen mehr bewunderten als hassten, und wie der Feldherr keineswegs beabsichtige, ihn hinrichten zu lassen, da er ja diese Strafe an ihm vollziehen könne, auch ohne dass er hervorkäme, sondern entschlossen sei, ihm als einem tapferen Manne das Leben zu schenken. Übrigens würde Vespasianus, so fügte er hinzu, dem Josephus ebensowenig in hinterlistiger Absicht seinen Freund gesandt und so das Schändlichste mit dem Besten, Treulosigkeit mit Freundschaft maskiert haben, als er selbst sich dazu hergegeben haben würde, einen Freund zu betrügen.

      Da