Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur. Julius Hoxter

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Название Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur
Автор произведения Julius Hoxter
Жанр Документальная литература
Серия Judaika
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783843800242



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ihm: »Selbst auf David, den König Israels.« Da bezog dieser Neubekehrte folgende Schlussfolgerung auf sich: Wenn es bezüglich der Israeliten, die Gott Kinder nennt, die er, da er sie liebt, ›mein erstgeborener Sohn Israel‹ genannt hat, heißt: ›Ein Fremder, der herantritt, soll getötet werden‹, um wieviel mehr ist dies auf so einen geringgeschätzten Neubekehrten, der mit Stab und Wandersack hergekommen ist, zu beziehen! Er kam wieder zu Schammai und sprach: »Bin ich etwa würdig, Hoherpriester zu werden?! Es heißt ja in der Gesetzeslehre: Ein Fremder, der herantritt, soll getötet werden.« Darauf kam er wieder zu Hillel und sprach: »O sanftmütiger Hillel! mögen Segnungen auf deinem Haupt ruhen; denn du hast mich unter die Fittiche der Gottheit gebracht.«

      Erlass des Kaisers über die Rechte der Juden in Kleinasien und Cyrenaica.

      (Aus Flavius Josephus, Antiquitates XVI, 6.)

      »Der Caesar Augustus, Pontifex maximus mit Tribunengewalt, tut hiermit kund und zu wissen: In Erwägung, dass das Volk der Juden nicht bloß jetzt, sondern auch schon früher und besonders zu den Zeiten meines Adoptivvaters Caesar, da Hyrkanus Hoherpriester war, sich dem römischen Volke treu und ergeben bewiesen, hat es mir und meinen Räten nach eingeholter Zustimmung des römischen Volkes gefallen, zu verordnen, dass die Juden bei ihren Einrichtungen und dem Gesetze ihrer Väter zu belassen sind, so wie es auch zu Zeiten Hyrkanus’, des Hohenpriesters des höchsten Gottes, gewesen ist; dass ferner ihre Tempelgelder nicht angetastet werden dürfen, sondern dass es ihnen freistehen soll, dieselben nach Jerusalem zu schicken und den dortigen Tempelschatzmeistern abzuliefern, und endlich, dass sie am Sabbat oder dem ihm vorhergehenden Vorbereitungstage von der neunten Stunde an nicht mehr zu Bürgschaftsleistungen gezwungen werden können. Wird jemand bei der Entwendung ihrer heiligen Bücher oder Gelder aus dem Sabbathause oder dem Hause ihrer Vorsteher betroffen, so soll er wie ein Tempelräuber behandelt und seine Besitzungen sollen als Eigentum des römischen Volkes erklärt werden.«

      (Aus den Sibyllinischen Orakeln. 3. Buch 218–247, 356–362, 545–550. Das apokryphe Buch ist wahrscheinlich im ersten vorchristlichen Jahrhundert in Ägypten entstanden.)

      Es ist eine Stadt … im Lande Ur der Chaldäer, aus welcher das Geschlecht der gerechtesten Menschen ist, die immerdar guten Rats und edler Taten gedenken. Denn nicht sinnen sie über den Lauf der Sonnenscheibe oder des Monds noch über die ungeheuren Dinge unter der Erde noch über die Tiefe des funkelnden Meers, des Ozeans, nicht über die Zeichen aus den Zuckungen eines Gliedes noch über die Flugzeichen der Vogeldeuter, nicht über die Wahrsager, die Zauberer, die Beschwörer, nicht über die Täuschungen einfältiger Worte der Bauchredner, noch auch suchen sie aus den Sternen die Orakel der Chaldäer, noch treiben sie Astrologie; denn das alles ist verführend. Sondern sie sinnen über Gerechtigkeit und Tugend, und nicht (ist) Habgier bei ihnen, welche tausend Übel erzeugt den sterblichen Menschen, Krieg und Hunger ohne Ende. Bei ihnen sind gerechte Maße auf dem Land und in den Städten; nicht vollführen sie gegeneinander nächtlichen Diebstahl, noch treiben sie fort die Herden von Rindern, Schafen und Ziegen, noch nimmt ein Nachbar dem andern die Grenzsteine des Landes fort, noch kränkt ein schwerreicher Mann den Geringeren. Nicht bedrückt er Witwen, steht ihnen vielmehr bei, indem er sie immerdar mit Korn, Wein und Öl unterstützt. Immerdar schickt der Begüterte im Volke denen, die nichts haben und in Armut leben, einen Teil von der Ernte, erfüllend das Wort des großen Gottes, den gesetzmäßigen Gesang; denn für alle gemeinsam hat der Himmlische die Erde geschaffen.

      O du üppige, goldreiche Jungfrau, Tochter des latinischen Roms, oftmals wirst du bei deiner vielumfreiten Hochzeit als weinberauschte Dienerin nicht nach Gebühr vermählt werden; oftmals wird dein üppiges Haar die Herrin abscheren, und sie wird, das Recht verwaltend, das am Himmel zur Erde werfen und von der Erde wieder zum Himmel emporrichten, weil die Menschen des schlechten und ungerechten Lebens schuldig waren.

      Hellas, was vertraust du auf sterbliche führende Männer, die dem Ziele des Todes nicht entgehen können? Wozu bringst du eitle Gaben den Abgeschiedenen und opferst den Götzen? Wer hat dir den Irrtum ins Herz gelegt, dies zu tun, indem du das Antlitz des großen Gottes verlässt? Vor dem Namen des Allerzeugers hege Scheu, und lass ihn dir nicht verborgen bleiben.

      (Aus Philo, Legatio ad Gaium = Gesandtschaft an Gaius Caligula, § 36.)

      »Jerusalem ist die Hauptstadt nicht nur von Judäa, sondern von den meisten Ländern (mit jüdischer Bevölkerung), wegen der Kolonien, die es ausgesandt hat in die angrenzenden Länder: Ägypten, Phönizien, Syrien, Coelesyrien, und in die weiter entfernten: Pamphylien, Cilicien, in die meisten Teile von Asien (Kleinasien) bis nach Bithynien und in die entlegensten Winkel des Pontus; desgleichen nach Europa: Thessalien, Böotien, Mazedonien, Ätolien, Attika, Argos, Korinth, in die schönsten Teile des Peleponnes. Und nicht nur das Festland ist voll von den jüdischen Ansiedlern, sondern auch die bedeutendsten Inseln: Euböa, Cypern, Kreta. Und ich schweige von den Ländern jenseits des Euphrat; denn alle mit Ausnahme eines geringen Teiles Babylons und der ringsum gelegenen fruchtbaren Gegenden haben jüdische Einwohner.«

      a) Herkunft der Juden und Auszug aus Ägypten. (11 a)*

      (Cornelius Tacitus um 55–120 n., berühmter Geschichtsschreiber; »Historiae« V, 2–3.)

      Die Juden, erzählt man, hätten ihre Heimat, die Insel Kreta, als Flüchtlinge verlassen und sich in den entlegensten Gebieten Libyens zu der Zeit niedergelassen, wo Saturnus Thron und Reich an Jupiter habe abtreten müssen. Den Beweis dafür sucht man im Namen: Berühmt sei auf Kreta der Berg Ida; das Volk an seinem Fuße, die Idäer, heiße gewöhnlich, mit barbarischer Dehnung des Namens, Judäer. Manche behaupten, in Ägypten habe sich ihre Zahl übermäßig vermehrt und dann, von Hierosolymus und Judas geführt, sich über die Nachbarländer ergossen. Sehr viele machen aus ihnen ein äthiopisches Geschlecht, das unter dem Könige Cepheus Angst und Hass zur Auswanderung getrieben habe. Nach einigen hätten Assyrer, zusammengelaufenes, landhungriges Volk, einen Teil Ägyptens eingenommen, darauf aber sich in eigenen Städten, und zwar im Hebräerland, im Grenzgebiet gegen Syrien, niedergelassen. Andere endlich geben den Juden einen edeln Ursprung: die Solymer, das in Homers Liedern genannte Volk, hätten eine Stadt gegründet und nach sich Hierosolyma genannt.

      Die meisten Gewährsmänner berichten übereinstimmend: In Ägypten sei eine Krankheit ausgebrochen, die die davon Befallenen furchtbar entstellt habe. Darauf habe sich König Bocchoris an das Orakel des Ammon um Abhilfe gewandt und die Weisung erhalten, sein Reich zu säubern und diese den Göttern verhasste Menschenrasse nach andern Gegenden abzuschieben. Darauf habe man die Leute aufgespürt und sie zusammengebracht, und als man sie in einer Wüste sich selbst überlassen, hätten die andern alle in stumpfer Ergebenheit nur geweint; nur einer der Vertriebenen, Moses, habe sie aufgefordert, von Göttern (nämlich den ägyptischen) und Menschen keine Hilfe zu erwarten, da beide sie verlassen hätten, sondern sich selber zu vertrauen, und zwar unter der himmlischen Führung dessen, der ihnen die erste Hilfe bringe, um der gegenwärtigen Not zu entrinnen. Sie fielen ihm zu und zogen, durchaus unkundig, wie sie waren, aufs Geratewohl ihres Weges. Doch plagte sie nichts so sehr wie der Wassermangel, und schon waren sie dem Tode nah überall auf dem Gelände niedergesunken, als ein Rudel wilder Esel von der Weide her auf einen Felsen zulief, den ein Gehölz beschattete. Moses folgte ihren Spuren und fand, wie er aus dem Graswuchs erschlossen hatte, reiche Wasseradern. Das half, und nach einem ununterbrochenen Marsch von sechs Tagen vertrieben sie am siebenten die Bewohner des Landes, nahmen es in Besitz und gründeten feierlich Stadt und Tempel.