Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

Читать онлайн.
Название Das Erbe der Ax´lán
Автор произведения Hans Nordländer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738034684



Скачать книгу

doch ehrlich verdient. Anuims Zustand war befriedigend. Er hatte, wie erwartet, eine Mordsbeule bekommen und auch einige, wenn auch erträgliche Kopfschmerzen zu erdulden, aber er war reisefähig.

      Meneas verstand die Neugierde seiner Freunde, die im Wirtshaus zurückgeblieben waren, aber da er mit Tjerulf Eile vereinbart hatte, wollte er die Zeit nicht mit einem Bericht verschwenden, der auch später noch gegeben werden konnte und von dem seine Freunde auch dann noch einiges nur schwer glauben würden.

      So kam es, dass sich die beiden Gruppen am südlichen Stadttor wieder vereinigten, noch bevor die alltägliche Geschäftigkeit in Guff-Mat begann. Sehr zum Unwillen des Wirtes des »Glockenturms« hatten Meneas und seine Gefährten zu den nächtlichen Vorkommnissen hartnäckig geschwiegen. Da auch nichts zu Bruch gegangen war, gab es auch keinen Streit über Dinge, die zu ersetzen er von Meneas verlangen konnte und bald ritten die sechs Reisenden vom Hof des Gasthauses herunter und ließen einen etwas verärgerten und noch unwissenderen Gastwirt zurück. Natürlich hatte er ihnen seinen Unwillen nicht gezeigt, denn sie hatten die Zimmer ordentlich bezahlt und vielleicht kamen sie ja eines Tages als Gäste wieder - und waren dann redseliger.

      Die zehn Reiter waren froh, als sie die Stadtmauer hinter sich lassen konnten. Es erschien ihnen, als verließen sie ein Gefängnis. Besonders Durhad, der nun wieder seinen Lieblingsbegleiter Fintas auf seiner Schulter trug, und Trywfyn atmeten innerlich auf, als sie aus Guff-Mat heraus waren. Auch ohne die Geisteraustreibung hätten sie diese Stadt nicht gemocht.

      2. Die Prophezeiung

      Trotz ihrer Erleichterung fühlten sie sich doch nicht unbeschwert. Selbst Tjerulf, der bereits mehrere Male in Guff-Mat gewesen war, spürte nach diesen Erlebnissen eine nie gekannte Bedrückung. Sie waren der Gefahr nicht entronnen und die Angriffe des Ordens von Enkhór-mûl wurden entschlossener und die Gegner immer gefährlicher, wie es schien. Dieses Mal hatten die Priester bereits in erschreckender Weise zugeschlagen, und wenn es so weiterging, dann konnte es nicht mehr lange dauern, bis sie das erste wirklich ernsthafte Opfer in ihrer Gruppe zu beklagen haben würden.

      Auch wenn Tjerulf und seine Freunde schon vorher mit solchen Dingen zu tun gehabt hatten und darin einigermaßen erfahren waren und sich gewisser Hilfe aus anderen Welten sicher sein konnten, so waren Meneas und seine Gefährten bisher von Dämonen aller Art und dem Umgang mit ihnen verschont geblieben. Tote und üble Verletzungen kannten sie und besonders Meneas war mit zahlreichen Heilverfahren vertraut, aber es sollte lange dauern, bis er und vor allem Idomanê die Bilder aus dem Keller vergaßen.

      Meneas hatte immer stärker den Eindruck, dass sie sich mit der Suche nach den Kristallfragmenten auf ein Abenteuer eingelassen hatten, dem sie, zumindest ohne die Hilfe von Tjerulf und seinen Freunden, nicht gewachsen waren. Und er war sich nicht sicher, ob seine Freunde ihre schnelle Zusage an Osir und Gnum nicht schon bereuten. Aber jetzt gab es trotz aller Gefahren kein Zurück mehr, wollte sie nicht ihr Gesicht vor den Sinaranern und vor Tjerulf verlieren.

      Überhaupt - Tjerulf. Er gab Meneas einige Rätsel auf und es war nicht nur die geistige Gemeinschaft mit dem Dämon Ughel-do´bec. Als er ihn im »Schwarzkittel« das erste Mal traf, schien er bei weitem nicht so selbstbeherrscht und abgebrüht zu sein. Im Keller in dem verfallenen Haus in Guff-Mat hatte Meneas einen vollkommen anderen Tjerulf kennengelernt. Und auch bei einigen Gelegenheiten zwischen diesen beiden Ereignissen hatte er ein unerwartet selbstbewusstes Auftreten an den Tag gelegt, während es in anderen Situationen das Gegenteil der Fall gewesen war. Tjerulf schien ein sehr wechselhafter Charakter zu sein.

      Als Meneas Tjerulf kennenlernte, empfand er das - eigentlich unbegründete - Gefühl, dass, obwohl er sicher war, Tjerulf noch nie getroffen zu haben, er ihm trotzdem vertraut war. Mittlerweile kannten sie sich besser und Tjerulf wurde Meneas immer rätselhafter. Ebenso, wenn auch nicht so deutlich, erging es Meneas bei Durhad und Trywfyn. Bisher gab es keinen Anlass an der Freundschaft von Tjerulf und seinen Freunden zu zweifeln, aber Meneas war zunehmend davon überzeugt, dass die vier ihn nicht nur aus reiner Hilfsbereitschaft und Abenteuerlust begleiteten. Sie mochten dabei auch eigene Ziele verfolgen, von denen er nichts ahnte. [Weder Tjerulf noch Trywfyn oder Durhad waren Mitglieder des osonischen Bodeneinsatzkommandos, aber Meneas war bei seinen Begegnungen mit Héth-Béckûs über sie unterrichtet worden und ohne sich daran bewusst zu erinnern, war ihm klar, dass die drei eine Rolle bei ihrem Unternehmen spielten].

      In dieser nachdenklichen Stimmung ritt Meneas neben Tjerulf her. Falls dieser etwas von seinen Gedanken spürte, dann ließ er sich nichts anmerken und kein einziges Mal unterbrach er Meneas mit einer Bemerkung. Hinter sich vernahm Meneas undeutlich die Stimmen der anderen Gefährten. Auch wenn er ihnen nicht sehr aufmerksam zuhörte, so verstand er doch, wie Idomanê denjenigen, die der Geisteraustreibung nicht beigewohnt hatten, schilderte, was in dem Kellerraum geschehen war. Durhad ergänzte oder berichtigte sie, wo er es für angebracht hielt und selbst der sonst ziemlich schweigsame Trywfyn ließ sich gelegentlich hören. Freno, der am meisten Leidtragende in dieser ganzen Geschichte, obwohl er sich an fast nichts erinnerte, hörte mit gemischten Gefühlen zu und immer wieder fühlte er mit seinen Händen an seinen Schläfen. Einige Dinge hätte er lieber nicht hören wollen, war er sicher. Auch wenn er in diesem Augenblick keine Folgen spürte, so hoffte er, dass es auch in Zukunft so blieb.

      Das Wetter versprach einen schönen Tag. Die Sonne sandte ihre wärmenden Strahlen auf die Landschaft und keine Wolke trübte den Himmel. Die Straße führte sie durch einen lichten Buchenwald und rings um sie erklang das Konzert der Vögel aus den Sträuchern des Unterholzes und den Baumwipfeln. Die zehn Reiter waren nicht die einzigen Reisenden an diesem Morgen. Wenn sie auch nicht in die gleiche Richtung, in die sie ritten, überholt wurden, so kamen ihnen doch immer wieder Reiter und Kutschen entgegen. Die meisten von ihnen waren Australier, überwiegend Bauern, aber auch Händler, die von weit her nach Guff-Mat gingen, um dort ihren Geschäften nachzugehen. Sie sahen aber auch Bewohner anderer Länder: einige tarische Händler, zwei Morain, die Durhad freundlich grüßten, aber nicht anhielten, und sogar ein Ogmari, der zu Fuß unterwegs war. Dieser Umstand, und dass sie ihm so weit entfernt von Ogmatuum begegneten, war bemerkenswert.

      Meneas war schon an ihm vorbei, als er hinter sich hörte, wie Trywfyn sein Pferd anhielt und mit dem fremden Ogmari sprach. Das zwang auch die anderen dazu, anzuhalten.

      „Woher kommst du?“, wollte Trywfyn wissen.

      „Aus Achterngrund, nicht fern von Odzell.“

      „Odzell!“, sagte Trywfyn erfreut. „Das ist meine Heimatstadt. Achterngrund kenne ich gut. Einer meiner Oheime lebte dort. Der alte Ziehbart Steinschläger, wenn dir der Name etwas sagt.“

      „Ja, doch, ich erinnere mich“, erwiderte der fremde Ogmari. „Er starb vor einigen Jahren. Als Kinder haben wir bei ihm heimlich Äpfel gestohlen. Er besaß einen der seltenen Obstgärten. Ich weiß nicht, ob er es jemals bemerkt hat, aber er hat uns nie erwischt.“

      Der Ogmari lachte herzlich, als er daran dachte.

      „Glaube mir, er wird es bemerkt haben“, behauptete Trywfyn schmunzelnd, „aber er hatte immer ein Herz für Kinder.“

      „Doch genug geschwatzt“, sagte der fremde Ogmari. „Ich bin in Eile und muss weiter. Ich suche jemanden unseres Volkes in der Umgebung von Leyhaf-Nod und mein Auftrag erlaubt keine Verzögerung. Lebt wohl.“

      Noch ehe Trywfyn etwas erwidern konnte, ging der Ogmari schon weiter.

      „Hallo! Bleib stehen!“, rief er hinter ihm her und sprang vom Pferd.

      Der Ogmari drehte sich um, ein wenig unwillig, wie es aussah.

      „Ich unterbreche deinen Weg nur ungern, aber ich möchte kurz mit dir reden“, sagte Trywfyn, als er seinen Stammesgenossen erreicht hatte.

      Ohne seinen Freunden etwas zu erklären, schob er ihn ein wenig abseits, wo ihr Gespräch nicht mehr gehört werden konnte.

      „Wie heißt du?“, fragte Trywfyn.

      Der Ogmari sah ihn jetzt etwas mürrisch an.

      „Warum fragst du? Wie heißt du?“, gab er zur