Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Название Das Erbe der Ax´lán
Автор произведения Hans Nordländer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738037159



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ja, ruhig und friedlich. Ich habe geschlafen wie in meinem eigenen Bett.“

      „Dann behalte es in guter Erinnerung“, meinte Meneas. „Tjerulf wird mir sicher nicht widersprechen, wenn ich vorhersage, dass es bald wieder unruhiger wird.“

      „Gut, dass du es erwähnst. Einpaar Tage in Frieden lassen einen das schnell vergessen.“

      „Wann stoßen wir eigentlich wieder auf Menschen?“, fragte Freno.

      „Wenn es so weit ist, sind wir in Tetker“, erklärte Tjerulf. „Diesseits der Grenze leben keine. Und Streuner sind selten. Wahrscheinlich schon morgen. Aber bis zu den Regenbergen gibt es keine Städte, wenn du das meinst.“

      Als sie ihre Pferde sattelten, blickte Durhad prüfend in den Himmel.

      „Suchst du etwas Bestimmtes?“, fragte Valea.

      Der Morain nickte, antwortete aber nicht sofort. So weit sie sehen konnte, gab es nichts, was ihr besonders auffiel.

      „Spürst du den warmen Luftzug?“, fragte er schließlich.

      Sie schüttelte den Kopf. Wenn es so war, musste Durhad ein sehr empfindliches Gespür haben.

      „Achtet auf eng begrenzte Wolkenbildungen“, sagte er.

      „Was würden sie bedeuten?“

      Jetzt bemerkte es Tjerulf auch. „Wirbelstürme“, sagte er nur.

      „Hier?“, fragte Meneas.

      „Tjerulf hat Recht“, meinte Anuim. „Es ist lange her, dass ich davon hörte, aber der Norden Ogmatuums ist bekannt dafür, dass in dieser Jahreszeit leicht solche Wirbelstürme entstehen können. Ich selbst habe zwar noch nie einen erlebt, aber es wird erzählt, sie können sehr heftig und vor allem plötzlich auftreten.“

      „Und heute scheint so ein Tag zu sein, an dem sie entstehen können“, meinte Durhad.

      Aber fast keiner von ihnen konnte sich vorstellen, dass von dieser Möglichkeit tatsächlich eine Gefahr für sie ausging. Aber dann ging alles so schnell, dass sie sich nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten.

      Tatsächlich zeigte sich bald nach ihrem Aufbruch ein merkwürdiges Wolkengebilde, das sich bald bedrohlich vor ihnen auftürmte und langsam zu drehen begann. Die Reiter hielten staunend ihre Pferde an und beobachteten das Schauspiel, das keiner von ihnen, noch nicht einmal Tjerulf und Durhad, je mit eigenen Augen gesehen hatte. Es dehnte sich erstaunlich schnell aus und mit ihm brach ein heftiger Wind los, der sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Sturm verstärkte. Durhad kam als erster in den Sinn, dass es jetzt höchste Zeit wurde, sich in Sicherheit zu bringen.

      „Das habe ich gemeint!“, rief er ihnen zu. „Schnell, wendet die Pferde und reitet zurück!“

      Sie taten, was er gesagt hatte, aber Pferde laufen nur ungern gegen einen starken Wind an und so setzten sie sich nur widerwillig in Bewegung. Die Wolkenspindel dehnte sich schneller aus, als sie vorankamen. Und der Sturm, der die Luft genau in ihre Richtung bewegt, wurde stärker. Die Reiter konnten die Pferde nur mit Mühe in die rettende Richtung lenken, dann war auch das nicht mehr möglich. Die Pferde scheuten und versuchten einmal hierhin und einmal dorthin zu laufen. Über ihnen breiteten sich die Wolken rasend schnell aus und verdunkelten kurz darauf die Sonne. Anuim wurde als erster abgeworfen, dann erlitten Solvyn und Idomanê das gleiche Schicksal.

      „Es geht nicht!“, rief Tjerulf und sprang vom Pferd. „Steigt ab und legt euch flach auf den Boden! Lasst die Pferde laufen!“

      Nicht alle verstanden seine Stimme, obwohl Meneas, der sich in seiner Nähe befand, mit Befremden feststellte, dass er unnatürlich laut und mit einem unbekannten Tonfall gerufen hatte. Er erwartete fast, in Tjerulf Ughel-do´bec zu sehen, aber Tjerulf behielt seine Gestalt.

      Er ließ sich vom Pferd fallen, Meneas folgte seinem Beispiel und auch Durhad und Valea. Erest und Freno waren ein Stück entfernt und hatten nicht verstanden, was Tjerulf gesagt hatte, aber sie sahen, was ihre Freunde taten und ließen sich ebenfalls zu Boden. Die Pferde versuchten sich in wilder Flucht zu retten.

      Wenn einer von ihnen gehofft hatte, dass es am Boden erträglicher sein würde, dann hatte er sich getäuscht. Der Sturm zerrte zwar nicht mehr so stark an ihren Körpern, aber er trieb eine Menge Staub und Pflanzenteile vor sich her und sie mussten Augen und Mund geschlossen halten. Dabei konnten sie sich noch nicht einmal Tücher vor das Gesicht halten, weil sie sich im Boden festkrallen mussten. Zu allem Überfluss fing es ebenso plötzlich, wie der Wirbelsturm losgebrochen war, an zu regnen, und der Regen stand dem Sturm an Heftigkeit in nichts nach. Immerhin hielt er den Staub nieder.

      Als Erest kurz aufblickte, sah er, wie Valea an ihm vorbeirollte. Er hörte ihre Schreie, aber als er seine Hände aus dem Boden löste, um sie an sich zu ziehen, griff er daneben und rollte stattdessen von ihr fort. Erst nach einiger Zeit fand er wieder Halt.

      Sie hatten jedoch Glück im Unglück, dann es gab nirgends höhere Pflanzen oder Felsbrocken, an denen sie sich verletzen konnten und der Sog in die Luft war dort, wo sie sich befanden, nicht so stark, dass sie angehoben werden konnten.

      Natürlich dachte keiner von ihnen daran, sich die Wolken am Himmel näher zu betrachten, sonst hätten sie bemerkt, wie der Wirbelsturm sich langsam von ihnen abwandte und nicht mit seinem Mittelpunkt über sie hinwegzog.

      Dann, genauso plötzlich, wie alles begonnen hatte, ließen Sturm und Regen nach, und als sie aufblickten, sehen sie, dass sich die Wolken mit fast unnatürlicher Geschwindigkeit auflösten. Das ganze Spektakel hatte keine halbe Stunde gedauert.

      Mühsam standen sie auf. Erest hustete und versuchte, den Staub, den er eingeatmet hatte, wieder loszuwerden. Dann fiel ihm Valea ein. Unruhig blickte er sich um und rief ihren Namen. In einer Senke entdeckte er sie. Sie war gerade dabei, sich aus dem Schlamm zu befreien, der um sie herum zusammengeflossen war. Erest half ihr auf.

      „Hast du dich verletzt?“, fragte er.

      Sie schüttelte den Kopf und hustete ebenfalls.

      „Nein, es geht mir prächtig. Jedenfalls den Umständen entsprechend.“

      „Ich habe versucht, dich vorhin festzuhalten, aber der Sturm hat mich von dir weggetrieben.“

      „Sei froh, sonst wären wir beide in dem Dreck gelandet. Trotzdem, lieb von dir.“

      Erest kannte Valea recht gut und er wusste, dass ihr Schrecken größer war, als ihre beherrschten Worte vermuten ließen.

      „Was war das?“, fragte Meneas. „Einen solchen Sturm habe ich noch nie erlebt, weder in der Stärke noch in seinem unvermittelten Auftreten und Vergehen. Ich wusste nicht einmal, dass es so etwas überhaupt gibt.“

      „Wir wissen es auch nicht“, meinte Tjerulf. „Diese Art ist völlig ungewöhnlich und auch nur in diesem Landstrich bekannt. Er entsteht, wenn sich warme Luft aus dem Norden in die Kaltluft aus dem Süden mischt. Aber warum solche Wirbelstürme überhaupt entstehen, kann ich dir nicht sagen, schließlich mischt sich anderswo die Luft genauso. Aber du siehst, unsere Warnung kam nicht ohne Grund, wenn auch etwas zu spät.“

      „Kommt so etwas hier öfter vor?“, fragte Valea, die immer noch dabei war, ihre Kleidung zu reinigen, obwohl das ziemlich sinnlos war.

      „Unregelmäßig, aber nicht selten. Und eben nur hier.“

      „Dann war es aber auch wirklich Pech, dass ausgerechnet wir heute in so einen Sturm hineingeraten mussten“, fand Freno mit leichtem Spott in der Stimme.

      „Trywfyn hätte uns warnen können“, meinte Erest ernster.

      „Er wird es vergessen haben“, vermutete Meneas. „Außerdem taten es doch Tjerulf und Durhad. Jetzt müssen wir erst einmal zusehen, die Pferde wiederzufinden. Könnt ihr sie entdecken?“

      Keiner von ihnen war ernsthaft verletzt worden. Einpaar eingerissene Fingernägel und einpaar leichte Prellungen waren alles. Der Schrecken war größer gewesen und der Zustand ihrer Kleidung beklagenswert.