Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Название Das Erbe der Ax´lán
Автор произведения Hans Nordländer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738037159



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      „Das ist nicht genug, um noch einmal zurückzugehen“, meinte Trywfyn. „Und den ganzen Weg hast du mich hierher getragen?“

      „Ich kenne bessere Möglichkeiten.“

      Trywfyn lächelte.

      „Also gut, ich habe genug gesehen. Und wie komme ich hier heraus?“

      „Dort entlang“, sagte Gründel und streckte einen Arm aus. „Ich werde dich begleiten.“

      Trywfyns Frage war nicht unberechtigt, denn von dort, wo sie sich befanden, war kein Ende der Höhle zu erkennen, also auch kein Ausgang. Das Einzige, was er sehen konnte, war der felsige Untergrund, der in allen Richtungen im milchigen Licht verschwand. Wie sollte er da die richtige finden?

      Gründel bewegte sich erstaunlich geschmeidig, was bei seiner Erscheinung kaum zu erwarten gewesen wäre. Nach kurzem Fußweg tauchte die Höhlenwand vor ihnen wie aus einem Nebel auf und Trywfyn erblickte den Ausgang. Auf der Schwelle blieb er noch einmal stehen.

      „Hier also stand Dran vor achthundert Jahren“, sinnierte er.

      „Er scheint für dich eine große Bedeutung zu haben“, stellte Gründel fest.

      „Ja, wirklich. Und ich kann es nicht erklären. Er war weder ein Edoral noch ein unmittelbarer Vorfahre von mir.“

      „Alles hat seinen Grund“, meinte Gründel. „Und nun lebe wohl.“

      „Lebe wohl, und noch einmal vielen Dank für meine Rettung und für all die Offenbarungen, wenn ich meinen Dank dafür an dich richten kann.“

      Gründel nickte.

      „Ich werde es weitergeben.“

      Trywfyn verschwand in der Felswand und Gründel ging in den Tunnel hinein.

      Die Schwierigkeiten des Stollens hatten darüber hinweggetäuscht, dass Trywfyn sich gar nicht weit von Elgen Damoth entfernt hatte. Als er an die Oberfläche kam, um sich zurechtzufinden, stellte er fest, dass der waldbewachsene Hügel mit dem kleinen Flusslauf, unter dem sich die Hauptstadt befand, kaum mehr als drei Meilen von ihm entfernt lag.

      Nach dieser Zeit in der Enge eines Stollens und der Undurchdringlichkeit des Lichtes in einer rätselhaften Höhle entschloss er sich, den Weg bis zu diesem Hügel unter der Sonne zurückzulegen. Es war kalt, aber das störte ihn nicht. Seine Kleider waren wieder trocken. Und der Schnee lag nicht hoch. Es war jetzt später Nachmittag und es gab nichts, das drängte.

      Von dem Gipfel des Hügels ließ er sich geradewegs in seinen Palast hinabsinken und erreichte kurz darauf den geheimen Raum mit der noch geheimeren Schatzkammer. Nachdem er die beiden Kristallfragmente darin verwahrt hatte und wieder herausgekommen war, lehnte er sich an eine Wand der Kammer und dachte einige Zeit über seine Erlebnisse nach. Und je länger er es tat, desto zufriedener wurde er. Was für ein unvergesslicher Tag. Er begann zu lachen, lange und befreit und niemand konnte ihn hören.

      2. Ritt zum Sommersee

      Von Trywfyns ganz besonderem Abenteuer in Drans Hallen ahnte keiner von den Menschen etwas. Und selbst, wenn sie es getan hätten, wären sie nicht auf die Möglichkeit gekommen, dass das, was er herausgefunden hatte, vielleicht auch für sie noch einmal von Bedeutung werden konnte. Tjerulf und Meneas wähnten die beiden Kristallfragmente in der Sicherheit der unterirdischen Höhle, die anderen waren davon überzeugt, dass sie sich irgendwo im Palast des Königs der Ogmari befanden. Die beiden Anführer hätten kaum für möglich gehalten, dass die anderen Recht haben könnten. Aber eigentlich machte sich in diesem Augenblick keiner von ihnen Gedanken darüber. Sie waren nur froh, dass sie diese Last einstweilen abwerfen konnten.

      Ihre Reise durch den unterirdischen Bereich der Ogmari nahm noch geraume Zeit in Anspruch. Auf den Straßen herrschte mancherorts reger Verkehr, der einen zügigen Ritt nicht zuließ. An einer der Hauptkreuzungen, wo sich Abzweigungen von und zu den Städten Elgen Damoth, Silberheim und Tel Beren trafen, kam es sogar für kurze Zeit zu einem Stau, da sich eine größere Gruppe von Landwachen auf ihrem Weg in die Hauptstadt genau in dem Augenblick dort einfand, als zwei Handelskarawanen die Kreuzung erreichten. Das plötzliche Auftauchen des Trupps menschlicher Reiter trug ihren Teil dazu bei, dass die Züge der Ogmari ins Stocken gerieten. Zum ersten Mal, seit ihres Aufbruchs von Elgen Damoth, wurden sie von Kriegern der Wache angehalten. Doch ihre Ausweisdokumente, die von König Trywfyn ausgestellt worden waren, zerstreuten das Misstrauen der Anführer rasch. Und bald darauf löste sich das Knäuel der Reisenden wieder auf.

      Nach dieser Unterbrechung ging es für sie wieder schneller voran, denn die Straße nach Tel Beren, der sie nun folgten, war weniger bevölkert. Bis in diese Stadt kamen sie jedoch nicht. Kurz davor zweigte ein weiterer, engerer Tunnel ab, der sie schließlich an die Oberfläche führte. Nach einer letzten Überprüfung durch die Wachen am Ausgang des Tunnels verließen sie schließlich das unterirdische Reich der Ogmari.

      Es war jetzt früher Nachmittag und blendendes Sonnenlicht empfing sie. Auch dort hatte es in den Tagen zuvor geschneit, aber es war kaum mehr als ein dünner Schleier über der Landschaft, gerade genug, um das Licht von Nephys unangenehm grell für ihre Augen werden zu lassen. Die Luft war kalt, aber es wehte kein Wind und in den Strahlen der Sonne wurde ihnen schnell warm.

      „Endlich!“, meinte Erest.

      Meneas sah ihn fragend an.

      „Endlich wieder draußen“, erklärte er. „Die Welt der Ogmari ist ja ganz interessant, aber was mich angeht, habe ich mich zum Schluss doch ein wenig beengt gefühlt.“

      Meneas lachte.

      „Das geht uns wohl allen so. Wir sind eben mehr für die Weite des Landes unter dem Himmel geschaffen, oder?“

      Tjerulf hatte eine Hand schützend über seine Augen gelegt und blickte sich um.

      „Suchst du etwas Bestimmtes?“, fragte Durhad.

      Er schüttelte mit dem Kopf, blickte den Morain aber nicht an.

      „Nein, eigentlich nicht. Ich versuche nur, die Richtung zu finden.“

      Das war an diesem Tag nicht schwer. Der Himmel war wolkenlos und die Luft nicht diesig. Vor ihnen erstreckte sich eine weite Ebene. Es gab nichts, was eine besondere Aufmerksamkeit verdiente, außer vielleicht ein fernes Rudel Hirsche. Aber zum Jagen hatten sie keinen Anlass.

      Genau im Osten von ihnen, aber in weiter Ferne, erhoben sich die Gipfel der Drachenberge. Und wie es schien, hatte auch dort der Winter bereits Einzug gehalten, denn einige von ihnen glitzerten weiß in der Sonne. Ihr Ziel lag aber im Nordosten und noch ein Stück weiter entfernt. Es waren die Regenberge und dort ein ganz bestimmter Ort. Sie vermuteten das nächste Kristallfragment im Quellgebiet der Droswern und das lag ziemlich hoch in den Bergen, denn der Fluss wurde dort zunächst aus dem Wasser abschmelzender Gletscher gespeist. Erst später mündeten weitere Flüsse in ihn hinein. Aus diesem Grund fiel die Droswern aber während der Wintermonate, wenn die Berge trotz ihrer Nähe zum Äquator im Dauerfrost lagen, in ihrem oberen Abschnitt oft trocken.

      „Kannst du sie erkennen?“, fragte Solvyn.

      „Schwach, aber sie sind noch da“, erwiderte Tjerulf schmunzelnd.

      „Genau daran hatte ich gezweifelt“, meinte sie trocken.

      „Was denn?“, fragte Anuim.

      „Die Regenberge“, erklärte Solvyn.

      „Aha, und warum sollten sie –“, er unterbrach sich selbst. Jetzt hatte er verstanden, worum es ging.

      Solvyn lachte.

      „Schon gut“, sagte er verdrossen. „Es war ein Witz.“

      Der Regenberge waren tatsächlich kaum zu erkennen, und erst nach einiger Zeit des Beobachtens hatten sich ihre Augen so weit an die Entfernung gewöhnt, dass sie die schwachen Umrisse der Berge am Horizont wahrnahmen.

      „Ein weiter Weg“,