Das Ziada Projekt. Enza Renkal

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Название Das Ziada Projekt
Автор произведения Enza Renkal
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754953945



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vernahm, ging ich hinter den Mülltonnen in Deckung.

      »Ich wusste davon nichts, Moretti. Du kannst dir sicher sein, dass ich die Angelegenheit selbst untersuchen werde«, sagte eine Stimme, die ich erst heute Morgen zuletzt gehört hatte. Edward Parker.

      Ich vernahm von Ric ein verächtliches Schnauben. »Verarschen kann ich mich selbst. Dr. Martin sitzt direkt unter dir. Lilly Anders zu neuen Erinnerungen zu befragen ist das eine, aber wieso werden andere Sammler auch noch in die Sache verwickelt? Wieso sollte Lehmann irgendetwas dazu wissen? Wenn er jetzt nicht mehr im Nabel ist, wo ist er dann? Ich kann mit Sicherheit sagen, dass er nicht aus dem Haupteingang raus ist.«

      Ich schielte zwischen den Tonnen hindurch und sah, wie die beiden Männer wenige Meter vor dem Eingang stehen blieben.

      »Von einer Befragung wusste ich nichts. Aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn du dich hier nicht nur so übertrieben aufregen würdest, sondern mir auch noch ein paar Details verrätst. Sonst kann ich in der Sache auch nichts unternehmen. Was hat Lilly Anders dir erzählt?«

      »Übertrieben aufregen? Wenn du wüsstest, was für Fragen gestellt wurden! Vollkommen unangebracht!«, redete sich Ric in Rage. »Kümmere dich lieber darum herauszufinden, wo Lehmann ist. Ich verliere keinen meiner Sammler. Und glaube ja nicht, dass ich den Vorfall so stehen lasse. Ich werde nun selbst Nachforschungen betreiben. Wenn ich Leander Lehmann nicht bis Ende der Woche wiedergesehen habe, betrachte ich meine Verschwiegenheits-erklärung als nichtig an.«

      Der letzte Satz schien einen wunden Punkt ausgelöst zu haben, denn Parker schien nun in der Tat nervös.

      »Du weißt, dass du dann dem Nabel verwiesen wirst.«

      »Sì, das ist mir aber gerade ziemlich egal. Wenn es um meine Sammler geht, verstehe ich keinen Spaß. Bis Ende der Woche sehe ich Lehmann wieder. Man sieht sich.«

      Ich duckte mich tiefer, als sich Ric von Parker abwendete und in meine Richtung kam. Aufmerksam achtete ich darauf, nicht von ihm gesehen zu werden. Der Richtung nach zu urteilen, war er auf dem direkten Weg nach Hause. Um dann herauszufinden, dass ich dort nicht war. Ich drehte mich wieder um, doch Parker war bereits weg.

      Bewegungslos blieb ich einige Minuten hocken und überlegte, was ich nun machen sollte. Edward Parker hatte entweder gut gelogen oder er wusste wirklich nichts. Es bestand auch die Möglichkeit, dass es das Ziel selbst war, das ein weiteres Mal nach mir gefragt hatte. Das wiederum hatte zur Folge, dass entweder Dr. Martin direkten Kontakt zu den Zielen hatte oder es einen Mittelsmann gab, der die Informationen weitergeleitet hatte. Aber Moretti wusste mehr, als er zugab. Ich war mir sicher, dass es irgendeine bisher unbekannte Verbindung zwischen ihm und Leander gab. Ric hatte einen Beschützerinstinkt gegenüber seinen Sammlern, die er vor Jahren – als er selbst noch Ausbilder war – selbst herangebildet hatte. Für Leander jedoch würde er seine Verschwiegenheitserklärung ignorieren und sich aus dem Nabel schmeißen lassen. Aber wieso?

      Ich stand auf und fiel in einen leichten Laufschritt. In dem Tempo müsste ich es vor Riccardo zu seiner Wohnung schaffen. Er sollte schließlich nicht wissen, dass ich ihn belauscht hatte. Meine zweite Frage würde ich nicht einfach so verfallen lassen. Eigentlich wollte ich ihn fragen, aus welchem Kinderheim mich der Nabel abgeholt hatte, denn mit dieser Information wäre ich einen großen Schritt weiter auf der Suche nach mir selbst. Stattdessen würde ich Moretti fragen, was er über Leander Lehmann wusste. Und danach, mit dem hoffentlich ergiebigen neuen Wissen, würde ich meinen Freund unversehrt finden. Das Ziel von heute früh und auch mein altes Ich, beides musste warten. Meine Priorität hieß nun Leander.

      5.

      Zwei Minuten konnte ich auf dem Balkon verschnaufen und mich mental auf das Gespräch vorbereiten, dann hörte ich, wie die Haustüre aufgeschlossen wurde. Ich saß auf dem einzigen Stuhl, hatte meine Beine lässig auf dem kleinen Beistelltisch vor mir abgelegt und die Sporttasche schräg über die Schulter gehängt. So würde es bei Ric hoffentlich den Eindruck erwecken, dass ich hier schon eine ganze Weile länger als nur zwei Minuten auf ihn gewartet hatte. Er öffnete die Balkontüre und brachte damit den widerlichen Geruch von Zigaretten nach draußen. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen schien er überrascht, aber doch erleichtert, mich zu sehen.

      »Gut. Dann hast du ja doch mal auf meine Anweisungen gehört.«

      Wenn du wüsstest, Moretti. Der Gedanke brachte mich innerlich zum Schmunzeln.

      »Ich will gar nicht wissen, wie du hier rauf gekommen bist.«

      »Würde ich dir auch nicht sagen. Lehmann nicht mitgebracht?«, fragte ich gelassen und war gespannt, wie viel Wahrheit mir Ric erzählen würde.

      »Nein«, wich er aus. Ich suchte seinen Augenkontakt. Würde er mir ins Gesicht lügen können?

      »Dann wurde er immer noch befragt?«, bohrte ich weiter.

      Er brach den Augenkontakt ab. Er bereitete sich gerade vor zu lügen. Ich unterbrach ihn, bevor er überhaupt den Mund geöffnet hatte.

      »Ich möchte meine zweite Frage einlösen«, entgegnete ich bestimmt und stand auf, um mit meinem Chef auf Augenhöhe zu sein. Seine Antwort würde nun entscheiden, ob er mich respektierte oder nicht. Doch etwas hinderte mich meine Frage zu stellen, denn wenn ich Ric nach der Verbindung zu Lehmann fragen würde, flog wahrscheinlich auf, dass ich ihn belauscht hatte. Was war mir wichtiger? Mein Freund oder mein Handeln im Hintergrund?

      »Welche Verbindung gibt es zwischen dir und Lehmann?«, platzte ich heraus und ging zur Sicherheit auf die Seite des Balkons, an der ich herauf geklettert war, um – wenn nötig – möglichst schnell verschwinden zu können.

      Ric starrte mich fassungslos an. Noch hatte ich die Möglichkeit mich bedeckt zu halten. Und die wollte ich nutzen.

      »Ich frage, weil du wirklich komisch reagiert hast, als ich meinte, dass auch Lehmann eine Einladung in den Nabel bekommen hat. Ich kenne dein Temperament, aber das war selbst für deine Verhältnisse eine extreme Reaktion. Das hat mich irritiert. Also?«

      Sein misstrauischer Blick musterte mich eindringlich. »Seit wann bist du hier, Vite?«

      »Frage mit Gegenfrage? Uncool. Beantworte einfach meine Frage, die mir zusteht und gut ist«, wandte ich mich aus der Affäre.

      Moretti roch den Braten. Er fixierte meinen Hals und ich wusste, wonach er suchte. Er wollte am Pochen meiner Halsschlagader erkennen, ob ich gerannt oder schon länger hier war. Ich war zwar nicht gerannt, aber ich spürte selbst, wie die Ader Sauerstoff pumpte nach meinem schnellen und damit kräftezehrenden Klettern über Mauern, Regenrinnen und Geländer. Der Braten musste noch weiter von ihm weg.

      »Es ist etwas anstrengend, zu dir hier hoch zu kommen. Aber ich bin schon eine Weile hier. Wieso? Hätte ich beim Nabel bleiben sollen? Hätte ich dann etwas Interessantes beobachten können?«

      Was ich da gerade machte, war in höchstem Maße riskant, aber meine umgedrehte Psychologie zeigte Wirkung.

      »No, aber bei deinem Sturkopf weiß man nie.«

      »Der Sturkopf möchte eine Antwort. Ansonsten erzähle ich dir nie wieder etwas. Und du weißt, wie oft ich gute Informationen für dich habe. Soll ich dich an meine WM-Wetthinweise erinnern? Du hast jedes Mal gewonnen. Hat übrigens mittlerweile ein paar Züge einer beginnenden Sucht.«

      Es ratterte in Morettis Kopf. Seine gute Quelle wollte er nicht verlieren.

      »Du bekommst deine Antwort, aber danach verschwindest du. Ich habe noch einiges vor«, gab er sich schließlich geschlagen.

      Ich nickte kurz und blieb geduldig still, doch in meinem Kopf begann es jetzt schon zu rattern. So blöd würde ich nicht sein und meinen Chef aus den Augen lassen. Er würde sich garantiert nach unserem Gespräch auf die Suche nach Leander machen. Und die Chance würde ich ergreifen.

      »Es gibt eine Verbindung«, begann Riccardo zu sprechen, doch dann blieb er eine Weile still, bevor er fortfuhr. Er wählte seine Worte mit Bedacht.

      »Ich … kannte seine Mutter. Leander war damals erst drei Jahre alt. Er