Nephilynn. Vanessa Olschansky

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Название Nephilynn
Автор произведения Vanessa Olschansky
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754948033



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nicht ohne ihn leben, aber ich musste es. Es war meine einzige Möglichkeit Sarah wieder zu sehen und vielleicht durfte ich eines Tages sogar zurück in den Himmel. Aber ich wusste, dass ich dieses Recht nie erlangen würde, solange ich mich weiterhin mit Damian traf.

      Langsam bekam ich meine Körperfunktionen zurück und beschloss wieder nach Hause zu gehen. Den eigentlichen Sinn meines Aufbruchs hatte ich ohnehin vergessen. Den restlichen Tag erlebte ich wie in Trance, Farben schwammen an mir vorüber, Stimmen klangen wie verzerrte Musik und der Weg unter meinen Füßen schien beschwerlicher denn je. Ich stolperte in einer Tour aber es war mir egal. Ich hatte das Wesen, das mir nach meiner Schwester am meisten bedeutete von mir gestoßen, da hätte ich mir auch gleich ein Messer ins Herz rammen können.

      Endlich war ich vor Monas Haus, meinem Zuhause auf Zeit. Zuhause. Ein befremdliches Wort für mich, doch wenn ich einen Ort beschreiben müsste, der mich an Zuhause erinnerte, dann würde es wohl am ehesten dieses alte Fachwerkhaus beschreiben, mit dem kleinen Garten dahinter und der Bank vor dem Haus. Ich griff unter die Fußmatte, dort lag der Ersatzschlüssel und ich sperrte die Tür auf. Mona war noch nicht wieder zurück und in diesem Moment war ich echt froh darüber, sie sollte mich nicht so sehen. Ich wollte jetzt alleine sein und verschwand direkt in meinem Zimmer. Ich verriegelte die Tür hinter mir.

      Als ich mich wieder umdrehte, stellte ich fest, dass ich nicht alleine war, er war längst hier, vermutlich hatte er schon auf mich gewartet. Finster sah er mich an, seine Augen waren schwarz verfärbt vor Wut und er packte mich an der Kehle und hob mich mit einer Leichtigkeit nach oben, sodass meine Füße mehrere Zentimeter über dem Boden baumelten. Ich röchelte, er raubte mir die Luft zum Atmen und ich schnappte nach Luft. Meine Hände umklammerten sein Handgelenk und ich gab mich der klitzekleinen naiven Annahme hin, dass ich die Kraft hätte ihn zum Loslassen zu bewegen.

      »Damian!«, krächzte ich und sah auf ihn herab. Er war so viel bulliger als sonst, seine Narben im Gesicht schienen erneut zu bluten und seine Fangzähne kamen zum Vorschein. Jetzt jagte er mir wirklich Angst ein, so hatte ich ihn noch nie gesehen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich strampelte mit meinen Beinen, weil ich hoffte, ihn irgendwie zu treffen, doch was bildete ich mir eigentlich ein? Selbst wenn? Für ihn wäre es, als ob ihn eine Feder kitzelte. Er sah mit schrägem Blick zu mir und lachte kehlig auf.

      »Ich sagte doch, du wirst es bereuen.« Er schlug mich ins Gesicht. Es fühlte sich an, als risse er mir meine Haut von den Wangen. Durch die Wucht seines Schlages fiel ich zu Boden. Keine Sekunde später stand er wieder vor mir, griff mir ins Haar und zog mich zurück auf die Beine. Er stemmte sich gegen mich und leckte mir mit seiner spitzen Zunge über meine Lippen.

      »Wenn du nur nicht so gut schmecken würdest!«, lachte er und hob mich in die Luft. Er schmiss mich auf mein Bett und meine Angst vor ihm wuchs. Ich hatte ihn noch nie so wütend gesehen, war mir aber sicher, er könnte noch viel mehr tun, wenn er wollte. Allerdings war ich jetzt ein Mensch und viel leichter verwundbar. Erneut packte er mich und hob mich auf Augenhöhe hoch, drehte meinen Kopf und flüsterte mir ins Ohr:

      »Du solltest dankbar sein, dass du noch lebst, Miststück!«, sprach der Kerl, den ich glaubte zu kennen und den ich so unendlich liebte. Ich schloss meine Augen und hoffte diese Tortour zu überleben, als ich plötzlich einen Schlüssel im Schloss hörte. Ich wusste, dass es Mona war, die von der Arbeit nach Hause kam und verspürte das Bedürfnis loszuschreien, dass sie rennen sollte, aber er hielt mir den Mund zu.

      »Einen Mucks und sie stirbt!« Ich gehorchte, auch wenn mir bewusst war, dass er nicht gegen den Pakt verstoßen würde, so war mir auch bewusst, dass er die Strafe, die ihn dafür erwartete, in Kauf nehmen würde. Ich hoffte so sehr, dass er ihr nichts tun würde und nickte bereitwillig.

      »So ist das also? Interessant.«, sagte er amüsiert und strich sich über sein Kinn, dann war er weg.

      Wieder hatte er mich überrascht, er verschwand nie unvollendeter Taten, es sei denn, er änderte seinen Plan und er hatte ihn geändert. Mit einem Mal dämmerte mir auch warum, ich hatte an Mona gedacht und er konnte meine Gedanken lesen, verdammt. Ich musste mir was einfallen lassen. In seinem jetzigen Zustand würde er alles tun und ich musste Mona beschützen, es durfte ihr nichts passieren. Ich war mir sicher, dass er ihr etwas antun würde, aber nicht, wie ich es verhindern konnte. In diesem Moment klopfte es an meiner Tür.

Grafik 10

      KAPITEL 3

      »Emily, Liebes, ist alles in Ordnung?« Ich war auf meinem Bett zusammengesackt, lag mit schmerzverzerrtem Gesicht dort und versuchte keinen Ton von mir zu geben, der verriet wie schlecht es mir ging, und atmete tief durch.

      »Es geht mir gut.«, log ich durch die verschlossene Tür. Sie schien mir nicht zu glauben.

      »Ich weiß, dass er hier war und er ist sehr wütend gewesen«, fügte sie hinzu und bat mich, die Tür zu öffnen. Ich seufzte und zögerte einen Moment, ehe ich beschloss aufzustehen und sie herein zu lassen. Als ich aufstand, spürte ich einen stechenden Schmerz, der mir durch Mark und Bein ging. Ein dumpfer Schrei drang ungewollt aus meinem Mund und ich öffnete die Tür, wobei ich natürlich versuchte, so lässig wie möglich auszusehen. Anhand ihres Blickes wusste ich aber, dass mir das absolut nicht gelungen war. Sie schob mich ins Zimmer zurück und zwang mich, mich hinzusetzen. Sie setzte sich zu mir auf die Bettkante und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Es ähnelte eher einem Schlachtfeld.

      »Es tut mir leid, das Zimmer..., ich wollte nicht…« Sie fiel mir ins Wort.

      »Du solltest dich von ihm fernhalten.« Sie inspizierte jede meiner Wunden und Prellungen ganz genau. Sie drückte auf mir herum und duldete mein Ächzen und Jammern, wenn sie besonders demolierte Stellen berührte.

      »Um das Zimmer solltest du dir am wenigsten Gedanken machen, eher um deine Gesundheit.« Sie lächelte, aber ich kannte sie gut genug um zu wissen, wie besorgt sie war. Damians plötzliches Verschwinden hatte sicher damit zu tun, dass sie nach Hause gekommen war. Ich wusste, dass das nicht ewig so funktionieren würde, irgendwann wäre es ihm egal, ob sie uns sieht. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Monas Gastfreundschaft sollte nicht so schamlos ausgenutzt werden, und ich wollte sie nicht verängstigen. Sie verarztete mich hingebungsvoll und ich entschloss mich, meine Neugierde zu stillen, indem ich sie fragte, was mir auf der Seele brannte:

      »Woher weißt du, wer er ist und dass er hier war?«

      Sie beendete ihre Arbeit ohne auf meine Fragen einzugehen und setzte sich dann neben mich. Mona nahm meine Hand in ihre und drückte sie.

      »Er ist nicht der Richtige, Kindchen. Er treibt ein böses Spiel mit dir.« Dabei sah sie mir in die Augen und ich hatte das Gefühl, dass ihr besorgter Blick nur noch intensiver wurde. »Ich hatte schon mit Dämonen zu tun, bevor du das erste Mal auf mich trafst.« Sie seufzte leise.

      »Meine Mutter war eine Seherin, sie hat mir alles beigebracht, was sie wusste bevor...« Ein tiefes Schlucken folgte und ihre Stimme wurde zittrig. Ich wusste, dass sie mir etwas anvertraute, was ihr nicht leichtfiel und über das sie vermutlich mit noch niemandem gesprochen hatte.

      »Bevor sie von Dämonen getötet wurde.« Ich nahm meine Hand aus ihrer und umarmte sie. Diese arme Frau hatte so viel Leid ertragen müssen. Dann lächelte sie mit einem Mal und klopfte mir beschwichtigend auf mein Bein. »Komm, ich will dir was zeigen.« Wir standen auf. Ich folgte ihr langsam in einen Raum, den ich selbst noch nicht gesehen hatte und sah mich erstaunt um. Er war voller alter Gegenstände. Ich hatte noch nie so einen Raum gesehen. Auf dem Tisch befanden sich Tarotkarten und eine Glaskugel. Ich sah sie verwundert an, ich hatte viel über Hexen und Seherinnen gehört, war aber nie einer begegnet. Ich hielt sie für einen Mythos, genau wie Meerjungfrauen und Einhörner. Allerdings gab es ja auch Engel, obwohl die Menschen nicht an sie glauben, warum dann nicht auch Hexen und Seherinnen? Mona schien zu merken, was ich denke und fing an zu lachen.

      »Oh, keine Sorge, ich bin keine Hexe, nur vorsichtig.« Dann ging sie zur Kommode in der Ecke und holte einen rosafarbenen Edelstein heraus. Ich wusste