Nur ein Traum. Semira Sayer

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Название Nur ein Traum
Автор произведения Semira Sayer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738058734



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stürzen mit meinen Gedanken.

      „Komm, erzähle mir lieber etwas von dir!“ Mit meiner Gegenfrage versuchte ich mich abzulenken. „Aber du! Du hast dich nicht viel verändert! Wie lebst du?“, fragte ich sie neugierig. Nach einem Schluck Kaffee wartete ich gespannt darauf, was sie mir berichten würde.

      Sie erzählte, dass sie in einem Juwelierladen arbeitete und mit ihrem Leben zufrieden war, aber ohne Freund, drückte sie nachdenklich aus.

      Wenn ich heute daran zurückdenke, dieser von ihr schmerzlich vermisste Freund, der ihr fehlte, so dachte ich jedenfalls, könnte nun Thomas sein, vielleicht träumte sie sogar von ihm! Ebenso wie ich von meinem Freund träumte, dieser Traum sich aber nicht erfüllte. Groß sollte er sein, stark und gut gebaut, mit schwarzen Haaren, und unter schwarzen Augenbrauen leuchteten zwei smaragdgrüne Augen.

      Ja! Das war mein Wunschpartner, mein Traum von einem Mann.

      Aber an jenem Abend, als ich Sarahs Zimmer war, wollte ich nicht erörtern, warum ich den verbrannten Rücken von ihr massieren sollte und nicht Thomas.

      Immerhin waren sie zwei Tage und zwei Abende tête-à-tête gewesen, da müsste sich doch irgendein Gefühl zwischen den beiden entwickelt haben. Sonst hätte Sarah schließlich keine Gedanken daran verschwendet, sich morgen wieder mit Thomas in der Sonne treffen zu können, dachte ich, ohne zu ahnen, was vor sich ging.

      So vergingen mir diese Fragen und die offenen Hoffnungen bei Sarah, bis nach den nächsten zehn Tagen die Ferien zu Ende gingen. Den Koffer hatte ich bereits in der Hand am letzten Urlaubsabend, als Sarah aufgeregt in mein Zimmer stürmte. „Seit zwölf Tagen treffen wir uns täglich“, sagte sie und rang nach Luft, kaum dass sie angekommen war, dann fügte sie hinzu: „Er hat mich kein einiges Mal geküsst!“ Noch im Gehen fragte sie: „Verstehst du das?“ Dabei sah sie mich nachdenklich an.

      Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, so sagte ich: „Du musst ihn besser kennen als ich ... „ Sie ließ mich nicht mehr weiterreden.

      „Es kommt mir vor, dass er mir keine Chance geben will, ihn besser kennen zu lernen. Er ... er ist so distanziert“, rief sie laut aus.

      Kein bisschen Ruhe gönnte sie sich, sie lief im Zimmer hin und her. Sie war enttäuscht von ihm und mitgenommen, weil sich diese Beziehung ganz anders entwickelte, als sie es sich mit ihm vorgestellt hatte. „Heute Abend“, sagte sie aufgeregt und warf sich in den Sessel gegenüber von meinem Bett, damit sie mich besser beobachten konnte, während ich meine Kleider vom Schrank in den Koffer packte. Dann setzte sie ihren Satz fort: „Heute Abend will ich mit ihm reden und wissen, wie wir zueinander stehen!“

      Sarah stand plötzlich auf. „Ja“, fand ich und faltete meine weiße Hose zusammen, ehe ich meinen Kopf ein wenig über den Kofferdeckel zu ihr hinhob.

      „Ja, es wird wohl das Beste sein, mit ihm selbst zu reden und nicht lange darüber zu grübeln“, bestätigte ich ihre Absicht.

      Sarah sah mich ein letztes Mal an. „Heute Abend“, wiederholte sie leise vor sich hin, bevor sie aus meinem Zimmer ging. Dann eilte sie mit hektischen Schritten zur Tür.

      Im Flugzeug bei unserer Abreise kämpfte sie mit ihren unterdrückten Gefühlen, während sie neben mir saß. Dies war über die beiden sehr vielsagend. Dennoch wechselte sie kein Wort mit mir während unserer ganzen Rückreise.

      Ich las ruhig mein Buch, und als ich genug davon bekam, sah ich mir die Gegend, die Wolkenlandschaft in der Höhe aus dem Fenster an. Mit Sarah war nichts mehr zu machen, aber ich wartete geduldig ab. Wenn ihr Zorn vorüber war, käme sie bestimmt von selbst zu mir und schüttete mir ihr Herz aus wie damals, als wir noch Kinder waren.

      Es kam nicht so, wie ich dachte. Als wir daheim ankamen und Thomas fragte, ob wir uns wiedersehen könnten, sah ich zum letzten Mal in die graublauen Augen von Sarah, bis heute. Nachdem sie mir einen kalten Blick zugeworfen und sich mit ihrem Gepäck davongemacht hatte, ohne auf mich zu warten, trennten sich unter traurigen Umständen unsere Wege ein zweites Mal.

      Meine Telefonanrufe und die Freundschaftsnachrichten auf dem Anrufbeantworter blieben unerwidert. Sarah meldete sich nicht mehr bei mir, und ich hatte keine Ahnung, warum. Bis Thomas angerufen und alles erzählt hatte.

      Sarah war enttäuscht von Thomas, doch was hatte ich damit zu tun?

      Auch jetzt hatte ich eine Einladung für sie in meiner Tasche. „Sarah Tanner“ stand darauf und ich hoffte, dass sie mir, was immer sie von mir dachte, verzeihen könnte und zu meiner Hochzeit käme. Oder mich wenigstens besuchen würde, damit wir uns richtig aussprechen konnten! Ich vermisste sie sehr.

      Ich zog die mittelgroße Tasche noch mehr an mich heran. Obwohl meine Kleider nass waren, dachte ich, dass die Nylontasche sicher wasserdicht war, und hoffte, heute noch die Einladungen trocken abschicken zu können.

      Als ich mich an dem Tag nach Thomas` Telefonanruf mit langsamen Schritten dem Café Romantico näherte, malte ich mir wieder so viele Bilder im Kopf aus, wie es wäre, wenn Thomas und ich verheiratet sein könnten. Viele glückliche Gesichter voller Lächeln sah ich, meines, das von Thomas und den Kindern, ein Familienglück wie im Bilderbuch. Vielleicht käme es gar nicht dazu, möglicherweise entstünde nur eine gute Freundschaft zwischen ihm und mir!

      Mit diesen Überlegungen stand ich ihm schon gegenüber. Er stand auf, als er mich erblickte, und ich sah ihn mir zum ersten Mal ganz genau an. Er sah wirklich gut aus. Wenn ich ehrlich sein sollte, war er nicht mein Traumtyp, der mir mein erwünschtes Traumleben bieten konnte. Aber dann diese Gedanken verwarf ich schnell, dass diese nicht die Realität waren. Es wäre vernünftiger und sinnvoller, ein normales gesundes Leben in der Mittelklasse mit Thomas zu erleben, als Träumen nachzuhängen, die sich möglicherweise nie erfüllen würden.

      „Du hast wieder dieses geheimnisvolle Lächeln wie bei unserem ersten Treffen“, erinnerte mich Thomas` Stimme an die Realität. Dadurch wachte ich aus meinen inneren Auseinandersetzungen auf. „Bitte entschuldige, nicht dass ich geheimnisvoll bin, aber es kam mir etwas in den Sinn!“

      In den nächsten Stunden folgte ich seinen Worten, nicht seinen stummen Lippen, weil ich aufgehört hatte, in meine Gedanken- und Thomaswelt einzutauchen.

      Ich wollte mir klar werden über meine Gefühle für Thomas, deshalb dachte ich erst in meiner kleinen Dachwohnung über ihn nach. Er war kein Gelegenheitskünstler, der sofort mit mir ins Bett steigen wollte.

      Dann tauchten seine blonden Haare und die auffallenden hellblauen Augen vor mir auf. Ich wusste, dass es töricht von mir war. Es käme nicht auf die blonden Haare, sondern auf den Charakter an, dachte ich bei mir.

      Bestimmt konnte ich mir doch ein angenehmes Leben mit Thomas vorstellen, weil ich an ihm nur gute Eigenschaften hatte feststellen können, anstatt ein Leben lang vom Wohlstand, von einem Von-Ball-zu-Ball-Hüpfen zu träumen, weil ich immer der Meinung gewesen war, dass mir das Leben selbiges schuldete.

      Wenn ich zurückblickte, tauchten viele Namen auf von Menschen, an die ich mich nicht gern zurückerinnern mochte, es waren Beziehungen für eine einzige Nacht gewesen, Männer, die sich nur amüsieren wollten und mit mir und mit meinen Gefühlen lediglich gespielt hatten. Wie schrecklich!

      Thomas bot mir seine wahre Freundschaft an, zu der ich gern bereit war. Und das Treffen im Café Romantico war hierfür der Anfang unserer Freundschaft.

      Kapitel 2

      Der gut aussehende, junge Mann entpuppte sich mit der Zeit als guter, treuer Hausmann und sorgender Vater, zwar noch ohne Kinder, aber davon sprach er immer häufiger.

      Wir oder besser gesagt Thomas machte viele Zukunftspläne. Einer von vielen war, dass wir in eine große gemeinsame Wohnung einziehen sollten, anstatt für zwei kleine Wohnungen Miete zu zahlen. Man sah ihm das Glück richtig an. "Ich habe die Frau meines Herzens gefunden", meinte er und stellte mich schon nach vierzehn Tagen seinen Eltern vor.

      Seine Mutter war eine zurückhaltende, ruhige Person. So ruhig, dass ich nicht wusste, ob ich willkommen