Название | Der Regent |
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Автор произведения | Roland Bochynek |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783750262287 |
Er hatte wieder ein Ziel, eine richtige Aufgabe, die ihn forderte. Er war auf dem besten Weg. Die Zeiten, in denen er als Edel-Zocker durch die Casinos zog, gehörten zur Vergangenheit.
Einen Monat nach diesem Ereignis traf ein Brief bei Berger ein. Darin bedankte sich Schroll, der Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens, bei ihm für seine Geduld mit der Firma: „Es ist in unserer schnelllebigen Welt leider nicht üblich, dass ein Aktionär, der so große Anteile an einer AG hält, dieser die Zeit lässt, ihre Entwicklungen auch wirklich ausgereift auf den Markt zu bringen. Hätten Sie das Aktienpaket in den letzten Monaten nicht gehalten, wäre das Unternehmen mit Sicherheit von Hedgefonds geschluckt, oder womöglich gleich abgewickelt worden. Sie haben uns gerettet! Dafür möchte ich mich bei Ihnen in meinem, sowie im Namen unserer Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze Sie gerettet haben, auf das Herzlichste bedanken.“
Dieser Brief zeigte Berger, dass er den richtigen Weg eingeschlagen hatte, so musste er weitermachen.
Mit der Zeit entwickelte er sich zu einem Fachmann in Sachen Börse und Aktienhandel. Die Geschäfte liefen immer erfolgreicher. Mithilfe seiner Gabe fand er aus dem Aktienangebot diejenigen Außenseiter-Unternehmen heraus, die ihm am erfolgversprechendsten erschienen. Etablierte Broker kümmerten sich kaum um solche 'Mauerblümchen'. Sie erkannten in den meisten Fällen nicht das Potenzial, das in diesen Firmen steckte. Dazu fehlte ihnen auch das technische Verständnis. Damit schlug Berger zwei Fliegen mit einer Klappe. Er verbuchte gewaltige Gewinne. Gleichzeitig schützte er viele der Unternehmen vor ungeduldigen Spekulanten und somit oft vor der Zerschlagung. Nach ein paar Jahren hatte er einen enormen Reichtum angehäuft. Er bezeichnete sich selbst als unanständig reich.
„Jetzt wird es Zeit, mit dem vielen Geld etwas Vernünftiges anzufangen“, sagte er zu sich. „Ich brauche einen Schlachtplan, wie ich die Welt verbessern kann. Vor allem benötige ich Hilfe, das schaffe ich nicht alleine.“
Horst Scherer saß in seinem Büro. Er war Teamleiter in der renommiertesten Bank der Stadt. Er hatte die Anlagenberater und Kundenbetreuer unter sich. Sein Team erbrachte die größten Erfolge, nicht zuletzt weil er für ein angenehmes Betriebsklima sorgte, indem er Prozessstörungen, wie er die Aktivitäten der Manager nannte, weitgehend von der Mannschaft fernhielt. Das brachte ihm natürlich das eine oder andere Mal Ärger ein. Aber gerade weil sein Team so erfolgreich arbeitete, konnte er sich erlauben, nicht alle Spinnereien, die man von oben diktierte, mitzumachen. Ein Privileg nahm er für sich in Anspruch: Die wenigen Großkunden betreute er selbst.
Wieder einmal saß Berger seinem persönlichen Anlageberater gegenüber. Eigentlich benötigte er keinen, aber die Bank bestand bei so großen Kunden darauf. Dieser Scherer war ein Enddreißiger, er besaß ein gepflegtes Äußeres. An dem Mann stimmte alles, gute Rhetorik, höfliche Umgangsformen, hohe Intelligenz. „Der erste sympathische Bankmanager, dem ich begegnet bin“, dachte Berger. „Na ja, das liegt sicher daran, dass er nicht zur oberen Etage gehört. Er ist kompetent, und erklärt alles laiengerecht. Vor allem ist er in keiner Weise überheblich. Ich denke, ich werde es mit ihm riskieren ...“
„Nun, Herr Berger, es wird schon langsam langweilig, Ihre Kontostände zu beurteilen. Immer dasselbe. Exorbitante Gewinne auf breiter Front. Ihr gesamtes Aktienvermögen liegt jetzt bei über 400 Millionen Euro. So eine Erfolgsquote erlebe ich zum ersten Mal. Seit fünf Jahren betreue ich Ihr Depot. In dieser Zeit haben Sie kein einziges Aktienpaket mit Verlusten abgestoßen.
Allein das ist schon extrem außergewöhnlich. Aber wenn ich sehe, welche Renditen Sie bei all Ihren Anlagen erreichen, wird mir schwarz vor Augen. Von fünf auf vierhundert Millionen in neun Jahren, zudem alles nach Steuern! Wie machen Sie das? So etwas kann man doch nicht manipulieren?“ Berger lächelte in sich hinein. Das würde vorerst sein Geheimnis bleiben. „Können, Wissen, gute Informationen, einen besonders ausgeprägten Instinkt“, antwortete er. „Ich habe schwer daran arbeiten müssen.“
In diesem Moment platzte ein Kerl ins Büro, von dem Berger sofort wusste, was er von ihm zu halten hatte, bevor er auch nur ein Wort sprach. Groß gewachsen, korpulent, nervös wirkend. Ohne Gruß trat er auf Scherer zu und polterte los. „Herr Scherer wir müssen die Präsentation für morgen ändern, kommen Sie sofort mit in den Besprechungsraum!“ „Entschuldigung, aber ich habe hier gerade ein Kundengespräch mit…“ „Ich sagte sofort!“, sprachs und war schon wieder aus dem Büro draußen. „Der wird dir was husten, der Scherer!“, murmelte dieser leise in seinen Bart.
„Ihr Vorgesetzter?“ Ein bestätigendes Nicken von Scherer. „Das kenne ich aus früheren Zeiten. Wissen Sie, bei uns im Büro hing einmal eine Karikatur. Es war die Arche Noah, alle Tiere schauten besorgt über die Reling. Nur der Specht nicht. Er saß außen am Schiff. Dort hackte er vergnügt ein Loch neben dem anderen in die Bordwand. Darunter Stand der Satz: Wo du auch bist, es gibt immer ein Arschloch!“ Scherer lachte laut heraus, ein Zeichen dafür, wie sehr ihn das Problem Vorgesetzter bedrückte. „Aber mal im Ernst, ich möchte nicht, dass Sie jetzt wegen mir Unannehmlichkeiten bekommen. Wir sind ja so weit klar, nur noch eine Frage zum Schluss: Haben Sie sich schon mal überlegt, den Arbeitgeber zu wechseln?“
Scherer schaute ihn erstaunt an: „Eigentlich nicht, mir macht die Arbeit hier Spaß, ich komme prima mit meinen Kollegen und Mitarbeitern aus“. „Aber Ihr Boss wohl nicht mit Ihnen. Herr Scherer, Sie haben mich in all der Zeit immer bestens betreut. Ich würde mich gerne revanchieren und Sie zum Dank dafür mal zum Essen einladen. Ich kenne da ein feines Lokal, in dem man nicht nur sehr gut speisen, sondern sich auch ganz ungestört unterhalten kann. Dort könnten wir über meine soeben gestellte Frage ausgiebig diskutieren. Ich hätte da ein äußerst lukratives Angebot für Sie. Wie wäre es morgen Abend?
Verstehen Sie die Einladung bitte nicht falsch, das soll keine Bestechung sein, wofür auch, ich habe ja alles, sehen Sie sich nur meinen Kontoauszug an. Betrachten Sie es als eine Art Kundendienst, bei dem das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden wird.“ Nach einigem Zögern stimmte Scherer der Einladung zu.
Am nächsten Abend saßen sie sich im 'London', einem vornehmen Speiselokal gegenüber. Die Speisekarte des Lokals besaß überhaupt nichts von dem, was man landläufig unter englischer Küche verstand. Berger aß gerne hier. Aber auch das Ambiente wirkte sehr angenehm. Keines dieser feine-Pinkel-Lokale, in denen man ein Vermögen bezahlte, um nicht satt zu werden. Der Besitzer hatte die Raumaufteilung äußerst großzügig gestaltet. Man konnte hier ungestört vertrauliche Gespräche führen. Die Gäste an den Nachbartischen bekamen nichts davon mit.
„Das war wirklich fantastisch, ich glaube, so gut habe ich noch nie gegessen. Nochmals vielen Dank für die Einladung.“ Scherer zeigte sich sichtlich beeindruckt. „Keine Ursache, es freut mich, dass es Ihnen geschmeckt hat. Nachdem wir jetzt satt sind, möchte ich noch mal auf meine Frage von gestern zurückkommen. Haben Sie sich da mal Gedanken darüber gemacht?“ „Oh ja, sehr lange sogar. Sie glauben nicht, was nach Ihrem Besuch bei uns los war. Da bin ich noch mal gewaltig mit meinem Chef wegen seines Verhaltens aneinandergeraten. Beinahe hätte ich ihm den Kram hingeschmissen. Er ist ein unmöglicher Ignorant. Ich frage mich, wie so ein mieser Charakter zu diesem Posten kommt. Wenigstens war es mir eine Genugtuung, ihn darüber aufzuklären, welch einen Großkunden er mit seinem Verhalten brüskiert hat. Darauf wurde er ganz kleinlaut.“
„Ich kenne das, manchmal glaube ich, solche Charaktere bilden im oberen Management von Konzernen ganze Herden. Nach dem Motto: Bist du kein Charakterschwein, kommst du hier nicht rein. In den obersten Etagen scheinen Ehrgeiz und Skrupellosigkeit wichtiger zu sein als Fachkompetenz. Das zeigt, wie marode unsere Wirtschaftssysteme dem Grunde nach sind. Aber genau hier sind wir beim Thema. Wie wäre es, wenn Sie mit mir zusammen an dieser Misere etwas ändern würden?“ Scherer schaute ihn erstaunt an: „Nun ja, dagegen müsste man wirklich was unternehmen. Aber wir beide gegen den Rest der Welt? Finden Sie das nicht übertrieben?“ „Durchaus nicht. Deshalb habe ich Sie ja hierher eingeladen. Nun ja, einfach an einem Rädchen drehen, das funktioniert nicht. Aber Sie wissen, was auf meinen Konten