Der Regent. Roland Bochynek

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Название Der Regent
Автор произведения Roland Bochynek
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750262287



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dass sie die Grenzen der heutigen Technologie erreicht hatten. Man war zwar in der Lage, in den Makro-, und in den Nano-Kosmos einzugreifen, jedoch der subatomare Bereich bleibt uns noch auf Jahrzehnte verschlossen.

      Glücklicherweise stellte Berger die Chip-Design in Sachen Forschung anders auf. Hier akzeptierte man sogar solche Misserfolge. So wie bei allen Forschungsprojekten in Bergers Unternehmen, wurden auch die Ergebnisse dieses Projektes mit anderen Fachbereichen abgeglichen. Oft stellten sich dabei Fortschritte auf Gebieten heraus, an die man vorher gar nicht dachte. Das Projekt 'Quantencomputer' war wegen der Nebenergebnisse für das Unternehmen aus wirtschaftlicher Sicht erfolgreich. Aber für Berger bedeutete es aus Gründen eine Niederlage, die keiner im Forschungsteam ahnte.

      Ziemlich deprimiert begab er sich auf den Heimweg, wohl wissend, dass er die kommende Nacht nicht gut schlafen würde…

      Er nahm den Siliziumquader in die Hand, ein makelloser Kubus mit einer Kantenlänge von exakt einhundert Millimeter. Keine Kante wich mehr als zwei Nanometer von diesem Maß ab. Schon sein Äußeres glich einem Kunstwerk, dessen Herstellung ein Vermögen kostete. Die polierte Oberfläche strahlte in einem perfekten Glanz. Sie hätte es mit jedem astronomischen Teleskopspiegel aufnehmen können. Man sah dem Würfel nicht an, welche Anstrengungen unternommen wurden, um in seinem Inneren subatomare Vorgänge in vorgegebene Bahnen zu lenken. Es gab keine bekannte Technik oder Energieform, die man nicht dafür einsetzte. Alles war umsonst!

      War alles umsonst? War das das Ende? Hatte er die Spitze seiner 20-jährigen, ununterbrochenen Erfolgspyramide erreicht? Hatte er diesen speziellen Instinkt verloren? Die 'Begabung'? Seine Fähigkeit, die Entwicklung von wirtschaftlichen und finanziellen Ereignissen zu erahnen, ja nahezu vorherzusagen. Seit er sie vor über zwanzig Jahren bei sich entdeckte, hatte sie ihn nicht ein Mal im Stich gelassen. Es war ihm schon oft unheimlich, wie präzise diese 'Begabung' bei ihm funktionierte.

      Ein Konzernimperium hatte er damit aufgebaut, das die Welt noch nicht sah. Kaum ein Wirtschaftszweig, in dem nicht seine Unternehmen führend waren. Ohne Übertreibung durfte er sich DER Mega-Milliardär nennen, der reichste Mann der Welt. Aber von Anfang an hatte er die Fäden nur aus dem Hintergrund heraus gezogen. Kaum jemand kannte ihn, nur einer Handvoll ausgesuchter Menschen war Bergers Identität bekannt. In seinen Unternehmen spielte er immer nur den ständigen Unternehmensberater. Nur ein kleiner handverlesener Mitarbeiterkreis wusste, dass die Aktien des riesigen Unternehmens zu 100% ihm selbst gehörten. So hielt er sich die Medien vom Hals, außerdem ließ er damit direkte Angriffe von Gegnern und Konkurrenten ins Leere laufen.

      Rückblick

      Während er den Quader spielerisch in den Händen drehte, wanderten die Gedanken zurück zu den Anfängen. Er arbeitete als kleiner Sachbearbeiter in einem großen Konzern. Seine Aufgabe bestand darin, sich mit säumigen Kunden auseinanderzusetzen, um offene Forderungen zum Ausgleich zu bringen. Er war sehr erfolgreich bei dieser Arbeit. Keiner schaffte es so effizient wie er, sowohl Schulden einzutreiben, als auch zu erkennen, dass man nichts holen konnte, wo jeder Aufwand bzw. Rechtsstreit nur noch mehr Kosten produzieren würde. Damals war er von seinen fachlichen Fähigkeiten überzeugt, mehr nicht.

      Aber so oder so half ihm der Erfolg nicht weiter. Die Leistungen des ganzen Teams fanden keine Anerkennung beim Management. Es war total frustrierend, diese Ignoranz hinnehmen zu müssen. Typisch Konzernmanager! Niemand interessierte, wie viel Geld das Unternehmen tatsächlich einnahm. Es genügte, die Forderungen zu verbuchen. Der Betrag erschien damit in den Büchern. Unabhängig davon ob er eingenommen wurde oder nicht. Somit tauchte er in der Bilanz und letztendlich in den Prämien der Manager auf. Kontrolle durch Aufsichtsrat oder Aktionäre? Lachhaft! Solange der Vorstand den Aufsichtsgremien Riesenumsätze vorgaukelte und die Anteilseigner mit satten Dividenden verwöhnte, notfalls aus imaginären Rücklagen, war die Unternehmenswelt in Ordnung, was dann die Vorstandsprämie sicherte, selbst wenn die Pleite schon vor der Tür stand.

      „Bei objektiver Betrachtung ist eine Aktiengesellschaft doch nur ein Selbstbedienungsladen für Manager!“, schimpfte Berger oft. Man konnte ihn zwar nicht als Kommunisten bezeichnen, aber er hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Es ging ihm gegen den Strich, wie rücksichtslos ausschließlich Profite zählten, selbst wenn diese nur auf dem Papier standen und kaum etwas mit den tatsächlichen Einnahmen zu tun hatten. Nicht von ungefähr platzten in regelmäßigen Abständen Finanzblasen, oft mit globalen Auswirkungen.

      Profitgier auf der einen, Menschenverachtung auf der anderen Seite. Sowohl Mitarbeiter als auch Kunden wurden rücksichtslos ausgebeutet. Um sich nicht an diesen Umständen aufzureiben, kapselte Berger sich von seinem betrieblichen Umfeld ab. Er konzentrierte sich mit einer nahezu autistischen Fixiertheit auf die eigene Arbeit. Jedoch hielt seine Ehe dieser Belastung nicht stand. Die Scheidung war unumgänglich. Fast hätte er damals den Boden unter den Füßen verloren. Es erforderte ein hartes Training, bis es ihm gelang, seinen Lebensrhythmus neu zu finden, um in der Freizeit den Frust der Arbeit vollkommen auszuklammern. Mittlerweile beherrschte er diese Methode wie ein Roboter. Es kam ihm vor, als könnte er in seinem Kopf einen Schalter umlegen. Klick, Arbeit – klick privat. Lange Zeit lebte er so nach dem Prinzip Jekyll and Hyde, wie er es nannte.

      Alles änderte sich mit dem Besuch bei seinem alten Freund Heinz in Baden-Baden. Sie hatten gemeinsam ihre Ausbildung absolviert. Seit damals trafen sie sich regelmäßig zwei bis dreimal im Jahr. Dieses Mal sollte es ein ganz besonderes Wochenende werden. Heinz wollte sein neu erworbenes Single-Dasein feiern. Er hatte bei der Einladung schon so etwas angedeutet und bat darum, Anzug und Krawatte mitzubringen. Berger ahnte, was da auf ihn zukommen würde. Schon immer hatte Heinz davon geträumt, einmal im Casino Roulette zu spielen. Glücksspiel faszinierte ihn. Vor längerer Zeit zeigte er Berger Wahrscheinlichkeitsberechnungen, die er erstellt hatte. Nur die panische Angst seiner Frau, dass Heinz dem Spieltrieb verfallen würde, hielt ihn bisher ab, sein System auszuprobieren. Aber jetzt, wo diese 'Bremse' auf und davon war, die Scheidung lief gerade, hielt ihn nichts mehr von seinem Vorhaben ab. Den ganzen Tag zitterte Heinz dem Ereignis entgegen. Stundenlang studierte er seine Berechnungen. Mit Berger diskutierte er immer wieder die Vorgehensweise. Er war davon überzeugt, dass er dem Zufall mathematisch Paroli bieten konnte. Sein halbes Leben und seine Ehe hatte er dieser Idee geopfert. Heute Abend würde er die Ernte einfahren. Nichts konnte seine Überzeugung erschüttern. Berger hatte es auch schon längst aufgegeben, ihn von dem Vorhaben abzubringen. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg.

      Da standen sie in den altehrwürdigen Gemäuern des Casinos. Trotz des Anzuges fühlte Berger sich etwas deplatziert, während Heinz aufgeregt wie ein kleiner Junge, nur die Roulette-Tische fixierte. Bevor er vorstürmen konnte, hielt Berger ihn am Arm zurück. „Mach mal langsam, der Abend ist lang. Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, welchen Betrag du einsetzen willst?“ „Ich hab fünfhundert Euro dabei, heute riskiere ich alles!“ „Also doch spielsüchtig, das kann ja heiter werden.“ Heinz wechselte gleich sein gesamtes Geld ein. Zähneknirschend holte sich Berger für fünfzig Euro Chips. Das hätte ein prima Essen gegeben, aber weniger Einsatz sähe peinlich aus. Während Heinz sich nur für den Lauf der Kugel interessierte, die Gewinnzahlen im Geiste mit seiner Statistik verglich, achtete Berger darauf, wie sich die anderen Spieler verhielten. Schließlich besuchte er zum ersten Mal eine Spielbank. Da wollte er nicht gleich als Stoffel vom Land auffallen. Dann machte ihn Heinz ungeduldig auf einen Spieltisch aufmerksam, an dem zwei Plätze frei wurden. Sie setzten sich und jeder stapelte seinen Chip-Vorrat vor sich auf.

      Heinz legte sofort mit seinem Einsatz los. Je zwanzig Euro auf die Sieben, die Sechzehn, sowie die Dreißig. „Das sind die falschen Zahlen, die fallen doch gar nicht!“, dachte Berger, um sich gleichzeitig über den Gedanken zu wundern. „Woher weiß ich das denn?“ Er setzte erst mal vorsichtig fünf Euro auf Rot. Er fühlte sich auf irgendeine Art nahezu sicher, dass diese Farbe als Nächstes gezogen würde.

      „Achtzehn, rot, pair“, gab der Croupier bekannt. Während man Heinz die Enttäuschung ansah, hielt es Berger für eine Selbstverständlichkeit. Ein seltsames Gefühl ließ ihn sicher und entspannt werden. Es war die Erkenntnis, dass er nicht verlieren konnte! Er fühlte regelrecht, wo die