Название | Das Erbe von Tench'alin |
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Автор произведения | Klaus D. Biedermann |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783937883830 |
Seines Wissens war Vincent zwar mit Saskia Lindström zur Schule gegangen, aber enger befreundet waren die beiden nicht gewesen. Sein Sohn hatte keine feste Freundin. Auf dem Weg in sein Zimmer dachte er darüber nach, wie die Äbtissin annehmen konnte, dass Vincent mit Saskia befreundet gewesen war. Jeder wusste doch, dass sie mit Effel Eltringham liiert gewesen war, und das schon seit langem.
Minuten später lag er auf seinem Bett in dem geschmackvoll eingerichteten Gästezimmer mit der Terrasse, auf die jetzt der eben aufgegangene Mond schien. Er wollte sich nur ein wenig ausruhen und über das gerade geführte Gespräch nachdenken, bevor er in der Schenke zu Abend essen würde, als ihm ein Gedanke kam. Vielleicht hatte Vincent doch heimlich von diesem Mädchen geschwärmt, weil er ... ja gerade, weil sie die Einzige war, über die er nicht in abfälliger Weise gesprochen hatte, jedenfalls nicht, soweit sich Jared erinnern konnte. Er hatte sich im Kreise seiner Freunde über sie auch nie lustig gemacht. Nicht dass der Farmer es gebilligt hätte, dass sein Sohn oder wer auch immer in dieser Weise über Frauen sprach, aber er rechnete das damals zu den Verhaltensweisen, die man einem heranwachsenden Mann, der sich seine Hörner noch abstoßen musste, gerade noch zubilligen konnte.
Inzwischen hatte er erkannt, dass das falsch gewesen war.
Dass Vincent viel zu sehr verwöhnt worden war, und zwar von allen Seiten, war ihm seit Langem klar und er hatte sich mehr als einmal vorgeworfen, sich nicht besser gegen alle Großeltern und in diesem Punkt auch gegen seine Frau durchgesetzt zu haben.
Bruder Jonas freute sich offensichtlich, als Jared die Klosterschenke betrat. Nach einem herzlichen Schulterklopfen und einer lauten Begrüßung: »Was führt denn den Herrn von Raitjenland hierher? Es geschehen ja noch Zeichen und Wunder!«, brachte der Wirt ihn an einen der Tische in der Nähe der Theke und empfahl ihm zunächst das Gericht des Tages. Das Rumpsteak mit Süßkartoffeln und heimischen Pilzen verspeiste der Farmer wenig später mit großem Appetit. Dazu brachte ihm die Kellnerin frisch gezapftes Bier in einem Glaskrug.
Ihm wurde bewusst, dass er seit Tagen keine richtige Mahlzeit mehr zu sich genommen hatte. Jesper bekam einen großen Knochen, den er lautstark abnagte. Als Jared mit dem Essen fertig war, setzte sich Bruder Jonas zu ihm an den Tisch. Er hatte Zeit, denn die meisten Gäste würden später kommen. Nachdem sie über den letzten Pferdemarkt in Angwat gefachsimpelt hatten und der Wirt ihm versichert hatte, nicht böse zu sein, weil er ihn damals bei diesem Prachtgaul überboten hatte, erzählte der Farmer nach dem zweiten Krug Bier vom Tod seines Sohnes. Dabei ließ er allerdings die näheren Umstände über das genaue Wo und Wie aus. Er erwähnte nur, dass er ihn in den Bergen gefunden habe und nun hier sei, um sich Rat von der Äbtissin einzuholen.
Bruder Jonas bemerkte sehr wohl, dass der Farmer nicht darüber reden wollte, und so beließ er es dabei, sein Beileid zu bekunden. Er wunderte sich allerdings darüber, dass der Farmer ausgerechnet die Äbtissin von Haldergrond um Hilfe bei der Aufklärung gebeten hatte.
So kam man bald darauf wieder auf Pferde zu sprechen.
Jared müsse, jetzt wo er schon einmal hier war, unbedingt seine Stallungen besichtigen. Nachdem Jared ihm dies zugesichert hatte, trennte man sich unter Schulterklopfen kurz vor Mitternacht.
Bruder Jonas dachte nach. Der Farmer besuchte Haldergrond nicht, weil sein Sohn gestorben war. Der Grund konnte nur der Umstand des Todes sein, also all das, worüber Jared nicht hatte sprechen wollen.
Er hat ihn irgendwo im Gebirge gefunden. Warum hat er nicht gesagt, wo das war? Und warum kommt er dann hierher, anstatt sofort nach Haus zu seiner Frau zu gehen? Was hat die Äbtissin damit zu tun? Was hat er sich von seinem Besuch bei uns bloß erhofft?, waren seine Gedanken. Seine Neugier war entfacht. Er würde in den nächsten Tagen Augen und Ohren noch weiter offen halten als sonst.
In der Nacht schlief Jared von Raitjenland tief und wachte um fünf Uhr auf. Er hatte nicht bemerkt, dass ein Phuka mitten in der Nacht in sein Zimmer geschlichen war, sich neben ihn gesetzt und ihm Dinge eingeflüstert hatte, die er im Wachbewusstsein für unmöglich gehalten hätte. Noch nicht einmal Jesper war aufgewacht.
Bereits vor Sonnenaufgang brach der Farmer mit neu gestärktem Willen auf. Es würde sich alles aufklären. An diesem Morgen hatte er eine Zuversicht gefunden, wie er sie selten in seinem Leben gespürt hatte. Er wusste nun, wonach er suchen musste. Er war sich sicher, auch allen anderen Geheimnissen auf die Spur kommen zu können. Die Stallungen des Bruder Jonas, nach denen ihm im Augenblick nicht der Sinn stand, würden bis zum nächsten Besuch warten müssen, wenn es einen solchen jemals geben sollte. Dieses ganze Haldergrond war ihm suspekt, mehr als jemals zuvor.
Kapitel 7
Perchafta bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Tief im Inneren des Berges regte sich etwas. Es war zunächst nur ein sehr leises Geräusch gewesen, das er aber dann als ein tiefes Ein- und Ausatmen erkannte. Der Krull wusste im gleichen Augenblick, dass das erste der Siegel im Begriff war, nach seinem sehr langen Schlaf zu erwachen. Im Balgamon, den die Krulls in den Höhlen von Tench'alin seit vielen Generationen pflegten, stand geschrieben, dass dieses Aufwachen lange dauern konnte.
Dann geschah etwas Merkwürdiges an diesem lauen Spätsommertag.
Mit einem Mal waren alle Geräusche des Tales verstummt. Der Wind hatte aufgehört, die feinen Äste und Blätter der Bäume zu bewegen. Das Summen der Insekten war mit einem Schlag verstummt. Keines Vogels Flügelschlag teilte mehr die blaue Luft. Sogar die Glocken der Ziegen und Schafe hatten aufgehört zu läuten, so als ob deren Träger mitten in ihrer letzten grasenden Bewegung erstarrt wären. Das Erstaunlichste aber war, dass die Wasserfälle, die eben noch mit tosendem Geräusch den See speisten, nicht mehr flossen.
Das geschah sonst nur in sehr kalten Wintern, wenn die Natur das Wasser zu wundervoll bizarren Kunstwerken erstarren ließ, zu denen nur sie imstande war. Aber solche Winter waren hier äußerst selten. Den letzten dieser Art hatte es vor 730 Jahren gegeben.
Der Gnom hatte zwar für sich selbst und sein Volk nichts zu befürchten, erschauerte aber dennoch in diesem Moment, den er wie in einem Zeitraffer erlebte. Den ersten fernen Atemzügen folgte ein seltsames dunkles, röchelndes Stöhnen und Perchafta erkannte, dass das, was dort allmählich an die Oberfläche des Seins gelangte, mit diesem Vorgang nicht einverstanden war. Elliot, der gerade mit ihm unter einem großen Walnussbaum zusammensaß, um sich über die neuesten Ereignisse auszutauschen – er hatte seinen Bericht über Scotty und Jared gerade beendet – wurde auf einmal blass und die Gnome wechselten einen vielsagenden Blick. Sie hatten gerade den Hauch des Todes erlebt. Es hatte nur Sekunden gedauert und nach wenigen Augenblicken war alles wie zuvor. Perchafta erahnte, dass nichts mehr so bleiben würde, wie es einmal gewesen war.
Ganz sicher hätten die Emurks all das ebenfalls wahrgenommen, aber sie waren nicht mehr im Tal von Angkar Wat, das sie mehr als 300 Jahre lang bewacht hatten, denn ihre Verbannung war inzwischen beendet. Der Dritte, der an diesem Tag etwas von diesem Ereignis bemerkte, war ein Mensch.
Allerdings war Special Agent Steve Sisko weit davon entfernt, dessen Bedeutung zu erkennen. Die konnte ihm seine technische Ausrüstung nämlich nicht entschlüsseln. Er befand sich nur noch eine kurze Wegstrecke vor dem Zugang, den auch Scotty vor einigen Tagen gefunden hatte. Der Bildschirm seiner Brille leuchtete auf und das Gerät gab einen leise vibrierenden Ton von sich. Er blieb überrascht stehen.
Dann erschien eine Meldung: Warnung … Unterirdische Aktivität ... Ursache unbekannt … Warnung!
Steve tippte ein paarmal an den Rand der MFB – wirkungslos – und auch das Display an seinem