Das Erbe von Tench'alin. Klaus D. Biedermann

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Название Das Erbe von Tench'alin
Автор произведения Klaus D. Biedermann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783937883830



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grinste. Dieser Versuch verfehlte seine Wirkung nicht.

      »Ja, da ist noch etwas, das mich beschäftigt ... du hast recht. Tut mir leid, wenn ich so abwesend war, aber ich musste nachdenken.«

      »Und, magst du mir sagen, was bei deiner Nachdenkerei herausgekommen ist?« Sokos Neugier war erwacht. »Die Frauen sind im Dorf, du hast also alle Zeit der Welt. Meine Mutter wollte ein paar Freundinnen besuchen, die sie lange nicht gesehen hat. Ich habe Agatha gebeten, sie zu begleiten, weil sie doch noch etwas unsicher auf den Beinen ist. Noch solch ein Sturz würde gerade noch fehlen. Sie hat Glück gehabt, dass sie sich nicht den Oberschenkelhals gebrochen hatte. Nach so etwas stehen alte Leute fast nie mehr auf.

      Kannst also beruhigt sein, wir werden nicht gestört ... jedenfalls sicher nicht die nächsten zwei Stunden. Vielleicht auch drei. Wenn meine Mutter erst einmal Fahrt aufgenommen hat«, meinte Soko.

      Effel blickte in sein Glas, als ob er erwarte, dort eine geheimnisvolle Botschaft oder vielleicht sogar die Lösung eines Problems entdecken zu können.

      »Ich habe Nikita nicht alles gesagt«, erklärte er jetzt geradeheraus und schaute den Schmied direkt an, »ich habe ihr etwas Wichtiges verschwiegen. Ich wollte es sagen, aber es war mir nicht möglich.« Er machte seufzend eine Pause.

      Soko hatte inzwischen sein eigenes Glas wieder gefüllt und erwiderte ruhig und erwartungsvoll den Blick des Freundes.

      Aus dem nahen Wald war der Ruf eines Hähers zu hören, aus der Werkstatt das leise Prasseln des Feuers und aus den Verschlägen dahinter manchmal das heisere Jaulen eines kranken Hundes. Der große Kachelofen, auf dessen Bank es sich zwei Katzen gemütlich gemacht hatten, verbreitete eine wohlige Wärme.

      »Es war dir nicht möglich? Was hast du Nikita verschwiegen? Dass du mit Saskia ...?«

      »Nein, das mit Sas weiß sie. Das habe ich ihr schon im Tal bei unserer ersten Begegnung gesagt. Ich glaube, in den zwei Tagen, in denen wir dort waren, haben wir uns alles erzählt. Nein, es geht um diese Pläne, die wir gefunden hatten. Sie wird damit Probleme bekommen.«

      »Probleme? Inwiefern?« Der Schmied legte die Stirn in Falten.

      »Nun, ich habe damals, als ich sie angefertigt hatte, eine wichtige Berechnung verschlüsselt. Ich habe bei dem Prozess, bei dem es um die Umwandlung der Ätherenergie in elektrische Energie geht, einen Rätselcode eingebaut. Vielleicht hatte ich Angst, dass meine Arbeit einmal in die falschen Hände geraten könnte ... oder es war reine Spielerei, wer weiß. Ich hatte wohl früher schon ein Faible für Rätsel. Die Pläne bestehen nicht nur aus Zahlen und Berechnungen, sondern auch aus sehr viel Text, in dem alles erklärt wird, das meiste in lateinischer Sprache.«

      »Ätherenergie in elektrische Energie umwandeln? So wie wir es mit Wasser und Sonne machen?«

      »Ja, so ungefähr kann man sich den Prozess vorstellen, nur dass eben die Ätherenergie in unendlicher Menge und zu jeder Zeit zur Verfügung steht. Du musst dir das so vorstellen, dass man mit einer Art Staubsauger die Neutrinos aus dem Universum ansaugt, zur Erde leitet und dort in einem Transformator umwandelt. Also sehr vereinfacht gesprochen, aber anders kann ich es dir nicht schildern. Dieser Transformator muss allerdings ziemlich groß sein, na ja, vielleicht kann man das Ganze heute kleiner bauen. Vor tausend Jahren hätte ich es dir wahrscheinlich viel besser darlegen können.«

      »Das hat mir vollkommen genügt.« Der Schmied grinste.

      »Wenn Nikita und Professor Rhin es nicht schaffen, dieses Rätsel zu lösen, können sie nicht weitermachen. Ich kann mir wirklich nicht erklären, warum ich das getan habe, weil es damals … ich meine früher … eigentlich keinen Sinn gemacht hatte. Dieses Myonprojekt war reine Theorie. Ich habe mit dieser sicherlich guten Idee, mit der ich allerdings alleine dastand, einfach ein wenig herumgespielt. Es war zur damaligen Zeit für die Wissenschaft einfach unvorstellbar, dass man Energie aus dem Äther gewinnen könnte. Die meisten meiner Zeitgenossen hielten mich für einen überdrehten Spinner und lachten mich aus. Na ja, bis auf den König. Deswegen mussten wir ja auch fliehen. Aber davon habe ich dir ja schon erzählt.«

      Effel blickte ernst drein. »Nikita wäre nicht hier gewesen, wenn man sich das in der Neuen Welt nicht vorstellen könnte.

      Damals jedenfalls gab es überhaupt keine technischen Möglichkeiten, solch eine Maschine zu bauen … wahrscheinlich gab es die nirgendwo auf der Welt. Ich aber habe immer daran geglaubt, dass es eines fernen Tages möglich sein könnte. Deswegen brachten wir die Pläne in dem Tal ja auch in Sicherheit.«

      Der Schmied sah Effel fragend an.

      »Du hast deine Erfindung damals … verschlüsselt? Hach … lass mich raten, du weißt die Lösung des Rätsels nicht mehr, stimmt`s? Kennst du denn den Text des Rätsels noch?«

      Effel nickte ohne aufzuschauen, dann schüttelte er verneinend den Kopf: »Nein, das alles weiß ich eben nicht mehr, es ist wie … wie … als wenn es jemand aus meinem Gedächtnis gelöscht hätte.«

      Soko lachte plötzlich schallend auf.

      »Was gibt es denn da zu lachen?«

      »Ich kann nicht mehr … was meinst du, was die da drüben für Augen machen werden … wenn … wenn sie das entdecken … hahahaha!« Er schnappte nach Luft. Dabei klopfte er sich mit beiden Händen auf die Schenkel, dass es nur so klatschte. Er hielt sich den Bauch und hob sein Glas.

      »Lass uns darauf trinken, Bruder, der ganze Aufwand für nichts und wieder nichts!«

      Er hatte Tränen in den Augen und gleich darauf fügte er hinzu: »Oh, entschuldige, für nichts stimmt ja nicht, immerhin hast du … also habt ihr euch ja dadurch kennengelernt. Haha, zwei gewinnen, alle anderen verlieren, das ist zu köstlich! Ein Grund mehr, einen darauf zu trinken … also ich finde das …«

      »Natürlich werden sie das Rätsel entdecken, es steht ja ziemlich deutlich da«, unterbrach Effel ihn, »deswegen ist es auch gar nicht so witzig. Diesem Professor Rhin wird es sofort auffallen, da bin ich mir sicher ... bei allem was Nikita mir über ihn erzählt hat. Und wenn sie selber sich näher damit beschäftigt, wird sie es auch bemerken ... das ist mal so klar wie der Bach, der hinter deinem Haus vorbeifließt.«

      »In lateinischer Sprache hast du die Texte verfasst? Hattest du mir nicht erzählt, dass du damals in Frankreich gelebt hast?«

      »Vielleicht habe ich es in Latein verfasst, weil nur wenige Menschen diese Sprache beherrschten, wenn man einmal von Priestern, Ärzten und Mönchen absieht.«

      »Na ja, wie auch immer, eine gewisse Komik hat es, das musst du zugeben. Ich finde es jedenfalls lustig. Aber mal Spaß beiseite. Wenn dieser Professor, oder wer auch immer, bemerkt, dass du damals dieses Rätsel verwendet hast, um eine Berechnung zu verschlüsseln ... meinst du nicht, dass sie es lösen können?«

      Soko stellte sein leeres Glas ab.

      »Vielleicht, aber was, wenn sie es nicht können? Es wird sicherlich sehr knifflig sein, so wie ich damals gedacht habe«, lächelte Effel jetzt zum ersten Mal. Soko grinste.

      »Lass sie doch ruhig ihr Hirnschmalz bemühen, sie bekommen den Hauptteil ja schließlich frei Haus geliefert. Wahrscheinlich schmücken sie sich noch damit … werden garantiert drüben als Helden gefeiert. Ich meine, wenn man mit deiner Maschine wirklich Energie gewinnen kann. Na, und wenn sie es nicht schaffen, kommt sie ja in jedem Fall bald wieder. Etwas Besseres kann dir doch gar nicht passieren!«

      »Nein, jemand anderer wird kommen«, erwiderte Effel, »glaubst du wirklich, sie schicken Nikita noch einmal hierher? Nein, die lassen sie nicht noch mal gehen. Vielleicht kommen sogar mehr von ihnen. Jetzt, wo man ihnen den kleinen Finger gereicht hat, könnten sie die ganze Hand haben wollen. Mir wird gerade übel, wenn ich an die Möglichkeiten denke, die sie haben. Aber letztlich wird es nichts nutzen, denn ich erinnere mich nicht an das Rätsel ... es sei denn …«, Effel überlegte, »… Perchafta hilft mir noch einmal bei einer Rückführung.«

      »Du meinst, er macht mit dir eine dieser Zeitreisen, von denen du mir erzählt hast? Du glaubst, das würde