Projekt Null. Teja Bernardy

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Название Projekt Null
Автор произведения Teja Bernardy
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783960087526



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solchen Ruderknechten nicht zerreißen, untergehen? In Wahrheit aber streiten sie um Windmühlen und ihre Flügel.

      Nein, sie gleichen darin nicht dem edlen Ritter Don Quijano der Gute aus der Mancha und seinem treuen Sancho Panza, sind nicht Don Quijote und sein schlecht berittener Diener, entsagen im feierlichen Gelöbnis jeder Dulcinea, von Tübingen bis Toboso, von Marktl bis Rom, sind auch nicht Jacques le Fataliste und sein gut berittener Herr, wenngleich jener gewisse klerikale Kämpe sich gerne als Herr, als Stellvertreter Gottes sieht, ohne jede Gottesfurcht quasi Vize-Gott, der andere, jener, der immer das letzte Wort hat, der Radikale, der Widerspenstige, keinen Herrn über sich duldet, keinen Vize-Herrn, nicht einmal fremde Götter neben sich, schon gar keinen unfehlbaren Menschen, und sei er nur … Papst.

      Gefragt sein muß deshalb: Wie waren sie zueinander gekommen? – „Von ungefähr, wie das gewöhnlich der Fall ist.“ – Wie heißen sie? – „Was kann euch daran liegen?“ Nennen wir den einen der Streithähne Joseph Ratzinger. Heißt er so? Dann kann der andere Streithammel nur Hans Küng heißen. – Wo kamen sie her?„Aus dem nächst gelegenen Orte.“ Aus teutschen Landen, dem Lande des Reformators Martin Luther kam der eine, der andere aus dem alemannischen des Reformators Huldrych Zwingli. – Wo wollten sie hin? – „Weiß man je, wohin man will?“ Auf jeden Fall wollten sie nach oben, nach ganz oben, auf den Gipfel! Auf jeden Fall geht das für sie nur über Rom. Auf jeden Fall geht es von jedem Gipfel immer nur bergab, haben jedenfalls beide zu sehr unterschiedlichen Zeiten aus sehr verschiedenen Anlässen sehr deutlich erfahren. – Was sprachen sie? – „Der Herr, derjenige, der sich für den Herrn und den Stellvertreter des Herrn hält, Bruder Joseph, sprach kein Wort, jedenfalls kein verständliches, auch kein verständiges, aber Bruder Hans: Sein Hauptmann (Johannes XXIII.) habe gesagt, alles, was uns hienieden Gutes oder Böses begegnet, stehe dort oben geschrieben.“

      ... Das war ein verständiges Wort. Natürlich auch ein fatales, ja fatalistisches.

      Wollte man nun hinzusetzen, jede Kugel, die aus einem Musketenlauf abgeschossen wird, hat einen Adressaten, hat man nicht unrecht, müßte füglich hinzugefügt sein: jede Kugel, die aus einem Musketenlauf abgeschossen wird, hat einen Adressanten. Erst dann hat man Recht.

      Also doch und frei nach Denis Diderot wenigstens Jakob und sein Herr? Oder einmal mehr nur die Geschichte, welche Miguel de Cervantes Saavedra nur deshalb erzählen konnte, weil Sidi Hamét Benengeli sie ihm erzählt hatte? Bei allen guten Engeln, sind sie schlechte Engel, sind sie nur Teufel, bei allen guten Engeln also wäre das zu einfach für zwei so große Geister, die man rief und einfach nicht mehr los wird. Nun ja, Hans Küng, der Diener, der sich für keinen solchen hält, verfuhr mit seinem Herrn, für den sich Josef Ratzinger durchaus hält, nicht so zurückhaltend und schonend ... Er überging nicht den geringsten Umstand und ließ es darauf ankommen …

      Worauf aber kommt es an? Hatten nicht beide Kontrahenten, zwei Meister der Selbstinszenierung, die gleiche Wissenschaft betrieben? Sofern man es Wissenschaft nennen darf, wenn alles unter dem Zeichen „Katholisches Christentum“ als unabdingbare Prämisse immer und immer wieder verifiziert, niemals und nichts falsifiziert, unter gar keinen Umständen die Prämisse selbst in Frage gestellt wird. Was, außer Zirkelschluß, mag solche scheinbare Wissenschaftlichkeit hervorbringen? Theologie heute nach Regeln der Wissenschaft, Logik und Verantwortbarkeit legt nahe, Christentum ist geistig so gut wie bankrott. Gleichwohl methodisch haben sich die beiden Helden jedes Wissensgebiet untertan gemacht, es christisch, aber linear zum Wissensgebet degradiert, daraus windmühlenartig, Entschuldigung(!), gebetsmühlenartig deklamiert, gleich Bouvard und Pécuchet ungeheures Wissen angehäuft, aufgetürmt, ohne auch nur von einer der Sachen, ohne überhaupt von irgendwelchen Sachen, von wirklichen Sachen wirklich etwas zu verstehen. An der Quantität erfreuen sie sich, berühmen sich ihrer, klopfen sich ihretwegen selbst und gegenseitig auf die Schulter, ermangeln der Qualität, nicht so sehr des Klopfens, mehr des Kopfes, des Denkens darinnen, weil sie sich der Theologie verbunden, verpflichtet fühlen, sich ihr verschrieben haben, ignorieren, auf diesem ihrem ureigenen Wissensgebiet ist qualifiziertes Wissen, bleibt Wissenschaftlichkeit unmöglich. Es wollte und will ihnen nicht gelingen, sich aus Sokratischer Aporie zu befreien, Dialektik frei nach Marx walten zu lassen, wie seinerzeit Gottlob Frege die Russellsche Antinomie anzuerkennen. Ein Circulus vitiosus, ein Teufelskreis zweier eheloser, christischer Männer, welche dem Widerspruch zwischen ehelos und christlich gnadenlos ausgeliefert sind, weder wissenschaftlich der Paradoxie zu begegnen, noch pragmatisch den gelobten Zustand zu beenden vermögen. Kampf zwischen Samiel und Mephisto. Austauschbare Rollen. Immer sitzt der eine auf des anderen Stuhl. Immer sitzen beide fest im Sattel. Und doch schlagen sie aufeinander ein.

      Der eine, Sie wissen schon, der Wir-sind-Papst, Nachfolger auf dem Stuhl Petri, obwohl von letzterem nicht einmal erwiesen ist, er kam in Rom zu Potte, habe dort auf einem Stuhl gesessen, ausgerechnet auf dem, der heute nicht mehr sein Hinterteil, nur noch seinen Namen trägt, jener Nachfolger Petri, Stellvertreter des Nazareners und Gottessohnes, Vizegott und Papst Emeritus, befolgt ‘unfehlbar’ die Parole des Originals, seines Helden, Herrn und Gottes: Ich bringe euch nicht den Frieden. Recht hat er, der Held, vor allem sein Nachfolger, könnte man darauf vertrauen, dies seien wahrhaft Worte Jesu, verkündeten doch schon die Engel vor Geburt des Zimmermannssohnes: Frieden auf Erden den Menschen, die guten Willens sind. Eine außerordentlich heikle Geschichte, die Sache mit dem Willen und der Welt als Vorstellung für einen Stellvertreter Gottes. Wer kann sich schon vorstellen, auf der Welt herrscht Friede anstatt Angela, Barak, Wladimir oder so?! Für einen Vizegott nichts als häretische Gedanken! Starken Willen braucht selbst ein Vizegott im Wartestand, Präfekt der katholischen Glaubenskongregation, Chef des Heiligen Offiziums, dreiundzwanzig lange Jahre lang jeden Freitag den wöchentlichen Bericht über Mißbrauchsfälle katholischer Kleriker aus aller Welt zur Kenntnis zu nehmen. Pädophilie als praktizierte Nächstenliebe? Noch viel stärker muß der Wille sein, die allfälligen Rapporte sorgfältig wegzusperren, unter Verschluß zu halten. Streng vertraulich. Geheim. Weniger bis gar keines Willen bedarf es, schon gar keines guten Willens, die Inquisition als Segen für Europa zu bezeichnen, auf Unfehlbarkeit, Zölibat, Ablehnung der Empfängnisverhütung, Verweigerung aktiver Gleichstellung der Frau und Eucharistieverbot für wiederverheiratete Geschiedene zu beharren. Weder guter Wille also, noch Wille zum Frieden! Um Frieden sollen sich die Menschen, die Gläubigen gefälligst selber balgen; freilich mit von Klerikern aller möglichen und unmöglichen Glaubensbekenntnisse gesegneten Waffen. Wahrlich ein gerüttelt Maß an Streitpunkten. Ohne Unterlaß ständiger Anlaß für Unfrieden. Unfriede mit der Ostkirche, Unfriede mit den Protestanten Westeuropas, Unfriede mit all jenen, welche die Dogmata und Zumutungen des Glaubens zu hinterfragen wagen, besonders dann, wenn sie dabei an friedliche Ökumene denken, wie der Theologe Gotthold Hasenhüttel.

      Jedenfalls hat Joseph Wir-sind-Pabst Ratzinger viel gelehrt. Viele Bücher zu theologischen Themen hat er verfaßt. Ob sich daraus etwas lernen läßt? Neben aller professoralen Lehrtätigkeit mit dem Gehalt eines Professors sind so rund 48 Buchtitel religiösen Inhaltes erschienen, so daß der allein und zölibatär lebende Herr Professor ein Anwesen in Regensburg erwerben konnte und mit der Annahme seiner Berufung zum Chef der Glaubenskongegration sich von Johannes Paul II. ausdrücklich die Fortsetzung seiner quasi privaten Schriftstellertätigkeit garantieren ließ. Lernen läßt sich daraus, auch nach 2000 Jahren gilt im weltlichen wie katholischen Rom immer noch: Pecuniam non olet. Allerdings adelt es auch nicht.

      Ungefähr achtzig Lebensjahre des freien Schriftstellers, Theologieprofessors, Klerikers sind ins Land gegangen, bis Joseph Ratzinger es geschafft hat, den ersten Band seiner Trilogie Jesus von Nazareth herauszugeben. Ein gewisser Rudolf Augstein, in Theologie nicht mit summa cum laude promoviert, nicht habilitiert, völlig ohne Studium, aber mit quasi magna cum laude beruflicher Schreibpflicht für sein Wochenmagazin, nur Journalist und Vaterlandsverräter von Adenauers bis Strauß Gnaden, hatte bereits im zarten Alter von 49 Jahren Jesus Menschensohn publiziert, den Theologen aller Konfessionen eine längst überfällige Rechnung präsentiert, durchaus auch nicht unterlassen, Theologie und Politik zu verbinden. Insofern begegnet ausgerechnet Joseph Ratzinger dem Atheisten Michail Gorbatschow: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das Amt des Papstes auf Zeit ist