VirOS 4.1. Alexander Drews

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Название VirOS 4.1
Автор произведения Alexander Drews
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783957770967



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USB-Stick ging, der noch immer zwischen ihnen lag. Mit einem Aufschrei langte er zu dem kleinen Stück Plastik hin, doch Burkhard war schneller - ein Handgriff, und er fischte ihm den Stick vor der Nase weg. Triumphierend hielt er ihn hoch: »Den kriegst du nicht.«

      »Und ob ich den kriege«, fauchte er und stürzte sich auf seinen Gegner.

      *

      »Sole!«

      Soledad drehte sich um. Es war Melanie, die ihr hinterhergerufen hatte. Aufgeregt winkend kam sie näher.

      »Ich wusste gar nicht, dass du heute frei hast. Also komplett frei«, sagte sie und deutete neben Soledad, wo ausnahmsweise kein kleines Mädchen nebenherlief.

      »Frau Esterogg passt auf sie auf«, erklärte Soledad und hob ihren Korb hoch. »Ich will nur schnell was einkaufen. Zum Backen.«

      »Oh, das ist gut. Ich meine, das ist gut, dann hast du ja einen Moment Zeit. Ich muss dir unbedingt etwas erzählen«, sprudelte es aus Melanie hervor. »Ich hab mich jetzt bei diesem Online-Portal angemeldet. Und das ist voll toll, ich habe schon zweitausendfünfhundert Hits.«

      Soledad hatte keine Ahnung, von welchem Portal ihre Freundin da sprach, aber bei Melanie konnte es sich eigentlich nur um so etwas handeln wie grosseliebefinden.de, maennerfuersleben.com oder maerchenpartner.net. Seit sie Melanie kannte, war diese immer auf der Suche nach Mister Perfect gewesen, und eigentlich hatte sie jeden ihrer Freunde auch vor Soledad als solchen bezeichnet, bis sich dann herausstellte, dass der jeweilige Typ dann doch nicht so ganz perfekt gewesen war. Woraufhin Melanie mit schöner Regelmäßigkeit beschloss, künftig einen ganz anderen Personenkreis anzuvisieren. Ihr letzter Freund war ein Portugiese gewesen, der ausgesehen hatte wie Iker Casillas und sogar wie Iker Casillas Torwart war, allerdings beim MTV Flautenwerder-Meersinbrook oder wie der Verein geheißen hatte. Melanie fand Fußball doof und portugiesisch war auch nicht gerade ihre Stärke. Deswegen war sie nun auf der Suche nach einem eher nordischem Typ, der bitte nicht so sportlich sein und mehr Zeit mit ihr als auf dem Spielfeld verbringen sollte. Und den wollte sie nun im Internet finden, denn da würden die inneren Werte entscheiden und nicht der erste, rein optische Eindruck. Na, wenn sie das glaubte.

      »Deswegen hab ich geschrieben, Waschbrettbäuche könnten mir gestohlen bleiben.«

      »Och. Ich hätte schon mal ... also ...«

      »Ach ja?« Melanie legte den Kopf leicht schief. »Und sonst?«

      Soledad zog die Schultern hoch. »Groß? Schlank? Athletisch? Sowas.«

      »Und vom Typ her mediterran, was?«

      »Ach Unsinn. Da hätte ich auch in Spanien bleiben können, da laufen genug davon rum. Nein, eher so was mitteleuropäisches ...«

      »Dir ist aber schon klar, dass du gerade nur Äußerlichkeiten nennst, oder?«

      »Logo, das soll ja auch nicht für immer sein, sondern nur mal ...«, Soledad brach ab, als sie sah, wie Melanies Grinsen immer breiter wurde.

      »Schau an, schau an. Ist da jemand unterzuckert?«

      »Ist da wer ... was?«

      »Unterzuckert. Lust auf Naschwerk. Vernaschen. Verstehst du?«

      »Ich mein ja nur«. Soledad verzog die Mundwinkel.

      »Hey«, Melanie stieß sie spielerisch an. »Vor mir musst du dich doch nicht schämen. Ist doch normal, dass man manchmal einfach nur Appetit auf Fast Food hat. Was glaubst du, weshalb ich immer eine Packung Tiefkühlpommes im Kühlschrank habe?«

      »Und mit Tiefkühlpommes meinst du ...«

      »In dem Fall nur Tiefkühlpommes. Aber eigentlich ist es ja dasselbe. Frauen haben eben auch Bedürfnisse.«

      »Nach Tiefkühlpommes.«

      »Ich ja, du hast anscheinend gerade andere.«

      Soledas beschloss, das Thema zu wechseln, bevor sich Melanies Grinsen noch völlig in ihr Gesicht einbrannte. »Wolltest du nicht eigentlich von dir erzählen?«

      »Ach ja.« Dann erzählte sie Soledad ihre Wunschvorstellungen und wollte ihre Meinung dazu hören.

      »Er kann also ruhig ein paar Pfunde mehr auf den Rippen haben?«, vergewisserte sich Soledad.

      »Klar doch. Ich will nicht schon wieder einen Sportler.«

      »Ah ja«. Soledad grinste.

      »Was?«

      »Nichts, gar nichts.« Sie konnte Melanie ja schlecht darauf hinweisen, dass ihre zierliche Figur nicht so unbedingt zu einem Brocken von einem Kerl passen würde. Zumindest nicht in jeder Lage. Verdammt noch mal, schalt sie sich dann selber, du kannst anscheinend echt nur noch an das eine denken. Reiß dich mal am Riemen. Du hälst hier vor einem Cafe ein Schwätzchen mit deiner Freundin. Sonst nichts.

      »Hört sich gut an«, sagte sie also.

      Melanie legte den Kopf schief und funkelte sie aus ihren himmelblauen Augen an. »Ich glaub dir nicht. Du wolltest was ganz anderes sagen.«

      »Wollte ich nicht.«

      »Wolltest du doch, und das finde ich jetzt raus.«

      Soledad hob den Korb hoch. »Ich muss dann auch so langsam ...«

      »Nö no. Das könnte dir so passen. Ich will jetzt wissen, was du meinst. Und für einen Kaffee hast du sicher noch Zeit.«

      Ehe Soledad antworten konnte, hatte Melanie schon auf dem Absatz kehrt gemacht, mit einem Schwung, der ihre langen blonden Haare fliegen ließ, und eilte auf den Verkaufsstand zu. Soledad stellte ihren Korb ab. Wenn Melanie sich was in den Kopf gesetzt hatte, dann passierte das auch, egal, was es war, und jetzt wollte sie mit ihr unbedingt einen Coffee-to-go trinken. Andererseits, bei dem Wetter würde ihr eine kleine Aufwärmung vermutlich gut tun. Und lange dauern konnte es ja auch nicht. Soledad sah auf ihre Armbanduhr. Doch, fünf Minuten würden wohl noch drin sein.

      »Also.« Melanie kam zurück, in jeder Hand einen Becher voll heißer und dampfender brauner Brühe, eben das, was man hierzulande unter Kaffee verstand. »Ich glaube, ich weiß genau ...«

      Melanie starrte an ihr vorbei, so dass Soledad sich umdehte, um zu sehen, was hinter ihr los war. Empörte Rufe drangen an ihr Ohr, bevor sie bemerkte, dass die Leute nach recht und links sprangen. Erst dann erkannte sie, warum. Ein dicker Mann rannte alles aus dem Weg räumend auf sie zu.

      »Hee«-, »Unverschämtheit«- und »Geht´s noch«-Rufe begleiteten ihn. »Schulldigung«, keuchte der Koloss und lief genau auf Melanie zu, die offensichtlich fasziniert die Dampflok anstarrte, die da auf sie zuschnaufte.

      Auch Soledad war zu perplex, um irgendetwas zu tun, und dann war es auch zu spät. Er rempelte sie beide einfach aus dem Weg, die beiden Becher flogen davon und verschütteten den Kaffee über die Betonplatten. Melanie stürzte in eine Parklücke, während Soledad gegen die Hauswand geschubst wurde. Sie drehte sich um sich selber und ihre herumschwingende Hand bekam gerade noch die Schulter des Rüpels zu fassen.

      »Hey, du Penner«, schrie sie. Der Mann beendete tatsächlich seinen Amoklauf und fuhr herum. Soledad sah in ein erschrockenes panisches Teddybärengesicht.

      »Entschuldigung, tut mir leid«, stieß er hervor und sah sie aus großen braunen Kulleraugen an.

      »Entschuldigung für´n Arsch«, knurrte Soledad. »Hilf ihr lieber hoch«, fügte sie hinzu und warf dem Teddybären einen Blick zu, der ausgereicht hätte, ein Nashorn zu töten. Sie wankte, selbst noch benommen, hinüber zu Melanie und ging neben ihr in die Hocke. »Alles okay?«

      »Ja, ich denke schon.« Ihre Freundin setzte sich auf und betrachtete ihre Hände. »Hatte ich nicht zwei Becher gehalten?«

      »Die sind irgendwo da auf die Straße geflogen«.

      Soledad deutete auf die Fahrbahn, wo einer der Becher unter dem Reifen eines vorbeifahrenden Lasters gerade sein Ende fand.

      »Es tut mir leid, tut