VirOS 4.1. Alexander Drews

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Название VirOS 4.1
Автор произведения Alexander Drews
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783957770967



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Burkhard gegenüber. »Und, was noch besser ist, der Rechner setzte genau auf die Minute aus. Genau nach Plan. Du hast da ganze Arbeit geleistet.«

      »Hm«, machte Burkhard. Es sah nicht so aus, als ob er auf seine ganze Arbeit stolz wäre. »Paranoimia und Scoopex haben ja auch mitgeholfen. Und Quartex und ...«

      »Ja, ja, schon klar, aber«, er sah Burkhard an, »Ehre, wem Ehre gebührt - die Hauptarbeit hast doch du gemacht. Einfach klasse.«

      Burkhard holte tief Luft: »Und die Tankstelle?«

      Er sah ihn überrascht an. »Warst du noch nicht da?«

      »Nein.«

      »Also ich bin da gleich heute morgen hin. Außer Betrieb. Ich tat so, als ob ich tanken wollte, da haben sie mir schon zugerufen, dass es gerade keinen Sprit gibt. Technischer Defekt oder so. Du, das funktioniert tatsächlich. Stick rein - Rechner lahm. Jetzt muss Quartex noch den E-Test durchführen, und wenn der auch klappt, dann können wir sicher sein, dass wir da was ganz Großes erschaffen haben. Den absoluten Überhammer. Den Hammer of the Year, ach was, den Hammer of all years! The final hammer of all years!« Seine Stimme schraubte sich in immer neue Begeisterungshöhen, während Burkhards Mundwinkel damit negativ korrelierten - sie sanken immer weiter nach unten Richtung Antipathie.

      »He, was ist denn los?«

      »Nix«, bekräftigte Burkhard und stemmte sich hoch. »Ich glaub, mir fehlt einfach nur eine Dusche. Warte mal, ich bin gleich wieder da.«

      Er nickte. Eine Dusche konnte Burkhard bestimmt nicht schaden. Er sah so aus, als hätte er sich seit seinem Aufenthalt auf der Ackerebene nicht mehr gewaschen.

      Burkhard trottete aus dem Zimmer, wenig später verriet das Geräusch fließenden Wassers, dass er sein Ziel erreicht hatte.

      »Wann ist Quartex dran?«, rief er aus der Dusche.

      »Sonnabend. Wenn er wieder Dienst hat.«

      »Okay. Hoffen wir mal, dass es klar geht.«

      »Klar geht das klar.«

      Er sah sich um. Es erstaunte ihn immer wieder, wie beinahe spießig Burkhards Wohnzimmer eingerichtet war. Ein Sofa, Fernseher, Stehlampe, Telefonschränkchen, Kommode - es sah aus, als ob er die Möbel seiner Großmutter abgeschwatzt hatte. Nichts deutete darauf hin, dass hier einer der genialsten Computerprogrammierer aller Zeiten wohnte. Aber vielleicht sollte das auch so sein. Wer wusste denn schon, was Burkhard in seinem Schlafzimmer hatte! Er hatte nur einmal einen Blick hineinwerfen können und gesehen, dass der Raum bis oben hin mit Rechnern und Monitoren und was noch alles vollgestopft war - und dann hatte Burkhard ihm auch schon die Tür vor der Nase zugeschlagen und gesagt, wenn er Computer sehen wolle, könne er das auch im Vereinsraum tun. Der im Übrigen Burkhards zweites Wohnzimmer war. Egal, wie oft er in der letzten Zeit dort aufgetaucht war und zu welcher Uhrzeit, Burkhard und mindestens einer von den anderen war immer da gewesen und vor einem Bildschirm gehockt. Mit einer zunehmend begeisterten Miene. Und als sie dann die drei USB-Sticks austeilten, sahen sie aus, als hielten sie Generalvisa für Elysium, Nirvana und Walhalla gleichzeitig in den Händen.

      Jetzt allerdings kam ihm Burkhard wie jemand vor, der bereits da gewesen und dort nichts von dem Erhofften gefunden hatte, weshalb er deprimiert zurückgekehrt war. Und eigentlich schien er ganz schön lange zu duschen.

      »Alles klar?«, rief er in Richtung Bad.

      »Ja. Jaja, moment, ich ziehe mich nur eben an.«

      »Okay.«

      Wenigstens etwas. Ein Burkhard im Bademantel war nun nicht unbedingt eine Augenweide. Man musste schon wirklich erstens eine Frau und zweitens eine sein, die auf den Fetter-Teddybären-Typ stand, um Burkhard ansatzweise attraktiv finden zu können.

      Kurz darauf tauchte Burkhard im Türrahmen auf, dieses Mal in Jeans und einem roten Rollkragenpulli, der aber erstaunlich gut zu seinem rotbraunen Vollbart passte.

      »Ich hab nachgedacht«, verkündete er, legte den einen USB-Stick, den sie gestern in der Tankstelle benutzt hatten, auf den flachen Couchtisch und setzte sich. Einige Sekunden vergingen, in dem er nur das silberne Ding da auf der eichenholzfarbenen Tischoberfläche betrachtete.

      »Und worüber?«

      »Wenn Quartex auch Erfolg hat ...«

      »Was er haben wird!«

      »... dann wissen wir, dass dieses Ding wirklich so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben.«

      »Ist das nicht toll?« Er lächelte, in der Hoffnung, Burkhard mit seiner Begeisterung anzustecken. Diese ganze Stimmung gefiel ihm überhaupt nicht. Diese Blümchentapeten gefielen ihm nicht. Dieser hellgrüne Stoffbezug gefiel ihm nicht. Und Burkhard gefiel ihm erst recht nicht, er hatte zwar die Kleidung gewechselt, aber es war noch immer derselbe Mensch, der da drinsteckte. Und dieselbe, seltsame Melancholie, die wiederum in diesem Menschen steckte.

      Burkhard sah auf und blickte ihn aus seinen braunen Teddybär-Augen an: »Die Tankstelle ist komplett zu?«

      »Allerdings.«

      »Hast du eine Ahnung, was das kostet?«

      »Wie?« Er beugte sich vor. »Was soll wieviel kosten?«

      »Der Verdienstausfall, oder wie man das nennt.«

      »Junge - ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Ist doch deren Schuld, wenn die mit Windows arbeiten.«

      »Und die Menschen im Fahrstuhl? Was meinst du, wieviele noch stecken bleiben werden, wenn wir loslegen?«

      »Selber schuld, wer Linux nutzt.«

      »Und Quartex - jaja, sag nichts«, wehrte Burkhard ab, »ich weiß schon!«

      »Yepp. Haben es nicht besser verdient, vor allem die nicht!«

      Burkhard richtete sich auf: »Ich hab letzte Nacht die ganze Zeit wach gelegen.«

      Sah man dir an, dachte er.

      »Und ich hab einen Entschluss gefasst. Das ist mir zu heiß. Ich steige aus.«

      »Was?«, rief er und sprang auf. »Das ist nicht dein Ernst!«

      »Ich meine das todernst. Das wird zu groß. Hast du mal das alles bis ins letzte Glied durchdacht?«

      »Und ob ich das habe«, blaffte er los. »Haben wir alle. Du auch. Du vor allem, Du hast doch gesagt, dass es möglich wäre.«

      Burkhard senkte den Kopf: »Ja, möglich. Aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass es wirklich funktioniert ...«

      Er spürte, wie Zorn in ihm aufstieg. Zorn auf diesen Knödel, der da auf der Couch hockte und ´Armer Tropf´ spielte, wo doch eben dieser arme Tropf mit der ganzen Sache angefangen hatte. Er hatte doch die Idee gehabt, und er hatte die anderen damit angefixt, und nun wollte eben dieser Kerl einfach so den Schwanz einziehen? Nein. Nicht mit ihm!

      Er beugte sich über den Tisch, packte Burkhard am Kragen und zog ihn an sich heran, bis sich ihre Nasenspitzen fast berührten: »Jetzt pass mal gut auf«, zischte er. »Quartex wird am Sonnabend den letzten Test machen. Das kannst du nicht verhindern, denn den Stick hat er schon. Und danach werden wir uns alle wieder treffen und feierlich unser Werk vollenden. Verstanden? Oder muss ich wirklich das Wort ´sonst´ aussprechen?«

      Burkhard schaute ihn an und schwieg.

      Er glaubte schon, gleich ein geflüstertes ´ja´ zu hören oder ein zaghaftes Nicken, mit dem der Fettklops seine Kapitulation eingestehen würde - doch dann wurde ihm klar, dass der Augenblick eine Sekunde zu lange dauerte, dass Burkhards Blick eine Spur zu störrisch war - und dass Burkhard selber kräftiger war, als er das gedacht hatte.

      Der Programmierer sprang auf, stieß ihn frontal gegen die Brust - der Schlag war so gewaltig, dass er ins Taumeln geriet und sich an der Kommode festhalten musste.

      Fassungslos sah er Burkhard an - der soeben vom weinerlichen Häufchen Elend zu einem entschlossenen Stier mutierte.

      »Du