Organisation gestalten – Stabile und dynamische Unternehmensstrukturen. Götz Schmidt

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Название Organisation gestalten – Stabile und dynamische Unternehmensstrukturen
Автор произведения Götz Schmidt
Жанр Экономика
Серия
Издательство Экономика
Год выпуска 0
isbn 9783945997154



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      Die Mitarbeiter möchten Freude an der Arbeit haben. Sie möchten die Arbeit selbst und ihren Beitrag dazu als sinnvoll und wertvoll empfinden. Folgende Teilziele können diesem Ziel zugeordnet werden:

      Abwechslungsreiche Aufgaben. Einseitige Anforderungen bringen einseitige, u. U. sogar gesundheitsgefährdende Belastungen mit sich. Darüber hinaus führt die einseitige Belastung zur Monotonie, die normalerweise die Leistungsbereitschaft beeinträchtigt.

      Anspruchsvolle Aufgaben. Die meisten Menschen steigern ihre Leistungsbereitschaft, wenn sie qualitativ, d. h. hinsichtlich der Art der geforderten Leistung nicht unterfordert (aber auch nicht überfordert) werden.

      Autonomie. Unter Autonomie wird der Freiheitsgrad verstanden, der einem Mitarbeiter bei der Erfüllung seiner Aufgaben zugestanden wird. Meistens bringt mehr Autonomie auch mehr Verantwortungsbereitschaft mit sich. Je weniger Eingriffe durch Vorgesetzte oder Dritte erfolgen, desto mehr fühlt sich der Mitarbeiter für seinen Bereich verantwortlich, desto mehr erhält er das Gefühl der eigenen Bedeutung und Unabhängigkeit. Die am weitesten entwickelte Form der Autonomie ist die Selbststeuerung von Gruppen oder betrieblichen Bereichen – siehe hierzu auch Kapitel 3 und Kapitel 6.

      Beteiligung. Mitarbeiter möchten nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Sie möchten zumindest dann beteiligt werden, wenn ihr eigener Zuständigkeitsbereich betroffen ist.

      Macht. Viele Mitarbeiter streben Einfluss auf andere Menschen, eine Ausweitung des eigenen Machtbereichs an.

      Abschirmung

      Dieses globale Ziel kann in weitere Einzelziele aufgegliedert werden:

      Störungsfreie Arbeit. Möglichst große Abschirmung vor Störungen von außen (z. B. Telefon) oder innen (z. B. Eingriffe, Ablenkungen). Es ist allerdings unbestreitbar, dass bei monotonen Aufgaben „Störungen“, d. h. Ablenkungen, manchmal sehr erwünscht sind.

      Gleichmäßige Auslastung. Möglichst wenige Überstunden zählen ebenso zu diesem Ziel wie die Abschirmung gegenüber zu hohen Belastungen.

      Schutz vor unbegrenztem Zugriff. Die heutigen Kommunikationstechniken führen oft dazu, dass Mitarbeiter nahezu rund um die Uhr erreichbar sind. Das wird von vielen Menschen als eine unzumutbare Belastung empfunden.

      Sicherheit

      Auch dieses Ziel kann noch weiter untergliedert werden:

      Ausreichende Information. Wenngleich eine „ausreichende Information“ subjektiv sehr unterschiedlich empfunden wird, so gilt doch tendenziell die Aussage, dass Mitarbeiter mehr wissen möchten als das, was im engsten Sinne zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist.

      Klare Zuständigkeiten. Die Mitarbeiter wollen wissen, was ihre Befugnisse sind und wer ihnen in welchem Umfang Weisungen geben kann.

      Klarheit über Anforderungen. Die Mitarbeiter wollen wissen, anhand welcher Maßstäbe sie beurteilt werden und was von ihnen verlangt wird. Nur bei klaren Anforderungen können sie selbst erkennen, ob sie mehr oder weniger erfolgreich waren. Dann sind sie nicht ausschließlich vom Urteil Dritter, insbesondere des Vorgesetzten abhängig.

      Aufstiegschancen

      Die meisten Mitarbeiter sind dann zu besonderen Leistungen bereit, wenn sie eine Chance für ihr persönliches Fortkommen sehen. Der Wunsch voranzukommen – was für viele immer noch hierarchischen Aufstieg bedeutet – ist in vielen Menschen tief verankert.

      Konfliktfreiheit

      Die Mitarbeiter streben Regelungen an, die sachliche Reibungen, die häufig auch zu persönlichen Reibungen führen, möglichst klein halten. Ursachen für solche Reibungen können beispielsweise organisatorisch beabsichtigte Wettbewerbssituationen sein, z. B. Konkurrenz im Markt und Konkurrenz um knappe Finanzmittel oder Mitarbeiterkapazitäten.

      Bei den erwähnten Zielen der Mitarbeiter wird deutlich, dass ihnen bestimmte Unterstellungen über „den“ Menschen zugrunde liegen. Im Einzelfall ist es durchaus möglich, dass diese Annahmen nicht stimmen. Wenn organisatorische Regelungen für Personen getroffen werden, die im Voraus nicht bekannt sind, können die obigen Ziele zumindest als Hypothesen gelten. Wird die Aufbauorganisation um bekannte Personen herum gebaut, muss geklärt werden, ob diese Unterstellungen auch im konkreten Fall zutreffen.

      Als Kunden werden hier sowohl die externen Nachfrager wie auch interne Abnehmer von Leistungen angesehen. So sind die Verbrauchsabteilungen „Kunden“ der Beschaffungsabteilung, Anwender der Informationstechnik sind Kunden der IT und eines Benutzerservice usw. In diesem weiteren Sinn sollen hier die Kundenziele gesehen werden.

      Qualität

      Der Kunde wünscht normalerweise qualitativ hochwertige, zumindest aber einwandfreie Produkte oder Leistungen.

      Niedrige Preise

      Niedrige Preise sind eindeutig Ziel interner wie externer Kunden. Dieses Ziel kann allerdings organisatorisch normalerweise nicht direkt beeinflusst werden. Durch organisatorische Maßnahmen können im günstigen Fall die Kosten gesenkt werden. Ob derartige Kostensenkungen an die Kunden weitergegeben werden oder nicht, gehört nicht mehr zu einer organisatorischen Fragestellung.

      Schnelle Leistung

      Die Kunden möchten ihre eigenen Wünsche „am liebsten schon gestern realisiert“ sehen. Bei Lagerprodukten bedeutet das beispielsweise hohe Verfügbarkeit der Produkte. Kurze Laufwege von Bestellungen gehören ebenso dazu wie die Einhaltung zugesagter Termine (Termintreue). Insbesondere in stark umkämpften Märkten ist die Schnelligkeit, in der Leistungen erbracht werden, ein erheblicher Wettbewerbsfaktor. Das gilt gerade auch dann, wenn nicht vom Lager verkauft werden kann, sondern Leistungen individuell für den Kunden erbracht werden, wie z. B. bei der Auftragsfertigung oder bei Dienstleistungen wie etwa der Bearbeitung eines Schadensfalls. In vielen Situationen gilt heute die These: „Die Schnellen fressen die Langsamen, nicht die Großen die Kleinen“.

      Individuelle „Produkte“

      Die Kunden möchten normalerweise keine Standardware. Vielmehr sollen die individuellen Anforderungen berücksichtigt werden. Demgegenüber ist einem Unternehmen meistens an möglichst „großen Serien“, d. h. gleichartigen Leistungen gelegen.

      Eindeutige Ansprechpartner

      Der Kunde möchte ohne großen Suchaufwand feststellen können, wer für ihn zuständig ist und wer über die notwendigen Informationen und Kompetenzen verfügt, um bei seinen Anfragen entscheiden zu können.

      Die genannten Ziele sind teilweise voneinander abhängig. Sie müssen im Rahmen konkreter Projekte in ein Über-/Unterordnungsverhältnis gebracht und hinsichtlich ihrer Bedeutung gewichtet werden (siehe hierzu insbesondere Band 1 dieser Schriftenreihe: „Organisation und Business Analysis – Methoden und Techniken“).

      Erfolgreiche aufbauorganisatorische Lösungen zeichnen sich dadurch aus, dass mit ihrer Hilfe möglichst viele der sich zum Teil widersprechenden, zumindest aber konkurrierenden Ziele erreicht werden. In jedem Fall sind Kompromisse zu schließen und die Interessen der verschiedenen Zielträger gegeneinander abzuwägen. Formal geschieht dies durch eine Gewichtung der Ziele.

      Sind die Ziele für ein aufbauorganisatorisches Projekt bekannt, müssen die Maßstäbe bestimmt werden, anhand derer die Zielerreichung gemessen wird. Das wird auch als Operationalisierung der Ziele bezeichnet und ist dann die höchste Konkretisierungsstufe der Zielformulierung.

      Aus den obigen Ausführungen wird deutlich, dass es nicht die „richtige“ oder die „beste“ Aufbauorganisation gibt. Wenn beispielsweise die unter Kostengesichtspunkten effizienteste innerbetriebliche Abwicklung von Aufträgen höher gewichtet wird als die Wünsche der Kunden nach individueller und schnellerer Bearbeitung ihrer Bestellungen, wird vermutlich eine ganz andere Lösung gewählt als wenn die Kundeninteressen