Organisation gestalten – Stabile und dynamische Unternehmensstrukturen. Götz Schmidt

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Название Organisation gestalten – Stabile und dynamische Unternehmensstrukturen
Автор произведения Götz Schmidt
Жанр Экономика
Серия
Издательство Экономика
Год выпуска 0
isbn 9783945997154



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of Things – IoT) verändern Gesellschaft und Wirtschaft massiv. Automatisierung und Robotik z. B. weisen in Richtung Industrie 4.0. Sie werden Unternehmen und deren Strukturen nachhaltig beeinflussen. Damit einher gingen und gehen grundlegende Veränderungen im Verhalten der Kunden. Zeichnen sich solche Veränderungen ab, müssen sich die betroffenen Unternehmen organisatorisch darauf einstellen. Weiterentwicklungen der Technik erlauben den Übergang von der Serienfertigung zur Einzelfertigung („Losgröße 1“). Möglichkeiten der Analyse nahezu unendlicher kundenbezogener Daten (Big Data) werden die Beziehungen zu Kunden wie zu Lieferanten grundlegend verändern, neue Angebote und neue Anbieter hervorbringen und damit auch einen wesentlichen Einfluss auf die Aufbauorganisation haben.

      Airlines haben in der Vergangenheit immer mehr Aufgaben auf ihre Kunden verlagert. Es wurden Anreize geschaffen, ohne Beratung selbst zu buchen, ohne fremde Hilfen einzuchecken und einen Sitzplatz auszuwählen. Dazu sind umfangreiche IT-Infrastrukturen geschaffen worden. Diese Entwicklung hat massive Auswirkungen auf die Aufbauorganisation, insbesondere im Abfertigungsbereich an den Flughäfen, im Back-Office und in den IT-Bereichen. Ähnliches gilt für Banken, die zudem immer stärker dem Wettbewerb von innovativen Anbietern (z. B. Fintechs) ausgesetzt sind und beispielsweise im (digitalen) Zahlungsverkehr vor einschneidenden Änderungen stehen, was sich nicht nur daran zeigt, dass immer mehr Filialen geschlossen werden, sondern auch daran, dass breite Zahlungs- und Informationsströme von „neuen“ Anbietern (z. B. PayPal) besetzt werden, die alte Bankstrukturen obsolet machen.

      Neben diese beispielhaft genannten Einflussfaktoren auf die Aufbauorganisation treten Restriktionen, interne Rahmenbedingungen sowie gesellschaftliche Werte und Normen, von denen die Eignung und Legitimation von Lösungen maßgeblich abhängt.

      Restriktionen sind verbindliche Vorgaben, die zwingend eingehalten werden müssen.

      Eine Restriktion ist grundsätzlich so zu formulieren, dass sie immer mit Ja (erreicht, eingehalten) oder Nein (nicht erreicht, nicht eingehalten) beurteilt werden kann. Restriktionen haben die Wirkung, dass sie bestimmte Lösungen oder Lösungselemente erzwingen und/oder Lösungen verhindern.

      Typische intern gesetzte, d. h. von entscheidungsberechtigten Stellen innerhalb des Unternehmens auferlegte Restriktionen, können betreffen:

      Lösungen, z. B.

      - wo darf überhaupt etwas verändert werden (betroffener Bereich)?

      - was darf verändert werden, was nicht (z. B. darf eine hierarchische Position abgebaut werden)?

      - dürfen sich personelle Konsequenzen ergeben (Abbau, Aufstockung von Personal)?

      - was muss die Lösung alles leisten (funktionale Anforderungen)?

      Termine, z. B.

      - bis wann muss ein Ergebnis vorliegen?

      Kosten, z. B.

      - innerhalb welchen Finanzrahmens muss sich die Reorganisation bewegen?

      - was darf sie maximal

       kosten?

      Projektorganisation, z. B.

      - können Mitarbeiter für das Projekt freigestellt werden oder müssen sie gleichzeitig andere Aufgaben wahrnehmen?

      - wer muums (Lenkungsausschuss) sein?

      Diese Restriktionen liegen nicht immer zu Beginn eines Projekts klar auf der Hand. Die mit einer Reorganisation Betrauten tun gut daran, derartige Restriktionen so früh wie möglich zu ermitteln, wenn sie nicht selbst darüber entscheiden können. Insbesondere wenn Organisationsvorhaben durch Projektgruppen durchgeführt werden, ist es wichtig, dass die Projektverantwortlichen mit den Entscheidungsberechtigten die Restriktionen klären.

      Es soll hier nur am Rande vermerkt werden, dass aufbauorganisatorische Projekte normalerweise sehr brisant sind, da durch neue Lösungen das bestehende Machtgefüge eines Unternehmens berührt wird. Allein dieser Tatbestand führt dazu, dass die „Mächtigen“ geneigt sind, „alles zur Disposition zu stellen“, nur nicht ihre eigene Machtposition. Da es aber vielfach nicht schicklich ist, die eigenen Interessen offen zu bekunden, stößt man bei aufbauorganisatorischen Projekten immer wieder auf unausgesprochene, aber dennoch sehr wirksame „stillschweigend gesetzte“ Restriktionen.

      Von außen werden ebenfalls Restriktionen für aufbauorganisatorische Lösungen gesetzt. Die wichtigsten Quellen sind hier staatliche bzw. amtliche Stellen sowie Verbände, Kammern und Vereinigungen, aber auch Konzernrichtlinien und Forderungen von Vertragspartnern des Unternehmens.

      Staatliche oder amtliche Restriktionen sind beispielsweise gegeben durch:

      Gesetze (z. B. Mitbestimmung, Datenschutz, Umweltschutz etc.). Die Einhaltung derartiger Vorgaben wie auch selbst gesetzter Regelungen wird heute normalerweise als Compliance bezeichnet. Aufbauorganisatorische Maßnahmen sollen die Einhaltung solcher Vorgaben oder Regeln unterstützen oder sicherstellen. Unternehmen haben aus diesen Gründen häufig Compliance-Abteilungen eingerichtet, die dafür sorgen sollen, dass die nationalen und internationalen Gesetze und Richtlinien gegen kriminelle Handlungen (Betrug), Marktmissbrauch, Insiderhandel oder Geldwäsche oder zum Datenschutz eingehalten werden.

      Verordnungen (z. B. Arbeitsstättenverordnung, Regelungen der Finanzbehörden)

      Wirtschaftsverbände, Tarifpartner oder – mächtige – Kunden können bestimmte Leistungen verlangen bzw. bestimmte Lösungen fordern, wie z. B. die Einhaltung von Meldepflichten, die Umsetzung von Tarifverträgen oder die Einrichtung eines formellen Systems zum Qualitätsmanagement.

      Vor der Bearbeitung eines aufbauorganisatorischen Projekts sollte auf jeden Fall geklärt werden, welche externen Restriktionen in diesem Zusammenhang zu beachten sind. Sie engen den Lösungsspielraum ein. Im Einzelfall erzwingen sie sogar eine bestimmte Lösung. Zunehmend zwingen „mächtige“ Abnehmer ihre Lieferanten, konkrete qualitätssichernde Maßnahmen zu ergreifen. Sie geben vor, in welcher Form und zu welchen Zeitpunkten der Zahlungsverkehr abzuwickeln ist, wie die Logistik der Anlieferung zu erfolgen hat, welche internen Ansprechpartner vorhanden sein müssen usw.

      Rahmenbedingungen lassen bestimmte Lösungsrichtungen sinnvoll erscheinen, ohne sie jedoch eindeutig zu erzwingen. Derartige Rahmenbedingungen haben also einen Einfluss auf die Lösung. Sie engen den sinnvollen Lösungsspielraum ein, und können im Rahmen des Projekts normalerweise nicht verändert werden. Die folgenden Beispiele für interne Rahmenbedingungen werden kurz erläutert:

      Kernkompetenzen

      Art der zu erfüllenden Aufgaben

      Qualifikation und Leistungsbereitschaft des Personals (z. B. Ausbildungsstand, Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen)

      wirtschaftliche Situation (z. B. Ertragslage, Liquidität)

      technische Ausstattung (z. B. vorhandene IT-Infrastruktur)

      Alter und Entwicklungsstadium der Unternehmung.

      Kernkompetenzen

      Kernkompetenzen sind dauerhafte und auch auf andere Produkte oder Leistungen übertragbare Ursachen für den Wettbewerbsvorteil einer Unternehmung. Dieser Wettbewerbsvorteil basiert auf Ressourcen und Fähigkeiten, die in der Unternehmung verfügbar sind (siehe dazu KRÜGER/HOMP, 1997).

      Kernkompetenzen von Apple sind das Design und die intuitive Benutzerführung. Sie wurden schon in den ersten Computern dieses Anbieters sichtbar und von dort auf andere Produkte übertragen wie iPod, iPhone und iPad.

      Wenn ein Unternehmen für sich bestimmte Kernkompetenzen definiert und dazu strategisch entschieden hat, diese Kernkompetenzen auszubauen und zu vertiefen,